GeFiS e.V.

Frieden

Der größte Reichtum der Menschen, ist in Frieden zu leben!

"Der Frieden ist das Gegenteil vom Krieg, aber dazwischen gibt es noch etwas, dass ist die Kriegsvorbereitung und das Gegenteil davon ist die

Friedensbewegung"

Unsere Organisation " Gesellschaft für Frieden und internationale Solidarität" (GeFiS) e.V., trägt nicht nur das Wort "Frieden" im Vereinsnamen, sondern ist mit der Abbildung der Friedenstaube im Vereinslogo auch entsprechend sichtbar. Gemeinsam mit unserer Partnerorganisation dem "Comitee für internationale Solidarität und Frieden" (COSI), in Venezuela und weiteren Partnern im Friedenskampf z.B. dem Rostocker Friedensbündnis, IPPNW, Friedensratschlag, IALANA, Netzwerk Friedenskooperative, Friedens Glockengesellschaft" inkl. weiterer nationaler und internationaler Organisationen.

Sehr geehrte Besucher dieser Seite „ Frieden“ unserer Homepage der Gesellschaft für Frieden und internationaler Solidarität GeFiS e.V.

Die humanistische und pazifistische Grundhaltung, ist die Wurzeln unseres Friedenskampfes und wir sind ein Teil der deutschen und internationalen Friedensbewegung. Gemäß unserer Satzung ist unser Ziel die Ächtung des Krieges als Mittel der Politik und die Verurteilung der bewaffneten Gewalt zur Durchsetzung politischer, ökonomischer, ideologischer oder religiöser Ziele.

Neben unseren verschiedenen Aktivitäten im Kampf um den Frieden, möchten wir auch die Beweggründe darlegen die zum bewaffneten Konflikt geführt haben bzw. den Frieden ständig gefährden. Dazu werden verschiedene Fakten aus unterschiedlichen Quellen verwendet, die tiefgründig die Ursachen bewaffneter Konflikte aufzeigen. Dabei erscheint es uns auch als sehr wichtig, den historischen Hintergrund aufzuzeigen.

Leider ist es uns nicht möglich, dass wir bei der großen Anzahl weltweit bestehenden Kriegen und territorial begrenzten bewaffneten Konflikten, von diesen umfassend zu berichten.

Neben der Aufklärung über die bewaffneten Konflikte, liegt unser Schwerpunkt im aktiven Handeln im Kampf um den Frieden. Es wäre prima, wenn auch du dich motiviert fühlst die Reihen der FriedenskämpferInnen im Rahmen deiner Möglichkeiten zu unterstützen.

Unter gefis2020@web.de kann man uns direkt erreichen!!!

Kampf um den Frieden in Palästina

Aus: Ausgabe vom 06.04.2024, Seite 4 / Inland

AGGRESSION GEGEN GAZA

Keine Kriegswaffen für Tel Aviv

Berlin: Anwälte reichen Eilantrag bei Verwaltungsgericht gegen deutsche Rüstungsexporte nach Israel ein

Von Jamal Iqrith

Am Freitag forderte der UN-Menschenrechtsrat in einer Resolution den Stopp von Waffenlieferungen an Israel. Die Bundesrepublik, die im Jahr 2023 Rüstungsexporte nach Israel im Wert von 326,5 Millionen Euro genehmigte und damit ihre Exporte an das Land im Vergleich zum Vorjahr verzehnfachte, stimmte, neben fünf weiteren Staaten, mit Nein.

Eine Gruppe Berliner Anwälte will nun den sofortigen Stopp der Genehmigung von Kriegswaffenexporten aus Deutschland an Israel auf juristischem Wege erzwingen. Am Freitag reichte das Kollektiv, das eng mit dem European Legal Support Center (ELSC) zusammenarbeitet, im Namen von drei Palästinensern, die sich laut eigener Angaben aktuell in Rafah im Süden des Gazastreifens befinden, einen entsprechenden Eilantrag beim Verwaltungsgericht in Berlin ein. Auf einer Pressekonferenz am Freitag mittag, an der wenig überraschend vor allem ausländische Medien Interesse zeigten, erklärte der Rechtsanwalt Ahmed Abed, der die Antragsteller vertritt, diese verfolgten ihren Rechtsanspruch, nach dem die Bundesregierung ihr Recht auf Leben schützen müsse. Das gelte insbesondere, da plausibel erscheine, dass die Waffen für Völkerrechtsverletzungen wie Genozid und Kriegsverbrechen eingesetzt würden.

Ende Januar hatte der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag festgestellt, dass es nicht von der Hand zu weisende Anzeichen für einen Völkermord an den Palästinensern in Gaza gebe. Durch den israelischen Vernichtungskrieg gegen die dicht besiedelte Küstenenklave sind seit dem 7. Oktober 2023 über 32.000 Palästinenser getötet worden, unter ihnen rund 25.000 Frauen und Kinder. Am Donnerstag enthüllte eine Recherche des israelischen Blogs +972 Magazine, dass die israelische Armee besonders in den ersten Wochen der Aggression mittels einer KI Opferlisten erstellen ließ und bewusst Dutzenden tote Zivilisten in Kauf genommen hatte.

Aktuell unterstützt die Bundesregierung laut einer Mitteilung vom ELSC vom Freitag die israelische Armee, indem sie die Lieferung von 3.000 tragbaren Panzerabwehrwaffen, 500.000 Schuss Munition für Maschinengewehre, Maschinenpistolen oder andere voll- oder halbautomatische Schusswaffen sowie von weiteren Rüstungsgütern genehmigt. Anfang 2024 hat die Bundesregierung demnach zudem die Exportbewilligung von 10.000 Schuss Panzermunition geprüft, sowie die Nutzung von zuvor geleasten Kampfdrohnen vom Typ »Heron TP« genehmigt.

Die Waffenlieferungen und Unterstützungsleistungen der Bundesregierung an Israel verstießen »gegen die Verpflichtungen der Bundesrepublik aus dem Kriegswaffenkontrollgesetz«, so Rechtsanwalt Abed am Freitag gegenüber jW. Zu den Kriterien für die Genehmigung von Waffenexporten gehöre unter anderem, dass die »Waffen nicht gegen die Verpflichtungen des Bundes aus dem Völkerrecht eingesetzt« würden – also Israel nicht gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht verstieße. Da es sich um einen Eilantrag handele, hoffe man auf eine Entscheidung innerhalb weniger Wochen.

Bereits am 23. Februar 2024 hatten Palästinenser beim Generalbundesanwalt (GBA) Strafanzeige gegen Mitglieder der deutschen Bundesregierung wegen des »Verbrechens der Beihilfe zum Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung in Gaza durch die Lieferung von Waffen an Israel« gestellt. Am Montag verhandelt der IGH eine von Nicaragua eingereichte Klage gegen die Bundesrepublik wegen der Beihilfe zum Völkermord an den Palästinensern in Gaza.

Bei der Bundespresskonferenz am Freitag, bei der das Nein der Bundesrepublik im UN-Menschenrechtsrat sowie die Waffenlieferungen an Tel Aviv ebenfalls Thema waren, erklärte ein Regierungssprecher in bezug auf die Klage vor dem IGH, man wolle nachreichen, ob die Bundesregierung Exportgenehmigungen an Israel aussetzten werde oder nicht. Auf die Frage, ob der Regierung Erkenntnisse vorlägen, nach denen Israel sich nicht ans humanitäre Völkerrecht halte, sagte er ausweichend: Man erwarte von Israel, immer das humanitäre Völkerrecht zu wahren. Ende März hatte die Bundesregierung erklärt, »erhebliche Zweifel« an der Verhältnismäßigkeit des israelischen Vorgehens im Gazastreifen zu hegen, weiterhin aber Rüstungsexporte an Tel Aviv zu befürworten.

Quelle: junge welt v.06.04.2024/ Bild Gegen die deutsche Beteiligung am Blutvergießen in Gaza: Demonstration in Hamburg (10.2.2024) 

Info über die Nato-Kriegsbündnis

NATO-Mission in der Ukraine: Vereinheitlichung der Eskalation

5 Apr. 2024 18:24 Uhr

Nach dem NATO-Gipfel in Brüssel hat Polens Außenminister die Gründung einer Mission der Allianz in der Ukraine angekündigt. Obwohl diese seinen Zusicherungen zufolge nicht an Kämpfen teilnehmen soll, handelt es sich hierbei um eine weitere bewusste Eskalation des Konflikts.

Quelle: AFP © PETRAS MALUKAS

Symbolbild

Von Boris Roschin

Die Gründung einer neuen NATO-Mission in der Ukraine, die vom polnischen Außenminister Radosław Sikorski angekündigt wurde, ist bereits aus der Phase einer eventuellen Bedrohung in die Phase einer praktischen Umsetzung übergegangen. Diesem Beschluss werden konkrete Schritte zu seiner Verwirklichung folgen. Als Informationshintergrund wurden zusätzlich zu dieser Ankündigung äußerst pessimistische Einschätzungen der Perspektiven des ukrainischen Militärs an der Frontlinie ohne eine substanzielle Zunahme der NATO-Einmischung in die Kämpfe geäußert.

Gegenwärtig wird die Einrichtung der NATO-Mission in der Ukraine damit erklärt, dass die Allianz als einheitliche Struktur die Ausbildung des ukrainischen Militärpersonals sowohl auf eigenem, als auch auf ukrainischem Gebiet intensivieren werde. Das bedeutet, dass die Präsenz von NATO-Ausbildern auf dem Territorium der Ukraine weiter zunehmen wird. Dabei kann beliebiges zusätzliches und unangemeldetes Personal, das die NATO in die Ukraine bringt, mit Behauptungen gedeckt werden, dass es "Ausbilder" seien.

Stand April 2024 ist es eine offensichtliche Tatsache, dass die NATO am Krieg in der Ukraine bereits vollwertig teilnimmt und dort ihre regulären Kräfte einsetzt, die als Söldner und "Freiwillige" getarnt sind. Jetzt werden noch die offiziellen "Ausbilder" dazustoßen.

Zusicherungen der NATO, dass es keine regulären Truppen der Allianz in der Ukraine geben werde, dienen als bloßer Nebelschirm und informationelle Tarnung, um in der nächsten Phase die Verantwortung für die Eskalation Russland anzulasten. Die Aktionen der NATO, darunter im Rahmen der Ukraine-Mission, sollen dabei als defensiv und erzwungen dargestellt werden. Dabei ist es überaus offensichtlich, dass gerade die NATO die Eskalationsspirale hochschraubt in der Einsicht, dass beim laufenden Tempo der Kampfhandlungen das ukrainische Militär unweigerlich verlieren wird. Andere Szenarien, Selenskijs Regime zu retten, als zu eskalieren und sich aktiver in den Krieg in der Ukraine einzumischen, hat die NATO schlicht nicht.

Zum zweiten wichtigen Aspekt der Tätigkeit der NATO-Mission in der Ukraine wird der Versuch werden, in diesem Rahmen Munitions- und Waffenlieferungen aus den Mitgliedsländern der Allianz zu steigern. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden die NATO-Arsenale leer gefegt, möglicherweise auch zulasten der eigenen Verteidigungsfähigkeit einiger Länder.

Die Initiative zur Gründung der Mission wurde von Aufrufen der NATO-Führung begleitet, die verpflichtenden Verteidigungsausgaben für Mitgliedsstaaten der Allianz von zwei auf drei Prozent zu erhöhen, einen Einheitsfonds im Wert von 100 Milliarden US-Dollar anzulegen sowie der Aufstellung von obligatorischen Zeitplänen für Waffen- und Munitionslieferungen an die Ukraine zuzustimmen.

Im Grunde betreibt die NATO heute eine Festigung von Organisationsstrukturen, die gewährleisten sollen, dass die Allianz am Konflikt dauerhaft teilnimmt – sowohl in Hinsicht auf Waffen-, Technik- und Munitionslieferungen, als auch hinsichtlich der zunehmenden Beteiligung des Personals der NATO-Mitglieder an Kämpfen in der Ukraine.

Die Vorbereitung zur Entsendung einer französischen Bataillonskampfgruppe in der Stärke von 1.500 Mann ist ebenfalls ein Teil dieses Prozesses, der von der russischen militärischen und politischen Führung nicht unbemerkt bleibt. Trotz Beteuerungen der NATO-Führung, nicht in der Ukraine kämpfen zu wollen, zeugt alles davon, dass gerade die Aktionen der NATO zu einer direkten Konfrontation zwischen den Streitkräften Russlands und der Allianz in der Ukraine führen. Das steigert die Wahrscheinlichkeit von Szenarien, in denen die Ukraine entlang einer gewissen Demarkationslinie – gesichert unter anderem von NATO-Truppen –geteilt wird.

Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst speziell für RT.

 

Friedenskampf

Aus: Ausgabe vom 30.03.2024, Seite 1 / Titel

ANTIKRIEGSBEWEGUNG

Rheinmetall zu Altmetall

Ostermärsche für Frieden und Abrüstung: Die Friedensbewegung scheint schwach und hat doch Chancen

Von Nico Popp

 

An Meldungen, die von Kriegen und wachsender Kriegsgefahr, von der Militarisierung der Gesellschaft, von verpulverten Milliarden für die Aufrüstung handeln, mangelt es 2024 noch weniger als in den Vorjahren.

Auch der politische Stil des Herrschaftspersonals verändert sich. Man kann diese Akzentverschiebungen im großen Bild leicht übersehen: Etwa den Umstand, dass Truppenbesuche von Ministern inzwischen vollständig normalisiert sind und geradezu zelebriert werden. Erst am Mittwoch gab es mehrere davon. Der Verteidigungsminister besichtigte den projektierten Standort eines neu aufzustellenden Logistikbataillons im sächsischen Bernsdorf und anschließend die Offiziersschule des Heeres in Dresden. Am selben Tag machte die sozialdemokratische »Wehrbeauftragte« des Bundestages, die ihre Rolle wie selbstverständlich als die einer Aufrüstungsbeauftragten interpretiert, der 1. Panzerdivision in Oldenburg ihre Aufwartung. Der Tag endete mit einem Treffen des grünen Wirtschaftsministers mit Vertretern der Rüstungskonzerne. Der Mann jubelte anschließend über die Möglichkeiten der deutschen Industrie: »Die kann richtig was.«

 

Doch noch ist es so, dass Millionen Menschen in diesem Land das nicht so klasse finden wie der Herr Minister. Noch zeigen Umfragen, dass auch nach zwei Jahren pausenloser propagandistischer Bearbeitung die Mehrheit der Menschen etwa die Lieferung von Marschflugkörpern mit großer Reichweite an eine Kriegspartei ablehnt.

Für die Friedensbewegung ist diese Lage Chance und gewaltige Herausforderung zugleich. Denn es ist auch 2024 unverändert so, dass sie, sieht man einmal von den jährlich wiederkehrenden, »traditionellen« Terminen ab, auf der Straße kaum zu sehen ist. Und gemessen an den Aufgaben ist die Mobilisierungsfähigkeit – das muss eine Bewegung, die es vorzieht, sich nicht in die Tasche zu lügen, zum Ausgangspunkt einer Selbstkritik machen – weiterhin sehr begrenzt. Von einer kämpferischen Antikriegsbewegung, die ein Faktor wäre, mit dem die Regierung rechnen müsste, ist im Grunde nichts zu sehen. Das hat Ursachen – solche, an denen man, weil Resultat Jahrzehnte zurückliegender Niederlagen der Friedenskräfte, kurzfristig nichts ändern kann, aber auch solche, die mit politischen, inhaltlichen, argumentativen Fehlleistungen und Defiziten zu tun haben, denen man durchaus beikommen könnte. Die diesjährigen Ostermärsche sind auch eine Gelegenheit, um über derlei Fragen miteinander ins Gespräch zu kommen. Also: Raus auf die Straße!

Quelle: junge Welt vom 30.03.2024/ Montage: MIS/jW; Bildmaterial: elkofla/Pixabay.com/de; IMAGO/Arnulf Hettrich; imago images/H. Tschanz-Hofmann

Quelle: junge Welt v.30.03.2024/ Aus: Ausgabe vom 30.03.2024, Seite 8 / Inland

FRIEDENSBEWEGUNG

»Die Bevölkerung soll weichgeklopft werden«

»Kriegstüchtigkeit« bedeutet auch, dass Militarismus wieder popularisiert wird. Ein Gespräch mit Willi van Ooyen

Interview: Kristian Stemmler

 

Sebastian Gollnow/dpa

Müssen dranbleiben: Teilnehmende eines Ostermarsches in Frankfurt am Main fordern sofortigen Frieden (10.4.2023)

Willi van Ooyen ist Kosprecher des Kasseler Friedensratschlags

Infos unter: kurzelinks.de/Ostermarsch-2024

Die Ostermärsche finden in diesem Jahr vor dem Hintergrund des andauernden Kriegs in der Ukraine, der Eskalation in Gaza und der Militarisierung hierzulande statt. Ist die Lage ernster als früher?

Das kann man einerseits durchaus so konstatieren. Andererseits ist es auch so, dass wir seit 25 Jahren immer wieder Kriege hatten, die bei den Ostermärschen Thema waren. Im Kosovo zum Beispiel 1999, 2001 in Afghanistan oder der Irak-Krieg 2003. Die Ostermarschbewegung musste immer auch darauf reagieren, was real in der Welt an Kriegen passierte.

2003 zum Beispiel hatte die deutliche Mehrheit der deutschen Bevölkerung den Krieg im Irak abgelehnt.

Ja, das ist heute eine neue Situation. In der öffentlichen Wahrnehmung hat sich viel geändert. Wir haben früher eine andere Resonanz gehabt. Auch die Position der jetzigen Bundesregierung zu den aktuellen Kriegen ist ja eine andere als die Position der damaligen Regierung zum Krieg gegen den Irak. Dass das Land »kriegstüchtig« werden soll, ist ja nicht nur eine mal zufällig hingesagte Parole, sondern es wird tatsächlich auch alles dafür getan, um die Bevölkerung auf Kriege und weitere Militarisierung einzustimmen. Da ist ein systematisches Vorgehen zu erkennen. Alle politischen Versprechen – Stichwort: mehr Investitionen in Bildung, mehr Geld für Soziales – werden jetzt zur Disposition gestellt. Wir erleben eine sehr grundsätzliche Umorientierung der Bevölkerung auf militaristische Positionen. Es gibt eben eine breite Einheitsfront für Aufrüstung und militärische Optionen, von kriegslüsternen Grünen und SPD-Politikern wie Michael Roth bis zur AfD.

Auch über die Möglichkeit eines Angriffs Russland auf NATO-Staaten wurde bereits spekuliert. Wie sehen Sie das?

Die Gefahr sehe ich nicht, und die sehen auch rational denkende Militärs nicht. Manchmal bin ich beeindruckt, dass ehemalige oder sogar aktive Militärs das Kriegsgeschehen durchaus realistischer betrachten, sich sogar für Abrüstung und internationale Kooperation einsetzen. Ich glaube, dass mit solchen Spekulationen die Kriegsangst der Bevölkerung geschürt und sie weichgeklopft werden soll, um Aufrüstung und Militarisierung zu akzeptieren.

 

Wer heute einen Waffenstillstand oder Friedensverhandlungen fordert, wie etwa der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im Fall der Ukraine, wird sofort niedergemacht.

Das ist eines der großen Probleme, die wir haben: Jeder, der sich für vernünftige friedenspolitische Positionen einsetzt, bekommt sofort Druck zu spüren. Wer sich für Waffenstillstand und gegen Waffenlieferungen ausspricht, der wird in die Ecke gedrückt.

Hat der neue Krieg in Gaza auch Spaltungen in die Friedensbewegung getragen?

Das glaube ich eher nicht. Ich glaube, dass sich in der Friedensbewegung die Forderung nach einem Waffenstillstand, wie sie jetzt auch von der UNO beschlossen wurde, und das sofortige Verhandeln als Grundposition zu diesem Konflikt gefestigt haben.

Gerät die Friedensbewegung angesichts der medial befeuerten Stimmung im Lande nicht immer mehr in die Defensive?

Selbstverständlich haben wir nicht mehr die Zustimmungswerte zu friedenspolitischen Positionen wie in den 1980er Jahren, als manchmal die Hälfte eines ganzen Jahrgangs den Kriegsdienst verweigert hat. Davon sind wir weit weg und da muss die Friedensbewegung sehr viel daran arbeiten, dass wir wieder diesen gesellschaftlichen Einfluss für vernünftige friedenspolitische Positionen zurückgewinnen.

Es stimmt ja vielleicht ein wenig optimistisch, dass immerhin mehr als die Hälfte der Bevölkerung nicht will, dass Marschflugkörper an die Ukraine geliefert werden.

Ja. Es wird immer augenfälliger und klarer, dass Kriege keine Lösungen bringen werden. Und insofern kommen die Ostermärsche mit ihren mehr als 120 Veranstaltungen zum richtigen Zeitpunkt. Die Quantität ist dabei gar nicht der entscheidende Punkt, sondern dass wir in der Fläche präsent sind und mobilisierungsfähig bleiben. Die Forderung nach Frieden muss wieder einen Platz in der Republik haben. Wir müssen in der Gesellschaft verlorenen Boden zurückerobern.

 

Kampf für den Frieden

Papst Franziskus richtet Botschaft an Katholiken im Heiligen Land

"Jetzt, am Vorabend dieses Passahfestes ... Ich verspüre den Wunsch, Ihnen zu schreiben und Ihnen zu sagen, wie nahe Sie meinem Herzen sind", schrieb der Papst.

Papst Franziskus hat sich am Mittwoch anlässlich der Auferstehungsfeier in einem Brief an die Katholiken im Heiligen Land gewandt.

"Seit einiger Zeit sind sie täglich in meinen Gedanken und Gebeten. Jetzt, am Vorabend dieses Osterfestes, verspüre ich den Wunsch, Ihnen zu schreiben und Ihnen zu sagen, wie nahe Sie meinem Herzen sind", schrieb der Papst.

"Ich umarme euch alle ... Liebe katholische Gläubige, die im Heiligen Land leben, Insbesondere umarme ich diejenigen, die am meisten von der sinnlosen Tragödie des Krieges betroffen sind: die Kinder, die ihrer Zukunft beraubt sind, diejenigen, die weinen und leiden, und alle, die von Angst und Bestürzung ergriffen sind", sagte er mit Blick auf die israelische Blockade des Gazastreifens, die seit dem 7. Oktober in Kraft ist.

"Ich möchte, dass jeder von euch meine väterliche Zuneigung spürt, denn ich bin mir eurer Leiden und eurer Kämpfe bewusst, besonders in diesen letzten Monaten. Mögen Sie zusammen mit meiner Zuneigung die Liebe der Katholiken auf der ganzen Welt spüren", fügte er hinzu.

Er betonte, dass "die anhaltenden Spannungen im Nahen Osten und das Fehlen konkreter Fortschritte auf dem Weg zum Frieden eine ständige und schreckliche Bedrohung nicht nur für den Frieden und die Sicherheit dieser Völker – und in der Tat der ganzen Welt – darstellen, sondern auch für Werte, die einem großen Teil der Menschheit aus verschiedenen Gründen zutiefst am Herzen liegen".

Er erwähnte, dass ihr in diesen dunklen Zeiten, "in denen es scheint, dass die dunklen Wolken des Karfreitags über eurem Land schweben und zu viele Teile unserer Welt vom nutzlosen Wahnsinn des Krieges gezeichnet sind, der immer und für alle eine bittere Niederlage ist, Lampen seid. leuchtend in der Nacht, Samen des Guten in einem Land, das von Konflikten zerrissen ist."

Der Papst appellierte an die Christen in aller Welt, ihre Unterstützung für die Christen im Heiligen Land zu zeigen und "unermüdlich dafür zu beten, dass alle Bewohner Ihres geliebten Landes endlich in Frieden leben können".

Papst Franziskus hat am Mittwoch im Vatikan die Friedensaktivisten Bassam Aramin (Israeli) und Rami Elhanan (Palästinenser) empfangen, die ihre jeweiligen Töchter durch den Konflikt verloren haben.

Aramin und Elhanan sind Mitglieder des Forums der Familien des Elternkreises, die während des Konflikts im Heiligen Land Verwandte verloren haben.

Quelle: teleSUR v.28.03.2024

Kampf für den Frieden

Aufruf zum Rostocker Ostermarsch am 30. März 2024:

Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus! Stopp aller Waffenlieferungen in Kriegsgebiete!

Unser Ostermarsch findet in einer Zeit höchster Kriegsgefahr statt. Die offizielle Politik befeuert sie zusätzlich: durch Parteinahme in bewaffneten Konflikten, Waffenlieferungen und Zurichtung der Bevölkerung auf den Krieg. Zivilklauseln stehen unter Beschuss und schon Kitakinder sollen ein positives Verhältnis zur Armee aufbauen. Wir, das Rostocker Friedensbündnis, weigern uns: Wir wollen nicht „kriegstüchtig“ werden! Wir prangern die herrschende Kriegspolitik an, machen darauf aufmerksam, wo in Rostock und Region Kriege vorbereitet werden, und beraten Menschen, die sich dem Kriegsdienst entziehen wollen. Und wir wissen uns dabei mit vielen Menschen einig.   

Gleichzeitig ist die Gefahr einer faschistischen Machtübernahme immer näher gerückt. Die Ergebnisse der Wahlen dieses Jahres könnten der Auftakt sein. Dazu darf es nicht kommen! Am rechten Rand der Parteienlandschaft wird kein Frieden vorbereitet. Militarisierung, Nationalismus, Rassismus und Repression würden um ein Vielfaches verstärkt und Lebens- und Arbeitsgrundlagen von uns allen radikal verändert werden. Die deutsche Geschichte hat das Beispiel geliefert. Sie lehrt auch, wie eng verwandt Faschismus und Krieg sind. Wir haben eine Verantwortung dafür, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Daher gehören für uns Friedensarbeit und antifaschistische Arbeit zusammen.

Der Rostocker Ostermarsch ist keine Demonstration, die man veranstaltet, weil es Tradition ist. Er wird von Jahr zu Jahr wichtiger. Rostock ist mit dem Marinekommando und dem Korvettenstützpunkt Hohe Düne nicht nur „Heimathafen der Deutschen Marine“. Rostock ist Standort mehrerer Rüstungsfirmen. Produkte von Rheinmetall und ThyssenKrupp werden auch nach Israel exportiert und für Kriegsverbrechen in Gaza benutzt. In Rostock konnte im vorigen Jahr die weltgrößte Unterwasser-Rüstungsmesse stattfinden. Rostock ist in diesem Jahr Drehkreuz der Verschiffung von Panzern nach Litauen im Rahmen des NATO-Manövers „Steadfast Defender“, mit dem der Krieg gegen Russland geübt wird. Wir wollen zeigen, dass wir das nicht hinnehmen. Wir rufen dazu auf, weiße Fahnen zum Ostermarsch mitzubringen! Der Papst hat den Anstoß gegeben. Weiße Fahnen sind das Kennzeichen der Parlamentäre, die zu Verhandlungen unterwegs sind. Nur durch Verhandlungen können die heutigen Kriege beendet werden!   

Mit der Wahl der Kundgebungsorte unterstreichen wir das Anliegen unseres Ostermarschs:

  • Auftaktkundgebung am Denkmal für die revolutionären Matrosen, 11 Uhr: Hier erinnern wir an die revolutionären Traditionen der Stadt. Vor 110 Jahren, 1914, begann der Erste Weltkrieg. Der Aufstand der Matrosen 1918 leitete sein Ende ein.
  • Zwischenkundgebung am Hotel Radisson Blu, gegen 12 Uhr: Hier gibt es unseres Wissens Rabatte für Militärangehörige. Was wir aber brauchen, ist bezahlbarer Urlaub für alle!   
  • Abschlusskundgebung Bei der Marienkirche/Ziegenmarkt, etwa 12.40 Uhr: Hier sind wir in Sichtweite des Rostocker Rathauses. Wir fordern die Stadtpolitik auf, mehr für den Frieden zu tun. In der Marienkirche finden Friedensgebete statt. Wir würden es begrüßen, wenn auch Friedensaktivisten dort sprechen könnten.

Kommt zum Rostocker Ostermarsch! Bringt weiße Fahnen mit!

Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus!

Stopp aller Waffenlieferungen in Kriegsgebiete!

Für eine zivile und friedliche Stadt!

Hassreden und Hetze sind auf unserem Ostermarsch nicht erlaubt.

rostocker-friedensbuendnis@web.de

--  
Rostocker Friedensbündnis (gemeinsames Postfach)
http://www.rostocker-friedensbuendnis.de

 

PS. Die Gesellschaft für Frieden und internationale Solidarität (GeFiS) e.V. unterstützt diese Friedensaktion.

 

Paps unterbreitet Initiative zu Beendigung des Krieges in der Ukraine

Papst Franziskus: Fremd in dieser Welt

Seit elf Jahren ist Jorge Mario Bergoglio Papst. Ehe er Ende Februar 2013 das Flugzeug bestieg, um zum Konklave nach Rom zu fliegen, sagte er zum Rektor der Kathedrale von Buenos Aires, der Mutterkirche seiner Erzdiözese: „Nos vemos a la vuelta.“ Das heißt so viel wie „Bis gleich“ oder „Wir sehen uns um die Ecke“. Wie üblich reiste Bergoglio mit leichtem Gepäck, einer verbeulten Aktentasche und einem kleinen Koffer. 2001 war der Erzbischof von Buenos Aires von Papst Johannes Paul II. ins Kardinalskollegium berufen worden. Nach dem überraschenden Rücktritt von Benedikt XVI. gehörte der Argentinier zu jenen 115 Kirchenmännern aus aller Welt, die in der Sixtinischen Kapelle einen neuen Papst zu wählen hatten.

Ob der damals 76 Jahre alte Erzbischof tatsächlich mit der baldigen Rückkehr in seine Heimatstadt rechnete oder ob er sich insgeheim doch Hoffnungen auf einen Karrieresprung im Vatikan machte, wissen wir nicht. Jedenfalls war Papst Franziskus seit seiner Wahl am 13. März 2013 nicht mehr in Argentinien. Im Vatikan heißt es, im November dieses Jahres könnte es endlich zur Pastoralreise an den Río de la Plata kommen, zum Doppelbesuch in Argentinien und Uruguay. Doch der Papst ist erkennbar gebrechlich. Er musste in den vergangenen Jahren schwere Operationen über sich ergehen lassen, er bewegt sich meist im Rollstuhl und wird seit Wochen von einer Bronchitis geplagt. Er müsse seine Kräfte einteilen und seine Reisetätigkeit einschränken, sagt Franziskus. Ob es tatsächlich zu dem von vielen seiner Landsleute ersehnten Heimatbesuch kommt, steht dahin.

Noch immer geprägt von der Befreiungstheologie

Nach seiner Wahl hatte der frisch gekürte Papst, der sich nach dem heiligen Franz von Assisi (1181 bis 1226) Franziskus nannte, der jubelnden Menge auf dem Petersplatz zunächst einen „Guten Abend“ gewünscht und dann berichtet, seine Kardinalsbrüder hätten ihn „vom anderen Ende der Welt“ nach Rom geholt. Inzwischen weiß man, dass das Heimatland Argentinien und die geliebte Stadt Buenos Aires für Franziskus geistig gleich um die Ecke geblieben sind, ungeachtet der gut elftausend Flugkilometer Entfernung: Der erste Papst aus dem globalen Süden ist nie in Europa, nie in der nördlichen Hemisphäre „angekommen“.

Maßgeblich geprägt wurde Jorge Mario Bergoglio, der zunächst eine Ausbildung zum Chemiker absolvierte, ehe er 1958 dem Jesuitenorden beitrat und 1969 zum Priester geweiht wurde, von zwei geistlich-politischen Bewegungen: von der Befreiungstheologie und vom Peronismus. Die spezifisch lateinamerikanische Theologie der Befreiung stellt die Armen und die an den gesellschaftlichen Rand Gedrängten ins Zentrum ihrer theoretischen Erwägungen und ihrer praktischen Seelsorge. Damit hat sie einen klar antikapitalistischen, antikolonialen beziehungsweise antiimperialistischen und mithin antiamerikanischen Impuls. Das Gleiche gilt prinzipiell für den Peronismus. Obschon es von dieser politischen Ideologie deutlich mehr unterschiedliche, ja widersprüchliche Varianten gibt als von der Befreiungstheologie.

Der argentinische Schriftsteller Tomás Eloy Martínez hat sich intensiv mit dem Wirken und dem Vermächtnis von Juan Domingo Perón (1895 bis 1974) und dessen zweiter Ehefrau Eva Perón (1919 bis 1952) beschäftigt. Der General herrschte von 1946 bis 1955 sowie, während der letzten acht Monate seines Lebens, bis Juli 1974 als Präsident über Argentinien. 1995 veröffentlichte Eloy Martínez den Roman „Santa Evita“, die halb fiktive Lebensgeschichte der bis in die Popkultur hinein verehrten „Primera Dama“ Eva Perón. „Santa Evita“ ist die vielleicht beste Beschreibung der Heiligen der „Descamisados“, jener „Hemdlosen“ am äußersten Rand der argentinischen Gesellschaft. Die elegante Evita Perón pflegte sich selbst als „Erste der Hemdlosen“ zu bezeichnen, obschon sie den Luxus liebte und dies auch zeigte. Die verarmten Massen verehrten sie dennoch.

Papst Franziskus: Fremd in dieser Welt (msn.com)

Maßgeblich geprägt wurde Jorge Mario Bergoglio, der zunächst eine Ausbildung zum Chemiker absolvierte, ehe er 1958 dem Jesuitenorden beitrat und 1969 zum Priester geweiht wurde, von zwei geistlich-politischen Bewegungen: von der Befreiungstheologie und vom Peronismus. Die spezifisch lateinamerikanische Theologie der Befreiung stellt die Armen und die an den gesellschaftlichen Rand Gedrängten ins Zentrum ihrer theoretischen Erwägungen und ihrer praktischen Seelsorge. Damit hat sie einen klar antikapitalistischen, antikolonialen beziehungsweise antiimperialistischen und mithin antiamerikanischen Impuls. Das Gleiche gilt prinzipiell für den Peronismus. Obschon es von dieser politischen Ideologie deutlich mehr unterschiedliche, ja widersprüchliche Varianten gibt als von der Befreiungstheologie.

 

Der argentinische Schriftsteller Tomás Eloy Martínez hat sich intensiv mit dem Wirken und dem Vermächtnis von Juan Domingo Perón (1895 bis 1974) und dessen zweiter Ehefrau Eva Perón (1919 bis 1952) beschäftigt. Der General herrschte von 1946 bis 1955 sowie, während der letzten acht Monate seines Lebens, bis Juli 1974 als Präsident über Argentinien. 1995 veröffentlichte Eloy Martínez den Roman „Santa Evita“, die halb fiktive Lebensgeschichte der bis in die Popkultur hinein verehrten „Primera Dama“ Eva Perón. „Santa Evita“ ist die vielleicht beste Beschreibung der Heiligen der „Descamisados“, jener „Hemdlosen“ am äußersten Rand der argentinischen Gesellschaft. Die elegante Evita Perón pflegte sich selbst als „Erste der Hemdlosen“ zu bezeichnen, obschon sie den Luxus liebte und dies auch zeigte. Die verarmten Massen verehrten sie dennoch.

In einem Essay von 2010 schreibt Eloy Martínez: „Niemand weiß genau, was der Peronismus eigentlich ist. Deshalb findet das ganze Land im Peronismus auf so vollkommene Weise seinen Ausdruck. Wenn ein Peronismus fällt – wegen Korruption, weil er gescheitert ist oder weil er sich einfach überlebt hat –, tritt sofort ein anderer Peronismus an seine Stelle und sagt: ,Das war ja alles nur Betrug, jetzt kommt erst der wahre Peronismus.‘ Seit Jahrzehnten hofft man in Argentinien auf die Ankunft des wahren Peronismus, als wäre er eine Art Messias, der das Ende der Zeiten überstrahlt, wenn das Land endlich und für immer seine Größe wiedererlangt.“

 

Die Klage der Ausgeschlossenen in Lateinamerika

Es gab und gibt einen linken, einen zentristischen und einen rechten Peronismus. Peronisten haben sozialistisch verstaatlicht, sozialdemokratisch reformiert und marktliberal privatisiert. Der Peronismus ist langlebig und anpassungsfähig. Er prägt seit acht Jahrzehnten die politische Landschaft Argentiniens. Er hat Kriege und Krisen überdauert, auch die Militärdiktatur von 1976 bis 1983, und kann jederzeit als Sieger aus Wahlen hervorgehen. Die Partei der Peronisten heißt seit 1947 „Partido Justicialista“, was so etwas wie Partei der sozialen Gerechtigkeit heißt. In dem Kunstwort „justicialista“ (justizialistisch) verschmelzen die Wörter „justicia“ (Gerechtigkeit) und „socialista“ (sozialistisch). Mit dem Impetus der sozialen Gerechtigkeit, der zudem messianisch aufgeladen und mit einer marienähnlichen Gründungsfigur wie Evita Perón ausgestattet ist, ist der Peronismus umstandslos an die Befreiungstheologie anschlussfähig.

 

Zwei seiner frühen Reisen führten Papst Franziskus 2015 und 2016 nach Lateinamerika, zunächst nach Ecuador, Bolivien und Paraguay, wenige Monate später nach Kuba sowie in die USA. Die Reden, die der seinerzeit noch vor körperlicher Energie strotzende Papst bei diesen „Heimspielen“ und noch dazu in seiner Muttersprache Spanisch hielt, sind Schlüsseldokumente zum Verständnis seines Pontifikats bis heute.

 

Im bolivianischen Santa Cruz de la Sierra sprach Franziskus im Juli 2015 beim „Welttreffen der Volksbewegungen“, zu welchem Vertreter globalisierungskritischer Gruppen aus allen fünf Kontinenten in unregelmäßigen Abständen zusammenkommen. „Die Bibel erinnert uns daran, dass Gott die Klage seines Volkes hört“, sagte Franziskus auf dem Messegelände der Stadt und fuhr fort: „Und auch ich möchte abermals meine Stimme mit der Ihren vereinen. Die berühmten ,drei T‘ – tierra, techo y trabajo (Grund und Boden, ein Dach über dem Kopf und Arbeit) – für alle unsere Brüder und Schwestern sind unantastbare Rechte. Es lohnt sich, für sie zu kämpfen. Möge die Klage der Ausgeschlossenen in Lateinamerika und auf der ganzen Erde gehört werden!“

 

Es ist kein Zufall, dass der Papst aus dem Süden Amerikas drei unantastbare Rechte nennt, die mit den drei ebenfalls als gottgegeben postulierten Rechten der Unabhängigkeitserklärung im Norden Amerikas eher konkurrieren, als mit diesen zu harmonieren. In der „Gründungsakte“ der USA von 1776 (sowie aller folgenden modernen Demokratien), die zugleich eines der bedeutendsten Dokumente des Wertekanons des „jüdisch-christlichen Abendlandes“ ist, werden als Gaben des einen Gottes an alle von ihm als „gleich geschaffenen“ Menschenkinder und als „unveräußerliche Rechte“ die Werte „Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“ postuliert. Gegen diese Rechts-, Freiheits- und Wohlstandsmission der Führungsmacht der nördlichen Hemisphäre setzen die „Volksbewegungen“ des globalen Südens – und mit ihnen der Papst – die Werte „tierra, techo y trabajo“.

 

Franziskus glaubt nicht an die Selbstheilung des Kapitalismus

Gegen den globalisierten Kapitalismus mit seinen Auswüchsen, gegen die ungezügelte Freiheit und den uferlosen Konsum stellt der Papst in seiner Rede von Santa Cruz sein Bekenntnis zu den Werten einer vormodernen Subsistenzwirtschaft – Boden, Unterkunft und Arbeit. In der Perspektive derer, die in einer globalisierten Marktwirtschaft immer weiter an den Rand gedrängt werden, steht der Wert der (sozialen) Gerechtigkeit immer über dem der (politischen) Freiheit. In dieser und in weiteren Reden brandmarkt Franziskus den Kapitalismus als jenes „götzendienerische System, das ausschließt, demütigt und tötet“ – nicht nur den Menschen, sondern auch die Natur, die Schöpfung Gottes selbst. An die Kräfte dieses Systems zur Selbsterkenntnis und Selbstheilung glaubt Franziskus nicht.

 

Während der Papst bei seinem Besuch in den USA darauf bestand, mit Gefängnisinsassen zusammenzukommen, kam es auf Kuba nicht zu einem Treffen mit inhaftierten Dissidenten. Während er in seinen Reden auf Kuba und in den USA ein ums andere Mal den „pueblo“, das Volk, pries, kamen Wörter wie „Demokratie“, „Freiheit“ und „Individuum“ kaum je vor. Von besonderer Bedeutung war für Franziskus das Treffen auf dem Flughafen von Havanna mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill im Februar 2016. In der gemeinsam mit Kyrill, einem ehemaligen Agenten des sowjetischen Geheimdienstes KGB, verfassten Erklärung preisen Papst und Patriarch „die noch nie da gewesene Erneuerung des christlichen Glaubens, die gerade in Russland geschieht“. Die in Russland angeblich hochgehaltenen traditionellen „Familienwerte“ finden die ausdrückliche Zustimmung des Vatikans unter Franziskus. Der konservative orthodoxe Glaube des Ostens wird als Gegenmodell zum dekadenten Wertezerfall in den vom Kapitalismus zersetzten westlichen Gesellschaften begriffen.

 

Franziskus treibt auch mit Entschiedenheit und gegen alle Kritik die Annäherung an die kommunistische Führung in Peking voran. Er will die Spaltung der katholischen Christen in China in eine regimehörige und eine vatikantreue Kirche überwinden. Die allgemeine Verweigerung der individuellen Freiheitsrechte in der chinesischen Gesellschaft oder die Unterdrückung der muslimischen Uiguren stellen dabei keine Hindernisse dar. Auf autokratische Herrschaftspraktiken blickt der Papst, der im Peronismus mit der Tradition eines starken „Volksführers“ sozialisiert wurde, nicht mit Misstrauen. Vorausgesetzt, die betreffenden Länder begehren gegen das vom Papst als todbringend angeprangerte System der kapitalistischen Globalisierung auf – von Venezuela und Kuba über Russland und konservative islamische Regime bis zur neuen Weltmacht China.

 

Auch mit Blick auf Reformen der Weltkirche bringt der Papst aus Argentinien peronistische Praktiken zur Anwendung. Statt ein konzises Programm zu verfolgen, bleibt er weltanschaulich flexibel. Franziskus lässt jeweils Versuchsballons steigen und passt seine Haltung und sein weiteres Vorgehen taktisch und nach Maßgabe der Reaktionen an. Ob es um den Zölibat oder um Weiheämter für Frauen geht, um eine synodale Demokratisierung der kirchlichen Herrschaftsstrukturen oder um eine Anpassung der unzeitgemäßen Sexualmoral: Man weiß nie so wirklich, wo der Papst in diesen Fragen steht. Nur eines ist klar: Am Ende entscheidet er allein.

FAZ v.21.03.2024

Der Globale Süden kämpft für den Frieden im Ukrainekrieg - Deutschland lehnt es ab!!!

Hart wie Kruppstahl

Mehrere Staaten des Globalen Südens arbeiten auf eine Verhandlungslösung für den Ukraine-Krieg hin. Berlin lehnt eine solche ab und dringt auf die Fortsetzung des Krieges, obwohl die Ukraine immer mehr in die Defensive gerät.

21

MÄR

2024

BERLIN/KIEW (Eigener Bericht) – Während mehrere nichtwestliche Staaten, darunter solche aus dem Globalen Süden, nach Chancen für eine Verhandlungslösung für den Ukraine-Krieg suchen, weist die Bundesregierung allein schon den Gedanken daran zurück. Am gestrigen Mittwoch hat Indiens Premierminister Narendra Modi in Telefongesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für einen Waffenstillstand geworben. Zuvor hatte sich Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor ebenso dafür stark gemacht wie der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan oder auch ein Sondergesandter der chinesischen Regierung. Außenministerin Annalena Baerbock hingegen kommentierte den Vorschlag, über ein „Einfrieren“ des Krieges nachzudenken, mit der Äußerung, alle, die „darüber reden, dass man jetzt irgendwie auch genug hätte von der Unterstützung der Ukraine“, sollten sich stattdessen mit russischen Kriegsverbrechen befassen. Die Fortsetzung des Krieges, die Baerbock verlangt, während andere nachdrücklich für einen Waffenstillstand und für Verhandlungen plädieren, fügt der Ukraine und ihrer Bevölkerung tagtäglich neue irreparable Schäden zu.

Vermittlungsbemühungen

Nach Möglichkeiten für Verhandlungen über einen Waffenstillstand und eine Beendigung des Ukraine-Kriegs hat am gestrigen Mittwoch Indiens Premierminister Narendra Modi in zwei getrennt geführten Gesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin und dem Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, gesucht. Zunächst gratulierte Modi Putin telefonisch zu seinem Wahlsieg. Dann habe man sich über einen Ausbau der „speziellen und privilegierten strategischen Partnerschaft“ zwischen beiden Ländern ausgetauscht, bevor man sich mit dem Ukraine-Krieg befasst habe, teilte Indiens Ministerpräsident mit.[1] Anschließend telefonierte Modi mit Selenskyj. Beide hatten Möglichkeiten im Blick, die Kooperation zwischen ihren Ländern zu stärken, wobei Modi zudem Optionen thematisierte, den Ukraine-Krieg zu einem baldigen Ende zu bringen.[2] Einen Tag zuvor hatte Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor sich vor einem Publikum in Washington dafür stark gemacht, endlich Gespräche über einen Waffenstillstand mit Russland zu führen. Der Krieg könne, zumal beide Seiten ernste Sicherheitsbedenken hätten, lediglich mit Verhandlungen beendet werden, erklärte Pandor.[3] Südafrika unterhalte gute Beziehungen sowohl zu Russland wie auch zur Ukraine – und es unterstütze jegliche Vermittlung.

„Einen Friedensgipel abhalten“

Bereits am 8. März hatte der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan, Selenskyj zu Gesprächen über einen Ausbau der bilateralen Handelsbeziehungen empfangen und diesen Anlass genutzt, um sich gleichfalls für Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine stark zu machen. Erdoğan wies darauf hin, dass die Türkei sich seit je als Vermittlerin zwischen beiden Seiten betätigt; ihr war etwa das Zustandekommen des ersten Abkommens über die Öffnung des Schwarzen Meeres für ukrainische Getreideexporte zu verdanken. Der türkische Präsident erklärte, er sei „bereit, einen Friedensgipfel abzuhalten“, an dem freilich Russland beteiligt werden müsse.[4] Selenskyj verweigert das bisher. Auch China hat seine Vermittlungsbemühungen wieder gestartet. Anfang März reiste sein Sondergesandter für eurasische Angelegenheiten, Li Hui, nach Moskau, Kiew, Warschau, Berlin, Paris und Brüssel, um dort jeweils Verhandlungsoptionen zu eruieren. Darüber hinaus traf er sich mit Vertretern des Schweizer Außenministeriums: Zur Zeit ist ein Friedensgipfel in der Schweiz im Gespräch. In Berlin traf Li mit dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt Thomas Bagger zusammen. Der Austausch mit ihm, der sich auch um den Ukraine-Krieg drehte, wurde als „offen“ und „ausführlich“ charakterisiert.[5]

Den Krieg einfrieren

Während der Globale Süden einmal mehr bemüht ist, Wege zu einer Verhandlungslösung für den Ukraine-Krieg zu finden, erweist sich selbst die bloße Debatte darüber in Deutschland als nahezu unmöglich. In der vergangenen Woche hatte Rolf Mützenich, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, öffentlich die Frage gestellt: „Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?“[6] Genau jener Gedanke – einen Waffenstillstand zu erreichen, damit den Frontverlauf vorläufig einzufrieren, anschließend Friedensverhandlungen einzuleiten – ist im vergangenen Jahr Gegenstand von Diskussionen gewesen, die in den Vereinigten Staaten bzw. in US-Medien geführt wurden. So wurde etwa im Mai 2023 in Washington intensiv darüber nachgedacht, den Ukraine-Krieg nach dem Modell des Korea-Kriegs einzufrieren, in dem seit Juli 1953 immerhin die Waffen schweigen, wenngleich er bis heute nicht mit einem Friedensvertrag beendet ist.[7] Im November rieten US-Experten in der US-Fachzeitschrift Foreign Affairs der Ukraine dringend dazu, „einen Waffenstillstand auszuhandeln“, um die militärische Niederlage der Ukraine zu vermeiden.[8]

Verhandlungen? „Verrat!“

Derlei Vorschläge haben in Deutschland zur Zeit keine Chance. So äußerte beispielsweise Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen), Vizepräsidentin des Bundestages, über den Vorstoß des SPD-Fraktionsvorsitzenden: „Wer wie Rolf Mützenich den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine ‘einfrieren‘ will, gibt dem Aggressor nach.“[9] Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, warf Mützenich „Appeasement-Politik“ vor.[10] Außenministerin Annalena Baerbock wiederum tat den Vorschlag, über ein Ende des Tötens und Sterbens in der Ukraine auch bloß nachzudenken, verächtlich ab: „All diejenigen, die derzeit darüber reden, dass man jetzt irgendwie auch genug hätte von der Unterstützung der Ukraine“, sollten „mal einen Blick in den jüngsten Bericht der Vereinten Nationen“ zu russischen Kriegsverbrechen werfen. Wer das tue, werde „nicht wieder darüber sprechen, dass man vielleicht den Konflikt einfrieren soll“.[11] Erst kürzlich hatte Oberst a.D. Wolfgang Richter, ein präziser Analytiker des Ukraine-Kriegs, konstatiert, in den USA werde „die Lage weitaus nüchterner diskutiert als in Deutschland, wo das Moralisieren über die Realpolitik triumphiert und Verhandlungen als ‘Mission impossilbe‘ oder gar als ‘Verrat‘ diffamiert werden“.[12]

Bis alles in Scherben fällt

Dabei verschlechtert sich die Lage der Ukraine kontinuierlich. Wie Richter detailliert belegt hat, wäre im Frühjahr 2022 ein Waffenstillstand erreichbar gewesen, bei dem das Territorium der Ukraine bis auf die Krim und das Donbas intakt geblieben wäre; er scheiterte maßgeblich daran, dass die westlichen Staaten der Regierung in Kiew davon abrieten (german-foreign-policy.com berichtete [13]). Seither sind Hunderttausende zu Tode gekommen; Russland ist nach eigenen Angaben zwar zu Verhandlungen bereit, doch nicht mehr dazu, die mittlerweile annektierten Territorien zurückzugeben. Und während Berlin immer noch darauf dringt, die Kämpfe fortzusetzen, spitzt sich die militärische Lage der Ukraine immer weiter zu. Den ukrainischen Streitkräften fehlen neben Munition vor allem Soldaten; neue Vorschriften, die es ermöglichen sollen, eine erhebliche Zahl junger Menschen auf den Kriegsdienst zu verpflichten, sind in der Bevölkerung unpopulär. Demografen weisen schon lange darauf hin, dass es nach Kriegsende nicht möglich sein wird, die schweren Verluste an Menschen vor allem in den jüngeren Generationen halbwegs auszugleichen.[14] US-Verteidigungsminister Lloyd Austin konstatierte am Dienstag: „Das Überleben der Ukraine ist in Gefahr.“[15]

 

[1] PM Modi speaks to Russia’s Putin, stresses on dialogue in resolving Ukraine conflict. indianexpress.com 20.03.2024.

[2] PM Modi holds talks with Ukraine’s Volodymyr Zelensky, conveys India’s ‘consistent support’ amid war with Russia. livemint.com 20.03.2024.

[3] Carien du Plessis: South Africa to push for Russia to join Ukraine peace talks. theafricareport.com 20.03.2024.

[4] Turkey’s Erdogan offers to host Ukraine-Russia peace talks. euronews.com 09.03.2024.

[5] Außenministerium informiert über die 2. Runde der Pendel-Diplomatie von Li Hui. german.cri.cn 11.03.2024.

[6] Mützenich will nicht von umstrittenen Aussagen abrücken. spiegel.de 19.03.2024.

[7] S. dazu Der Korea-Krieg als Modell.

[8] Richard Haass, Charles Kupchan: Redefining Success in Ukraine. A New Strategy Must Balance Means and Ends. foreignaffairs.com 17.11.2023. S. dazu Die Strategie der Eindämmung.

[9] Peter Carstens: Mützenich sieht in Taurus-Streit „niedere Beweggründe“ am Werk. Frankfurter Allgemeine Zeitung 15.03.2024.

[10] Strack-Zimmermann (FDP) wirft SPD „Appeasement-Politik“ vor. deutschlandfunk.de 20.03.2024.

[11] Pistorius gegen Überlegungen zum Einfrieren des Ukrainekriegs. Frankfurter Allgemeine Zeitung 19.03.2024.

[12] Thomas Fasbender: Militärexperte Richter: „In den USA ist man sehr wohl bereit, mit Russland zu verhandeln“. berliner-zeitung.de 12.03.2024.

[13] S. dazu Kein Wille zum Waffenstillstand.

[14] S. dazu „Ein irreversibler demographischer Schock“.

[15] Lolita C. Baldor: US defense chief vows continued aid to Ukraine, even as Congress is stalled on funding bill. apnews.com 20.03.2024.

Quelle: GERMAN-FOREIGN-POLICY.com

Frankreich setzt auf Eskalation im Ukraine-Krieg !!!

Aus: Ausgabe vom 22.03.2024, Seite 7 / Ausland

UKRAINE-KRIEG

Kommt die Fremdenlegion?

Frankreich: Einsatzszenarien für Interventionstruppen in Ukraine im Fernsehen diskutiert. Ausländische Söldner längst im Land

Von Reinhard Lauterbach

 

Die Diskussion über eine mögliche Entsendung französischer Truppen in die Ukraine wird konkreter. Zwei Tage nachdem der russische Geheimdienstchef Sergej Naryschkin eine Zahl von angeblich 2.000 Soldaten genannt hat, die sich bereits auf einen Einsatz vorbereiteten, haben französische Medien am Donnerstag gemeldet, dass eine im südfranzösischen Nîmes stationierte Einheit der Fremdenlegion vorerst nach Rumänien verlegt werden solle. Im Fernsehsender LCI stellte ein Militärexperte zwei denkbare Szenarien eines französischen Militäreinsatzes vor: entweder in Stellungen auf dem Westufer des Dnipro als »rote Linie« für einen russischen Vormarsch oder entlang der Grenze zwischen der Ukraine und Belarus, um die dort gebundenen ukrainischen Kräfte für den Einsatz an der Front freizumachen. Das erste Szenario liefe faktisch auf eine Zweiteilung der Ukraine entlang des Flusslaufs hinaus, das zweite würde bedeuten, dass der französische Einsatz eher symbolisch bliebe.

Unterdessen hat der ukrainische Außenminister Dmitro Kuleba die Perspektive eines französischen Expeditionskorps herunterzuspielen versucht. Gegenüber der italienischen Zeitung La Stampa sagte er, Kiew habe nie um Kampftruppen gebeten, sondern nur darum, Ausbilder zu schicken, um ukrainische Soldaten im eigenen Land trainieren zu können. Auch aus dem Parlament in Kiew kamen abwiegelnde Stellungnahmen. Die Ukraine sei »stolz auf ihre Soldaten« und sicher, dass diese den Kampf auch ohne ausländische Unterstützung gewinnen könnten. Außerdem müsse das Parlament jedem Einsatz ausländischer Soldaten auf ukrainischem Boden vorab zustimmen.

Das ist zumindest ungenau, denn ausländische Soldaten sind auch jetzt schon in der Ukraine aktiv. Das hat zuletzt der polnische Außenminister Radosław Sikorski bestätigt. Er sagte am Mittwoch gegenüber dpa, es sei ein »offenes Geheimnis«, dass ausländische Militärs in der Ukraine kämpften. Er bestätigte damit indirekt, was auch aus kürzlichen Äußerungen von Bundeskanzler Olaf Scholz hervorgeht.

Weniger ist über die Anzahl ausländischer Militärs in der Ukraine bekannt. Zu unterscheiden ist auch zwischen Soldaten im aktiven Dienst und Söldnern, die sich für die ukrainische Fremdenlegion haben anwerben lassen. Zur ersten Gruppe gehören vermutlich einige hundert Ausbilder, vor allem aus Polen, Großbritannien und den USA, die ukrainische Militärs schulen. Bekannt ist, dass die NATO etwa auf dem grenznahen Truppenübungsplatz Jaworiw bei Lwiw ein Trainingszentrum betreibt. Dieses war auch schon mehrfach Ziel russischer Raketenangriffe. Die ukrainische »Internationale Legion« umfasst nach Angaben aus Kiew etwa 20.000 Kämpfer, unter anderem aus Kanada, Polen, den USA und Großbritannien.

 

Aus einem FAZ-Bericht aus der Frühphase des Krieges ging hervor, dass wohl auch einzelne ehemalige Bundeswehr-Soldaten in die Ukraine gegangen sind. Demnach handelt es sich aber nicht um aktive Soldaten, sondern um Leute, die ihre militärischen Fähigkeiten in der Bundeswehr – oder auch in anderen westlichen Armeen – erworben und sich nach dem Ende ihres Dienstes dort in die Ukraine verdingt haben. Viele sollen aber auch nach einigen Wochen oder Monaten den Dienst in der Ukraine wieder quittiert haben. Dafür wurden in einzelnen Berichten ukrainischer oder westlicher Medien unterschiedliche Gründe genannt: von Unzufriedenheit mit der im ukrainischen Militär grassierenden Korruption bis zu der Einsicht, dass in der Ukraine ein »echter« Krieg geführt wird und das Risiko, in diesem umzukommen, höher ist, als sich mancher Söldner anfänglich vorgestellt haben mag. Hinzu kommt, dass nach gelegentlich in ukrainischen und russischen Medien auftauchenden Berichten die ukrainische Seite die ausländischen Söldner ähnlich einsetzt wie Russland seine Strafbataillone aus beurlaubten Kriminellen: als Kanonenfutter an besonders gefährdeten Frontabschnitten.

Meistens muss man die Hinweise auf ausländische Söldner eher in Meldungen über Todesfälle »eigener« Landsleute in der Ukraine zusammensuchen. So schrieb die Seite Telepolis von einigen Dutzend Fällen in der Ukraine umgekommener kanadischer Staatsbürger. Die dort angegebenen Zahlen sind aber mit einiger Sicherheit ebenso untertrieben, wie russische Meldungen über Verluste von annähernd der Hälfte der ausländischen Söldner übertrieben sein dürften. Beide Kriegsparteien halten eigene Verluste nach Möglichkeit geheim und überzeichnen die der Gegenseite.

An der Front gab es in den vergangenen Tagen offenbar keine größeren Veränderungen. Russische Truppen versuchten westlich von Awdijiwka und im Südabschnitt der Front weiter nach Westen bzw. Norden vorzudringen. Die New York Times berichtete in einer Reportage von der südlichen Front, ukrainische Soldaten hätten offen zugegeben, sie versuchten das seit dem Sommer 2023 umkämpfte und inzwischen völlig zerstörte Dorf Rabotino nur aus propagandistischen Gründen zu halten, um der Kriegsmüdigkeit in der ukrainischen Gesellschaft ein Beispiel »erfolgreichen Widerstands« entgegenzusetzen.

In der Nacht zum Donnerstag wurden erstmals seit sechs Wochen wieder Ziele in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mit Raketen angegriffen. Angeblich wurden alle 31 anfliegenden Raketen abgeschossen. Durch herabfallende Trümmer gerieten jedoch mehrere Wohnhäuser in Brand. Die Zahl der Verletzten wurde am Vormittag mit 15 angegeben. Aus den ukrainischen Berichten ging erneut hervor, dass es sich bei den Verlusten um »Kollateralschäden« der ukrainischen Raketenabwehr handelte, nicht um gezielten Beschuss der Wohnviertel.

Quelle: junge Welt v.22.03.2024/ Jerome Delay/AP Nicht überall beliebt: Französische Soldaten mussten Niger im vergangenen Jahr verlassen (Niamey, 9.6.2023)

Gefahr für den Weltfrieden

Für Atombomben zertifiziert

Der Tarnkappenjet F-35A, der künftig in Deutschland lagernde US-Atomwaffen einsetzen können soll, ist jetzt explizit dafür zertifiziert. In den USA beginnt eine neue Debatte über die „Vorzüge“ von Kernwaffentests.

15

MÄR

2024

BÜCHEL/WASHINGTON (Eigener Bericht) – Die deutsche Luftwaffe begrüßt die kürzlich bekannt gewordene Zertifizierung des US-Kampfjets F-35A für den Einsatz der künftig auch in Deutschland lagernden US-Atombomben B61-12. Die Zertifizierung sei „wichtig für unsere Beschaffung“ des F-35A, erklärt die Truppe. Die Bundesregierung hat 35 Exemplare des US-Tarnkappenjets bestellt, um mit ihm gegebenenfalls US-Kernwaffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe einsetzen zu können. Der Kaufpreis wird auf gut zehn Milliarden Euro geschätzt. Die gegenwärtig modernsten Bomben B61-12 können präzise gesteuert werden, lassen sich auch mit geringerer Sprengwirkung einsetzen und nähren die Illusion, einen begrenzten nuklearen Schlagabtausch führen zu können; damit reduzieren sie Hemmungen gegenüber dem Einsatz von Kernwaffen und erhöhen so die Gefahr eines Atomkriegs. Wann sie die älteren Modelle in Büchel ersetzen sollen, ist nicht bekannt. Die Zertifizierung des F-35A für Atombomben erfolgt zu einer Zeit, zu der in den Vereinigten Staaten eine Debatte über die Wiederaufnahme von Kernwaffentests anläuft. Den Kernwaffenteststoppvertrag aus dem Jahr 1996 hat Washington nie ratifiziert; Moskau hat seine Ratifizierung annulliert.

Der F-35A

Der US-Tarnkappenjet F-35A ist, wie das US-Militärportal Breaking Defense in der vergangenen Woche berichtete, schon am 12. Oktober 2023 für den Einsatz von Kernwaffen zertifiziert worden.[1] Die Zertifizierung gilt ausschließlich für die gegenwärtig modernste US-Atombombe vom Typ B61-12. Damit verfügt der F-35A nicht nur über „duale“, also sowohl konventionelle wie auch nukleare Fähigkeiten; er ist zudem der erste Kampfjet der fünften Generation, der Kernwaffen transportieren und abwerfen kann. Die Bundesregierung hatte im März 2022 im Grundsatz beschlossen, 35 Exemplare des Tarnkappenjets zu kaufen; Hauptgrund war, dass die Tornado-Jets, die aktuell für einen etwaigen Atomwaffeneinsatz im Rahmen der nuklearen Teilhabe bereitgehalten werden, aufgrund ihres Alters spätestens um 2030 aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Als Gesamtkaufpreis für die Kampfjets werden rund zehn Milliarden Euro genannt. Dies hat in der Vergangenheit für Verwunderung gesorgt: Die Schweiz, die 36 Exemplare des F-35 kauft, zahlt dafür laut Berichten lediglich sechs Milliarden Franken. Hinzu kommt, dass der F-35 als pannenanfällig gilt.[2] Allerdings nutzen ihn auch die drei anderen westeuropäischen Staaten (Belgien, die Niederlande und Italien), die im Rahmen der nuklearen Teilhabe über US-Atomwaffen verfügen.

„Einfach zu niedrig geschätzt“

Im Zusammenhang mit den Umbauten am deutschen Kernwaffenstandort Büchel, die für den künftigen Einsatz des F-35A erforderlich sind, hat es zuletzt erheblichen Unmut gegeben. Ursache ist, dass die Kosten für die Baumaßnahmen beträchtlich höher ausfallen als zunächst geplant; mit einer Steigerung gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Summe um fast 650 Millionen Euro auf bis zu 1,2 Milliarden Euro wird gerechnet. Zur Begründung für die starke Zunahme der anfallenden Ausgaben hieß es im Bundesverteidigungsministerium, man müsse ein „enges, ambitioniertes Zeitkorsett“ einhalten, habe zudem „hohe und aufwändige US-Sicherheitsanforderungen“ zu wahren und finde schließlich in Büchel in der Eifel eine sehr „schwierige Topografie“ vor.[3] Nun war all dies allen Beteiligten von vornherein bekannt. Eine andere Erklärung lieferte vor kurzem der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, als er sich mit drei weiteren Luftwaffenoffizieren über den Marschflugkörper Taurus austauschte und nebenbei auf die Kostensteigerung in Büchel zu sprechen kam; das Gespräch wurde von russischen Diensten mitgeschnitten und veröffentlicht. Demnach sei der Preis für die Baumaßnahmen nicht gestiegen, sondern ganz „einfach zu niedrig geschätzt“ worden – um immerhin 50 Prozent.[4]

„Taktische Schlachtfeldwaffe“

Die ersten Maschinen des Typs F-35A sollen Berichten zufolge ab 2026 an die Bundeswehr ausgeliefert werden.[5] Dabei bleiben sie, heißt es, zunächst in den Vereinigten Staaten; dort sollen die deutschen Piloten an ihnen ausgebildet werden. Ab wann sie in Büchel stationiert sein werden, ist ebenso ungewiss wie die Frage, wann die neuen Atombomben des Typs B61-12 dort eintreffen. Im Oktober 2022 berichtete das Springer-Portal Politico, dies solle noch vor Ende 2022 geschehen (german-foreign-policy.com berichtete [6]). Offiziell bestätigt wurde dies nie; bis heute liegen keine näheren Hinweise zu der Maßnahme vor. Spekulieren ließe sich, dass die neuen B61-12 annähernd gleichzeitig mit den F-35A in Büchel eintreffen, die für sie zertifiziert sind. Die Frage ist auch deshalb von einiger Bedeutung, weil die B61-12 erheblich anders eingesetzt werden können als die bislang in Büchel gelagerten Bomben. So können sie per Satellitennavigation gelenkt werden, gelten deshalb als deutlich präziser und können darüber hinaus gezielt Bunker brechen. Auch sind sie mit unterschiedlicher Sprengwirkung einsetzbar. Prinzipiell könnten sie Experten zufolge auch in taktischer Weise als „Schlachtfeldwaffe“ genutzt werden.[7] Das senkt die Hemmschwelle gegenüber einem Kernwaffeneinsatz und erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs.

Die neue Kernwaffentestdebatte

Die Bestätigung der Zertifizierung des F-35A für die künftig auch in Büchel eingelagerten US-Atombomben des Typs B61-12 erfolgt zu einer Zeit, zu der in den Vereinigten Staaten eine Debatte über die Wiederaufnahme von Kernwaffentests beginnt. In Fachkreisen, die sich mit Fragen der nationalen Sicherheit befassten, werde neuerdings über angebliche „Vorzüge“ unterirdischer oder sogar oberirdischer Nukleartests diskutiert, heißt es in der aktuellen Ausgabe der renommierten US-Fachpublikation Bulletin of the Atomic Scientists.[8] Stritten Regierungsmitarbeiter aller drei großen Atommächte offiziell auch ab, Tests zu planen, so gebe es Hinweise, die auf das Gegenteil hindeuteten. So würden zur Zeit Baumaßnahmen auf den großen Nukleartestgeländen in Russland und China, aber auch in den USA registriert.[9] Die Vereinigten Staaten dürften zumindest unterirdische Tests durchführen: Sie haben den Kernwaffenteststoppvertrag aus dem Jahr 1996, der nicht nur oberirdische, sondern auch unterirdische Atomtests verbietet, niemals ratifiziert. Russland wiederum hat im November, um gegebenenfalls mit eigenen Tests antworten zu können, seine Ratifizierung des Vertrages zurückgezogen. Präsident Wladimir Putin hat angekündigt, falls die USA einen Atomwaffentest durchführen sollten, behalte Russland es sich vor, es ihnen gleichzutun.

 

[1] Michael Marrow: Exclusive: F-35A officially certified to carry nuclear bomb. breakingdefense.com 08.03.2024.

[2] S. dazu Festtage für die Rüstungsindustrie (II).

[3] Max Biederbeck: Kostenexplosion beim F35-Bomber. wiwo.de 15.02.2024.

[4] Audiodatei und Transkript beispielsweise hier: Taurus-Leak – Russland veröffentlicht abgehörtes Telefongespräch. russland.news 03.03.2024. S. dazu Das Kriegskriterium.

[5] Frank Specht: Kampfjet F-35 als Atomwaffenträger zertifiziert. handelsblatt.com 13.03.2024.

[6] S. dazu Zum Erstschlag bereit.

[7] S. dazu Das Atomkriegsszenario.

[8] Walter Pincus: The horrors of nuclear weapons testing. thebulletin.org 07.03.2024.

[9] François Diaz-Maurin: Introduction: Nuclear testing in the 21st century – legacies, tensions, and risks. thebulletin.org 07.03.2024.

 

Kriegsgerät ist Kassenschlager!

Aus: Ausgabe vom 15.03.2024, Seite 3 / Schwerpunkt

MILITÄRISCH-INDUSTRIELLER KOMPLEX

Kriegsgerät ist Kassenschlager

Weltweiter Waffenhandel: Rüstungsexporte der USA an Verbündete steigen auf 42 Prozent

Von Jörg Kronauer

 

Dori Whipple/Joint Munitions Command/Handout via REUTERS

Produktion von Geschosshülsen in der Scranton Army Ammunition Plant in Pennsylvania (Dezember 2023)

Die US-Rüstungsexporte steigen von Rekordmarke zu Rekordmarke. Das Stockholmer Forschungsinstitut SIPRI stellte in seinem zu Wochenbeginn veröffentlichten Jahresbericht zum internationalen Waffenhandel fest, im Fünfjahreszeitraum von 2019 bis 2023 hätten die USA die Ausfuhr von Kriegsgerät um rund 17 Prozent gegenüber dem Fünfjahreszeitraum zuvor (2014 bis 2018) ausweiten können. Damit sei ihr Anteil am globalen Rüstungsexport von 34 Prozent auf bemerkenswerte 42 Prozent gewachsen. Fünfjahreszeiträume zur Grundlage für Vergleiche zu machen ist in der Branche sinnvoll, weil der Kauf besonders teurer Waffensysteme – etwa Kampfjets oder Kriegsschiffe – einzelne Jahreswerte verzerren kann. Doch völlig unabhängig davon, ob verzerrt oder nicht: Die US-Rüstungsexporte erreichten auch im Einzeljahr 2023 einen neuen Rekordwert; sie stiegen steil um 16 Prozent auf 238 Milliarden US-Dollar.

Den Anstieg verdanken die Vereinigten Staaten, deren Absatz im Nahen und Mittleren Osten, ihrem traditionellen Absatzmarkt Nummer eins, im Fünfjahreszeitraum von 2019 bis 2023 deutlich zurückging, einer Zunahme der Verkäufe in der Asien-Pazifik-Region und besonders in Europa. Deutlich stiegen ihre Rüstungsexporte an Verbündete in ihrem Machtkampf gegen China, vor allem an Australien, Südkorea und Japan. Tokio nahm – ein Plus von 161 Prozent – zuletzt 9,5 aller US-Rüstungsexporte ab. Die Ausfuhren militärischer Güter nach Europa aber schnellten sogar um mehr als 200 Prozent in die Höhe. Der Grund? Neben dem Ukraine-Krieg die massive Aufrüstung gegen Russland, die 2014 an Fahrt gewann und 2022 nahezu explodierte. Der Anteil der Vereinigten Staaten an Europas Waffenimport wuchs von 35 Prozent (2014 bis 2018) auf 55 Prozent (2019 bis 2023). In der EU lag er zuletzt – zwischen dem 24. Februar 2022 und Juni 2023 – bei stolzen 63 Prozent.

 

Unmut löst das vor allem in Frankreich aus. Hielten deutsche Konzerne in den Jahren von 2019 bis 2023 immerhin noch einen Anteil von 6,4 Prozent an der gesamten europäischen Rüstungseinfuhr, so schaffte die französische Konkurrenz gerade einmal 4,6 Prozent. Zwar ist Frankreichs Rüstungsindustrie durchaus stark; sie stieg in der Zeit von 2019 bis 2023 zum zweitgrößten Waffenexporteur weltweit nach den USA auf. Doch stützte sie sich dabei überwiegend auf Rüstungsausfuhren in Staaten jenseits Europas und Nordamerikas: Rund 42 Prozent gingen nach Asien und in die Pazifikregion – 29 Prozent alleine nach Indien –, 34 Prozent in den Nahen und Mittleren Osten und bloß 9,1 Prozent nach Europa. Das wog um so schwerer, als 53 Prozent aller Exporte nach Europa einzig und allein auf den kostspieligen Verkauf von 17 »Rafale«-Kampfjets an Griechenland zurückzuführen waren. Frankreichs Rüstungsindustrie war auf ihrem europäischen Heimatmarkt erstaunlich schwach.

Ein wichtiger Grund dafür liegt darin, dass die Aufrüstung gegen Russland so schnell wie möglich vonstatten gehen soll; man muss also kaufen, was vorhanden ist – US-Kampfjets vom Typ »F-35« etwa, denn das deutsch-französische Konkurrenzprodukt FCAS wird frühestens 2040 erhältlich sein. Ähnlich sieht es bei anderen Waffensystemen aus. Was tun? Die Lösung, auf die Paris verfallen ist, besteht darin, mit Hilfe der neuen Rüstungsstrategie der EU (European Defence Industry Strategy, EDIS) Druck zu machen, in Zukunft dem Waffenimport aus anderen Mitgliedstaaten Vorrang vor dem Import aus den USA einzuräumen. Ob’s klappt, wird man sehen.

Quelle: junge Welt v.15.03.2024/Aus: Ausgabe vom 15.03.2024, Seite 3 / Schwerpunkt

MILITÄRISCH-INDUSTRIELLER KOMPLEX

Kriegsgerät ist Kassenschlager

Weltweiter Waffenhandel: Rüstungsexporte der USA an Verbündete steigen auf 42 Prozent

Von Jörg Kronauer

 

Die US-Rüstungsexporte steigen von Rekordmarke zu Rekordmarke. Das Stockholmer Forschungsinstitut SIPRI stellte in seinem zu Wochenbeginn veröffentlichten Jahresbericht zum internationalen Waffenhandel fest, im Fünfjahreszeitraum von 2019 bis 2023 hätten die USA die Ausfuhr von Kriegsgerät um rund 17 Prozent gegenüber dem Fünfjahreszeitraum zuvor (2014 bis 2018) ausweiten können. Damit sei ihr Anteil am globalen Rüstungsexport von 34 Prozent auf bemerkenswerte 42 Prozent gewachsen. Fünfjahreszeiträume zur Grundlage für Vergleiche zu machen ist in der Branche sinnvoll, weil der Kauf besonders teurer Waffensysteme – etwa Kampfjets oder Kriegsschiffe – einzelne Jahreswerte verzerren kann. Doch völlig unabhängig davon, ob verzerrt oder nicht: Die US-Rüstungsexporte erreichten auch im Einzeljahr 2023 einen neuen Rekordwert; sie stiegen steil um 16 Prozent auf 238 Milliarden US-Dollar.

Den Anstieg verdanken die Vereinigten Staaten, deren Absatz im Nahen und Mittleren Osten, ihrem traditionellen Absatzmarkt Nummer eins, im Fünfjahreszeitraum von 2019 bis 2023 deutlich zurückging, einer Zunahme der Verkäufe in der Asien-Pazifik-Region und besonders in Europa. Deutlich stiegen ihre Rüstungsexporte an Verbündete in ihrem Machtkampf gegen China, vor allem an Australien, Südkorea und Japan. Tokio nahm – ein Plus von 161 Prozent – zuletzt 9,5 aller US-Rüstungsexporte ab. Die Ausfuhren militärischer Güter nach Europa aber schnellten sogar um mehr als 200 Prozent in die Höhe. Der Grund? Neben dem Ukraine-Krieg die massive Aufrüstung gegen Russland, die 2014 an Fahrt gewann und 2022 nahezu explodierte. Der Anteil der Vereinigten Staaten an Europas Waffenimport wuchs von 35 Prozent (2014 bis 2018) auf 55 Prozent (2019 bis 2023). In der EU lag er zuletzt – zwischen dem 24. Februar 2022 und Juni 2023 – bei stolzen 63 Prozent.

 

Unmut löst das vor allem in Frankreich aus. Hielten deutsche Konzerne in den Jahren von 2019 bis 2023 immerhin noch einen Anteil von 6,4 Prozent an der gesamten europäischen Rüstungseinfuhr, so schaffte die französische Konkurrenz gerade einmal 4,6 Prozent. Zwar ist Frankreichs Rüstungsindustrie durchaus stark; sie stieg in der Zeit von 2019 bis 2023 zum zweitgrößten Waffenexporteur weltweit nach den USA auf. Doch stützte sie sich dabei überwiegend auf Rüstungsausfuhren in Staaten jenseits Europas und Nordamerikas: Rund 42 Prozent gingen nach Asien und in die Pazifikregion – 29 Prozent alleine nach Indien –, 34 Prozent in den Nahen und Mittleren Osten und bloß 9,1 Prozent nach Europa. Das wog um so schwerer, als 53 Prozent aller Exporte nach Europa einzig und allein auf den kostspieligen Verkauf von 17 »Rafale«-Kampfjets an Griechenland zurückzuführen waren. Frankreichs Rüstungsindustrie war auf ihrem europäischen Heimatmarkt erstaunlich schwach.

Ein wichtiger Grund dafür liegt darin, dass die Aufrüstung gegen Russland so schnell wie möglich vonstatten gehen soll; man muss also kaufen, was vorhanden ist – US-Kampfjets vom Typ »F-35« etwa, denn das deutsch-französische Konkurrenzprodukt FCAS wird frühestens 2040 erhältlich sein. Ähnlich sieht es bei anderen Waffensystemen aus. Was tun? Die Lösung, auf die Paris verfallen ist, besteht darin, mit Hilfe der neuen Rüstungsstrategie der EU (European Defence Industry Strategy, EDIS) Druck zu machen, in Zukunft dem Waffenimport aus anderen Mitgliedstaaten Vorrang vor dem Import aus den USA einzuräumen. Ob’s klappt, wird man sehen.

Quelle: junge Welt v.15.03.2024/ Dori Whipple/Joint Munitions Command/Handout via REUTERS

Produktion von Geschosshülsen in der Scranton Army Ammunition Plant in Pennsylvania (Dezember 2023)

 

Rüstungsfirma im Umsatzhoch- Profit mit dem Krieg 

Aus: Ausgabe vom 15.03.2024, Seite 1 / Inland

RÜSTUNGSKONZERN

Rheinmetall profitiert von Rüstungsboom

Düsseldorfer Rüstungsschmiede schließt 2023 mit Rekordgewinn und -Auftragsbestand ab

Von David Maiwald

 

Rheinmetall profitiert vom »anhaltenden Boom im Rüstungsbereich«. Das gab die Düsseldorfer Waffenschmiede am Donnerstag bei der Veröffentlichung ihrer Jahreszahlen für 2023 bekannt. Demnach hat der »vor allem im Geschäft mit den militärischen Kunden« deutlich erhöhte Umsatz von rund 7,2 Milliarden Euro dem Konzern einen Rekordgewinn von 918 Millionen Euro beschert. Für die Bundeswehr und die Streitkräfte »unserer Verbündeten und Freunde« möchte Rheinmetall ein leistungsfähiger Partner sein, hieß es weiter.

Der Konzern sei »Hauptprofiteur der massiven Aufrüstungsprogramme« der Ampelregierung, erklärte ein Sprecher des Bündnisses »Rheinmetall entwaffnen!« am Donnerstag im jW-Gespräch. Rheinmetall stehe für »deutsche Waffen und Interessen« ein und werde dadurch »zunehmend als politischer Akteur legitimiert«.

 

Neben der Gewinnsteigerung von 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr stieg der Auftragsbestand um 44 Prozent auf ein Volumen von 38,3 Milliarden Euro. So habe Rheinmetall von der Rüstungsexportnation USA bereits 800 Millionen US-Dollar (rund 731 Millionen Euro) für die Entwicklung eines Nachfolgers des Schützenpanzers »Bradley« erhalten, erklärte Konzernchef Armin Papperger. Sollte sich das Unternehmen gegen den US-Konkurrenten General Dynamics durchsetzen, winkt ein Auftragsvolumen von 45 Milliarden US-Dollar. Verständlich, dass sich Papperger am Donnerstag über »eine neue sicherheitspolitische Dekade« freute.

Von der Ampel erteilte Rüstungsexportgenehmigungen verstießen zu großen Teilen »gegen das Völkerrecht und europäisches Recht«, stellten die Organisationen Terre des hommes, Aktion Aufschrei und Ohne Rüstung leben e. V. in einer am Donnerstag veröffentlichten gemeinsamen Studie fest. Die Ampel komme demnach internationalen Verträgen zum Waffenhandel trotz anderslautender Bekundungen »unzureichend« nach. Der Report verwies ausdrücklich auf die Klagen gegen die BRD vor dem Internationalen Strafgerichtshof wegen Beihilfe zum Völkermord in Gaza sowie Kriegsverbrechen im Jemen-Krieg.

Quelle: junge welt v.15.03.2024/ Alex Kraus/REUTERS

Rüstungskonzernchef Papperger freut sich über eine »neue sicherheitspolitische Dekade«

 

Kampf um den Frieden in der Ukraine - Papst meldet sich zur Wort

us: Ausgabe vom 11.03.2024, Seite 2 / Ausland

UKRAINE-KRIEG

Papst fordert Verhandlungen

Vatikan ruft zur Beendigung des Ukraine-Krieges auf. US-Militärstiftung sieht Kiew »die Zeit davonlaufen«

Von Reinhard Lauterbach

 

Papst Franziskus hat zu einer Beendigung des Ukraine-Kriegs durch Verhandlungen aufgerufen. In einem Interview am Sonntag für das Schweizer Fernsehen sagte er wörtlich: »Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass es nicht gut läuft, muss man den Mut haben, zu verhandeln.« Das sei niemals eine Kapitulation; letztlich werde sich die Seite als die stärkere erweisen, die den Mut habe, das Schicksal ihres Volkes ins Auge zu fassen und notfalls die weiße Fahne zu hissen. Formal wandte sich Franziskus an alle Seiten; praktisch richtete sich sein Appell in erster Linie an die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer.

Dort war die Reaktion überwiegend ablehnend. Der polnische Außenminister Radosław Sikorski lobte am Freitag im Warschauer Parlament ausdrücklich das Vorgehen des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, mit der direkten Entsendung von Truppen zu drohen. Der Westen müsse die Fähigkeit zur »kreativen Eskalation« entwickeln, so Sikorski. Außer Frankreich seien noch etliche EU-Staaten bereit, Truppen zu entsenden. Welche, sagt Sikorski nicht, auch nicht, ob Polen dazugehöre. Er vertrat die Auffassung, nicht die ­Ukraine müsse die weiße Fahne hissen, sondern Russland – indem es sich aus der Ukraine zurückziehe.

 

Unterdessen hat der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan bei einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodimir Selenskij erneut seine Bereitschaft erklärt, einen Friedensgipfel zu organisieren. Selenskij ging darauf allerdings nicht ein und wiederholte seinen Standpunkt, es müsse zunächst einen »globalen« Vorgipfel in der Schweiz geben, der ohne Beteiligung Russlands die Friedensbedingungen formuliere und anschließend Vertreter Russlands einladen solle. Das wäre eine Wiederholung des Szenarios, wo am Ende des Ersten Weltkriegs die westlichen Siegermächte zuerst unter sich den Vertrag von Versailles aushandelten und anschließend eine Delegation des besiegten Deutschlands zur Unterzeichnung herbeizitierten.

Dass dies ein völlig illusorisches Szenario ist, weiß man auch im Westen. Die einflussreiche US-Zeitschrift Foreign Policy veröffentlichte am Freitag eine Analyse der vom Pentagon finanzierten Rand-Stiftung. Sie stand unter dem Titel »Der Ukraine läuft die Zeit davon«.

Quelle: junge Welt v.11.03.2024/ Vatican Media/REUTERS

»Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass es nicht gut läuft, muss man den Mut haben, zu verhandeln«: Papst Franziskus ruft zur Beendigung des Ukraine-Kriegs auf

 

Kampf um den Frieden - ist Deutschland bereits Kriegspartei ?

Hybrider Krieg in Estland: Der Westen kämpft längst gegen Russland

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will Deutschland nicht in einen Krieg mit Russland ziehen. Deswegen dürfe es „keine deutschen Soldaten auf ukrainischem Grund geben“, deswegen könne keinesfalls der Marschflugkörper Taurus in die Ukraine geliefert werden. Ob das technisch gesehen stimmt, ist seit der Veröffentlichung des von Russland abgehörten Gesprächs zwischen führenden Offizieren der Luftwaffe fraglich. Ebenso fraglich ist, ob Scholz mit seinem Wunsch, keine Kriegspartei zu sein, der gegenwärtigen Situation nicht etwas hinterherhinkt.

Wenn man bei Russlands direkten Nachbarn nachfragt, dann ist der Westen längst Ziel eines verdeckten Kriegs. Finnland meldet, dass Russland versuche, Mi­granten über die gemeinsame Grenze zu schicken, um das Land zu destabilisieren, und nennen das „hybride Kriegsführung“. Auch macht sich das neue NATO-Mitglied keine Illusionen darüber, ob die Russen wohl versuchen, Informationen auszuspionieren. Über manches – das ist in Finnland schon lange mehr als ein geflügeltes Wort – spricht man besser nur in der Sauna. Dass den Finnen der Ernst der Lage klar ist, zeigt nicht zuletzt ihr Beitritt zum westlichen Verteidigungsbündnis.

Seit fast 20 Jahren ist auch Estland Teil der Allianz. Für den kleinen baltischen EU-Staat, der nach der jahrzehntelangen und besonders grausamen Sowjetherrschaft im Frühjahr 1990 seine Unabhängigkeit wiedererlangte, ist es eine Lebensversicherung. Schon in den Nullerjahren, als die Welt eine andere war, als Russland mehr Partner als Feind war, sahen die ­Esten das so und traten der NATO bei.

„Russland macht Kriegspropaganda, um zu spalten“

Seit einigen Jahren ist auch Estland im Krieg, so bewertet es zumindest dessen Botschafterin in Berlin, Marika Linntam: „Russland führt mit seinen Cyber-Angriffen und mit der Verbreitung von Desinformation im Wesentlichen einen Schattenkrieg gegen unsere Gesellschaften und Demokratien.“ Fast jeden Tag werden Versuche abgewehrt, die digitale Infrastruktur abzuhören oder anzugreifen. Der Staat kämpft zudem gegen Falschmeldungen, die vor allem die russischsprachige ­Minderheit erreichen. „Russland macht Kriegspropaganda, um zu spalten“, sagt Linntam. Das war auch nach dem Taurus-Leak zu beobachten: Nach der Veröffentlichung des Gesprächs wurde in russischen Medien verbreitet, Deutschland plane einen Angriff – obwohl nur theoretische Überlegungen über die Schlagkraft des Taurus ausgetauscht wurden.

In Estland wird viel über das Thema Fake News gesprochen, um die Sensibilität der Bürger zu erhöhen. Mit einigem Erfolg: Junge russischstämmige Menschen protestieren gegen den Krieg in der Ukraine. Dass Fake News, Cyber-Attacken und Lauschangriffe zum Krieg Russlands gegen den Westen gehörten, sei den Menschen durchaus klar, meint Linntam: „In der Ecke Europas, in der wir leben, ist das Bewusstsein dafür generell höher.“

Linntams Einschätzung lässt sich mit Fakten untermauern: Einen verheerenden russischen Cyber-Angriff gab es in Estland schon 2007. Mit Abertausenden Anfragen bombardierten Bots Internetseiten von Ministerien, Banken und Medien, überforderten sie und legten sie lahm. Da Estland schon damals hochdigitalisiert war, hatten diese DoS-Angriffe gravierende Folgen: Für fast drei Wochen konnte keiner Bankgeschäfte tätigen, ein Rezept vom Arzt erhalten oder ein Parkticket für das Auto buchen. Seit dem Angriff, zu dem sich einige Jahre später die nationalistische russische Jugendorganisation Naschi bekannt hatte, macht Estland vieles anders.

Gravierende Folgen von DoS-Attacken

Der Digitalisierung, eine der größten Stärken des Staates, hat man nicht abgeschworen. „Wir haben aber an unserer inneren Stärkung gearbeitet“, sagt Linntam. Dazu gehören sichere Server im Ausland, Cyberkriegsforschungszentren in Estland, an denen auch die NATO beteiligt ist, Schulungen für Mitarbeiter von Behörden, aber auch für Schüler und die allgemeine Bevölkerung. Und das scheint nötig. Nach Linntams Angaben gab es im vergangenen Jahr 60 Prozent mehr solcher DoS-Attacken als 2022. Dass sie wirklich vom russischen Staat lanciert werden, lässt sich meist nicht beweisen. Doch für die Balten ist die Sache klar.

Die estnische Botschafterin mahnt, auf alles vorbereitet zu sein: „Wir brauchen eine 360-Grad-Aufmerksamkeit.“ Cyber-Attacken, Desinformation, aber auch Angriffe auf die kritische Infrastruktur, Energieautonomie und Grenzen gehörten zum Repertoire des hybriden Krieges. Alle Bündnispartner sollten daher ihre Widerstandsfähigkeit steigern, um den neoimperialistischen Zielen Russlands entgegenzutreten. Diese liefen den demokratischen Werten und der regelbasierten Weltordnung zuwider, sagt Linntam. Was Putin wolle, sei in der Ukraine zu beobachten, die dringend weiter unterstützt werden müsse. „Das ist auch ein Krieg gegen die Demokratie.“ Das Engagement Deutschlands werde sehr geschätzt, sagt sie.

Trotz aller Vorsicht wird auch Estland noch Opfer. Vor Kurzem wurde wieder einmal der Zugang zu einer staatlichen Website mit einem DoS-Angriff unterbunden, wie Linntam berichtet. Doch die Situation sei schnell unter Kontrolle gewesen. Auch, weil es inzwischen Richtlinien und Verhaltenscodes gibt. Genauer kann Linntam da nicht werden – aus Sicherheitsgründen. Sie sagt nur: „In der Botschaft in Berlin machen wir alles nach estnischen Standards.“ Was sie nicht explizit sagt, was aber mitschwingt: In Deutschland ist das Bewusstsein für die aggressive Vorgehensweise Russlands offenbar weniger stark ausgeprägt und damit auch die Vorsichtsmaßnahmen. Das zeigt auch der Taurus-Leak: Experten sagen, es sei gemeinhin bekannt, dass Telefone leicht abzuhören seien, dass man sich also keinesfalls damit in eine sensible Besprechung einwählen sollte – gerade Militärs hätte das nicht passieren dürfen. Es ist aber passiert. Spätestens jetzt sollte auch in Deutschland klar sein: Wirklich friedlich ist es längst nicht mehr. Ein Blick auf die Sicherheitsvorkehrungen und Verhaltensregeln der estnischen Verbündeten könnte hilfreich sein.

Frankfurter Allgemeine Zeitung online v.09.03.2024

17.02.
2024

Friedenskampf - Aktion !!!

Kriegstreiber unerwünscht!

Aufruf des Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz 2024

Demonstration und Protestkette am 17. Februar 2024 in München

 

Warum wir gegen die Münchner „Sicherheitskonferenz“ (Siko) protestieren

Wie schon seit 60 Jahren treffen sich im Februar 2024 Staatsvertreter, Militärs und Rüstungskonzerne zur Münchner „Sicherheitskonferenz“ (Siko) im Bayerischen Hof. Bei dieser Privatveranstaltung, die u.a. mit Steuergeldern finanziert wird, ging es nie um Sicherheit, sondern immer um die Machtinteressen der NATO und ihrer Mitgliedstaaten – besonders die der deutschen Bundesregierung, die eine militaristische „Zeitenwende“ losgetreten hat und nun das ganze Land „kriegstüchtig“ machen will.

Heute organisiert die Bundesregierung die größte Aufrüstung seit dem Zweiten Weltkrieg und schickt Waffen in Kriegsgebiete. Das bedeutet: Wettrüsten, Konfrontation, Krieg – bis hin zum Atomkrieg. Auf der Siko wird diese Gewaltspirale als „Sicherheit“ verkauft.

Die Siko soll nicht ungestört stattfinden. Mit einer Protestkette durch die Fußgängerzone und einer Demo, die das Luxushotel symbolisch umzingelt (Stachus – Odeonsplatz – Marienplatz), organisieren wir unsere Proteste.

 

Für Bildung und Soziales statt Panzer und Kriege!

Wenn es nach NATO und Bundesregierung geht, sollen mindestens zwei Prozent des BIP ab 2024 für Rüstung und Krieg ausgegeben werden. Das wären derzeit rund 85 Milliarden EUR. Zusammen mit den im Haushaltsentwurf 2024 vorgesehenen Ausgaben für Verteidigung (52 Mrd. EUR) und den "Militärhilfen" für die Ukraine (11 Mrd. EUR) und den geplanten Ausgaben aus dem "Sondervermögen Bundeswehr" (20 Mrd. EUR), wird – gemessen am Gesamthaushalt – fast jeder fünfte Euro ins Militär gesteckt.

Zum Vergleich: In Deutschland wächst jedes fünfte Kind in Armut auf. Für die Kindergrundsicherung sind im Bundeshaushalt 2024 nur zwei Milliarden Euro vorgesehen, während die Sozialverbände das Zehnfache an Bedarf veranschlagen.

Der einzige Posten, der erhöht wird, ist der Militärhaushalt. Das Geld, das die Bundesregierung in die Vorbereitung und Durchführung von Kriegen steckt, fehlt bei der Absicherung selbst der grundlegendsten Bedürfnisse von Kindern.

Den Organisatoren der Siko gehen die „immer noch unzureichende[n] neue[n] Verteidigungsausgaben“ nicht weit genug. Wir protestieren gegen diese beispiellose Geldverschwendung angesichts der sozialen Missstände in Deutschland und auf der ganzen Welt!

 

Für Völkerrecht statt Faustrecht!

Statt den globalen Herausforderungen mit friedlichen Mitteln zu begegnen, setzen die Macher der Siko auf Gewalt. Doch um globale Herausforderungen zu bewältigen, benötigt die Menschheit den Willen zur Kooperation sowie eine Stärkung der Vereinten Nationen (UN) und anderer Foren, die einen Dialog ermöglichen. Diese Foren werden jedoch von Propagandaveranstaltungen wie der Siko untergraben. Nicht erst seit der Ausladung Russlands und des Irans ist das Motto der Siko „Frieden durch Dialog” eine Farce. Ohne Kontrolle und ohne völkerrechtliche Legitimation werden Absprachen getroffen, die internationale Abkommen und Institutionen aushebeln. Stattdessen werden auf der Siko unter Ausschluss der Weltöffentlichkeit internationale Beschlüsse, wie z.B. das Pariser Klimaabkommen oder die Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN, zunichtegemacht. Denn die Waffen, die hier verkauft werden, und die Militärübungen, -kooperationen und -einsätze, die hier geplant werden, zerstören Klima, Umwelt und Menschenleben.

 

Fluchtursachen bekämpfen, nicht Geflüchtete!

In Europa stehen heute mehr Mauern als je zuvor. Mit militärischer Gewalt wird an EU-Außengrenzen gegen Geflüchtete vorgegangen, die vor dem Entzug ihrer Lebensgrundlagen fliehen. Das Mittelmeer wurde von der EU zu einem Massengrab gemacht.

Diejenigen, die es allen tödlichen Widrigkeiten zum Trotz schaffen, in Deutschland einen Asylantrag zu stellen, kommen mit großer Mehrheit aus den Regionen, wo NATO-Staaten Krieg führen: Syrien und Afghanistan. Der Wertewesten entzieht sich seiner Verantwortung für die von ihm verursachten Krisen, die Folgen postkolonialer Ausbeutung, den Klimawandel und eine imperialistische Weltwirtschaftsordnung.

Auch deshalb gehen wir gegen die Siko auf die Straße – denn für die Siko sind Flüchtlinge nur ein „Faustpfand in der Politik der (Groß-)Mächte“. Entgegen den aktuellen rassistischen Debatten um schnellere Abschiebungen und Haftlagern an EU-Außengrenzen fordern wir die Beseitigung von Fluchtursachen. Denn Krieg ist die Fluchtursache Nummer eins!

 

Für Kooperation statt Konfrontation!

Die Machtverhältnisse auf der Welt verändern sich, weg von der Dominanz des „Westens“, hin zu einem Erstarken unterdrückter Länder, die sich um den „systemischen Rivalen“ China gruppieren (vgl. China-Strategie der Bundesregierung).

Doch die Ewiggestrigen wollen ihren überholten Weltherrschaftsanspruch nicht aufgeben. Wirtschaftssanktionen sollen die Konkurrenten brechen und schwören das alte Lager auf den Konflikt mit den aufstrebenden Mächten ein. Denn im Sinne des militärischen und politischen Zusammenhalts und Machterhalts der NATO darf es keinen Frieden geben.

Deshalb werden Konflikte und Kriege, wie in der Ukraine oder Taiwan, in Kauf genommen und sogar angeheizt – bis es knallt!

Statt die Länder des globalen Südens weiter ausbeuten, statt Stellvertreter- und Bürgerkriege, statt neuer Lagerbildung und Konfrontation fordern wir eine weltweite friedliche und solidarische Kooperation auf Augenhöhe.

 

Für eine zukunftsorientierte und menschenfreundliche Politik!

Wir stehen für all das, was auf der Siko verschwiegen oder ignoriert wird! Die Aufgaben, denen die Menschheit gegenübersteht, sind Klimawandel, Artensterben, Umweltzerstörung und Hungersnöte. Kriege sind keine Lösung. Und die Münchner Sicherheitskonferenz ist kein Ort, an dem ernsthaft um Lösungen für diese Probleme gerungen wird, ganz im Gegenteil.

Wir fordern eine lebenswerte Zukunft, nicht ihre Zerstörung. Wir fordern die Beendigung der Kriege, Bürgerkriege und gewaltsamen Konflikte – auch derer, die nicht im medialen Fokus stehen, wie beispielsweise im Sudan, Äthiopien, Jemen, Kurdistan.

Wir stehen auf der Seite der Menschen, die weltweit gegen Unterdrückung, Ausbeutung, Ungleichheit und die Errichtung neuer Grenzen kämpfen.

 

Unsere Forderungen:

Abrüsten statt Aufrüsten!

Steuergelder für Sozialsysteme, Gesundheits- und Bildungswesen, Klima-, Arten- und Umweltschutz, ÖPNV, Flüchtlings- und Welthungerhilfe statt für Panzer und Bomben

Verhandeln statt schießen!

Keine Beteiligung an Kriegen und Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr!

Schließung von US- und NATO-Stützpunkten in Deutschland zur (Drohnen-)kriegsführung!

Bleiberecht für alle Menschen!

EU-Asylreform aufhalten! Abschaffung der EU-„Grenzschutz“-Behörde Frontex!

Aufnahme von Geflüchteten und Gewährung des Menschenrechts auf Asyl bei Gleichbehandlung unabhängig vom Herkunftsland, auch für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure!

Stopp aller Waffenlieferungen und Rüstungsexporte!

Schluss aller Exporte der deutschen Rüstungsindustrie!

Keine militärische Verlängerung des Ukraine-Kriegs!

Ausstieg aus der „nuklearen Teilhabe“!

Beitritt zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag!

US-Atomwaffen raus aus Deutschland!

Stärkung der Vereinten Nationen (UN) und des Völkerrechts!

Wir brauchen Ihre Unterstützung:

Bringen Sie sich bei unseren Protesten ein und/oder unterstützen Sie uns mit einer Spende.

 

Bitte beachten Sie unseren Bündniskonsens

Die Organisationen des Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz arbeiten auf antifaschistischer Grundlage und wenden sich entschieden gegen nationalistische, militaristische, völkische, rassistische, homophobe, antisemitische oder rechtspopulistisch-islamophobe Inhalte. Gruppen, die mit Organisationen, die oben genannte Inhalte vertreten, regelmäßig und organisiert zusammenarbeiten, können nicht Mitglied im Bündnis sein. Der Kampf um Frieden und gegen Krieg und Aufrüstung ist seinem Wesen nach international. Darum weisen wir Tendenzen und Äußerungen im Sinne der hier genannten ideologischen Richtungen schärfstens zurück und schließen Menschen und Organisationen, die oben genannte Inhalte in Wort, Schrift und/oder Bild verbreiten, von unserer Versammlung aus. Außerdem bitten wir, bei unseren Versammlungen das Mitführen von Nationalstaatsflaggen zu unterlassen. Unsere Proteste werden von Menschen verschiedenster ethnischer Herkunft, Hautfarbe, weltanschaulicher, politischer, kultureller und sexueller Orientierung getragen. Niemand von ihnen darf diskriminiert werden.

 

Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz

www.sicherheitskonferenz.de oder www.antisiko.de

 

Unterstützungserklärungen: hier per Webformular

(Die Unterstützungen auf antisiko.de und hier auf sicherheitskonferenz.de werden synchronisiert)

 

UNTERSTÜTZUNGS-BEITRÄGE:

Einzelpersonen: 20 Euro, Klein-Gruppen: 30,- Euro, größere Organisationen: 50,- Euro - oder mehr

BÜNDNIS-KONTO:

Michaela Amiri, IBAN: DE26 7009 0500 0206 2996 60, BIC: GNODEF1S04, Stichwort: SIKO 2024

Unterstützung auch per E-Mail: gegen@sicherheitskonferenz.de - bitte angeben: als Einzelperson / als Organisation

Links zum Aufruf: Webseite, oder als PDF.

2024

Kampf um den Frieden 

 

Wäre für die NATO-Staaten Frieden das Ziel, würden sie keine Panzer, sondern Diplomaten schicken

06. Februar 2024 um 13:00Ein Artikel von Marcus Klöckner

Deutschland will liefern. Panzer an die Ukraine. Zum Aufbau einer Panzerbrigade, die nur aus deutschen Panzern bestehen soll. So berichten es Medien. Die Bundesregierung treibt Deutschland auch mit diesem Schritt immer näher in Richtung Kriegsabgrund. Damit verfolgen die politisch Verantwortlichen eine „Politik“, die vorgibt, doch noch zu schaffen, was sie in zwei Jahren nicht vermocht hat. Frieden schaffen mit Waffen? Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

Hunderttausende von toten, verstümmelten, schwer traumatisierten ukrainischen und russischen Soldaten sollten längst jedem vernünftigen Politiker vor Augen führen: Dieser Weg ist falsch. Es sei denn: Es geht gar nicht um Frieden. Die Politik der militärischen Gewalt muss ein Ende finden.

„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten“, sagte einst Albert Einstein. Die Aussage Einsteins erinnert an das Verhalten Deutschlands und weiterer NATO-Staaten. Der Westen gibt vor, der Ukraine zu helfen, indem er sie mit Waffen gegen den Angreifer Russland „unterstützt“. Diese Lesart findet sich in allen großen Medien. Seit dem russischen Angriff im Februar 2022 auf den Nachbarstaat scheinen Waffen das ultimative Mittel, um den Krieg zu einem Ende zu führen. Sollte es wirklich um ein möglichst schnelles Ende des Krieges gehen, dann muss in Anbetracht der Menge an Blut, das diesen Weg tränkt, von einem katastrophalen Scheitern gesprochen werden.

Waffen, Waffen und noch mehr Waffen. Panzer, Panzer und noch mehr Panzer –was soll das sein? Politik? Das ist Kriegstreiberei – auch wenn Kriegstreiber sich gewiss nicht als Kriegstreiber, sondern als Friedensengel darstellen. Zum Wochenbeginn lautet eine Schlagzeile:

„Ohne die USA: Deutschland bereitet riesige Waffen-Lieferungen für die Ukraine vor.“

Und dann ist zu lesen:

„Die Panzer-Lieferungen deuten indes auf eine möglicherweise neue Strategie auf dem Schlachtfeld hin, nachdem das amerikanische Nachrichtenmagazin Forbes bereits berichtet hatte, die Ukrainer würden eine geschlossene Panzer-Brigade aus deutschen ‚Leos‘ 1 und Mardern aufstellen.“

Der Weg der Waffen muss ein Ende finden

Altersschwache „Leos“ und Marder, die was bewirken sollen? Die lang erhoffte, oder genauer gesagt: die lang propagierte militärische Wende auf dem Schlachtfeld? Russland – eine Atommacht – militärisch in der Ukraine besiegen? Es ist der feuchte Traum der Sitzgeneräle in Parlamenten und Redaktionen. Welche Annahme bahnt sich da ihren Weg? Dass sich Russland nach zwei Jahren Krieg, zu Tode erschrocken vor dem deutschen Stahl, mit eingezogenem Schwanz vom Feld trollt? Die Westentaschenstrategen warten darauf, dass sie in Anbetracht einer herbeifantasierten russischen Niederlage endlich die Korken knallen lassen können.

Auch wenn Sinn und Wahnsinn manchmal nah beieinander liegen, hier liegen sie Welten voneinander entfernt. Russland wird diesen Krieg nicht verlieren oder genauer: im Hinblick auf die von den Russen artikulierten Sicherheitsinteressen wird es gar nicht verlieren dürfen. Und was das heißt, sollte jedem klar sein. Der Einsatz von Nuklearwaffen könnte zur Realität werden. Die Betonung liegt auf: könnte. Die Rede ist hier von einem hypothetischen Szenario, für das es bis jetzt keine rationalen Gründe gibt. Russland ist nicht am Verlieren. Im Gegenteil.

Was hingegen sehr real ist, sind viele Aussagen von hochrangigen Personen aus Ländern wie Schweden, England, Deutschland, Österreich oder etwa jüngst Polen, die demnächst von einem Krieg zwischen Russland und der NATO ausgehen. Der polnische Verteidigungsminister sprach von Vorbereitungen auf einen russischen Angriff und von einem „schlimmsten“ Szenario. Was sollen diese Angst schürenden Aussagen? Der Eindruck entsteht, dass der 3. Weltkrieg förmlich herbeigeredet wird. Aussagen wie diese und, ja, geradezu kriegsvorbereitende Maßnahmen passen bemerkenswert genau zu vordergründig zutiefst irrationalen politischen Weichenstellungen.

Wäre für die NATO-Staaten Frieden das Ziel, würden sie keine Panzer, sondern Diplomaten schicken. Was auch immer die Gründe für das so leichtfertig daherkommende Gerede von einem russischen Angriff auf ein NATO-Land sind: Der Weg der Waffen muss ein Ende finden. Noch kann dieser Krieg mit diplomatischen Mitteln entschärft werden. Wo ist der Wille?

Quelle: NachDenkSeiten v.06.02.2024/ Titelbild: M-Production / shutterstock

 

Vergabe der Friedensnobelpreis -
noch eine würdige Ehrung?!

NATO-Generalsekretär Stoltenberg für den Friedensnobelpreis nominiert

1 Feb. 2024 20:41 Uhr

Nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an den damals frisch gewählten US-Präsidenten Barack Obama und an die EU muss einen gar nichts mehr wundern. Nun wurde der Generalsekretär des Militärbündnisses NATO für diese Auszeichnung nominiert.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist für den diesjährigen Friedensnobelpreis nominiert worden, berichtet am Donnerstag die Zeitung Verdens Gang (VG).

Die Nominierung soll dem Bericht zufolge durch Abid Raja, Norwegens ehemaligen Kulturminister und stellvertretenden Vorsitzenden der Liberalen Partei, erfolgt sein. Raja begründete seinen Vorschlag in einem Interview mit der VG folgendermaßen:

"Niemand hat im vergangenen Jahr mehr für Frieden und Demokratie in Europa und weltweit getan als Jens Stoltenberg."

Zuvor war die Nominierung des Ex-Präsidenten der USA und aussichtsreichen Kandidaten bei den diesjährigen US-Präsidentschaftswahlen Donald Trump bekannt geworden. Für Trump ist es bereits die vierte Nominierung für die renommierte Auszeichnung. 

Jens Stoltenberg hat sich in seiner Eigenschaft als Generalsekretär des nordatlantischen Militärbündnisses mit zahlreichen russophoben Äußerungen (darunter teils absurde Vergleiche) und dem Drängen auf eine aktivere Rolle der NATO im russisch-ukrainischen Konflikt hervorgetan. Außerdem war er stets ein Befürworter weiterer Expansionspläne der westlichen Militärallianz, insbesondere in die Ukraine hinein. Auf Vorschläge aus Moskau, vor dem Beginn der russischen militärischen Sonderoperation in der Ukraine über die Sicherheitslage in Europa und den Verzicht auf weitere Expansion der NATO zu verhandeln, hat Stoltenberg stets ablehnend und kompromisslos reagiert und damit Russland keine Chance gelassen, seine nationale Sicherheit auf diplomatischem Weg zu gewährleisten. Deutschland forderte er zu höheren Ausgaben für das Militär auf. Auch gegenüber China sucht der Politiker die Konfrontation. 

Der Friedensnobelpreis wird laut Testament von Alfred Nobel an diejenigen verliehen, die sich "am meisten oder am besten für die Brüderlichkeit zwischen den Völkern, für die Abschaffung oder Verringerung der stehenden Heere und für die Abhaltung und Förderung von Friedenskongressen eingesetzt haben". Laut dem letzten Willen des schwedischen Industriellen, Erfinders und Fabrikanten wird dieser Preis im Gegensatz zu anderen nach seinem Willen gestifteten Auszeichnungen nicht in Stockholm, sondern in Oslo verliehen. Nobel schrieb, dass die Entscheidung über die Vergabe des Preises von einem fünfköpfigen Komitee getroffen werden sollte, das vom norwegischen Parlament ernannt wird. Traditionsgemäß sind die Mitglieder des Komitees meist pensionierte norwegische Politiker und ehemalige Parteiführer.

In jüngster Zeit wird die mehr als hundert Jahre alte Formulierung recht weit ausgelegt, weshalb die Entscheidungen des Ausschusses häufig kritisiert werden. Zu den Preisträgern der letzten Jahre gehörten Politiker, Menschenrechtsaktivisten, politische Aktivisten und humanitäre Organisationen mit Verdiensten in einer Vielzahl von Bereichen.

 

Traditionell können Nominierungen für den Preis bis zum 31. Januar eingereicht werden. Danach ist das Nominierungsrecht den Ausschussmitgliedern vorbehalten, die es auf ihrer ersten Sitzung, in der Regel im Februar, ausüben können.

 

Die vollständige Liste der Nominierten wird streng vertraulich behandelt und darf erst nach dem 50. Jahrestag der Verleihung 

veröffentlicht werden. Jedes Jahr werden jedoch Informationen über die Nominierung bestimmter Kandidaten von Organisationen oder Einzelpersonen, die das Recht haben, Kandidaten zu nominieren, an die Medien weitergegeben. Dazu gehören ehemalige und derzeitige Mitglieder des norwegischen Nobelkomitees und seiner Berater, frühere Friedenspreisträger, Mitglieder nationaler Parlamente, Universitätsprofessoren für Geschichte, Philosophie, Recht oder Theologie.

 

Quelle: RTd v.01.02.2024/NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit NATO-Emblem im Hintergrund

Nato - ein Kriegstreiber !!!

NATO: Wir bereiten uns auf einen Krieg mit Russland vor

21 Jan. 2024 15:09 Uhr

Um die Ukraine in ihrem existenziellen Kampf zu unterstützen, bereite sich die NATO auf einen Krieg mit Russland vor. Dazu baue das Militärbündnis Kapazitäten aus und verändere die Kommandostrukturen, erklärte Admiral Rob Bauer.

NATO-Gipfel in Vilnius, 11. Juli 2023 (Symbolbild)Quelle: www.globallookpress.com © Adrian Wyld / Keystone Press Agency

Derzeit unterliege die Tektonik der internationalen Machtverhältnisse bedeutende Veränderungen, erklärte Admiral Rob Bauer in seiner Rede zur Sitzung des NATO-Sicherheitsausschusses am Mittwoch. Es handle sich um die gefährlichste Sicherheitslage seit Jahrzehnten. Der frühere Befehlshaber der niederländischen Streitkräfte ist aktueller Vorsitzender des NATO-Militärausschusses.

https://odysee.com/

 

 

Auf dem NATO-Gipfel im Juli in Vilnius habe das westliche Militärbündnis bereits die "umfassendsten Verteidigungspläne seit Ende des Kalten Krieges" beschlossen. Dazu gehöre auch ein weiterer Kapazitätsaufbau und eine Neuanpassung der Kommandostrukturen. Momentan gehe es darum, die Ukraine in ihrem "existenziellen Kampf" zu unterstützen. Insbesondere sei es in dieser Situation notwendig, dass "öffentliche und private Akteure ihre Einstellung ändern", so Bauer. In früheren Zeiten sei alles "planbar, vorhersehbar und kontrollierbar" gewesen.

Das habe sich mittlerweile geändert: "Wir leben jetzt in einer anderen Ära, in der jederzeit alles passieren kann und wo wir das Unerwartete erwarten", so Bauer. Er wolle nicht prognostizieren, dass in Zukunft alles "falsch" laufen werde. Aber wir müssten realisieren, dass wir nicht zwangsläufig für immer im Frieden lebten.

Die veränderten Verhältnisse, die Erwartung des Unerwarteten, seien der Grund, warum die NATO entsprechende Pläne schmiede. Diese seien auch der Grund, warum die NATO sich auf einen Krieg mit Russland und den Terrorgruppen vorbereite. Der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses betonte an dieser Stelle ausdrücklich, dass die NATO sich nur für den Fall vorbereite, dass Russland angreifen würde. Denn die NATO beginne niemals einen Konflikt, so der Admiral:

"Wenn sie (Russland und die Terrorgruppen) uns nicht attackieren, trachten auch wir nach keinerlei Konflikten."

Quelle RTD.v.21.01.2024

 

Kampf für den Frieden - gegen die Kriege !!!

Steht ein großer Krieg bevor? Die USA bombardieren den Jemen, den Irak und Syrien. Israel bombardiert Gaza und den Libanon. Beides bedroht den Iran.

Das US-Militär greift den Jemen, den Irak und Syrien an, während Israel Gaza, den Libanon und Syrien bombardiert. Beide bedrohen den Iran. Steht ein großer Krieg im Nahen Osten (Westasien) bevor?

Der brutale Krieg, den Israel gegen Gaza führt, wird immer mehr zu einem regionalen Konflikt.

Seit Oktober haben die Vereinigten Staaten und Israel nicht nur Gaza bombardiert, sondern auch den Libanon, den Irak, Syrien und den Jemen.

Jetzt droht die US-Regierung dem Iran sogar mit Krieg. Präsident Joe Biden schickte der iranischen Regierung eine private Nachricht, während das US-Militär am 13. Januar den Jemen bombardierte. Er sagte drohend: "Wir sind zuversichtlich, wir sind gut vorbereitet."

https://youtu.be/G0uXnxBWG-Q

Währenddessen hat Südafrika einen Fall vor den Internationalen Gerichtshof gebracht, die höchste Justizbehörde der Vereinten Nationen, die Israel beschuldigt, Völkermord an den Palästinensern zu begehen.

Südafrikas Fall hat Unterstützung von Dutzenden von Ländern des Globalen Südens erhalten.

Dieser Fall hat Israel und seine Sponsoren in Washington in Angst und Schrecken versetzt. Sie versuchen offenbar, den Konflikt zu einem regionalen Krieg auszuweiten, um mehr Sympathie zu gewinnen und die Aufmerksamkeit von dem abzulenken, was Südafrika und viele andere Länder als Völkermord in Gaza bezeichnen.

Tatsächlich warnen führende UN-Experten seit Monaten genau davor: dass das palästinensische Volk "dem Risiko eines Völkermords in Gaza" ausgesetzt ist und dass es ein "Versagen des internationalen Systems gibt, zu mobilisieren, um Völkermord zu verhindern".

Die Financial Times berichtete im Dezember, dass Gaza in nur zwei Monaten israelischer Bombardierung zu einem der am stärksten bombardierten Gebiete in der Geschichte der Menschheit geworden sei.

Jetzt, da Israel in Den Haag offiziell wegen Völkermordes angeklagt wird, sind viele Beamte in Washington besorgt, weil die USA direkt an den Kriegsverbrechen beteiligt sind, die Israel begeht.

Die Regierung von Joe Biden hat Waffen und Militärhilfe im Wert von mehreren Milliarden Dollar nach Israel geschickt.

Tatsächlich hat das US-Außenministerium den Kongress zweimal umgangen, indem es Notstandsmaßnahmen ergriffen hat, um Waffen nach Israel zu schicken. Das ist ziemlich seltsam, denn der Kongress ist voll von Leuten, die Israel stark unterstützen und ohne Zweifel diese Waffenlieferungen genehmigt hätten.

Dies scheint darauf hinzudeuten, dass die US-Regierung nicht einmal eine Debatte über diese Waffenlieferungen will. Washington ist besorgt darüber, dass die Menschen ihre Aufmerksamkeit auf seine Komplizenschaft bei der Bewaffnung Israels richten. Sie entscheidet sich also einfach dafür, dies still und leise zu tun, ohne die Zustimmung des Kongresses.

Und die USA sind auf viele andere Arten in diese Konflikte verwickelt, nicht nur durch die Bewaffnung Israels.

Tatsächlich hat das US-Militär 57.000 Soldaten im gesamten sogenannten Nahen Osten, genauer gesagt in Westasien, stationiert.

Dies sind nur die US-Militärangehörigen, die öffentlich bekannt gegeben werden. Es ist wahrscheinlich, dass die USA auch über verdeckte Spezialeinheiten verfügen, die nicht unter diesen 57.000 gezählt werden.

USA greifen Jemen an

In nur wenigen Monaten haben die USA den Jemen, den Irak und Syrien bombardiert.

Am 11. Januar flogen die Vereinigten Staaten Luftangriffe gegen Dutzende Ziele im Jemen.

Die New York Times sprach von US-Angriffen auf die sogenannte "Huthi-Miliz" im Jemen. Aber das ist sehr irreführend.

Die "Huthis", die offiziell als Ansarullah bekannt sind, stellen die Regierung für die Mehrheit der jemenitischen Bevölkerung.

Dies wurde sogar von der einflussreichen Denkfabrik Brookings Institution mit Sitz in Washington, D.C. anerkannt. Im Jahr 2023 veröffentlichte sie einen Artikel des ehemaligen CIA-Analysten Bruce Riedel, der zugab, dass "die Huthis eine funktionierende Regierung geschaffen haben", die "Vertreter anderer Gruppen umfasst".

"Etwa 70 bis 80 Prozent der Jemeniten leben unter der Kontrolle der Huthis", schrieb Riedel.

Er räumte ein, dass Ansarullah seinen Ursprung in der Basis im Jemen habe, die sich gegen die US-Invasion im Irak und Washingtons nachfolgende Kriege und Interventionspolitik in Westasien wandte.

Bei Brookings gestand der ehemalige CIA-Analyst ebenfalls, dass die Vereinigten Staaten sechs Jahre lang einen "Krieg der verbrannten Erde" unterstützt hätten, "der von einem Nachbarn geführt wird, den die meisten Jemeniten hassen", nämlich Saudi-Arabien. Er fügte hinzu: "Luftangriffe, Blockaden und absichtliches massenhaftes Aushungern sind die Merkmale eines Krieges, den die Vereinigten Staaten unterstützt haben."

Die Vereinten Nationen schätzen, dass dieser Krieg zwischen den USA und Saudi-Arabien mindestens 377.000 Jemeniten getötet hat. von 2015 bis Ende 2021

 

Als die Vereinigten Staaten im Januar dieses Jahres Dutzende von Angriffen im Jemen starteten, setzte Washington einen Krieg fort, den es seit fast neun Jahren gegen die jemenitische De-facto-Regierung führt. Die sogenannten "Huthis" sind nicht nur eine "Miliz"; Sie führen die Regierung.

Und während es früher Saudi-Arabien war, das unerbittlich zivile Gebiete im Jemen bombardierte (mit Flugzeugen und Bomben aus US-Produktion, mit Geheimdienst- und Zielunterstützung des Pentagons), sind es jetzt die Vereinigten Staaten, die den Mittelsmann ausschalten und den Jemen direkt angreifen.

Darüber hinaus räumte die New York Times in ihrem Bericht über die Luftangriffe der Biden-Regierung ein, dass Ansarullah "die Aussicht auf einen Krieg mit den Vereinigten Staaten mit offener Freude begrüßt" habe.

Einer der wichtigsten Führer Ansarullahs sagte in einer Fernsehansprache: "Wir, das jemenitische Volk, gehören nicht zu denen, die Angst vor Amerika haben. Wir sind mit einer direkten Konfrontation mit den Amerikanern einverstanden."

Als ob das nicht genug wäre, nachdem dieser prominente jemenitische Führer öffentlich erklärt hatte, dass sein Land bereit sei, gegen die Vereinigten Staaten zu kämpfen, starteten die USA einen Tag später, am 12. Januar, erneut Luftangriffe gegen den Jemen.

Die New York Times kommentierte den zweiten US-Angriff mit den Worten: "Die Angriffe erfolgen inmitten der Furcht vor einer weiteren Eskalation des Konflikts im Nahen Osten."

Diese Beschreibung ist ziemlich euphemistisch. In Wirklichkeit schaffen die USA einen größeren Konflikt in der Region, indem sie den Krieg ausweiten und nicht nur den Jemen, sondern auch den Irak und Syrien angreifen.

USA greifen Irak an

Am 4. Januar führte die Biden-Regierung einen Kriegsakt gegen den Irak durch.

 

Die "New York Times" berichtete, die USA hätten einen Drohnenangriff in der Hauptstadt Bagdad gestartet. Ein irakischer Regierungssprecher sprach von einer "eklatanten Verletzung der Souveränität und Sicherheit des Irak". Er bezeichnete den US-Angriff als "nicht anders als ein terroristischer Akt".

Die USA haben eine irakische Miliz namens Harakat al-Nujaba ins Visier genommen. Diese Organisation ist Teil der irakischen Regierung, räumte die New York Times ein und schrieb, dass "sie Teil der irakischen Volksmobilisierungskräfte bleibt, einer Sicherheitsorganisation, die wiederum Teil der breiteren Sicherheitskräfte der Regierung ist".

Die USA griffen also die irakischen Sicherheitskräfte an.

Im Jahr 2019 hatte die Regierung von Donald Trump diese irakische staatliche Institution jedoch zu einer sogenannten "terroristischen" Organisation erklärt. Und jetzt setzt die Biden-Regierung Trumps Politik fort, die irakische Regierung anzugreifen.

Als Reaktion auf Washingtons Angriff auf sein Land forderte der irakische Premierminister Mohammed Shia al-Sudani öffentlich den Abzug der US-geführten ausländischen Truppen in seinem Land auf.

US-Truppen haben den Irak seit der illegalen Invasion von 2003 ununterbrochen besetzt. Der US-Krieg hat Phasen durchlaufen, aber er hat im Grunde nie geendet.

Es sollte betont werden, dass al-Sudani keineswegs ein Anti-US-Amerikaner ist. Führer. In der irakischen Politik gibt es viele anti-US-amerikanische Stimmungen. Figuren; Er gehört nicht dazu. Aber selbst er erklärt jetzt öffentlich, dass Washington aufhören muss, sein Land zu besetzen und anzugreifen, und dass seine Truppen abziehen müssen.

Nichtsdestotrotz reagierte die dem Pentagon nahestehende Website Breaking Defense auf al-Sudanis Kommentare: "Trotz des Aufrufs des irakischen Premierministers werden die US-Truppen den Irak wahrscheinlich nicht so schnell verlassen." Sie berief sich auf US-Analysten mit internem Zugang.

 

Das ist also im Wesentlichen ein Eingeständnis, dass die USA eine neokoloniale Besatzung des Irak aufrechterhalten.

Dies ist nicht das erste Mal, dass dies geschieht. Bereits im Januar 2020 hatte Donald Trump die Ermordung des iranischen Top-Generals Qassem Soleimani und des hochrangigen irakischen Sicherheitsbeamten Abu Mahdi Al-Muhandis angeordnet. Letzterer war ein Kommandeur der Volksmobilisierungskräfte, die offiziell Teil der irakischen Regierung sind und die im Krieg gegen den IS eine entscheidende Rolle spielten.

Diese Führer, Soleimani und al-Muhandis, waren zwei der wichtigsten Personen im Kampf gegen ISIS. Trump ermordete beide in einem unverhohlenen Kriegsakt, nicht nur gegen den Iran, sondern auch gegen den Irak.

Als Reaktion auf diesen US-Kriegsakt stimmte das demokratisch gewählte irakische Parlament (das ironischerweise von den Vereinigten Staaten geschaffen wurde) für die Ausweisung der US-Truppen, die das Land besetzt hielten.

Trump sagt Nein und weigert sich zu gehen. Der rechtsextreme US-Präsident drohte daraufhin mit Sanktionen gegen den Irak.

Irreführende Medienpropaganda über "vom Iran unterstützte" Gruppen

Trotz der unverhohlen neokolonialen Politik der US-Regierung stellt die Berichterstattung der westlichen Medien über den Irak die Situation im Wesentlichen so dar, als ob der Iran insgeheim die Kontrolle über das Land hätte.

Wenn die USA Kriegshandlungen gegen den Irak durchführen und irakische Beamte töten, die Teil des Sicherheitsapparats des irakischen Staates sind, bezeichnen die westlichen Medien diese ermordeten irakischen Beamten irreführend als "pro-iranische Militärkommandeure".

 

Diese propagandistische Rhetorik erinnert daran, wie die westlichen Medien die sogenannten Huthis des Jemen, Ansarullah, ausnahmslos als "vom Iran unterstützt" bezeichnen und versuchen, sie als iranische Stellvertreter darzustellen. Gleiches gilt für die einheimische libanesische Widerstandsgruppe Hisbollah.

Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des Propaganda-Narrativs der westlichen Medien, das versucht, die Kriegshandlungen und die neokoloniale Politik der USA gegen souveräne Regierungen in ganz Westasien zu rechtfertigen.

USA greifen Syrien an

Ein weiteres klares Beispiel dafür sind die jüngsten US-Angriffe in Syrien.

Im November flog das US-Militär Luftangriffe auf souveränes syrisches Territorium. Die BBC berichtete über diesen illegalen US-Kriegsakt und schrieb: "US-Luftangriffe zielen auf weitere vom Iran unterstützte Stützpunkte in Syrien."

Die Doppelmoral wird ziemlich deutlich, wenn man bedenkt, dass dieselben westlichen Medien es niemals wagen würden, Angriffe palästinensischer Gruppen auf israelische Streitkräfte als Angriffe auf "pro-amerikanische Streitkräfte" zu bezeichnen. Streitkräfte" in "von den USA unterstützten Stützpunkten".

Wie der Geopolitical Economy Report dokumentiert hat, halten die USA eine illegale militärische Besatzung Syriens aufrecht, insbesondere des ölreichen Territoriums des Landes, wo auch ein Großteil des Weizens produziert wird.

Die erklärte Politik der US-Beamten besteht darin, der syrischen Regierung die Einnahmen zu entziehen, die sie für den Wiederaufbau benötigt, nachdem ein Jahrzehnt des von den Vereinigten Staaten angeheizten Krieges das Land verwüstet hat.

Im Dezember wurde im Senat eine Resolution eingebracht, in der der Abzug der US-Truppen gefordert wurde, die die syrischen Ölfelder besetzt halten. Er scheiterte mit 13 zu 84 Stimmen.

Israel greift Syrien an

Während die USA den Jemen, den Irak und Syrien bombardieren, greift Israel auch mehrere Länder in der Region an.

Im Oktober bombardierte Israel wiederholt Flughäfen in Syrien, sowohl in Aleppo als auch in Damaskus, und tötete syrische Soldaten.

Im Januar startete Israel viele weitere Angriffe auf Syrien. Und wieder einmal stellten die westlichen Medien diese israelischen Kriegshandlungen irreführend als "Angriffe auf mit dem Iran in Verbindung stehende Ziele in Syrien" dar.

Die westlichen Medien versuchen, alles über den Iran zu machen, indem sie implizieren, dass Teheran all diese Regierungen kontrolliert, während es in Wirklichkeit die USA und Israel sind, die sich mit vielen souveränen Staaten in der Region im Krieg befinden.

Israel greift Libanon an

Israel hat auch wiederholt seinen Nachbarn, den Libanon, angegriffen.

Amnesty International räumte ein, dass Israel den Südlibanon mit weißem Phosphor angegriffen hat, einer schrecklichen Waffe, die von vielen Ländern verboten ist.

Amnesty International betonte, dass Israel libanesische Zivilisten durch illegale, "wahllose" Angriffe getötet habe.

Doch Israel greift nicht nur den Südlibanon an, sondern hat auch Drohnenangriffe in Beirut, der Hauptstadt des Landes, durchgeführt.

Die libanesische Widerstandsgruppe Hisbollah verteidigt seit langem die Souveränität des Landes und vertrieb Israel im Jahr 2000, nachdem das Kolonialregime den Libanon 15 Jahre lang illegal militärisch besetzt hatte.

 

Die Hisbollah erklärte, Israels Angriffe in der Hauptstadt Beirut überschreiten eine rote Linie und riskierten einen größeren regionalen Krieg.

USA und Israel drohen Iran mit Krieg

Während die westlichen Medien davor warnen, dass die Angriffe der USA und Israels auf Länder in der Region "das Gespenst eines größeren regionalen Krieges heraufbeschwören", ist die Realität, dass sich Washington und Tel Aviv bereits im Krieg mit dem Jemen, dem Irak, Syrien und dem Libanon befinden.

Es ist offensichtlich, dass das Hauptziel der neokolonialen Kriege der USA und Israels in Westasien der Iran ist.

Dies wurde von einem ehemaligen hochrangigen US-Militärgeneral und NATO-Kommandeur, Wesley Clark, bestätigt, der bereits 2007 enthüllte, dass Washington nach den Anschlägen vom 11. September 2001 Pläne schmiedete, die Regierungen von sieben Ländern in der Region innerhalb von fünf Jahren zu stürzen.

In einem Interview mit der Moderatorin von Democracy Now, Amy Goodman, sagte Clark, dass die USA Pläne hätten, "sieben Länder in fünf Jahren auszuschalten, beginnend mit dem Irak, dann Syrien, Libanon, Libyen, Somalia, Sudan und schließlich den Iran".

Ende 2023 und Anfang 2024 hat die US-Regierung diesen Zusammenhang in öffentlichen Stellungnahmen deutlich gemacht. Washington beschuldigte öffentlich den Iran, dass Ansarullah im Jemen Angriffe auf Schiffe im Roten Meer startete, die nach Israel unterwegs sind, die Tel Aviv bei der Begehung von Kriegsverbrechen unterstützen und in Den Haag wegen Völkermordes angeklagt sind.

Ein hochrangiger US-Beamter behauptete: "Der Iran ist ein primärer, wenn nicht sogar der wichtigste Wegbereiter oder Unterstützer oder Sponsor der Huthis", und die US-Regierung behauptete, dass der Iran "in jede Phase" dessen verwickelt sei, was Verteidigungsminister Lloyd Austin als "illegale, gefährliche und destabilisierende Angriffe auf US-amerikanische und internationale Schiffe und Handelsschiffe" bezeichnete.

War hawks in Washington are using this as an opportunity to openly call for a U.S.-Israeli war on Iran.

John Bolton, the neoconservative extremist who served as Donald Trump's national security adviser and was an architect of the Iraq War under former President George W Bush, published an article in the conservative British newspaper The Telegraph titled “The West may now have no option but to attack Iran”.

Bolton released that call for war on Iran on December 28. He likely coordinated it with Israel's former prime minister, Naftali Bennett, who on the same day published an op-ed in The Wall Street Journal titled “The U.S. and Israel Need to Take Iran on Directly”.

In his article, Bennett boasted that when he was prime minister, Israel carried out numerous attacks on Iranian soil. He also admitted that Tel Aviv assassinated Iranian officials.

Bennett called to "empower domestic opposition [in Iran], ensure internet continuity during riots against the regime, strengthen its enemies, increase sanctions and economic pressures".

In seinem letzten Absatz sagte Naftali Bennett unmissverständlich: "Die USA und Israel müssen sich das klare Ziel setzen, das böse Regime des Iran zu stürzen."

In kolonialer Sprache erklärte der ehemalige israelische Premierminister, dass die sogenannte "zivilisierte Welt" die iranische Regierung stürzen müsse.

Das ist es ganz klar, worauf all dies hinausläuft: Einige kriegerische Beamte in der US-amerikanischen und israelischen Regierung wollen nicht nur einen größeren regionalen Krieg, sondern insbesondere einen umfassenden Krieg gegen den Iran.

Viele dieser Hardliner-Imperialisten in Washington haben viele Jahre lang bei der Idee eines Krieges mit Teheran gespeichelt. Im Jahr 2015 schrieb Bolton einen Artikel für die New York Times mit dem schlichten Titel "Um die iranische Bombe zu stoppen, den Iran zu bombardieren".

Tatsächlich veröffentlichte Michael Freund, ein ehemaliger Sprecher des derzeitigen rechtsextremen israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu, im Januar dieses Jahres einen Kommentar in der Jerusalem Post mit dem Titel "Der Iran befindet sich bereits im Krieg mit Israel und den USA". In diesem Artikel bestand er darauf, dass "Israel und Amerika jetzt handeln müssen", und rief zum Krieg mit Teheran auf.

In Freunds Biografie ist auffällig vermerkt, dass er zuvor "stellvertretender Kommunikationsdirektor unter Premierminister Benjamin Netanjahu" war. Es ist gut möglich, dass er diesen Artikel mit Netanjahu selbst abgestimmt hat.

Am 3. Januar kam es in der iranischen Stadt Kerman zu einem Terroranschlag auf Zivilisten. Mehr als 90 Iraner wurden bei einer Veranstaltung zum Gedenken an den Jahrestag der Ermordung des iranischen Top-Generals Qasem Soleimani durch die Trump-Regierung getötet.

Westliche Medien behaupteten, dass "ISIS" diesen Anschlag verübt habe. Iranische Geheimdienstbeamte sagten, einer der Terroristen, die die Bomben legten, die mindestens 94 Zivilisten töteten, habe die israelische Staatsbürgerschaft.

 

Quelle: BEN NORTON, 21.01.2024

Kampf um den Frieden in Palästina

Aus: Ausgabe vom 20.01.2024, Seite 2 / Ausland

WAFFENSTILLSTAND IN NAHOST

»Ziel muss eine Friedenslösung sein«

Globaler Appell für sofortigen Waffenstillstand in Nahost. Mehr als 500 Parlamentarier Unterstützer. Ein Gespräch mit Sevim Dagdelen

Interview: Jamal Iqrith

Sevim Dagdelen ist Bundestagsabgeordnete und Mitglied der Partei »Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit«

parliamentariansforceasefire.org

Vor dem Hintergrund des Krieges im Gazastreifen haben Sie vergangene Woche gemeinsam mit der US-amerikanischen Kongressabgeordneten Ilhan Omar den Appell »Parlamentarier für einen Waffenstillstand« veröffentlicht. Was fordern Sie?

Gemeinsam mit mittlerweile über 500 Parlamentariern aus mehr als 30 Ländern machen wir uns im Aufruf für einen sofortigen, multilateralen Waffenstillstand in Israel und Palästina stark, für die Freilassung aller verbleibenden israelischen und internationalen Geiseln und die Erleichterung der Einfuhr von humanitärer Hilfe nach Gaza. Wir rufen zur Einhaltung des Völkerrechts auf und dazu, schwere Menschenrechtsverletzungen zu verfolgen. Die Unterstützung ist politisch breit und international. Sie reicht von Frankreich über Länder wie Kanada, Ghana, Kenia, Chile bis hin zur Türkei. Unterstützung kommt von Kommunisten aus Portugal über die Demokratische Partei in Italien bis zu Grünen in Belgien. Es sind Abgeordnete von Oppositions- wie Regierungsparteien dabei.

Die Bundesregierung hat sich mehrfach explizit gegen einen Waffenstillstand ausgesprochen. Wie bewerten Sie das?

Angesichts des Leids gibt es keine Alternative zu einem sofortigen Waffenstillstand. Wer wie die Außenministerin Baerbock gezieltere israelische Militärschläge fordert, ignoriert die Realitäten vor Ort und läuft Gefahr, einem schlimmen Zynismus zu verfallen. Gaza ist die Hölle auf Erden. Nahezu die gesamte Welt setzt sich für einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand ein. Hier wie die Ampel zu meinen, weiter eine rechtsextreme israelische Regierung vorbehaltlos unterstützen zu müssen, wird Deutschland international weiter isolieren.

Ilhan Omar erklärte zu dem Appell, der Krieg würde enden, wenn die USA ihn nicht bezahlen würden. Stimmen Sie dem zu?

 

Die militärische Unterstützung der USA ist für Israel essentiell. Es ist ein Hohn, wenn US-Präsident Joseph Biden die israelische Regierung zur »Mäßigung« bei der Kriegsführung in Gaza aufruft, gleichzeitig aber Artilleriegeschosse und Militärausrüstung im Wert von rund 150 Millionen Dollar genehmigt. Israel soll in diesem Jahr 10 Milliarden Dollar an zusätzlicher US-Militärhilfe erhalten.

Wie schätzen Sie die Rolle der Bundesregierung ein?

Die Ampel hat Deutschland nach den USA und Großbritannien zum drittgrößten Waffenlieferanten an Israel gemacht. Die Exportgenehmigungen wurden im vergangenen Jahr verzehnfacht auf insgesamt 326,5 Millionen Euro, darunter Kriegswaffen für 20 Millionen Euro, wozu 3.000 tragbare Panzerabwehrwaffen und 500.000 Schuss Munition gehören. Die Bundesregierung sollte ihre Exportgenehmigungen widerrufen und besser einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza unterstützen.

Ein Waffenstillstand ist eine kurzfristige Forderung. Was kommt danach?

Ein Waffenstillstand ist nicht alles, aber ohne einen Waffenstillstand ist alles nichts. Ziel muss eine Friedenslösung unter dem Dach der UN sein; mit einer Zweistaatenlösung auf Grundlage der Grenze von 1967, mit Ostjerusalem als Hauptstadt eines selbständigen palästinensischen Staates. Wenn wir das jetzt nicht bald hinbekommen, droht die massive Ausweitung des Konflikts und ein großer regionaler Krieg im Nahen Osten. Das muss unter allen Umständen vermieden werden. Darin müssen wir auch die besondere deutsche Verantwortung sehen.

Sie gehören dem neu gegründeten »Bündnis Sahra Wagenknecht« an. Wie ist die Position Ihrer Partei zum Thema Israel/Palästina?

»Bündnis Sahra Wagenknecht« im Bundestag steht hinter dem Aufruf für einen sofortigen Waffenstillstand, der sich wohlweislich an alle Beteiligten im Nahostkonflikt richtet. Damit stehen wir im Bundestag, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, allein. Es wäre gut, wenn sich auch in Deutschland viele Menschen an ihre Wahlkreisabgeordneten wenden, mit der Bitte, den Appell zu unterzeichnen und hier eine Positionsveränderung vorzunehmen, um der wachsenden Ablehnung der rücksichtslosen Kriegführung Israels in der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Für das Massaker der Hamas vom 7. Oktober kann und darf es keine Rechtfertigung geben. Das Verbrechen kann und darf aber auch nicht die zahllosen Tötungen palästinensischer Zivilisten und den Massenmord in Gaza rechtfertigen.

Quelle: junge Welt v.20.01.2024/Carsten Thesing/IMAGODemonstranten wie Unterzeichner des Appells fordern einen sofortigen Waffenstillstand (Berlin, 13.1.2024)

Kampf um den Frieden

Aus: Ausgabe vom 20.01.2024, Seite 1 / Titel

MILITARISMUS UND KRIEG

NATO, wir haben es satt

Größtes Manöver seit Kaltem Krieg: Westliche Kriegsallianz probt mit 90.000 Soldaten »Ernstfall« gegen Russland

Von Jörg Kronauer

 

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hält einen Angriff Russlands auf einen NATO-Staat für denkbar. »Wir hören fast jeden Tag Drohungen aus dem Kreml«, sagte Pistorius am Freitag im Gespräch mit dem Tagesspiegel: »Wir müssen also einkalkulieren, dass Wladimir Putin eines Tages sogar ein NATO-Land angreift«. Zwar sei das zum gegenwärtigen Zeitpunkt eher unwahrscheinlich. »Unsere Experten« rechneten aber »mit einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren, in denen das möglich sein könnte«. Pistorius gab an, mit dieser Äußerung wie auch mit seiner Forderung, die Bundeswehr müsse »kriegstüchtig« werden, die deutsche Gesellschaft »wachrütteln« zu wollen.

Unmittelbar vor Pistorius’ Äußerung hatte die NATO am Donnerstag bekanntgegeben, sie werde kommende Woche ihr größtes Manöver seit dem Ende des Kalten Kriegs einleiten. Es richtet sich gegen Russland. Das Übungsszenario sieht einen russischen Angriff auf einen NATO-Staat vor, den das westliche Bündnis mit gemeinsamer Verteidigung gemäß Artikel 5 des Nordatlantikvertrags beantwortet. »Steadfast Defender« (»Standhafter Verteidiger«) wird nach allerlei praktischen Vorbereitungen im Februar in die eigentliche Trainingsphase übergehen und bis Mai andauern. Beteiligt sind nach Angaben von NATO-Oberbefehlshaber Christopher Cavoli alle 31 Mitgliedstaaten des Bündnisses und Schweden. Sie stellen etwa 90.000 Soldaten, mindestens 1.100 Gefechtsfahrzeuge – darunter mehr als 130 Panzer –, zudem über 80 Kampfjets, Hubschrauber und Drohnen und mehr als 50 Kriegsschiffe, darunter sogar Flugzeugträger.

 

Räumlich erstreckt sich das Manövergebiet in einem weiten Bogen um Russland – von Norwegen über das Baltikum bis nach Rumänien. Geübt werden alle Aufmarschphasen der NATO-Landstreitkräfte von der Alarmierung der Truppen bis zur Verlegung an eine fiktive Front im Osten. Der NATO gehe es bei »Steadfast Defender« in erster Linie darum, ihre »Fähigkeit zu demonstrieren, den euroatlantischen Raum durch die Verlegung von US-Truppen zu verstärken«, erläuterte Cavoli am Donnerstag. Die Bundeswehr beteiligt sich an »Steadfast Defender« insbesondere mit vier Teilmanövern namens »Quadriga 2024«. Dabei wird jeweils der Aufmarsch in Nordeuropa (»Grand North«), im Baltikum (»Grand Center«) und in Südosteuropa (»Grand South«) geprobt. Im Rahmen von »Grand Quadriga« übt die Bundeswehr im Mai abschließend die Verlegung und den geschlossenen Einsatz von Kampf- und Schützenpanzern. Erste Truppenteile sind laut Berichten bereits zu »Grand North« aufgebrochen. An die Verlegung schließen jeweils weitere Manöver in den potentiellen Einsatzregionen an.

»Steadfast Defender«, das in die Größenordnungen der Großmanöver des Kalten Kriegs vorstößt – selbst an den gigantischen »Reforger«-Übungen (Return of Forces to Germany, Rückkehr von Streitkräften nach Deutschland) nahmen fast immer weniger als 90.000 Soldaten teil –, wird vom deutschen Politestablishment mit heftigem Kriegsgetrommel begleitet. So spielt die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in einem online verbreiteten Beitrag das Szenario eines großen Aufmarschs russischer Truppen an der Grenze zu Lettland durch. Deutschland ist dabei mit seiner im Aufbau befindlichen »Litauen-Brigade« besonders involviert. DGAP-Forschungsdirektor Christian Mölling warnte Mitte der Woche in einem Beitrag für das ZDF, es gebe »ein erhöhtes Kriegsrisiko für Europa«, und mahnte zu Aufrüstung in hohem Tempo: »Die Herstellung von Sicherheit hat … eine Deadline.«

Quelle: junge Welt v.20.01.2024 jW-Grafik/MIS

Kampf für den Frieden in Palästina

Krieg in Nahost: UN-Sonderberichterstatterin wirft Israel Verstöße gegen Völkerrecht vor

➤ UN-Sonderberichterstatterin wirft Israel Verstöße gegen Völkerrecht vor

19.01.2024, 10:18 Uhr

Die UN-Sonderberichterstatterin für die Palästinensergebiete, Francesca Albanese, hat Israel Verstöße gegen das Völkerrecht beim militärischen Vorgehen gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen vorgeworfen. "Israel hat eine Reihe von Dingen getan, die höchst illegal, höchst rechtswidrig sind", sagte die italienische Juristin am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Madrid.

 

Israel habe zwar das Recht auf Selbstverteidigung, müsse sich aber an das humanitäre Völkerrecht halten, "um Menschen zu schützen, die nicht aktiv an Kämpfen beteiligt sind". Das seien "Zivilisten, Kriegsgefangene und die Kranken und Verwundeten."

 

So müsse zwischen Kämpfern und der Zivilbevölkerung unterschieden werden, sagte Albanese weiter. "Stattdessen hat es mehr als 100 Tage unerbittlicher Bombardierungen gegeben." In den ersten beiden Kriegswochen seien 6.000 Bomben pro Woche eingesetzt worden, und das in dicht besiedelten Gebieten. Außerdem seien zahlreiche Krankenhäuser in dem Palästinensergebiet "geschlossen, bombardiert oder von der Armee eingenommen" worden, sagte die UN-Sonderberichterstatterin weiter. Menschen würden sterben, weil es keine ausreichende medizinische Versorgung gebe. (afp/phs)

Quelle: Live-Ticker Krieg in Nahost/ Bild Francesca Albanese betont das humanitäre Völkerrecht auch in Kriegszeiten. (picture alliance / KEYSTONE / SALVATORE DI NOLFI)

Nato war und ist kein Friedensbündnis !!!

Zur "Abschreckung Russlands": NATO organisiert Großmanöver

18 Jan. 2024 15:34 Uhr

Die NATO will für ein Großmanöver zur "Abschreckung Russlands" rund 90.000 Soldaten mobilisieren. Die im Februar beginnende Übung "Steadfast Defender" soll die größte des Militärbündnisses seit dem Ende des Kalten Krieges werden.

Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Chris Emil Janssen

Die NATO will für ein Großmanöver zur "Abschreckung Russlands" rund 90.000 Soldaten mobilisieren. Dies erfuhr die dpa am Donnerstag am Rande eines Treffens militärischer Spitzenvertreter des Verteidigungsbündnisses in Brüssel. Die im Februar beginnende Übung namens "Steadfast Defender" wird damit die größte des Militärbündnisses seit dem Ende des Kalten Krieges. Trainiert werden soll insbesondere die Alarmierung und Verlegung von nationalen und multinationalen Landstreitkräften.

 

Szenario der Übung ist nach Informationen der dpa ein "russischer Angriff auf alliiertes Territorium", der zum Ausrufen des sogenannten Bündnisfalls nach Artikel 5 des NATO-Vertrags führt. Dieser regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff auf einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff auf alle angesehen wird.

Die bislang größte NATO-Übung seit dem Ende des Kalten Krieges wurde 2018 mit Schwerpunkt in Norwegen organisiert. An ihr waren rund 51.000 Soldaten beteiligt. Die letzten NATO-Manöver, die größer waren als die nun geplante Übung, hatten vor der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 stattgefunden. Damals hatte es unter anderem noch die Manöverreihe "Return of Forces to Germany" (Rückkehr von Streitkräften nach Deutschland) gegeben. An ihr waren 1988 beispielsweise rund 125.000 Soldaten beteiligt gewesen.

Quelle: RTd.v.18.01.2024/ Verteidigungsminister Boris Pistorius informiert sich beim Panzerbataillon 203 in Augustdorf über die Leistungsfähigkeit des Kampfpanzers Leopard 2. (Archivbild) Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Chris Emil Janssen

BRD will in Kriegsgebiet Waffen/Munition liefern - (k) ein Beitrag für den Frieden???

Waffen für Israel (II)

Bundesregierung will Lieferung von 10.000 Schuss Munition an Israel genehmigen. Deutsche Unterstützung für Israel im Genozidverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof wird im Globalen Süden scharf kritisiert.

18

JAN

2024

BERLIN/TEL AVIV (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung steht vor der Genehmigung neuer Rüstungsexporte nach Israel. Berichten zufolge hat sie schon beschlossen, dem Export von 10.000 Schuss einer 120-Millimeter-Präzisionsmunition an die israelischen Streitkräfte zuzustimmen. Verhandelt wird demnach nur noch über den Kaufpreis. Die Munition wird offenkundig in großer Zahl im Gazastreifen verschossen; jedenfalls hat die US-Regierung bereits im Dezember der Lieferung von fast 14.000 Schuss desselben Kalibers am Kongress vorbei zugestimmt. Die Bundesregierung hatte bereits im vergangenen Jahr der Lieferung von 3.000 tragbaren Panzerabwehrwaffen sowie von 500.000 Schuss Munition für halb- und vollautomatische Waffen zugestimmt. Die Lieferung erfolgt, während Israel sich vor dem Internationalen Gerichtshof gegen den Vorwurf verteidigen muss, im Gazastreifen einen Genozid zu verüben. Berlin will im Hauptverfahren als Drittpartei beitreten und damit Israel zur Seite stehen. Gibt der Internationale Gerichtshof den südafrikanischen Klägern Recht, dann beginge Deutschland mit einer Lieferung von Munition nichts Geringeres als Beihilfe zum Völkermord.

Panzerabwehrwaffen und Munition

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung den Export von Rüstungsgütern im Wert von 326,5 Millionen Euro an Israel genehmigt; damit lag das Land auf Platz sieben der Rangliste deutscher Rüstungskunden weltweit. Die meisten Genehmigungen erfolgten nach dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober. Berlin erlaubte etwa den Export von 3.000 tragbaren Panzerabwehrwaffen und von 500.000 Schuss Munition für halb- und vollautomatische Schusswaffen, zudem die Ausfuhr von 239 Zündern und 44 Treibladungen. Der Wert allein der Kriegswaffen, für deren Lieferung an Israel die Bundesregierung grünes Licht gab, liegt bei 20,1 Millionen Euro. Ausfuhrerlaubnisse wurden jedoch vor allem in den Bereichen Landfahrzeuge bzw. Wartung und Reparatur erteilt. Genehmigt hat der Bundessicherheitsrat darüber hinaus Ende vergangenen Jahres den Export des inzwischen sechsten deutschen U-Boots, das die israelische Marine erhalten soll. Grundsätzlich war die Lieferung bereits im Jahr 2006 beschlossen worden; die Auslieferung dürfte nun, wie es heißt, „kurz bevorstehen“.[1] Berichten zufolge ist der Turm des neuen U-Bootes länger und breiter als üblich und damit laut Auffassung von Fachleuten in der Lage, Raketensysteme aufzunehmen, die Atomwaffen tragen können.

„Ein Notfall“

Aktuell bereitet die Bundesregierung eine zusätzliche Lieferung von Panzermunition vor. Dabei handelt es sich um rund 10.000 Schuss einer 120-Millimeter-Präzisionsmunition, wie sie vom Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall hergestellt wird.[2] Diese Munition ist in Israel offenbar knapp; jedenfalls hatten die Vereinigten Staaten bereits im Dezember eine Lieferung von fast 14.000 Schuss einer 120-Millimeter-Munition im Wert von rund 106,5 Millionen US-Dollar genehmigt.[3] Die Biden-Administration hatte den Export mit einer Sondererlaubnis unter Umgehung des Kongresses gestattet, nachdem Außenminister Antony Blinken erklärt hatte, es gebe einen „Notfall, der den sofortigen Verkauf verlangt“. Berlin hat, so wird berichtet, bereits im November eine entsprechende Anfrage erhalten, prüft sie seither und hat sich faktisch, so heißt es, geeinigt, der Anfrage nachzukommen. Der Vorgang ist auch deshalb heikel, weil auch die Ukraine 120-Millimeter-Munition benötigt und die Industrie schon längst keine mehr auf Lager hat, weshalb der israelische Bedarf aus den Beständen der Bundeswehr gedeckt werden muss. Deren Lager könnten binnen sechs bis acht Monaten wieder gefüllt werden, heißt es [4] – jedenfalls dann, wenn nicht die komplette Neuproduktion in die Ukraine exportiert wird.

Genozidverfahren in Den Haag

Die offenbar kurz bevorstehende offizielle Genehmigung für die Munitionslieferung erfolgt, während Israel sich vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag gegen die von Südafrika eingereichte Klage verteidigen muss, mit seiner Kriegführung im Gazastreifen einen Genozid zu begehen. In der öffentlichen Debatte verteidigen nur wenige Staaten Israel gegen den Vorwurf; dies tun insbesondere die USA, Kanada, Großbritannien, Guatemala sowie Deutschland. Die Bundesregierung weise „den Vorwurf des Völkermords ... ausdrücklich zurück“, erklärte am Freitag vergangener Woche Regierungssprecher Steffen Hebestreit: „Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage.“ Vielmehr handle es sich bei ihm um eine „politische[,,,] Instrumentalisierung“ des Völkerrechts und des IGH.[5] Berlin werde also besondere Schritte einleiten: „Die Bundesregierung intendiert, in der Hauptverhandlung als Drittpartei zu intervenieren.“ Jenseits Europas und Nordamerikas wird Südafrikas Klage allerdings weithin unterstützt. Das ist nicht nur bei der Arabischen Liga und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) der Fall, sondern beispielsweise auch bei Brasilien. In Brasília hieß es, man hoffe, die aktuelle Klage werde Israel veranlassen, „alle Handlungen und Maßnahmen, die einen Völkermord darstellen könnten, sofort einzustellen“.[6]

Kritik an Deutschland

Scharfe Kritik an der deutschen Entscheidung, in dem IGH-Verfahren als Drittpartei zu intervenieren, hat Hage Geingob geübt, der Präsident Namibias, wo das Deutsche Reich im Jahr 1904 den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts beging. Geingob drückte seine „tiefe Sorge“ darüber aus, dass die Bundesregierung „die moralisch ehrenwerte Anzeige zurückweist, die Südafrika vorgebracht hat“.[7] „Deutschland kann moralisch nicht seine Verpflichtung gegenüber der Völkermordkonvention der Vereinten Nationen bekräftigen, einschließlich Reue für den Völkermord in Namibia, während es ein Äquivalent zu einem Holocaust und einem Genozid in Gaza unterstützt“, erklärte Geingob und appellierte an die Bundesregierung, ihren Schritt möglichst noch einmal zu überdenken: „Kein friedliebendes menschliches Wesen kann das Blutbad ignorieren, das an Palästinensern in Gaza verübt wird.“ Auf Empörung ist im Globalen Süden insbesondere auch gestoßen, dass die Bundesregierung erklärt, der Genozidvorwurf entbehre „jeder Grundlage“ und werde politisch instrumentalisiert. Südafrika hat seinen Vorwurf in einer ausgefeilten Klageschrift sorgfältig sowie streng sachlich, nicht politisch begründet. Ob dies ausreicht, entscheidet nicht die Bundesregierung, sondern der IGH.

Der Globale Süden in Bewegung

Dabei handelt es sich bei dem Streit um die südafrikanische Klage vor dem IGH, wie etwa Sholto Byrnes urteilt, ein ehemaliger britischer Journalist, der 2009 in die Royal Society of Arts gewählt wurde, für das Institute of Strategic and International Studies Malaysia tätig war und heute von Kuala Lumpur aus für die emiratische Tageszeitung The National schreibt, um einen Konflikt zwischen ehemaligen Kolonialmächten, die nun Israel unterstützen, und ehemaligen Kolonien, die weitestgehend den Palästinensern und Südafrika den Rücken stärken. Die früheren Kolonialisten handelten in ihrer Unterstützung für Israel rücksichtslos, urteilt Byrnes, während die einstmals Kolonisierten „Ähnlichkeiten zwischen der Art und Weise sehen, wie die Palästinenser behandelt werden – und wurden –, und ihrer eigenen Geschichte der Kolonisierung“.[8] Die Welt ändere sich jedoch. „Die Macht verschiebt sich unerbittlich weg von den Kolonialisten und hin zu den ehemaligen Kolonisierten“, konstatiert Byrnes: „Die Letzteren sind schlicht nicht mehr bereit zu erdulden, was sie als empörende doppelte Standards der Kolonialisten betrachten.“ Byrnes zitiert die palästinensische Politikerin Hanan Ashrawi, die kürzlich äußerte: „Der Globale Süden kommt in Bewegung.“

 

Mehr zum Thema: Kein Waffenstillstand.

 

[1] Deutsche Waffen für 20 Millionen Euro an Israel in 2023. zeit.de 17.01.2024.

[2] Matthias Gebauer, Christoph Schult, Gerald Traufetter: Bundesregierung prüft Lieferung von Panzermunition an Israel. spiegel.de 16.01.2024.

[3] Matthew Lee: The State Department approves the sale of tank ammunition to Israel in a deal that bypasses Congress. apnews.com 09.12.2023.

[4] Matthias Gebauer, Christoph Schult, Gerald Traufetter: Bundesregierung prüft Lieferung von Panzermunition an Israel. spiegel.de 16.01.2024.

[5] Erklärung der Bundesregierung zur Verhandlung am Internationalen Gerichtshof. bundesregierung.de 12.01.2024.

[6] Völkermord-Vorwurf gegen Israel: Wie steht die Welt zu den Vorwürfen? de.euronews.com 15.01.2024.

[7] Namibia slams former colonial ruler Germany for defending Israel in ICJ genocide case. newarab.com 14.01.2024.

[8] Sholto Byrnes: South Africa’s case against Israel has exposed post-colonial fissures around the world. thenationalnews.com 17.01.2024.

Quelle: German foreign v.18.01.2024 / Bild GeFiS-Archiv

13.01.
2024

Kampf um den Frieden 

 

Civey hat die Umfrage erstellt

Live

Insights

Wie bewerten Sie es, dass die Bundesregierung offen für die Lieferung weiterer Eurofighter Kampfjets aus der EU an Saudi-Arabien ist?

ERGEBNISSE

GesamtFrauen

 

Eindeutig richtig = 18,9%

 

      Eher richtig =11,5%

       

Unentschieden = 7,9%

 

   Eher falsch = 9,7%

 

Eindeutig falsch = 52,0%

 

8,7%

13.1.24 - 13.1.24

2.262

Repräsentativ

Anmerkung: Die Bundesregierung verstößt nicht nur gegen den bestehenden Koalitionsvertrag, wo keine Waffen in Krisengebiete bzw. an Länder geliefert werden, die unmittelbar bzw. mittelbar in einen bestehenden Konflikt in der Region involviert sind, was mit Saudi Arabien der Fall ist. Des Weiteren ist diese Waffenlieferung kein politischer Akt, der als Deeskalation für diese Region beiträgt und auch im Widerspruch ihres eigenen Grundsatz steht, eine Friedenspolitik zu betreiben. Die Abstimmung macht weiterhin deutlich, dass die Bundesregierung gegen eine Mehrheit ihrer Bevölkerung agiert, was auch als Verstoß ihres Regierungsauftrages bewertet werden könnte, " die Interesse des Volkes zu vertreten" bzw. " alles für das Wohl des deutschen Volkes zu tun".

 

 

Quelle: Civey 13.01.2024 Stand 11.00 Uhr/ Bilder GeFiS-Archiv

Vatikan - untermauert seine Friedensaktivitäten

Vatikan lehnt Millionenspende aus der Rüstungsindustrie ab

Rom. Papst Franziskus nimmt die Spende eines Rüstungskonzerns ab – die für ein Gerät in einem Kinderkrankenhaus gedacht war. Das sind die Gründe.

Papst Franziskus hat nach einem Zeitungsbericht eine Millionenspende aus der Rüstungsindustrie zurückweisen lassen. Der Vatikan verzichtete nach Informationen der Tageszeitung „La Repubblica“ (Freitag) auf eine Spende des italienischen Rüstungskonzerns Leonardo von 1,5 Millionen Euro, um nicht in Konflikte zu kommen. Erst in seiner Ansprache zum Weihnachtsfest hatte das Oberhaupt von mehr als 1,4 Milliarden Katholiken die Rüstungsindustrie als Kriegsgewinner gegeißelt.

Die Spende war nach Angaben des Unternehmens für das Kinderkrankenhaus des Vatikans, die Klinik Bambino Gesù, zur Anschaffung eines neuen medizinischen Geräts für Computertomografien gedacht. Das Geld ging nun an eine andere Kinderklinik in der italienischen Hafenstadt Genua. Leonardo gehört mit mehr als 50.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von etwa 15 Milliarden Euro Umsatz zu den weltweit größten Rüstungskonzernen. Der italienische Staat ist daran mit 30 Prozent beteiligt.

In seiner Weihnachtsansprache hatte Franziskus der Branche vorgeworfen, aus Kriegen und Konflikten Profit zu ziehen. Er sprach von „Machenschaften des Bösen, die sich dem göttlichen Licht widersetzen, im Schatten der Heuchelei und des Heimlichen“. Die Gewinne der „Drahtzieher der Kriege“ müssten öffentlich gemacht werden. Die Spende sollte nach Informationen von „La Repubblica“ zu Weihnachten erfolgen. Das Nein aus dem Vatikan habe in der Konzernspitze „nicht wenig Überraschung“ ausgelöst, berichtete das Blatt.

Quelle:   RP-online v.12.01.2024 Papst Franziskus lehnt eine Millionenspende an die katholische Kirche ab. Sie kommt von einem Rüstungsunternehmen.

Nato - ist kein Verteidigungsbündnis und Friedensbündnis !!

Nach 10 Jahren Vorbereitung: NATO kriegsbereit gegen Russland | Von Wolfgang Effenberger

Veröffentlicht am: 11. Januar 2024 | Anzahl Kommentare: 56 Kommentare

 

Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.

Vor dem Hintergrund eines militärisch und wirtschaftlich noch angeschlagenen Russlands, eines militärisch noch etwas schwächeren Chinas und der noch relativ losen Gemeinschaft der BRICS-Staaten (das erste Treffen war 2009 in Jekaterinburg) entschlossen sich die USA im Herbst 2013 den im Jahr 2010 gewählten prorussischen Präsidenten der Ukraine Viktor Janukowytsch zu stürzen und durch einen transatlantisch gefestigten Nachfolger zu ersetzen.

Im Dezember 2013 bekannte die damals für Europa und Eurasien zuständige Staatssekretärin im US-Außenministerium Victoria Nuland („Fuck the EU“) – heute stellvertretende US-Außenministerin, dass die Vereinigten Staaten in den vergangenen Jahren 5 Milliarden US-Dollar in die „Demokratisierung“ der Ukraine ausgegeben habe(1).

Die Ukrainer bezahlten das ab Mitte Februar 2014 mit Toten auf dem Maidan-Platz(2) und in der Folge mit einem Bürgerkrieg gegen die Bewohner des Donbass, der vor allem seit dem 2. Mai 2014 mit dem ukrainischen Militär geführt wurde und bis 24. Februar 2022 annähernd 15.000 Menschen das Leben gekostet haben soll(3). Das Redaktionsnetzwerk Deutschland gab im Dezember 2021 an:

„Seit 2014 dauert der Krieg … mehr als 13.000 Menschen wurden getötet“(4).

Zwischen 2014 und Februar 2022 rüstete der Westen die Ukraine massiv auf. Es flossen rund 5,5 Milliarden Dollar im Rahmen des Finanzprogramms “Ukraine Security Assistance Initiative”.(5)

Die Umsetzung des Minsker-Friedensplans war zu keinem Zeitpunkt ernsthaft gewollt (siehe Interview mit der Altbundeskanzlerin Angela Merkel am 7. Dezember 2022 in der Wochenzeitung DIE ZEIT). Kein Wunder, spielte doch die Geopolitik der Briten bereits vor dem Ersten Weltkrieg ebenso wie in den Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg eine Schlüsselrolle. Um heute den angloamerikanischen Alptraum einer engen deutsch-russischen Zusammenarbeit zu verhindern, muss die Konfrontation mit Russland weiter bestehen bleiben.

Am 4. Februar 2015 beleuchtete der Gründer und Vorsitzende des führenden privaten US-amerikanischen Think Tanks “STRATFOR” (Abkürzung für “Strategic Forecasting Inc.”) George Friedman vor dem “Chicago Council on Global Affairs” diesen Zusammenhang in einer für die Europäer erschütternden Offenheit.(6) Er legte freimütig die strategischen Ziele der USA in Europa auf den Tisch und machte gleich am Anfang deutlich, dass die USA keine “Beziehungen” mit Europa (als „Union“) haben. Es gäbe nur bilaterale Zusammenarbeit mit den jeweiligen europäischen Staaten.

Seit mehr als 100 Jahren soll eine strategische deutsch-russische Kooperation mit allen Mitteln verhindert werden:

„Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland… Seit einem Jahrhundert ist es für die Vereinigten Staaten das Hauptziel, die einzigartige Kombination zwischen deutschem Kapital und deutscher Technologie sowie russischen Rohstoff-Ressourcen und russischer Arbeitskraft zu verhindern.“(7)

Und seit 1871 ist einer Elite der angelsächsischen Länder jedes Mittel recht, um eine starke Mittelmacht in Europa zu verhindern. Die Instrumente hierzu sind: Wirtschafts- und Handelskriege, Intrigen, gezielte Destabilisierungsmaßnahmen und Anschläge.

Am 26. September 2022 wurden die von Russland nach Deutschland führenden und auf dem Grund der Ostsee liegenden Gas-Pipeline-Stränge (Nord Stream 1 und 2) von Explosionen zerrissen (am gleichen Tag wurde die von Norwegen nach Polen führende  BALTIC-Pipeline eröffnet). Die drei gleichzeitigen Sprengungen müssen als Terroranschlag bezeichnet werden, obwohl die westlichen Leitmedien das Ganze als „Leckage“ (unkontrolliertes Ausströmen von Gas) herunterspielten.

Als der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Enthüllungsjournalist Seymour Hersh nachwies, dass die Nord-Stream-Pipelines mit Wissen und Billigung von US-Präsident Joe Biden in die Luft gesprengt wurden, gab es interessanterweise keine russische Reaktion auf diesen Terrorakt gegen Gazprom, gegen Deutschland, gegen die EU und gegen eine Reihe von europäischen Unternehmen.(8) 

Der Schaden für den Industriestandort Deutschland ist auch heute noch nicht in seinem ganzen Umfang abzusehen.(9)

Hinzu kommen die mit der Aufrüstung der Ukraine seit 2014 verbundenen „Hilfen“ und die seit dem 24. Februar 2022 dramatisch gestiegenen Transferleistungen für Rüstungsgüter sowie die Unterhaltskosten von 1 Million ukrainischen Flüchtlingen (darunter 190.000 wehrfähige Männer). Nicht zu vergessen der eigene Schaden durch die Sanktionen gegen Russland. Obwohl der völkerrechtswidrig durchgeführte Regime-Wechsel vom Westen orchestriert war, verhängte die EU mit der Verordnung 833/2014 und mit dem Beschluss 2014/512/GASP am 31. Juli 2014 erstmals Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine ständig ausgeweitet wurden.(10)

Dank abwesender Diplomatie und fehlender Bereitschaft zu einer politischen Lösung besteht nun die Gefahr, dass sich Deutschland nicht nur vom bisherigen Wohlstand auf Dauer verabschiedet, sondern völlig im Chaos versinkt.

Ab Februar 2024 probt die NATO in einer Reihe vernetzter Manöver den Krieg gegen Russland. Deutschland beteiligt sich unter anderem am Großmanöver “Quadriga” 2024.(11)

Allein die Wahl des Namens lässt aufhorchen. Der von vier Rössern gezogene Streitwagen wurde im alten Rom bei Wagenrennen und in Triumphzügen eingesetzt und später häufig in Bildern und Statuen abgebildet. Die Assoziation zum römischen Reich spricht Bände.

Die mit scharfen Klingen an den Rädern versehenen Sensenstreitwagen oder Sichelwagen(12) der Perser waren gefürchtet, blieben jedoch gegen die disziplinierte Infanterie der Armee von Alexander dem Großen in der Schlacht von Gaugamela (331 v.Chr.) wirkungslos.

Könnte die NATO ein gleiches Schicksal erleiden?

Die Kriegsvorbereitungen der NATO haben einen langen Vorlauf. Am 19. Januar 2010 fand auf dem Wiesbadener Militärflugplatz der erste Spatenstich für das neue “Führungs- und Gefechtszentrum“ (Command and Battle Center) der US-Army in Europa (USACE, USAEUR) statt.

Es ist als “Nervenzentrum” der Einsatzplanung, -durchführung und -kommunikation der U.S. Army Europe geplant.(13) Hier melden sich heute die ukrainischen Generäle zum Rapport und zum anschließenden Briefing.

Eine weitere Weichenstellung erfolgte Anfang 2014, als bei der Münchner Sicherheitskonferenz die Losung ausgegeben wurde, Deutschland müsse mehr militärische Verantwortung übernehmen. Bundespräsident Joachim Gauck forderte, Deutschland müsse seine bislang an den Tag gelegte Kultur, der (militärischen) Zurückhaltung‘ zugunsten einer offensiv ausgerichteten Außenpolitik ad acta legen. Die Fähigkeit und die Bereitschaft Deutschlands zur Teilnahme an Militärinterventionen sei zwingend erforderlich.(14)

Nahezu parallel dazu startete die Bundeswehr ihre „Agenda Rüstung“. Kontinuierlich stieg der Rüstungshaushalt an: von 32,5 Mrd. Euro (2014) auf 50,4 Mrd. Euro (2022)). Im Fähigkeitsprofil der Deutschen Bundeswehr (2018) erfolgte die Zusage, der NATO bis 2027 eine und bis 2031 drei voll ausgestattete („kaltstartfähige“) Divisionen (mit jeweils rund 15-20.000 Soldat*innen) zur Verfügung zu stellen – ein Zeitplan, der 2022 sogar noch um zwei Jahre nach vorne verlegt wurde.(15)

Noch vor der Aufnahme einer umfangreichen NATO-Manövertätigkeit in Osteuropa wurde der Infrastrukturausbau für den Krieg forciert. Ausgehend von den Häfen Rotterdam, Bremerhaven und Hamburg wurden die Eisenbahntrassen über Breslau nach Kiew ausgebaut.(16)

Am 11. Dezember 2017 hat auf Drängen der USA eine Gruppe von 25 EU-Staaten den in Verträgen verankerten Mechanismus der “Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit” erstmalig genutzt, um schrittweise 47 Projekte und Initiativen der engeren verteidigungs- und rüstungs-politischen Zusammenarbeit auf den Weg zu bringen und die nationalen Ressourcen und militärischen Kapazitäten dadurch besser zu nutzen (Begriff PESCO: Abkürzung für »Permanent Structured Cooperation«).(17) Unter anderem wurde die Tragfähigkeit der Brücken auf den geplanten Anmarschwegen Richtung Osten verstärkt.

Am 8. November 2021 wurde erstmals nach dem Ende des Kalten Krieges das 56. US-Artilleriekommando reaktiviert – ein Großverband der US Army mit Sitz im Ortsbezirk Mainz-Kastel der Stadt Wiesbaden, der einem Zwei-Sterne-General (Generalmajor Stephen Maranian) untersteht. Am 10. November 2021 berichtete die britische Zeitung The Sun unter dem Titel Dark Eagle has landed von einem zum ersten Mal seit dem Kalten Krieg reaktivierten nuklearen, mit (geplanten) Hyperschall-Langstreckenraketen vom Typ “Dark Eagle” ausgerüsteten Verband der USA in Deutschland.

Die Entscheidung zur Reaktivierung sei vor dem Hintergrund der wachsenden Besorgnis im Pentagon erfolgt, dass Russland der NATO und den USA bei der Entwicklung von Artillerieraketen mit großer Reichweite den Rang abgelaufen hat.(18)

Generalmajor Stephen Maranian erklärte am 3. November 2021: “Die Reaktivierung des 56. Artilleriekommandos wird den US-Streitkräften in Europa und Afrika bedeutende Fähigkeiten für multidomäne Operationen bieten”.(19)

Im NATO-Verständnis stellen Multi-Domain-Operationen einen entscheidenden Wandel im Vorgehen des Bündnisses dar. Es wird durch dieses transformative Konzept in die Lage versetzt, strategisch auf Ereignisse Einfluss zu nehmen, seine Bemühungen mit externen Akteuren zu synchronisieren und Gegner vor gewaltige Herausforderungen zu stellen. Nach eigenen Angaben besteht das oberste Ziel darin,

„die Freiheit und die Sicherheit der umfangreichen Bevölkerung des Bündnisses zu gewährleisten.“(20)

Um diesem Auftrag gerecht zu werden, wird in Weilersbach neben dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein für fast eine Milliarde Euro auf einer Grundfläche von rund 600 mal 300 Metern (90.000 Quadratmeter) ein riesiges Hospital mit mehr als 4.000 Zimmern errichtet, davon 120 Untersuchungsräume und 9 OP-Säle.(21)

Sieben Monate nach dem Maidan-Putsch 2014 verabschiedeten die USA das Strategie-Papier TRADOC 525-3-1 „Win in a Complex World 2020-2040“ mit dem Auftrag an die Streitkräfte, sich auf den „Abbau der Bedrohung durch Russland und China“ vorzubereiten. Und schon im gleichen Monat (Strategie-Papier und Manöver brauchen entsprechende Vorlaufzeit) startete die NATO ungeachtet der Kämpfe ukrainischer Regierungstruppen und prorussischer Separatisten im Donbass im Westen der Ukraine in der Nähe der Großstadt Lwiw (Lemberg) mit 1.300 Soldaten aus 15 Ländern die elftägige Übung Schneller Dreizack (Rapid Trident) .

Russland bezeichnete die NATO-Präsenz in der Ukraine als Provokation.

Unterdessen begannen mehrere NATO-Staaten nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministers Waleri Geletej mit Waffenlieferungen für die Regierungstruppen. “Der Prozess der Übergabe läuft”(22), sagte Geletej dem Fernsehsender 5. Kanal, der dem ukrainischen Unternehmer Petro Poroschenko gehört. Und der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin bestätigte Mitte September 2014 im Fernsehen Verhandlungen über Waffenlieferungen:

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass es um mehr als fünf Länder geht. Es handelt sich um viele”(23),

sagte Klimkin dem Kiewer Kanal Perwy Nationalny. Seitdem wurden die NATO-Manöver ständig ausgeweitet. Wiederholt wurde der Durchbruch durch die Suwalki-Lücke (Engstelle zwischen Kaliningrad und Weißrussland) und die Verlegung zunächst von US-Brigaden und später US-Divisionen (DEFENDER-Übungen) an die Ostflanke geübt.

In der Übung “Steadfast Defender” wird die NATO von Anfang Februar bis Mai 2024 für einen möglichen Krieg mit Russland proben, schreibt die FAZ:

„Bisher fanden NATO-Manöver in einer Fantasiewelt statt. Künftig üben Soldaten die Verteidigung gegen einen Angriff Russlands in einem realistischen Szenario. Im Frühjahr 2024 soll die Übung dagegen umso größer ausfallen: mit 40.000 Soldaten des Heeres, mehr als fünfzig Marineschiffen und mehreren Staffeln von Kampfflugzeugen.[…] Aber auf den Landkarten für die Manöver sind die Mitglieder der Allianz klar zu erkennen: Russland und Belarus in ihren realen Grenzen.“(24)

Fünfmonatiges NATO-Großmanöver “Steadfast Defender”

Nach Angabe des Presse- und Informationszentrums des Heeres fasst die Bundeswehr unter “Quadriga 2024” mehrere Großübungen in Deutschland und im Ausland zusammen und „verbindet diese mit Übungsvorhaben ihrer Verbündeten, und das über einen Zeitraum von fünf Monaten. Als deutscher Beitrag zur NATO-Großübung “Steadfast Defender 2024” soll “Quadriga 2024” zeigen, dass die Bundeswehr entschlossen und befähigt ist, entscheidend zur Verteidigung der NATO-Ostflanke beizutragen. … Zusätzlich liefert die Bundeswehr über den gesamten Zeitraum wertvolle Unterstützung und Schutz für die Streitkräfte der NATO-Partner, die ihre Truppe und ihr Material durch Deutschland verlegen.“(25) Ziel der Übung ist es, dass sich die Landstreitkräfte der Bundeswehr

„gegen einen gleichwertigen Gegner im Kampf“

behaupten können.

Manöverring um Russland

“Quadriga 2024” besteht aus mehreren Teilübungen.

  1. Von Mitte bis Ende Februar 2024 wird die 1. Panzerdivision der Bundeswehr in dem “Grand Center” genannten ersten Teil der Kriegsübung in Deutschland, Polen und Litauen trainieren. In die 1. Panzerdivision hatten Berlin und Den Haag erst im März 2023 die letzte niederländische Heeresbrigade eingegliedert.(26)
  2. Von Mitte Februar bis Mitte März 2024 trainieren die Division “Schnelle Kräfte” (ca. 18.000 deutsche und 2.300 niederländischen Angehörige) und die Gebirgsjägerbrigade 23 in der Teilübung „Grand North“ in Norwegen die Kriegsführung unter extremen Wetterbedingungen.(27)
  3. Von Ende April bis Ende Mai 2024 werden deutsche Fallschirmjäger der Division Schnelle Kräfte „die schnelle Verlegung und den Einsatz“ in Ungarn und Rumänien proben.
  4. Als „Höhepunkt“ von Quadriga 2024 gilt laut Angaben der Bundeswehr die Teilübung „Grand Quadriga“ im Mai. Dabei trainiert die 10. Panzerdivision „die Verlegung und den geschlossenen mechanisierten Einsatz mit Kampf- und Schützenpanzern“ in Litauen.(28)

“Quadriga 2024” ist in ein sogenanntes Übungscluster eingeflochten – ein Netz ineinandergreifender Manöver, das sich zeitlich über fünf Monate und räumlich von Norwegen bis nach Rumänien entlang der gesamten russischen Westgrenze erstreckt.(29)

Von der ersten Teilübung “Grand Center” werden deutsche Soldaten weiterziehen, um an dem polnischen Manöver “Dragon” und an der US-amerikanischen Übung “Saber Strike” teilzunehmen(30). “Grand North” wird übergehen in das Manöver “Nordic Response”, “Grand South” in “Swift Response”. Mit diesem Cluster simuliert die NATO ein „Schlachtfeld-Netzwerk“(31)  entlang der russischen Westgrenze. Die Gleichzeitigkeit der unterschiedlichen Manöver und die Staffelung der eingesetzten Truppen erschweren eine realistische Einschätzung des tatsächlichen Ausmaßes des Aufmarsches.

In diesem bisher einmaligen Manöverkomplex verwendet die NATO nach eigenen Angaben zum ersten Mal echte geografische Daten aus Osteuropa, um ihren Truppen „ein realistischeres Szenario“ vom potenziellen zukünftigen Einsatzgebiet zu bieten. NATO-Mitarbeiter äußerten gegenüber der US-amerikanischen Presse, mit dem Manöver wolle das Kriegsbündnis Moskau zeigen, dass es „bereit“ sei „zu kämpfen“.(32)

Mit “Quadriga 2024” will Deutschland seinen Anspruch unterstreichen, eine „riesige Drehscheibe“ für die „Truppenaufmärsche“ des NATO-Blocks an seiner Ostflanke zu sein. Damit demonstriere die Bundesrepublik ihre „Leistungsfähigkeit“ als NATO-Partner und übernehme „Führungsverantwortung“, heißt es.(33) Während sich das politische Berlin von der Funktion als Drehscheibe und logistische Schaltzentrale für die transatlantischen Truppenbewegungen in Richtung Ukraine und Russland einen Bedeutungszuwachs innerhalb der NATO erhofft, könnte sich diese Kriegspolitik im Falle eines Konflikts für Deutschland und seine Bewohner als Katastrophe erweisen. Die Bilder aus der Ukraine und aus Gaza sollten nachdenklich machen.

Der politische Korrespondent in der Parlamentsredaktion der Süddeutschen Zeitung in Berlin, Georg Ismar, hat einen anderen Blick auf diese Kette von Manövern. Er schrieb am 14. November 2023:

„Bei der Vorbereitung eines großen Manövers im kommenden Jahr stößt die Bundeswehr auf ungeahnte Komplikationen, von fehlenden Lkw-Fahrern bis hin zu maroden Brücken. Das Land muss tatsächlich erst wieder tauglich gemacht werden für einen möglichen Kriegsfall“(34).

LKW-Fahrer dürften durchaus fehlen, aber die meisten Brücken auf den künftigen Rollbahnen sind dank PESCO optimal vorbereitet. Die Forderung Ismars, dass das Land tatsächlich erst wieder für einen möglichen Kriegsfall tauglich gemacht werden muss, entspricht der Forderung des Verteidigungsministers Pistorius, Deutschland soll „kriegstüchtig“ werden.(35)

Das alles in einer Phase, in der die Kampfkraft der ukrainischen Streitkräfte im Abnehmen begriffen ist und die ukrainische Armee mit der Rekrutierung Probleme hat (Rund 190.000 Ukrainer im wehrfähigen Alter leben offiziell in Deutschland).(36) Sollte die Verteidigung der Ukraine zu bröckeln beginnen, und die Priorität des Westens darin liegen, Russland zu einem nicht annehmbaren Waffenstillstand zu zwingen, wird der jetzige Stellvertreterkrieg zum umfassenden Krieg USA/EU/NATO gegen Russland.

Mit seiner Rede am 19. Dezember 2023 auf der Sitzung des Vorstands des russischen Verteidigungsministeriums verströmte Putin Aufbruchsstimmung:

„Die russische Wirtschaft hat nicht nur ihren Schwung von vor 2022 wiedererlangt, sondern beschleunigt sich bis zum Jahresende auf eine Wachstumsrate von 3,5 %, die durch steigende Einkommen und Kaufkraft für Millionen von Bürgern sowie eine Erhöhung des Lebensstandards gekennzeichnet ist. Die Arbeitslosigkeit ist auf einem historischen Tiefstand, und Russland hat die westlichen Sanktionen und die Versuche, es auf der internationalen Bühne zu isolieren, zurück-geschlagen.“(37)

Putin zeigte sich entschlossen, die “riesigen historischen Gebiete, russische Gebiete, zusammen mit der Bevölkerung” zurückzufordern, die die Bolschewiki während der Sowjet-Ära an die Ukraine abgetreten hatten. Weiter machte Putin einen wichtigen Unterschied in Bezug auf die “westlichen Gebiete” der Ukraine (westlich des Dnjepr), die ein Erbe des Zweiten Weltkriegs seien und auf die Polen, Ungarn und Rumänien Gebietsansprüche erheben könnten, was zumindest im Fall Polens auch mit der Abtretung der “östlichen deutschen Gebiete, des Danziger Korridors und Danzigs selbst” nach der Niederlage des Dritten Reichs zusammenhängt.

Die Quintessenz formulierte Putin wie folgt:

“Die Geschichte wird alles an seinen Platz setzen. Wir (Moskau) werden uns nicht einmischen, aber wir werden auch nicht aufgeben, was uns gehört. Jeder sollte sich dessen bewusst sein  – diejenigen in der Ukraine, die Russland gegenüber aggressiv eingestellt sind, und in Europa und in den Vereinigten Staaten. Wenn sie verhandeln wollen, sollen sie das tun. Aber wir werden es nur auf der Grundlage unserer Interessen tun.”(38)

Unverkennbar brechen überall die aus dem 1. Weltkrieg herrührenden Verwerfungslinien auf – Balkan, Ukraine, Nordafrika, Nah- und Mittel-Ost …. Das aus dieser Zeit herrührende Unrecht wurde bis heute nicht aufgearbeitet. Die heutigen Konflikte können nur unter Einbindung dieses Hintergrunds gelöst werden.

So formulierte der Westasien-Analyst Alastair Crooke treffend: “Sykes-Picot ist tot.”(39) Dieses Geheimabkommen von 1916 hatte den Nahen Osten willkürlich zerstückelt und den weiteren Verlauf des 1. Weltkriegs entscheidend beeinflusst.(40) Auch im westlichen Afrika regt sich der Widerstand gegen die Ausplünderung durch die ehemaligen Kolonialherren.(41)

Obwohl Putin an der Front keine spektakulären Erfolge vorweisen kann, hat er sich in Moskau innen- wie außenpolitisch auch unter größtem Druck behauptet – an seiner Wiederwahl als russischer Präsident bestehen kaum Zweifel, im Präsidenten der neuen Weltmacht China hat er einen Verbündeten und in den Ländern des globalen Südens Unterstützer. So können sowohl Russland als auch China gelassen zusehen, wie sich die USA mit ihrer Unterstützung des israelischen Krieges in Gaza weltweit isolieren.

Nach über drei Monaten erbarmungslosem Bombardement und verlustreichem Bodenkrieg ist die Hamas noch immer nicht bezwungen. Auch in Nahost könnte der Konflikt noch weiter eskalieren, sollten der Libanon und der Iran nicht nur verdeckt, sondern offen in den Konflikt einbezogen werden. Schon sammeln die USA einige Verbündete für ein Vorgehen gegen rebellische Jemeniten, die den Schiffsverkehr zum Suezkanal gefährden(42) –

Nun, die jemenitische Widerstandsbewegung Ansarallah fängt jedes mit Israel verbundene oder für Israel bestimmte Schiff ab. Die israelische Wirtschaft soll getroffen werden. Ein einziger jemenitischer Schachzug erweist sich als effizienter als eine Flut von imperialen Sanktionen.

Alle anderen Schiffe können frei passieren. Russische Tanker – ebenso wie chinesische, iranische und Schiffe aus dem Globalen Süden – können weiterhin ungestört durch den Bab al-Mandeb (engste Stelle: 33 km) und das Rote Meer fahren. Dieser einzelne Schritt könnte zu einem unumkehrbaren Paradigmenwechsel führen. Die USA sehen sich in ihrer “regelbasierten Ordnung” herausgefordert.

Dagegen hat der russische Präsident Wladimir Putin eine unmissverständliche Botschaft ausgesendet:

„Vergesst den Suezkanal. Der richtige Weg ist der Nördliche Seeweg“(43)

– den die Chinesen im Rahmen der strategischen Partnerschaft zwischen Russland und China als Arktische Seidenstraße bezeichnen.

Für die verblüfften Europäer haben die Russen drei Möglichkeiten aufgezeigt: „Erstens, 15.000 Meilen um das Kap der Guten Hoffnung segeln. Zweitens: Nutzung der billigeren und schnelleren Nördlichen Seeroute Russlands. Drittens kann die Fracht über die russische Eisenbahn transportiert werden“(44).

Die geopolitische Aktualität lässt nicht erkennen, dass 2024 die Schützengräben verlassen werden und an die Tische der Diplomaten zurückgekehrt wird. Die Gewichte werden sich weiter verschieben, und zwar höchstwahrscheinlich zugunsten der Länder des globalen Südens und der BRICS-Staaten.

Quellen und Anmerkungen

 

Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete “atomare Gefechtsfeld” in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Zuletzt erschienen vom ihm „Schwarzbuch EU & NATO“ (2020) sowie “Die unterschätzte Macht” (2022).



Aktivitäten für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 09.01.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

IPPNW fordert Deeskalation im Ukraine-Krieg

 

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW forderte am Montag erneut einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg:

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW nimmt die aktuelle Kritik von Altbundespräsident Joachim Gauck an Bundeskanzler Olaf Scholz zum Anlass, von der Bundesregierung erneut eine Initiative zu fordern, auf eine Verhandlungslösung im Krieg zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine zu drängen und einen Waffenstillstand zu ermöglichen. Der frühere Bundespräsident hat in der Bild am Sonntag den Bundeskanzler wegen dessen »Zögern« bei der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine kritisiert.

 

Die IPPNW verurteilt die zuletzt verstärkten russischen Luftangriffe mit zahlreichen Toten. Aufgrund dieser Angriffe hatte Polens Außenminister Radosław Sikorski gefordert, Kiew Raketen mit größerer Reichweite zu liefern. Politiker*innen von CDU/CSU, FDP und Grünen griffen diese Forderung auf und forderten die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an Kiew.

»Wir brauchen in Deutschland keine Diskussionen um Taurus-Lieferungen, sondern eine ehrliche Debatte über Wege, den Krieg zu beenden. Dafür liegen zahlreiche diplomatische Vorschläge auf dem Tisch«, so IPPNW-Vorstandsmitglied Ralph Urban. So hätten beispielsweise im August 2023 Peter Brandt, Hajo Funke, General a. D. Harald Kujat und Horst Teltschik einen detaillierten Verhandlungsvorschlag veröffentlicht. Danach soll der UN-Sicherheitsrat in einer ersten Phase gemäß Artikel 24 Absatz 1 der UN-Charta einen Zeit- und Ablaufplan für einen Waffenstillstand und für Verhandlungen zur Beendigung des Ukrainekrieges beschließen. In einer zweiten Phase könne es Friedensverhandlungen unter dem Vorsitz des UN-Generalsekretärs und/oder des Hohen Kommissars der UN für Frieden und Sicherheit in der Ukraine in Genf geben. (…)

Quelle: junge welt v.09.01.2024/ Fabian Sommer/dpa Banner der IPPNW auf einer Demonstration in Berlin (Februar 2022)

Friedenskampf

Aus: Ausgabe vom 09.01.2024, Seite 1 / Ausland

WAFFENEXPORTE

Nur ein erster Schritt

Ampelparteien und Union einig bei Lieferung von Kampfjets an Saudi-Arabien

Von Philip Tassev

 

Es herrscht weitgehend Einigkeit in der großen Kriegskoalition von den Grünen bis zur Union: Saudi-Arabien soll mehr Kampfflugzeuge vom Typ »Eurofighter« bekommen. In ihrem Koalitionsvertrag hatte die Ampelregierung eigentlich vereinbart, keine Waffen an Staaten zu liefern, die am Krieg im Jemen beteiligt sind. Das richtete sich vor allem gegen Saudi-Arabien, das seit 2015 an der Spitze einer Militärallianz in dem Nachbarland Krieg gegen die auch als Huthi bekannten schiitischen Ansarollah führt und dem Beobachter dabei zahlreiche Kriegsverbrechen und Angriffe auf Zivilisten vorwerfen.

»Die Welt« sei aber nach dem 7. Oktober »eine komplett andere geworden«, behauptete Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) am Sonntag bei ihrem Besuch in Jerusalem. Da Saudi-Arabien mit dem Abschuss von Raketen der Ansarollah zur Sicherheit Israels beitrage, »sehen wir nicht, dass wir uns als deutsche Bundesregierung den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern für Saudi-Arabien entgegenstellen«. Die Äußerungen Baerbocks stießen in Berlin auf Zustimmung. »Der Bundeskanzler teilt diese Einschätzung«, ließ Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag verlauten. »Die saudiarabische Luftwaffe hat, auch mit Eurofightern, Raketen der Huthi, die auf dem Weg nach Israel waren, abgeschossen. Und im Lichte all dieser Entwicklungen ist die Positionierung der Bundesregierung, was die Eurofighter angeht, zu sehen.« Dem schloss sich auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) an: Die Menschenrechtslage in dem islamisch-fundamentalistischen Königreich entsprächen zwar »gar nicht unseren Standards«, es sei aber wichtig, »dass sich Saudi-Arabien wohlgesonnen gegenüber Israel aufstellt«. Um den deutschen Einfluss in Nahost besorgt zeigte sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende von CDU/CSU, Johann Wadephul: »In der Golfregion hat die Bundesregierung in den vergangenen zwei Jahren viel Porzellan zerschlagen, das nur schwer gekittet werden kann. Das grüne Licht für die Eurofighter ist nur ein erster Schritt.«

Quelle: junge Welt v.09.01.2024/ Ints Kalnins/REUTERS Spanische »Eurofighter« auf Patrouille am Himmel über Litauen (12.9.2023)

 

Friedenskampf

Aus: Ausgabe vom 09.01.2024, Seite 4 / Inland

RÜSTUNGSEXPORT

Frische Ampelwaffen

»Eurofighter«-Kampfjets für Saudi-Arabien. Ein Gastkommentar

Von Sevim Dagdelen

Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen ist Gründungsmitglied der Partei »Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit«

Kampfjets nach Saudi-Arabien liefern zu wollen ist ein weiterer Tabubruch der Bundesregierung. Das Friedensgebot des Grundgesetzes ist nunmehr auch im Bereich Kriegswaffenexporte endgültig Geschichte. Nach den deutschen Waffen ins Kriegsgebiet Ukraine jetzt die Aufrüstung Saudi-Arabiens zur Fackel im Pulverfass des Nahen Ostens: Fast scheint es, als agiere man nach dem Motto »Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert«. Die verschraubten wie durchsichtigen Begründungen von Kanzler Scholz und Außenministerin Baerbock für ihre Schandtat, an die Saudis liefern zu wollen, damit diese ihre »Eurofighter« als Schutzmacht Israels gegen Kampfdrohnen aus dem Jemen einsetzen, sind es dennoch wert, näher angesehen zu werden.

Die Bundesregierung ist außen- und sozialpolitisch endgültig auf dem Niveau der USA angekommen. Neben dem Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine versucht die Ampel jetzt im Nahen Osten eine Allianz an der Seite der Netanjahu-Regierung für den brutalen Krieg Israels gegen die Palästinenserinnen und Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland mitzuschmieden. Kriege nach außen, Verelendung nach innen. Wer sich die sozialen Zustände in den USA in diesen Tagen anschaut, dürfte einen Blick in die nähere Zukunft Deutschlands geworfen haben: Waffengeschenke für die Fronten der Stellvertreterkriege, während Infrastruktur, Schulen und Gesundheitssystem verkommen und den Bauern das Fell über die Ohren gezogen wird. Alles, was diese Koalition anpackt, atmet den Geist der weiteren Demontage des eigenen Landes.

 

Einst wurde der »Eurofighter«-Export noch gestoppt, weil unter anderem mit diesen Waffen 400.000 jemenitische Zivilisten massakriert worden waren. Heute ist die Bundesregierung bereit, über Leichen zu gehen. Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sind durch die Waffenlieferungen die Kriege dieser Bundesregierung. Allein, wie im Fall der Ukraine, wo der Krieg gemessen an der Zielstellung der Bundesregierung, »Russland zu ruinieren«, verloren ist, könnte man sich auch bei Saudi-Arabien schwer verrechnen. Wie schon die USA ist auch diese Bundesregierung nicht bereit, zu erkennen, dass sich mit dem Aufstieg der Länder des globalen Südens die Lage fundamental geändert hat. Die Frage ist, ob Saudi-Arabien sich in den Stellvertreterkrieg im Nahen Osten einspannen lässt, wie von der Ampel vorgegeben, oder einfach nur die westlichen Waffen für ganz eigene Interessen gerne mitnimmt.

Washington und Berlin versuchen, ein gewalttätiges Gegenmodell zur chinesischen Diplomatie im Nahen Osten zu etablieren, die mit der Verständigung zwischen Riad und Teheran in Beijing ein historisches Zeichen gesetzt hat. Dieses Gegenmodell der Gewalt nach außen ist verknüpft mit sozialen Verheerungen im Inneren. Es braucht eine deutliche Kampfansage an die Bundesregierung: Wir brauchen das Geld hier – für die Bauern, für die Infrastruktur und für Bildung. Wir zahlen nicht für eure Kriege.

Quelle: junge Welt v.09.01.2024/Bernd von Jutrczenka/dpa Eurofighter« der Bundeswehr

Kampf um den Frieden - gegen Eskalation
Bundesregierung in der Kritik!!!

Erneut ohne grünes Gewissen: Baerbock für Lieferung von Eurofightern an Saudi-Arabien

8 Januar 2024

Wieder brechen die Grünen ihr Wahlversprechen "Keine Waffen in Kriegsgebiete". Auch im Koalitionsvertrag steht das. Dennoch sollen jetzt Eurofighter nach Saudi-Arabien geliefert werden, das seit Jahren einen blutigen Krieg im Jemen führt.

Quelle: www.globallookpress.com © Michael Kappeler

Die Bundesregierung ist nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bereit, Eurofighter an Saudi-Arabien zu liefern. Das kündigte Baerbock am Sonntagabend in Jerusalem an, wie das Handelsblatt berichtet. Die "Ampel" setzt sich damit über Festlegungen im Koalitionsvertrag hinweg: Dort steht, dass Deutschland keine Waffen an Länder liefert, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Saudi-Arabien unterstützt dort die Regierung gegen die Huthi-Rebellen, die wiederum im Gaza-Krieg an der Seite der Hamas stehen.

 

Die Kampfjets sind ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, an dem Deutschland beteiligt ist und deswegen ein Vetorecht bei Exportentscheidungen hat. Gefertigt werden sie in Großbritannien, das zu einer Lieferung bereit wäre. Unbestätigten Berichten zufolge soll es um 48 Jets gehen.

Baerbock behauptet, die Regierung in Riad zeige ihre Bemühungen um eine bessere Zukunft in der Region. Sie betonte, dass die saudische Luftwaffe gegen Israel gerichtete Raketen der Huthi-Rebellen im Jemen abschieße. Somit würde Saudi-Arabien maßgeblich auch in diesen Tagen zur Sicherheit Israels beitragen und die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes dämmen. Sie sagte:

"Gerade deshalb sehen wir nicht, dass wir uns als deutsche Bundesregierung den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern für Saudi-Arabien entgegenstellen. […] Die Welt, insbesondere hier im Nahen Osten, ist seit dem 7. Oktober […] eine komplett andere geworden."

 

Die deutsche Außenministerin hatte in Jerusalem zuvor mit dem israelischen Präsidenten Jitzchak Herzog und mit dem neuen Außenminister Israel Katz debattiert. Am Montag will sie auch Vertreter der Palästinenser im Westjordanland konsultieren. Sie betonte, nur mit einer Zwei-Staaten-Lösung könnten Israelis und Palästinenser friedlich zusammenleben. Sie sagte weiterhin: "Jetzt ist der Moment, diesen Kurs einzuschlagen, vielleicht gerade, weil er so weit entfernt scheint." Vom Gazastreifen dürfe einerseits keine Gefahr mehr für die Existenz Israels ausgehen. Andererseits müsse aber "das Leid für alle ein Ende haben". Kritik an den Waffenlieferungen gab es aus den eigenen Reihen. Mit Blick auf die "Menschenrechtssituation" und die innere Verfasstheit Saudi-Arabiens findet Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang die Lieferung von Eurofightern falsch. Sie sagte:

"Ich fände es richtig, wenn wir bei der Position bleiben, dass keine Eurofighter an Saudi-Arabien geliefert werden."

Auch die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Sara Nanni, betonte gegenüber dem Spiegel, dass sich die Bundesregierung noch im Sommer dazu bekannt habe, keine Eurofighter an das Land zu liefern. Das sei aus guten Gründen geschehen. Damit dürfte sich die angespannte Lage innerhalb der Grünen Partei, aber auch in der Ampel generell weiter zuspitzen.

 

Laut dem Business-Insider hat die Bundesregierung im Jahr 2023 einen neuen Rekord mit Rüstungsexportgenehmigungen im Gesamtwert von etwa 12,2 Milliarden Euro erreicht. Diese Informationen wurden in einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums veröffentlicht, die bereits letzten Donnerstag in Berlin veröffentlicht wurde. Die meisten Waffen gingen an die Ukraine, mit einem Betrag von 4,44 Milliarden Euro. Von den 12,2 Milliarden Euro entfielen 6,44 Milliarden Euro auf Kriegswaffen und 5,76 Milliarden Euro auf andere Rüstungsgüter wie gepanzerte Fahrzeuge. Der bisherige Rekord lag bei 9,35 Milliarden Euro im Jahr 2021, und der neue Rekord liegt 30 Prozent darüber.

Der grüne Staatssekretär Sven Giegold kommentiert das mit den Worten:

"Die kontinuierliche deutsche Unterstützung der Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung gegen den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg dient der Sicherung der globalen Friedensordnung. [...] Die Rekordnachfrage nach deutschen Rüstungsgütern bei unseren demokratischen Partnerländern ist Ausdruck eines gesteigerten Bedürfnisses nach militärischer Sicherheit, für das Russlands Aggression die überragende Verantwortung trägt."

Quelle: RTd.v.08.2024/Bild8. Januar 2024, Palästinensische Gebiete, Al-Mazraah Al Qibliyah: Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) spricht im Westjordanland mit Bewohnern der Gemeinde Al-Mazraah Al Qibliyah, die durch Siedlergewalt vertrieben wurden. (Symbolbild)

Kampf um den Frieden - gegen Rüstungsexporte

Aus: Ausgabe vom 03.01.2024, Seite 8 / Inland

KRIEGSWAFFENEXPORTE

»Die Ausfuhren sind nicht transparent«

Im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für 2022 fehlen bestimmte Angaben zu Kleinwaffen. Ein Gespräch mit Susanne Weipert

Interview: Gitta Düperthal

 

Susanne Weipert ist Koordinatorin der Kampagne »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!«

Kurz vor dem »Fest des Friedens«, als das Weihnachten bezeichnet wird, hat das Bundeswirtschaftsministerium den Rüstungsexportbericht 2022 vorgelegt. Herrscht damit nun Klarheit?

Die Genehmigungszahlen für kleine und leichte Waffen und die dazugehörige Munition spiegeln nicht wider, was tatsächlich an Ausfuhren von Handfeuerwaffen insgesamt genehmigt wurde. Im Bericht 2022 taucht nur etwa knapp ein Drittel davon überhaupt als »kleine und leichte Waffen« auf. Die Summe des Wertes dieser genehmigten Exporte ist mit 272 Millionen Euro angegeben. Im Bericht wird nur eine Menge im Wert von etwa 87 Millionen sichtbar.

Können Sie diese Diskrepanz erklären?

Die Definition Deutschlands bzw. der europäischen Länder für kleine und leichte Waffen weicht von der UN-Definition ab. Für etwa zwei Drittel ist nicht nachzuvollziehen, in welche Länder sie gingen. Die Bundesregierung hat in ihren politischen Grundsätzen 2019 verankert, dass Kleinwaffenexporte in Drittstaaten grundsätzlich nicht genehmigt werden sollen. Unklar bleibt also, ob sie sich an ihre selbstgesetzten Einschränkungen hält.

Mit diesen Berichten erfahren wir die Zahlen übrigens immer erst, wenn alles geschehen ist. Nachträgliches Berichten stärkt aber nicht die demokratische Kontrolle. Sie bilden nicht einmal alle Exporte ab, sondern nur die für das aktuelle Jahr genehmigten. Mitunter werden noch Genehmigungen aus Vorjahren genutzt. Die tatsächlichen Ausfuhren sind nicht transparent gelistet.

Hätte es praktisch etwas geändert, wäre der Exportbericht wie zuvor im Sommer erschienen?

 

Nein. Aber mit der Veröffentlichung ihres Berichtes kurz vor Weihnachten hat die Bundesregierung es geschafft, unbequeme Nachfragen zu umgehen. Meldungen dazu verhallen.

Und wozu führt die hiesige Auffassung davon, was unter diesen Begriff fällt?

Nur bestimmte Kleinwaffen wie halb- oder vollautomatische Gewehre gelten nach europäischer Definition als »Kleinwaffen« und in Deutschland als Kriegswaffen, nicht aber Pistolen, Revolver, Scharfschützengewehre: So kann die Bundesregierung von sich selbst behaupten, fast keine in Drittländer zu liefern.

In welche Länder sind Waffenlieferungen aus Ihrer Sicht besonders problematisch?

Übliche Verdächtige sind in der Hinsicht Länder der Mena-Region (Middle East – Nordafrica, Mittlerer Osten und Nordafrika, jW) wie Katar, Saudi-Arabien, die Vereinigten Emirate, Ägypten. Aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Partei Die Linke zu Waffenexporten 2023 geht hervor, dass die Genehmigungen dorthin im Vergleich zu 2022 größten Teils anstiegen. Von einer vermeintlich restriktiveren Rüstungsexportpolitik in diese Region kann keine Rede sein.

Geliefert wird auch an den NATO-Partner Türkei, dessen Militär weiterhin die selbstverwaltete Region in Nordostsyrien angreift.

Für diese völkerrechtswidrigen Angriffe gab es Konsequenzen. 2020 wurden Waffen für 22 Millionen Euro geliefert, 2021 für elf Millionen, 2022 nur für 1,2 Millionen. Die Genehmigungen wurden laut Wirtschaftsministerium für Kooperationsprojekte oder für Lieferungen mit NATO-Bezug erteilt. Diese Entwicklung zeigt, dass die Privilegien für NATO-Partner bei Rüstungsexporten nicht unantastbar sind. Doch sie sollten insgesamt gestrichen werden. Für alle Länder müssen gleiche Kriterien gelten.

Laut der Fachgruppe Rüstungsexporte der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung sind Exporte von Dual-Use-Gütern, die zivil und militärisch nutzbar sind, problematisch, weil Überwachungstechnologie aus EU-Staaten bei Unterdrückungsregimen hoch im Kurs steht.

Auf EU-Ebene wurde geregelt, dass bestimmte Dual-Use-Güter nach Russland nicht mehr geliefert werden dürfen, darunter solche, die zur Herstellung von atomaren, biologischen oder chemischen Waffen genutzt werden können. Genehmigungen oder Exporte von Überwachungstechnologie tauchen im Rüstungsexportbericht nie auf, auch nicht im aktuellen für 2022. Hierfür sollte es eigene Berichte der Bundesregierung geben.

Quelle: junge Welt v.03.01.2024/ sportfotodienst/IMAGO Kleines Kaliber: Anders als in der BRD gefertigte Waffen ist die passende Munition auch andernorts erhältlich

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 29.12.2023, Seite 8 / Abgeschrieben

Israelischer Kriegsdienstverweigerer Tal Mitnick: Es gibt keine militärische Lösung

 

Der 18jährige Tal Mitnick aus Tel Aviv wurde am Dienstag in Israel zu 30 Tagen Gefängnis wegen Verweigerung des Kriegsdienstes verurteilt. In einer über Instagram verbreiteten Erklärung erläutert er seine Entscheidung:

Dieses Land hat ein Problem – es gibt zwei Nationen mit einer unbestreitbaren Verbindung zu diesem Ort. Aber trotz aller Gewalt auf der Welt konnten wir das palästinensische Volk oder seine Verbindung zu diesem Land nicht auslöschen, genausowenig wie das jüdische Volk oder unsere Verbindung zu diesem Land ausgelöscht werden können. Das Problem hier ist die Vorherrschaft, die Überzeugung, dass dieses Land nur einem Volk gehört. Gewalt kann diese Lage nicht lösen, weder von Hamas noch von Israel. Es gibt keine militärische Lösung für ein politisches Problem. Deshalb weigere ich mich, mich einer Armee anzuschließen, die glaubt, dass das eigentliche Problem ignoriert werden kann, unter einer Regierung, die nur die Trauer und den Schmerz fortsetzt.

Am 7. Oktober erlebte die israelische Gesellschaft ein Trauma, wie es in der Geschichte des Landes seinesgleichen sucht. Bei einer schrecklichen Invasion hat die Terrororganisation Hamas Hunderte unschuldige Zivilisten ermordet und Hunderte weitere entführt, Familien wurden in ihren Häusern ermordet, junge Menschen wurden bei einem Rave massakriert, und 240 Menschen wurden in den Gazastreifen entführt. Nach dem terroristischen Angriff begann eine Vergeltungskampagne nicht nur gegen die Hamas, sondern gegen das gesamte palästinensische Volk. Willkürliche Bombardierungen von Wohnvierteln und Flüchtlingslagern in Gaza, volle militärische und politische Unterstützung für die Siedlergewalt im Westjordanland und politische Verfolgung in beispiellosem Ausmaß innerhalb Israels. Die Realität, in der wir leben, ist gewalttätig. Nach Ansicht der Hamas und auch der IDF (die israelischen Streitkräfte, jW) und der politischen Ebene ist Gewalt der einzige Weg. Die Fortsetzung dieses Kreislaufs »Auge um Auge«, ohne über eine tatsächliche Lösung nachzudenken, die uns allen Sicherheit und Freiheit bietet, führt nur zu mehr Töten und Leid.

Ich weigere mich zu glauben, dass mehr Gewalt Sicherheit bringen wird. Ich weigere mich, an einem Rachefeldzug teilzunehmen. Ich bin in einem Zuhause aufgewachsen, in dem das Leben heilig ist, in dem Diskussionen einen hohen Stellenwert haben und in dem Diskurs und Verständnis immer wichtiger sind als gewalttätige Maßnahmen. In der Welt voller korrupter Interessen, in der wir leben, sind Gewalt und Krieg eine weitere Möglichkeit, die Unterstützung für die Regierung zu erhöhen und Kritik zum Schweigen zu bringen. Wir müssen die Tatsache erkennen, dass nach wochenlangen Bodenoperationen in Gaza am Ende – Verhandlungen, eine Einigung die Geiseln zurückbrachten. Es war tatsächlich eine Militäraktion, die zu ihrem Tod führte. Infolge der kriminellen Lüge »in Gaza gibt es keine unschuldigen Zivilisten« wurden sogar Geiseln erschossen, die eine weiße Flagge schwenkten und auf hebräisch riefen. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie viele ähnliche Fälle es gab, die nicht untersucht wurden, weil die Opfer auf der falschen Seite des Zauns geboren wurden. Die Leute, die sagten »keine Verhandlungen mit der Hamas«, lagen einfach falsch. Diplomatie, politische Bemühungen und Politikwechsel sind die einzige Möglichkeit, weitere Zerstörung und Tod auf beiden Seiten zu verhindern.

 

Die Gewalt, die die Armee anwendet und im Laufe der Jahre angewendet hat, schützt uns nicht. Der Kreislauf der Gewalt ist in der Tat ein Kreislauf – die Gewalt der Armee produziert – wie die jeder Armee – mehr Blut. In der Praxis handelt es sich um nichts anderes als eine Armee der Besatzung und deren Erhalt. Im Moment der Wahrheit hat sie die Bewohner des Südens und des ganzen Landes im Stich gelassen. Es ist wichtig, zwischen den einfachen Leuten und den Generälen und eigennützigen Leuten zu unterscheiden, die an der Spitze des Systems sitzen: Keiner der einfachen Leute hat beschlossen, die Hamas zu finanzieren, keiner von uns hat sich dafür entschieden, die Besatzung aufrechtzuerhalten, und keiner von uns hat sich für einen Abzug von Truppen in das Westjordanland Tage vor der Invasion entschieden, weil Siedler beschlossen, in Huwara eine Laubhütte zu bauen. Und jetzt, nach einer langjährigen Politik, die immer zum Scheitern verurteilt war, sind wir diejenigen, die nach Gaza geschickt werden, um zu töten und getötet zu werden. Wir werden nicht ausgesandt, um für den Frieden zu kämpfen, sondern im Namen der Rache. Ich habe mich vor dem Krieg entschieden, die Einberufung zu verweigern, aber seit Kriegsbeginn bin ich mir meiner Entscheidung immer sicherer.

Vor dem Krieg bewachte die Armee Siedlungen, hielt die mörderische Belagerung des Gazastreifens und den Status quo der Apartheid und der jüdischen Vorherrschaft im Land zwischen Jordan und Meer aufrecht. Seit Ausbruch des Krieges haben wir keinen Ruf nach einem echten Politikwechsel im Westjordanland und im Gazastreifen, nach einem Ende der weitverbreiteten Unterdrückung des palästinensischen Volkes und des Blutvergießens oder nach einem gerechten Frieden gehört. Wir sehen das Gegenteil: die Verschärfung der Unterdrückung, die Ausbreitung des Hasses und die Ausweitung der faschistischen politischen Verfolgung in Israel.

Der Wandel wird nicht von korrupten Führern hier oder von den Führern der Hamas ausgehen, die ebenfalls korrupt sind. Es wird von uns kommen – den Menschen beider Nationen. Ich bin von ganzem Herzen davon überzeugt, dass das palästinensische Volk kein böses Volk ist. Genau wie hier, wo die überwiegende Mehrheit der Menschen ein gutes und sicheres Leben führt, einen Ort haben möchte, an dem ihre Kinder nach der Schule spielen und am Ende des Monats über die Runden kommen können, wollen das auch die Palästinenser. Am 7. Oktober lag die Unterstützung für die Hamas in Gaza bei einem Tiefststand von 26 Prozent. Seit dem Ausbruch der Gewalt ist sie deutlich stärker geworden. Um etwas zu ändern, muss eine Alternative geschaffen werden, eine Alternative zur Hamas und eine Alternative zur militaristischen Gesellschaft, in der wir leben.

Der Wandel wird eintreten, wenn wir das viele Jahre andauernde Leiden des palästinensischen Volkes erkennen und erkennen, dass dieses Leiden das Ergebnis der israelischen Politik ist. Mit der Anerkennung müssen auch Gerechtigkeit, Korrektur und der Aufbau einer politischen Infrastruktur einhergehen, die auf Frieden, Freiheit und Gleichheit basiert. Ich möchte mich nicht an der Fortsetzung der Unterdrückung und der Fortsetzung des Kreislaufs von Blutvergießen beteiligen, sondern mich direkt für eine Lösung einsetzen, und deshalb verweigere ich. Ich liebe dieses Land und die Menschen hier, denn es ist meine Heimat. Ich bringe Opfer und arbeite, damit dieses Land ein Land wird, in dem andere respektiert werden und in dem man in Würde leben kann. (Übersetzung: jW)

Quelle: junge Welt v.28.12.2023/ Ammar Awad/REUTERS

Israelischer Protest gegen die ultrarechte Netanjahu-Regierung (Tel Aviv, 23.12.2023)

 Friedenskampf

Aus: Ausgabe vom 27.12.2023, Seite 2 / Inland

ZIVILKLAUSEL UNTER BESCHUSS

»Eine Blaupause für ganz Deutschland«

Hessen: Neue Regierung plant Militarisierung der Hochschulen. Selbstverpflichtungen sollen überprüft werden. Ein Gespräch mit Chris Hüppmeier

Interview: Milan Nowak

 

Chris Hüppmeier ist im »Arbeitskreis Zivilklausel« an der Universität Kassel

Wieso sehen Sie die Zivilklauseln an hessischen Hochschulen bedroht?

Nachdem die Zivilklauseln, die an über 70 Wissenschaftseinrichtungen bundesweit verankert sind, schon oft medial attackiert worden ist, will nun Hessens Ministerpräsident Boris Rhein, CDU, Taten folgen lassen. Im Koalitionsvertrag wird die »Überprüfung« der Zivilklauseln erwogen. Ein militaristischer Eingriff in die demokratische Selbstverwaltung der Hochschulen – in der Geschichte der Bundesrepublik ein absolutes Novum!

Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD argumentiert, die Überprüfung der Zivilklauseln sei im Sinne der Wissenschaftsfreiheit.

Zivilklauseln sind Resultate demokratischer Willensbildung an den Hochschulen; von Forschenden, Studierenden und Lehrenden erstritten und in gewählten Gremien beschlossen. Das von oben zu negieren hat nichts mit Wissenschaftsfreiheit zu tun!

Die Selbstverpflichtung, nur zu friedlichen Zwecken zu forschen, ist eine Konsequenz aus der Beteiligung der Wissenschaften am Zweiten Weltkrieg und Holocaust. Wissenschaftsfreiheit gibt es nicht ohne die Friedensfinalität des Grundgesetzes, das Sozialstaatsprinzip und die Menschenwürde. Für diese Freiheit stehen die Zivilklauseln: Lehre und Forschung in sozialer Verantwortung.

Was bezweckt die Landesregierung?

 

Sie will den Friedensbegriff verkehren: Die institutionalisierte, konformistische Friedens- und Konfliktforschung soll mit Rüstungsforschung und Wirtschaftsinteressen Hand in Hand gehen. Die Hochschulen werden weiter neoliberal ökonomisiert, nun unter militaristischem Vorzeichen. Derweil ist die öffentliche Hochschullandschaft in desolatem Zustand. In Marburg stürzte jüngst eine Hörsaaldecke ein. Es gibt bundesweit einen Sanierungsstau von über 60 Milliarden Euro. Fachbereiche, die sich nicht anbiedern können an Drittmittelgeber, gehen bankrott. Prekäre Arbeit ist Alltag für Mittelbau und studentische Hilfskräfte. Die psychosoziale Lage der Studierenden spitzt sich durch Krieg, Energiekrise und Inflation weiter zu. Dem stehen aber keine 100 Milliarden Euro Sondervermögen gegenüber. Statt dessen halten Rüstungsforschung, Rüstungsindustrie und Militär Einzug in die Unis. Das verhindert Wissenschaft für eine zukunfts- und gemeinwohlorientierte Entwicklung.

In Rüstungsbetrieben wird teils über Rüstungskonversion diskutiert, die Umwandlung militärischer in zivile Produktion. Braucht es so etwas auch an den Hochschulen?

Es braucht eine Debatte über gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaftlern! Friedensforscher Werner Ruf schlägt eine Art hippokratischen Eid für Forscher vor. Kriegswissenschaft will das genaue Gegenteil. Man soll brav im Labor forschen, ohne die Folgen mitzudenken. Doch wie einst Wolfgang Borchert sagte: »Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins: Sag nein!«

Was tut Ihre Initiative, um die Zivilklauseln zu schützen?

Unser Aufruf hat schon über 300 Unterschriften: Professoren, Lehrende, Studierende, Gewerkschafter und Friedensbewegte. Auch die Landes-ASten-Konferenz in Hessen unterstützt den Aufruf als Erstunterzeichner. Wir fördern die Debatte an den Hochschulen. Für die hessen- und bundesweite Vernetzung planen wir Mitte März einen zweiten Zivilklauselkongress.

Wo in Hessen sind Sie schon aktiv, und wie kann man Sie unterstützen?

Wir sind an vielen Unistandorten aktiv: Frankfurt, Kassel, Darmstadt, Gießen, Marburg und Fulda. Unterstützt uns, indem ihr den Aufruf unterschreibt! Überall, wo es um Wissenschaft geht, ist die Zivilklausel relevant – sprecht darüber!

Die Kämpfe in Hessen sind eine Blaupause für ganz Deutschland. Wenn in Thüringen nach den Landtagswahlen ein Rechtsruck droht, gerät dort die Zivilklausel im Landeshochschulgesetz in Gefahr. Die Hochschulen müssen sich gegen den autoritären Umbau wehren!

Worauf kann Boris Rhein sich 2024 einstellen?

Die »Zeitwende«-Akteure unterschätzen, dass es immer noch ein starkes Friedensbewusstsein gibt. Rhein wird das erleben – vielleicht schon am 18. Januar zu seiner Vereidigung.

Quelle: junge Welt v.27.12.2023/ Bild Markus Farnung/Philipps-Universität Marburg/dpa

Gefahrenquelle Unterfinanzierung: Ob mit aktiver Rüstungsforschung dieses Hörsaaldach der Uni Marburg nicht eingestürzt wäre? (4.12.2023)

Kampf um den Frieden

Papst Franziskus kritisiert Waffenindustrie: Interessen und Profite verhindern Frieden

26 Dez. 2023 16:27 Uhr

Papst Franziskus hat in seiner traditionellen Weihnachtsbotschaft am Montag den Umgang mit der Waffenindustrie scharf zurechtgewiesen. Es könne keinen Frieden geben, wenn die Produktion, der Verkauf und der Handel von Waffen weiter zunähmen, sagte er.

Dabei bezog er sich auf die öffentlichen Gelder, die dafür ausgegeben werden.

https://odysee.com/

 

"Es sollte darüber gesprochen und geschrieben werden, damit die Interessen und Profite bekannt werden, derentwegen die Fäden der Kriege gezogen werden", so Papst Franziskus.

Quelle: Rt.26.12.2023 / Bild GeFiS-Archiv

Kampf für den Frieden!!! - 25.11.2023- Berlin

Es ist Zeit, dass wir Bürgerinnen und Bürger uns wieder stärker in die politische Auseinandersetzung einmischen. Deshalb rufen wir auf, am 25.11.2023-am Samstag vor der Verabschiedung des Bundeshaushaltes- gemeinsam für den Frieden und Abrüstung, Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine und Friedensverhandlungen zu demonstrieren.

 

Wir von der Gesellschaft für Frieden und internationalen Solidarität (GeFiS) unterstützen diese Friedensaktion.

Friedenskampf

Aus: Ausgabe vom 22.12.2023, Seite 8 / Abgeschrieben

DFG-VK: Zwangsrekrutierung ist Akt der Gewalt

Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) protestierte am Donnerstag gegen die Pläne von Teilen der Bundesregierung, die Wehrpflicht zu reaktivieren:

Einmal mehr wirbt SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius aktuell für eine Reaktivierung der Wehrpflicht – diesmal nach dem sogenannten Schwedischen Modell. Danach sollen durchweg alle jungen Frauen und Männer gemustert werden und danach ein Teil von diesen einen Grundwehrdienst ableisten. Finden sich darunter nicht genügend Freiwillige, die zum Militär gehen wollen, soll Zwang angewendet werden. (…)

Die DFG-VK stellt sich gegen den Vorstoß des Verteidigungsministers: »Boris Pistorius will alle Nichtvolljährigen dazu zwingen, sich vor fremden Menschen zu entblößen und teils demütigende Untersuchungen über sich ergehen zu lassen«, kommentiert Ralf Buchterkirchen, Bundessprecher der DFG-VK, den Plan der Musterungen. »Die Wehrpflicht ist aus gutem Grund ausgesetzt und muss das auch bleiben: Junge Menschen müssen ihr Leben frei gestalten können, statt in staatliche Geiselhaft genommen und dazu verdonnert zu werden, das Morden von Menschen zu erlernen«, so Buchterkirchen. (…)

Laut der Friedensorganisation, die zu Zeiten der Wehrpflicht Hunderttausende junge Männer über die Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung beraten hat, müsse statt einer Reaktivierung der Wehrpflicht vielmehr über die aktuelle Sicherheitspolitik diskutiert werden: »Die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene militärische Zeitenwende wird die sicherheitspolitische Lage lediglich verschärfen«, konstatiert Elvin Çetin von der DFG-VK. »Wir brauchen Verhandlungen auf internationaler Ebene, Diplomatie sowie langfristig auch Abrüstungsverträge – gerade bewegen die Militärs und Nationalisten die Welt Richtung Abgrund«, so Çetin – und weiter: »Nur Abrüstung schafft Sicherheit!« Eine Reaktivierung der Wehrpflicht würde die weltweite Aufrüstungsspirale weiter anheizen: »Die Welt muss gerade aber friedlicher statt noch militärischer werden«, ist Elvin Çetin überzeugt. »Wir werden im Ernstfall alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen, um junge Menschen vor der Wehrpflicht zu bewahren«, so die DFG-VK-Mitarbeiterin. Jede Zwangsrekrutierung ist in den Augen der DFG-VK eine Menschenrechtsverletzung und ein Akt der Gewalt.

Quelle: junge welt v.22.12.2023/ Grundausbildung von Wehrpflichtigen 2005 in Schwarzenborn, Hessen

Friedenskampf - Papst macht Ansage!!!

"Das ist Terrorismus" – Papst Franziskus verurteilt israelische Tötungen von Zivilisten

18 Dez. 2023 13:05 Uhr

Er sprach angesichts der Beschießung der Pfarreigebäude in Gaza von "sehr schwerwiegenden und schmerzhaften Nachrichten" und betonte, dass sich auf dem Gelände "keine Terroristen, sondern Familien, Kranke, Kinder, Behinderte und Ordensfrauen" befunden hätten. "Das Haus der Nonnen von Mutter Teresa wurde beschädigt, ihr Generator getroffen. Manche sagen: 'Das ist Terrorismus, das ist Krieg.' Ja, es ist Krieg, es ist Terrorismus", sagte der Papst am Sonntag.

Am Samstag hatten israelische Militärs die Gebäude der Pfarrei unter Beschuss genommen und dabei zwei Menschen getötet und mehrere verletzt. Nach israelischen Angaben soll sich auf dem Gelände ein Raketenwerfer befunden haben.

https://odysee.com/

Quelle: RT.v18.12.2023

 

12.12.
2023

Mahnwache für den Frieden

Am Dienstag den 12.12.2023 haben die Mitglieder und Unterstützer des Rostocker Friedensbündnis (auch der GeFiS), die Mahnwache in Rostock-Warnemünde, vor dem Kirchenplatz gegen das Weihnachtskonzert der Bundesmarine in der Kirche durchgeführt.

Unsere Friedensaktion fand bei Bevölkerung und Gästen, die gerade vor Ort anwesend waren, durchweg Zustimmung. In zahlreichen Gesprächen wurde u.a. die einseitige Berichterstattung der Medien kritisiert, die fehlende Auseinandersetzung mit allen Fakten die zu der aktuellen Situation in der Ukraine und in Palästina geführt haben. Ebenso wurde die Militarisierung der Gesellschaft kritisiert und die große Angst vor einem Weltkrieg mit dem Einsatz von Atomwaffen, wo es nach der Meinung der Gesprächspartner, nur Verlierer geben wird.

Quelle GeFiS-Archiv 12.12.2023

 

Mahnwache für den Frieden in Rostock

Das Rostocker Friedensbündnis und die Unterstützer des GeFiS e.V. rufen alle friedliebenden Menschen auf, sich an den Mahnwache am 12.12.2023 in Rostock-Warnemünde zu beteiligen.

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

morgen will das Marinemusikkorps Kiel in der Evangelischen Kirche Rostock-Warnemünde ein Adventskonzert spielen.

Wie passt ein Militärkonzert mit der christlichen Weihnachtsbotschaft „Friede auf Erden“ zusammen? Die Zusammenarbeit von Kirche und Militär hat eine unselige Tradition, gerade in Kriegszeiten. Wir sagen gerade jetzt: Die Kirche soll die Weihnachtsbotschaft verkünden. Sie soll nicht ihre Räume dem Militär überlassen und ihre Autorität bei den Gläubigen nicht mit dem Militär teilen.

Wir organisieren ab 18.30 Uhr auf den Bürgersteigen halbrund um den Warnemünder Weihnachtsmarkt eine Mahnwache. Mit Transparenten, Flyern und Musik werden wir unserer Forderung „Kirche und Militär – die Zusammenarbeit beenden!“ Nachdruck verleihen.

Herzlich willkommen!

Anmelderinnen und Anmelder der Demonstrationen der sich selbst so nennenden „Friedensbewegung Rostock“, einer Gruppierung der Querdenken-Bewegung, sind von der Teilnahme an dieser Versammlung ausgeschlossen.

Mit den besten Grüßen

Rostocker Friedensbündnis

--  
Rostocker Friedensbündnis (gemeinsames Postfach)
http://www.rostocker-friedensbuendnis.de

 

Quelle: Rostocker Friedensbündnis

18
JUN
2019

Kampf um den Frieden

 Mit einer unter schwierigen Wetterverhältnissen (Schneetreiben) stattgefundenen Protestaktion des Rostocker Friedensbündnis mit der Deutschen Friedensgesellschaft und der Unterstützung des GeFiS e.V., wurde vor dem Rostocker Hauptbahnhof (Nordseiten) gegen den Krieg in der Ukraine und dem völkerrechtswidrigen Vernichtungskrieg der israelischen Regierung gegenüber den Palästinensern, protestiert. Auch wenn durch den berechtigten Streik der Bahnmitarbeiter viele Bahnreisende den Bahnhof wie sonst nicht nutzten, fanden einige Bürger unsere Protestaktion unterstützenswert und kritisierten bzw. verurteilten die Politik der Bundesregierung gegenüber der Ukraine und Israel, indem nicht nur Kriegsmaterial in die Krisengebiete versendet werden und das Militär der Ukraine in der BRD ausgebildet wird. Es wurde mehrfach verurteilt, dass die Bundesregierung sich weigert, dass Mittel der Diplomatie zu Schaffung des Friedens in den Krisengebieten anzuwenden, und lieber weiterhin mit Waffenlieferung sich mitschuldig am Blutvergießen in den Krisengebieten macht.

 

Quelle: GeFiS-Archiv v.08.12.2023

 Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 27.11.2023, Seite 4 / Inland

FRIEDENSBEWEGUNG

Für den Frieden in die Kälte

Berlin: Tausende bei Kundgebung und Demo. Kampfansage an Kriegs- und Aufrüstungskurs. Friedensbewegung vor großen Herausforderungen

Von Nico Popp

 

Am Ende streikte die Technik: Als die letzte Rednerin ein paar Sätze gesagt hatte, waren die Lautsprecher auf einmal ohne Strom, und die Bühne lag im Dunkeln. Viele Menschen, die am Sonnabend um 13 Uhr zu der Friedenskundgebung auf der Westseite des Brandenburger Tors gekommen waren und die kurze Demo durch das Regierungsviertel mitgemacht hatten, waren zu diesem Zeitpunkt schon wieder auf dem Weg nach Hause. Die, die nach mehr als drei Stunden bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt und einbrechender Dunkelheit noch ausharrten, überbrückten die technische Panne mit dem Absingen des Protestsongs »We shall overcome«.

Die Demonstration unter dem Motto »Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten« war nach der bundesweiten Demo im Februar der zweite größere Versuch der unverändert am Boden liegenden deutschen Friedensbewegung, angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine, des Kriegs- und Aufrüstungskurses der Bundesregierung und nun auch der aktuellen Zuspitzung im Nahen Osten wieder Präsenz auf den Straßen zu zeigen. Diesmal kamen weniger Menschen als im Februar – aber wenn man, wie das am Sonnabend von verschiedenen Rednern betont wurde, in dieser Demonstration vor allem einen Anfang sieht, dann war der Zuspruch unter dem Strich eher ermutigend. Hier ist auch zu vermerken, dass es diesmal keine Versuche von rechts gab, sich in die Demo zu drängen. Die Organisatoren hatten vorab klargestellt, dass »Rassismus, Antisemitismus, Faschismus und alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« bei dieser Veranstaltung »keinen Platz« haben.

Die Veranstalter, die mehr als 20.000 Teilnehmer gezählt haben (die Polizei nannte 10.000), zeigten sich in einer Mitteilung am Nachmittag zufrieden mit dem »großartigen Erfolg«. Der Tag zeige, dass die Friedensbewegung stärker werde: »Das ermutigt uns, mit noch mehr Engagement weiterzumachen.« Die Bundesregierung müsse sich für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine und auch im Nahen Osten einsetzen. Mit Blick auf die Lage in Deutschland hieß es weiter: »Wir lassen uns keinen Rückfall in deutsche ›Kriegstüchtigkeit‹ aufzwingen und wenden uns entschieden gegen Hetze und Feindbildkonstruktionen von Minister Pistorius und sogenannter Experten vom Schlage Masala und Münkler

Die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht, die am Sonnabend gleich zu Beginn der Kundgebung sprach, bezeichnete die Forderung von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), Deutschland müsse »kriegstüchtig« werden, als »blanken Wahnsinn«. »Was ist nur aus dieser Partei Willy Brandts geworden«, rief sie aus. Wagenknecht kritisierte unter anderem die soeben erfolgte Aufstockung der für Waffenlieferungen an die Ukraine vorgesehenen Milliardensumme. Bei den Grünen sei kaum mehr vorstellbar, dass die Partei einmal aus der Friedensbewegung hervorgegangen sei. Mit Blick auf Außenministerin Annalena Baerbock sagte sie, »diese Frau« habe kürzlich erklärt, es sei nicht Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass die Waffen schweigen. Wagenknecht nannte das eine »Absurdität«. Vor dem Hintergrund der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen erklärte Wagenknecht, die besondere deutsche Verantwortung für jüdisches Leben und das Existenzrecht Israels »verpflichtet uns nicht, die rücksichtslose Kriegführung der Regierung Netanjahu als Selbstverteidigung schönzureden und zu unterstützen«.

 

Nach Wagenknecht sprach die Journalistin Gabriele Krone-Schmalz. Sie wolle das »ungenierte Kriegsgeschrei« nicht mehr hinnehmen und habe den Eindruck, dass sich die Mehrheit der Menschen weniger Kriegsrhetorik und »mehr ernstzunehmende diplomatische Aktivitäten« wünsche. »Unsere Demokratie wird nicht in der Ukraine verteidigt – genauso wenig wie damals am Hindukusch«, sagte Krone-Schmalz. Dieser Kampf finde »innerhalb unserer Landesgrenzen« statt. Dafür erhielt sie viel Applaus – auch, als sie die Hoffnung äußerte, dass junge Menschen, die derzeit mit großem Engagement gegen den Klimawandel auftreten, »das Thema Frieden entdecken«.

Nach den beiden Genannten sprachen am Sonnabend der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Müller, der ehemalige UN-Diplomat Michael von der Schulenburg, Iris Hefets von der »Jüdischen Stimme« für einen gerechten Frieden in Nahost sowie die Anwältin Nadija Samour.

Hinsichtlich der Mobilisierung lief diesmal manches anders als im Februar. Es gab in den großen Medien keine wilde Kampagne gegen die Veranstaltung und ihre angeblich »rechtsoffenen« Organisatoren; vielmehr wurde die Demo diesmal totgeschwiegen. Auch die Linkspartei, deren Führung sich im Februar an der Gegenkampagne beteiligt und aktiv demobilisiert hatte, agierte flexibler. Während die Führungsebene des Berliner Landesverbandes keinen Finger rührte, um für die Demo zu mobilisieren, tolerierte die Bundesspitze die Mobilisierung aus einzelnen Basisorganisationen und Kreisverbänden sowie die Unterstützung des ursprünglichen Aufrufs durch prominente Mitglieder der Partei. Einer der stellvertretenden Parteivorsitzenden – Ates Gürpinar – sprach bei der Abschlusskundgebung. Die Parteiführung gab wenige Tage vor der Demo auch noch einen eigenen Aufruf heraus.

Ein Faktor bei dieser modifizierten Positionierung dürfte die Überlegung sein, dass jenen Genossinnen und Genossen, die mit der Partei wegen ihrer Rolle in der Kampagne gegen die Februardemo weiterhin hadern, etwas vorgewiesen werden muss. Das kann im Januar, wenn viele sich die Frage stellen werden, ob sie sich der neuen »Wagenknecht-Partei« anschließen oder doch in der Linkspartei bleiben, noch wichtig werden.

In den Gewerkschaftsführungen gibt man sich mit solchen taktischen Feinheiten nicht ab. Die Gewerkschaften standen am Sonnabend einmal mehr abseits. Sie riefen nicht zu der Demo auf, und bei den aus dem gewerkschaftlichen Spektrum kommenden Einzelunterzeichnern des ursprünglichen Aufrufs handelt es sich überwiegend um ehemalige Funktionäre.

Und noch etwas anderes fiel am Sonnabend auf: Abgesehen von einem Block der Föderation der Demokratischen Arbeitervereine (DIDF) gab es nahezu keine sichtbare Beteiligung migrantischer Organisationen an dieser Demonstration. Eine Friedensbewegung, die die Bevölkerung tatsächlich erreichen und Massen auf die Straße bringen will, wird daran arbeiten müssen, dass sich das ändert.

 

Quelle: junge welt v.27.11.2023/ Christian Ditsch/epd

Zwischen 10.000 und 20.000 Menschen folgten dem Aufruf zum Protest am Brandenburger Tor in Berlin

 

21.11.
2023

Kampf für den Frieden

Wie Netanjahu die Nachrichten verfälscht

von Thierry Meyssan

Wir glauben im Westen, dass wir über die Geschehnisse in Gaza gut informiert sind. Dies ist nicht der Fall. Die Bilder, die wir sehen, werden ausgewählt. Die Kommentare, die wir hören, erlauben uns nicht, sie zu verstehen. Sie führen uns absichtlich in die Irre. Jede abweichende Meinung wird zensiert.

VOLTAIRE NETZWERK | PARIS (FRANKREICH) | 21. NOVEMBER 2023

ΕΛΛΗΝΙΚΆ ENGLISH ESPAÑOL FRANÇAIS ITALIANO NEDERLANDS РУССКИЙ

 

Foto von einem israelischen Bomber aufgenommen.

Wie alle Kriege ist auch der Krieg zwischen dem Staat Israel und der palästinensischen Bevölkerung Gegenstand einer Medienschlacht. Der palästinensische Widerstand braucht die Geschichte der Ungerechtigkeit, gegen die er kämpft, nicht zu erzählen: Man muss nur hinschauen, um sie zu sehen. Vielmehr zielt er darauf ab, diesen oder jenen Teil des Widerstandes zu verherrlichen. Israel hingegen muss die Menschen von seinem guten Willen überzeugen, was nach einem Dreivierteljahrhundert der Verletzung des Völkerrechts keine leichte Aufgabe ist.

VOR DEM ANGRIFF

Seit dem Angriff des palästinensischen Widerstands am 7. Oktober 2023 hat Israel alle seine Dienste eingesetzt, um uns glauben zu machen, dass es sich bei diesem Angriff um eine Operation der Hamas-Dschihadisten handelt; und dass Israel nichts von ihren Vorbereitungen wusste.

Die Rolle der Hamas

Dieser Angriff wurde jedoch von allen palästinensischen Fraktionen mit Ausnahme der Fatah verübt [1]. Noch bis vor kurzem definierte sich die Hamas als "palästinensischer Zweig der Muslimbruderschaft", wie es in all ihren Dokumenten steht. In dieser Funktion kämpfte sie gegen die Laizisten von Jassir Arafats Fatah und George Habachs PFLP und dann auch gegen die der Arabischen Republik Syrien von Präsident Baschar al-Assad. Sie alle waren in ihren Augen "Feinde Gottes". Die Hamas wurde von Israel finanziert, und in Syrien wurden ihre Kämpfer von Mossad- und NATO-Offizieren überwacht. Nach dem Scheitern der Muslimbruderschaft in Ägypten und ihrer Niederlage in Syrien spaltete sich die Hamas jedoch in einen loyalen Teil der Muslimbruderschaft, angeführt von Khaled Meshaal, der immer noch die Errichtung eines globalen Kalifats anstrebt, und einen anderen, der sich wieder auf die Befreiung Palästinas konzentrierte. Diese zweite vom Iran initiierte Tendenz erneuerte die Beziehungen zu Syrien, bis dessen Führer Khalil Hayya von Präsident Baschar al-Assad in Damaskus empfangen wurde. Sie hat sich auch wieder mit der libanesischen Hisbollah versöhnt und ist sogar so weit gegangen, in Beirut an Treffen mit ihr und den anderen Teilen des palästinensischen Widerstands teilzunehmen.

 

Der syrische Präsident Baschar al-Assad empfängt Khalil Hayya am 19. Oktober 2022 in Damaskus.

Alle Komponenten des palästinensischen Widerstands hatten sich darauf geeinigt, eine "Faustschlag"-Operation durchzuführen, um israelische Zivilisten und Soldaten zu entführen und sie gegen palästinensische Zivilisten und Kämpfer auszutauschen, die in Israel festgehalten werden. Das Datum des 7. Oktober wurde allein von der Hamas gewählt, und die anderen palästinensischen Fraktionen wurden erst wenige Stunden vorher informiert. Darüber hinaus waren die Hamas-Kämpfer im Vergleich zu den Marxisten der PFLP und den Mitgliedern der Achse des Widerstands (die mit dem Iran verbündet sind), dem Islamischen Dschihad, in der Mehrheit.

 

Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah empfing die Nummer zwei der Hamas, Saleh el-Arouri und den Führer des Islamischen Dschihad, Ziad el-Nakhala.

Das offene Geheimnis der Operation vom 7. Oktober

Die schlagartige Operation war bei einem Koordinierungstreffen im Mai in Beirut geplant worden. Die libanesische Presse hatte darüber berichtet. Obwohl das Prinzip, die Ziele und der Modus Operandi festgelegt waren, wusste niemand, wann sie stattfinden würde.

Ägyptens Geheimdienste waren die ersten, die Alarm schlugen. Sie unterstützen den palästinensischen Widerstand, bekämpfen aber die Hamas, ohne zwischen ihren beiden Strömungen unterscheiden zu können. Sie sorgten sich nicht um den möglichen Erfolg des palästinensischen Widerstands, sondern um die Muslimbruderschaft. Der Geheimdienstminister Kamal Abbas warnte persönlich seine israelischen Amtskollegen [2].

Oberst Yigal Carmon, Direktor des Middle East Media Research Institute (MEMRI), informierte seinen Freund, Premierminister Benjamin Netanjahu, persönlich, dass etwas im Gange sei. Seiner Meinung nach, hörte dieser jedoch nicht auf ihn [3].

Die Central Intelligence Agency (CIA) hat zwei Berichte über die Vorbereitung dieses Anschlags erstellt. Nach Angaben der New York Times wurde die zweite, datiert auf den 5. Oktober, an die israelischen Behörden geschickt. Laut Corriere della Sera berief der Direktor des Shin Bet (Spionageabwehr) dann am 7. um 8 Uhr morgens ein Treffen der zentralen Direktoren aller Sicherheitsdienste ein.

Israelische Beamte hatten jedoch Zeit, die außergewöhnliche Rave-Party direkt an die Grenze zu Gaza zu verlegen und den Kräften, die mit dem Schutz beauftragt waren, einen freien Tag zu geben [4]

Heute sind viele Familien der Geiseln davon überzeugt, dass Benjamin Netanjahu dies zugelassen hat, um eine Rechtfertigung für die Operation zu haben, die er gegen die Menschen in Gaza durchführt.

NACH DEM ANGRIFF

Seit dem 7. Oktober versucht Israel, uns glauben zu machen, dass:
 der palästinensische Widerstand als Ganzes nichts anderes ist als ein Haufen Dschihadisten;
 die Menschen, die das palästinensische Volk unterstützen, Antisemiten sind;

IDF-Videobearbeitung

Die israelischen Streitkräfte (IDF) haben eine Videomontage aus den Aufnahmen der Angreifer, der Überwachungskameras und der von ihnen gemachten Aufnahmen angefertigt. Diese Montage zielt darauf ab, die Menschen davon zu überzeugen, dass der palästinensische Widerstand ein Haufen antisemitischer Barbaren ist. Sie zeigt unerträgliche Szenen einer Familie, deren Vater vor den Augen seiner Kinder ermordet wird. Sie zeigt einen Dschihadisten, der versucht, einer Leiche mit einer Schaufel den Kopf abzuschlagen. Aber es gab keine Vergewaltigung oder Zerstückelung. Es gibt auch verkohlte Leichen, von denen der Betrachter glaubt, dass sie durch die Widerstandskämpfern verbrannt wurden. In Wirklichkeit waren sie das Ziel der Luft-Boden-Raketen der israelischen Armee, die kamen, um die Angreifer zu verhaften. Die "Hannibal-Direktive" erklärt tatsächlich, dass die Soldaten die "Terroristen" töten sollen, ohne sich um israelische Kollateralopfer zu sorgen.

Diese Montage wurde von Mitgliedern der Knesset, dann des US-Kongresses, angesehen, bevor sie in den verschiedenen Parlamenten der NATO-Mitgliedstaaten gezeigt wurde. Nur das belgische Parlament weigerte sich, diese Propaganda ohne externe Expertise zu sehen. Darüber hinaus wurde der Film ausgewählten Journalisten in den verschiedenen Hauptstädten gezeigt.

Die israelischen Behörden haben der Öffentlichkeit nur die folgenden 10 Minuten gezeigt. Sie sagten, dass sie aus Respekt vor den Opfern nicht die gesamte Montage der Öffentlichkeit zugänglich machen wollten. Aber wie sollte ein reduziertes Publikum respektvoller sein? In Wirklichkeit geht es darum, zu verhindern, dass Spezialisten ihre Täuschung anprangern, indem sie sich fragen, wer die einzelnen Opfer getötet hat.

Proteste gegen Antisemitismus

Um die westliche Öffentlichkeit für ihre Sache zu gewinnen und das in Gaza verübte Massaker zu relativieren, ruft Israel im ganzen Westen zu Unterstützungsdemonstrationen auf. Da es unmöglich wäre, live auf den Fernsehbildschirmen zur Unterstützung einer Armee aufzurufen, die Völkermord praktiziert, schlägt der Mossad Demonstrationen gegen den Antisemitismus vor, den die Hamas an den Tag gelegt hat.

Die Hamas ist aber von der Ideologie der Muslimbruderschaft durchdrungen. Sie vertritt einen sunnitischen Suprematismus. Lange Zeit kämpfte sie vor allem gegen schiitische und drusische Muslime. Sie war sicherlich antisemitisch, aber so wie sie auch gegen alle anderen muslimischen Glaubensrichtungen und alle anderen Religionen war, nicht mehr und nicht weniger.

So hat der Mossad manchmal ein anderes Argument verwendet: Arabische Einwanderer unterstützen die Hamas und seien deshalb antisemitisch. Die europäischen Staaten sollten Maßnahmen ergreifen, um ihre jüdische Bevölkerung zu schützen.

Die Demonstration in Washington prangerte vor allem die vermeintliche Barbarei der Hamas an, während die Demonstration in Paris den Kampf gegen Antisemitismus in den Vordergrund stellte. Aber keine von beiden war ein Erfolg. Die in Washington wurde von vielen jüdischen Vereinigungen boykottiert. Sie konnte nur 200 000 Leute versammeln, hauptsächlich christliche Zionisten. Die Leute kamen mehr, um den Fernsehprediger John Hagee zu hören, als um den Präsidenten des Staates Israel, Isaac Herzog zu sehen. Die Pariser Demonstration wurde von den Präsidenten der beiden Parlamente und allen ihren Vorgängern, von der Premierministerin und allen ihren Vorgängern sowie dem Präsidenten des Verfassungsrates und seinen Vorgängern eröffnet. Aber hinter ihnen gab es nur einige zehntausend Demonstranten. Zwei namhafte Abwesende: die Außenminister Roland Dumas (auch ehemaliger Präsident des Verfassungsrates) und Dominique de Villepin (ebenfalls ehemaliger Premierminister). Sie haben sich als Widerstand gegen den Imperialismus und damit gegen die Regierungen der USA und Israels hervorgetan.

Seit Jahrzehnten wirft Israel Antisemiten vor, sich hinter einer Antizionismus-Fassade zu verstecken. Nach und nach verschmilzt es die beiden Konzepte. Der europäische Antisemitismus ist eine Form der Fremdenfeindlichkeit, die unter dem Römischen Reich begann, sich unter der katholischen Kirche fortsetzte und unter dem Nationalsozialismus weiterging. Er besteht darin, sukzessive alle Juden kollektiv des Aufstandes zu beschuldigen, Christus getötet oder die arische Rasse entartet zu haben. Antizionismus hingegen ist eine politische Ansicht, dass jüdischer Nationalismus nicht in den Dienst eines kolonialen Projekts gestellt werden soll. Heute sind die meisten amerikanischen Juden antizionistisch, während die Mehrheit der europäischen Juden zionistisch ist.

Der französische Senator Stéphane Le Rudulier (LR; les républicains) hat gerade einen Gesetzentwurf eingebracht, der darauf abzielt, die Strafen für Beleidigung, Aufstachelung zu Hass oder Gewalt zu erhöhen, wenn sie sich gegen den Staat Israel richten. Abgesehen von der Tatsache, dass es schwer vorstellbar ist, dass diese Anschuldigungen in diesem Fall schwerwiegender sein sollten als in anderen, wird man sich daran erinnern, dass die Welt 1975 durch eine Debatte über das Wesen des Zionismus aufgewühlt wurde. Die Organisation für Afrikanische Einheit bekräftigte, dass "das rassistische Regime im besetzten Palästina und das rassistische Regime in Simbabwe und Südafrika einen gemeinsamen imperialistischen Ursprung haben, dass sie ein Ganzes bilden und die gleiche rassistische Struktur haben, und dass sie in ihrer Politik der Unterdrückung der Würde und Integrität des Menschen organisch miteinander verbunden sind". In ähnlicher Weise bezeichnete die Organisation der Blockfreien Staaten den Zionismus als "eine Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit der Welt und rief alle Länder auf, sich dieser rassistischen und imperialistischen Ideologie zu widersetzen". Schließlich verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution, in der der Zionismus als "eine Form von Rassismus und Rassendiskriminierung" bezeichnet wird [5].

Lediglich die UN-Resolution wurde 1991 aufgehoben, um Israel bei der Umsetzung der Resolutionen der Madrider Palästina-Konferenz zu unterstützen. Die beiden anderen Texte sind nach wie vor in Kraft, und angesichts der Nichtumsetzung der Madrider Beschlüsse durch Israel ist wie bei allen internationalen Texten zu Palästina mehrfach die Frage der Wiedereinsetzung der Resolution 3379 aufgeworfen worden.

DIE INSZENIERUNG DES AL-SHIFA-KRANKENHAUSES

In diesem Zusammenhang inszenierte die IDF die Entdeckung des militärischen Hauptquartiers der Hamas unter dem größten Krankenhaus des Gazastreifens. Ein Pressesprecher teilte uns mit, dass am Tatort Waffen gefunden worden seien und dass mit Hilfe eines an einem Stuhlbein befestigten Seils Geiseln in einem unterirdischen Bunker untergebracht worden seien.

ΕΛΛΗΝΙΚΆ ENGLISH ESPAÑOL FRANÇAIS ITALIANO NEDERLANDS РУССКИЙ

 

 

Foto von einem israelischen Bomber aufgenommen.

Wie alle Kriege ist auch der Krieg zwischen dem Staat Israel und der palästinensischen Bevölkerung Gegenstand einer Medienschlacht. Der palästinensische Widerstand braucht die Geschichte der Ungerechtigkeit, gegen die er kämpft, nicht zu erzählen: Man muss nur hinschauen, um sie zu sehen. Vielmehr zielt er darauf ab, diesen oder jenen Teil des Widerstandes zu verherrlichen. Israel hingegen muss die Menschen von seinem guten Willen überzeugen, was nach einem Dreivierteljahrhundert der Verletzung des Völkerrechts keine leichte Aufgabe ist.

 

VOR DEM ANGRIFF

Seit dem Angriff des palästinensischen Widerstands am 7. Oktober 2023 hat Israel alle seine Dienste eingesetzt, um uns glauben zu machen, dass es sich bei diesem Angriff um eine Operation der Hamas-Dschihadisten handelt; und dass Israel nichts von ihren Vorbereitungen wusste.

 

Die Rolle der Hamas

 

Dieser Angriff wurde jedoch von allen palästinensischen Fraktionen mit Ausnahme der Fatah verübt [1]. Noch bis vor kurzem definierte sich die Hamas als "palästinensischer Zweig der Muslimbruderschaft", wie es in all ihren Dokumenten steht. In dieser Funktion kämpfte sie gegen die Laizisten von Jassir Arafats Fatah und George Habachs PFLP und dann auch gegen die der Arabischen Republik Syrien von Präsident Baschar al-Assad. Sie alle waren in ihren Augen "Feinde Gottes". Die Hamas wurde von Israel finanziert, und in Syrien wurden ihre Kämpfer von Mossad- und NATO-Offizieren überwacht. Nach dem Scheitern der Muslimbruderschaft in Ägypten und ihrer Niederlage in Syrien spaltete sich die Hamas jedoch in einen loyalen Teil der Muslimbruderschaft, angeführt von Khaled Meshaal, der immer noch die Errichtung eines globalen Kalifats anstrebt, und einen anderen, der sich wieder auf die Befreiung Palästinas konzentrierte. Diese zweite vom Iran initiierte Tendenz erneuerte die Beziehungen zu Syrien, bis dessen Führer Khalil Hayya von Präsident Baschar al-Assad in Damaskus empfangen wurde. Sie hat sich auch wieder mit der libanesischen Hisbollah versöhnt und ist sogar so weit gegangen, in Beirut an Treffen mit ihr und den anderen Teilen des palästinensischen Widerstands teilzunehmen.

 

 

Der syrische Präsident Baschar al-Assad empfängt Khalil Hayya am 19. Oktober 2022 in Damaskus.

Alle Komponenten des palästinensischen Widerstands hatten sich darauf geeinigt, eine "Faustschlag"-Operation durchzuführen, um israelische Zivilisten und Soldaten zu entführen und sie gegen palästinensische Zivilisten und Kämpfer auszutauschen, die in Israel festgehalten werden. Das Datum des 7. Oktober wurde allein von der Hamas gewählt, und die anderen palästinensischen Fraktionen wurden erst wenige Stunden vorher informiert. Darüber hinaus waren die Hamas-Kämpfer im Vergleich zu den Marxisten der PFLP und den Mitgliedern der Achse des Widerstands (die mit dem Iran verbündet sind), dem Islamischen Dschihad, in der Mehrheit.

 

 

Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah empfing die Nummer zwei der Hamas, Saleh el-Arouri und den Führer des Islamischen Dschihad, Ziad el-Nakhala.

Das offene Geheimnis der Operation vom 7. Oktober

 

Die schlagartige Operation war bei einem Koordinierungstreffen im Mai in Beirut geplant worden. Die libanesische Presse hatte darüber berichtet. Obwohl das Prinzip, die Ziele und der Modus Operandi festgelegt waren, wusste niemand, wann sie stattfinden würde.

 

Ägyptens Geheimdienste waren die ersten, die Alarm schlugen. Sie unterstützen den palästinensischen Widerstand, bekämpfen aber die Hamas, ohne zwischen ihren beiden Strömungen unterscheiden zu können. Sie sorgten sich nicht um den möglichen Erfolg des palästinensischen Widerstands, sondern um die Muslimbruderschaft. Der Geheimdienstminister Kamal Abbas warnte persönlich seine israelischen Amtskollegen [2].

 

Oberst Yigal Carmon, Direktor des Middle East Media Research Institute (MEMRI), informierte seinen Freund, Premierminister Benjamin Netanjahu, persönlich, dass etwas im Gange sei. Seiner Meinung nach, hörte dieser jedoch nicht auf ihn [3].

 

Die Central Intelligence Agency (CIA) hat zwei Berichte über die Vorbereitung dieses Anschlags erstellt. Nach Angaben der New York Times wurde die zweite, datiert auf den 5. Oktober, an die israelischen Behörden geschickt. Laut Corriere della Sera berief der Direktor des Shin Bet (Spionageabwehr) dann am 7. um 8 Uhr morgens ein Treffen der zentralen Direktoren aller Sicherheitsdienste ein.

 

Israelische Beamte hatten jedoch Zeit, die außergewöhnliche Rave-Party direkt an die Grenze zu Gaza zu verlegen und den Kräften, die mit dem Schutz beauftragt waren, einen freien Tag zu geben [4]

 

Heute sind viele Familien der Geiseln davon überzeugt, dass Benjamin Netanjahu dies zugelassen hat, um eine Rechtfertigung für die Operation zu haben, die er gegen die Menschen in Gaza durchführt.

 

NACH DEM ANGRIFF

Seit dem 7. Oktober versucht Israel, uns glauben zu machen, dass:

 der palästinensische Widerstand als Ganzes nichts anderes ist als ein Haufen Dschihadisten;

 die Menschen, die das palästinensische Volk unterstützen, Antisemiten sind;

 

IDF-Videobearbeitung

 

Die israelischen Streitkräfte (IDF) haben eine Videomontage aus den Aufnahmen der Angreifer, der Überwachungskameras und der von ihnen gemachten Aufnahmen angefertigt. Diese Montage zielt darauf ab, die Menschen davon zu überzeugen, dass der palästinensische Widerstand ein Haufen antisemitischer Barbaren ist. Sie zeigt unerträgliche Szenen einer Familie, deren Vater vor den Augen seiner Kinder ermordet wird. Sie zeigt einen Dschihadisten, der versucht, einer Leiche mit einer Schaufel den Kopf abzuschlagen. Aber es gab keine Vergewaltigung oder Zerstückelung. Es gibt auch verkohlte Leichen, von denen der Betrachter glaubt, dass sie durch die Widerstandskämpfern verbrannt wurden. In Wirklichkeit waren sie das Ziel der Luft-Boden-Raketen der israelischen Armee, die kamen, um die Angreifer zu verhaften. Die "Hannibal-Direktive" erklärt tatsächlich, dass die Soldaten die "Terroristen" töten sollen, ohne sich um israelische Kollateralopfer zu sorgen.

 

Diese Montage wurde von Mitgliedern der Knesset, dann des US-Kongresses, angesehen, bevor sie in den verschiedenen Parlamenten der NATO-Mitgliedstaaten gezeigt wurde. Nur das belgische Parlament weigerte sich, diese Propaganda ohne externe Expertise zu sehen. Darüber hinaus wurde der Film ausgewählten Journalisten in den verschiedenen Hauptstädten gezeigt.

 

Die israelischen Behörden haben der Öffentlichkeit nur die folgenden 10 Minuten gezeigt. Sie sagten, dass sie aus Respekt vor den Opfern nicht die gesamte Montage der Öffentlichkeit zugänglich machen wollten. Aber wie sollte ein reduziertes Publikum respektvoller sein? In Wirklichkeit geht es darum, zu verhindern, dass Spezialisten ihre Täuschung anprangern, indem sie sich fragen, wer die einzelnen Opfer getötet hat.

 

 

Proteste gegen Antisemitismus

 

Um die westliche Öffentlichkeit für ihre Sache zu gewinnen und das in Gaza verübte Massaker zu relativieren, ruft Israel im ganzen Westen zu Unterstützungsdemonstrationen auf. Da es unmöglich wäre, live auf den Fernsehbildschirmen zur Unterstützung einer Armee aufzurufen, die Völkermord praktiziert, schlägt der Mossad Demonstrationen gegen den Antisemitismus vor, den die Hamas an den Tag gelegt hat.

 

Die Hamas ist aber von der Ideologie der Muslimbruderschaft durchdrungen. Sie vertritt einen sunnitischen Suprematismus. Lange Zeit kämpfte sie vor allem gegen schiitische und drusische Muslime. Sie war sicherlich antisemitisch, aber so wie sie auch gegen alle anderen muslimischen Glaubensrichtungen und alle anderen Religionen war, nicht mehr und nicht weniger.

 

So hat der Mossad manchmal ein anderes Argument verwendet: Arabische Einwanderer unterstützen die Hamas und seien deshalb antisemitisch. Die europäischen Staaten sollten Maßnahmen ergreifen, um ihre jüdische Bevölkerung zu schützen.

 

Die Demonstration in Washington prangerte vor allem die vermeintliche Barbarei der Hamas an, während die Demonstration in Paris den Kampf gegen Antisemitismus in den Vordergrund stellte. Aber keine von beiden war ein Erfolg. Die in Washington wurde von vielen jüdischen Vereinigungen boykottiert. Sie konnte nur 200 000 Leute versammeln, hauptsächlich christliche Zionisten. Die Leute kamen mehr, um den Fernsehprediger John Hagee zu hören, als um den Präsidenten des Staates Israel, Isaac Herzog zu sehen. Die Pariser Demonstration wurde von den Präsidenten der beiden Parlamente und allen ihren Vorgängern, von der Premierministerin und allen ihren Vorgängern sowie dem Präsidenten des Verfassungsrates und seinen Vorgängern eröffnet. Aber hinter ihnen gab es nur einige zehntausend Demonstranten. Zwei namhafte Abwesende: die Außenminister Roland Dumas (auch ehemaliger Präsident des Verfassungsrates) und Dominique de Villepin (ebenfalls ehemaliger Premierminister). Sie haben sich als Widerstand gegen den Imperialismus und damit gegen die Regierungen der USA und Israels hervorgetan.

 

Seit Jahrzehnten wirft Israel Antisemiten vor, sich hinter einer Antizionismus-Fassade zu verstecken. Nach und nach verschmilzt es die beiden Konzepte. Der europäische Antisemitismus ist eine Form der Fremdenfeindlichkeit, die unter dem Römischen Reich begann, sich unter der katholischen Kirche fortsetzte und unter dem Nationalsozialismus weiterging. Er besteht darin, sukzessive alle Juden kollektiv des Aufstandes zu beschuldigen, Christus getötet oder die arische Rasse entartet zu haben. Antizionismus hingegen ist eine politische Ansicht, dass jüdischer Nationalismus nicht in den Dienst eines kolonialen Projekts gestellt werden soll. Heute sind die meisten amerikanischen Juden antizionistisch, während die Mehrheit der europäischen Juden zionistisch ist.

 

Der französische Senator Stéphane Le Rudulier (LR; les républicains) hat gerade einen Gesetzentwurf eingebracht, der darauf abzielt, die Strafen für Beleidigung, Aufstachelung zu Hass oder Gewalt zu erhöhen, wenn sie sich gegen den Staat Israel richten. Abgesehen von der Tatsache, dass es schwer vorstellbar ist, dass diese Anschuldigungen in diesem Fall schwerwiegender sein sollten als in anderen, wird man sich daran erinnern, dass die Welt 1975 durch eine Debatte über das Wesen des Zionismus aufgewühlt wurde. Die Organisation für Afrikanische Einheit bekräftigte, dass "das rassistische Regime im besetzten Palästina und das rassistische Regime in Simbabwe und Südafrika einen gemeinsamen imperialistischen Ursprung haben, dass sie ein Ganzes bilden und die gleiche rassistische Struktur haben, und dass sie in ihrer Politik der Unterdrückung der Würde und Integrität des Menschen organisch miteinander verbunden sind". In ähnlicher Weise bezeichnete die Organisation der Blockfreien Staaten den Zionismus als "eine Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit der Welt und rief alle Länder auf, sich dieser rassistischen und imperialistischen Ideologie zu widersetzen". Schließlich verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution, in der der Zionismus als "eine Form von Rassismus und Rassendiskriminierung" bezeichnet wird [5].

 

Lediglich die UN-Resolution wurde 1991 aufgehoben, um Israel bei der Umsetzung der Resolutionen der Madrider Palästina-Konferenz zu unterstützen. Die beiden anderen Texte sind nach wie vor in Kraft, und angesichts der Nichtumsetzung der Madrider Beschlüsse durch Israel ist wie bei allen internationalen Texten zu Palästina mehrfach die Frage der Wiedereinsetzung der Resolution 3379 aufgeworfen worden.

 

DIE INSZENIERUNG DES AL-SHIFA-KRANKENHAUSES

In diesem Zusammenhang inszenierte die IDF die Entdeckung des militärischen Hauptquartiers der Hamas unter dem größten Krankenhaus des Gazastreifens. Ein Pressesprecher teilte uns mit, dass am Tatort Waffen gefunden worden seien und dass mit Hilfe eines an einem Stuhlbein befestigten Seils Geiseln in einem unterirdischen Bunker untergebracht worden seien.

 

 

Während die Öffentlichkeit darüber debattiert, ob diese Beweise überzeugend sind oder nicht, vergisst sie die Geschichte dieses Krankenhauses. Es wurde 1983 von Israel gebaut [6]. Die IDF hat also alle Pläne dafür. Der Mossad installierte die Hamas im Keller, als sie gegen die Fatah kämpfte. Später wurde das Krankenhaus zu einem Treffpunkt für Hamas-Funktionäre, um sich mit ausländischen Journalisten zu treffen. Aber all das macht es nicht zu einem Arsenal oder einem militärischen Hauptquartier.

 

Während der aktuellen Episode des israelisch-palästinensischen Krieges beschuldigte die IDF die Hamas, Tunnel unter dem Krankenhaus gegraben zu haben. Sie beschloss zunächst, diese mit durchschlagenden Bomben zu zerstören, um in seine Tiefen vorzudringen. Aber im Lichte der Beschwörungen der Weltgesundheitsorganisation gab die IDF zu, dass ihr Ziel die totale Zerstörung eines Krankenhauses nicht legitimiere. Also nahmen sie ihren Evakuierungsbefehl zurück und umzingelten das Krankenhaus. 2300 Menschen, darunter Patienten, medizinisches Personal und Flüchtlinge, ergaben sich der israelischen Armee, die sie ohne Rücksicht durchsuchte.

https://youtu.be/hEhsIJUw1DQ

 

Erst zwei Tage nach dem Beginn des Angriffs behauptete die IDF, das militärische Hauptquartier der Hamas unter dem Al-Shifa-Krankenhaus entdeckt zu haben. In Wirklichkeit zeigen die Bilder, die sie veröffentlicht haben, dass tatsächlich ein Brunnen in der Nähe des Krankenhauses zu Galerien führte, aber absolut nicht, dass diese zu einem Raum führten, der als Hauptquartier genutzt werden konnte.

https://youtu.be/rRra0hvjAL0

Da die Schießereien, die Stromausfälle und die Durchsuchung des Krankenhauses viele Tote verursacht haben, hat die IDF ein Dutzend Inkubatoren gebracht, die doch wegen der Stromausfälle nicht funktionieren können, wie Reuters und die BBC es berichten. Dennoch erfüllt der Mossad einen Zweck, denn die BBC entschuldigte sich bei ihren Zuschauern dafür, dass sie nicht über die Spenden von Inkubatoren und die Anwesenheit von Hebräisch-Arabisch-Übersetzern berichtet hat.

 

Thierry Meyssan

Übersetzung Horst Frohlich

Korrekturlesen : Werner Leuthäusser

Quelle: https://www.voltairenet.org/de v.21.11.2023 / Foto 1 Foto von einem israelischen Bomber aufgenommen. Foto 2 Der syrische Präsident Baschar al-Assad empfängt Khalil Hayya am 19. Oktober 2022 in Damaskus.Foto 3 Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah empfing die Nummer zwei der Hamas, Saleh el-Arouri und den Führer des Islamischen Dschihad, Ziad el-Nakhala.

Kampf für den Frieden

Ausgrenzung der Friedensbewegung

NachDenkSeiten v.14.11.2023

14. November 2023 um 9:00

Ein Artikel von Bernhard Trautvetter

Die Cancel-Kultur in Deutschland überschreitet aktuell die Hemmschwelle der De-Legitimierung der Friedensbewegung, wie das im Kontext des Ukraine-Krieges schon begonnen hatte. Jüngstes Beispiel: Die Stadt Bremen hat kürzlich einen Link zum Bremer Friedensforum auf ihrer Website gelöscht, mit einer fragwürdigen Begründung. Von Bernhard Trautvetter. https://www.nachdenkseiten.de/upload/podcast/231114-Ausgrenzung-Friedensbewegung-NDS.mp3

Die Stadt Bremen löschte kürzlich den Link zum Bremer Friedensforum auf ihrer Website. Diese Maßnahme war gegenüber dem Bremer Friedensforum vorab nicht kommuniziert worden. Ein Pressesprecher des Wirtschaftssenators des von SPD, Grünen und LINKEN gebildeten Senats begründete den Schritt auf Nachfragen per Mail unter anderem damit, dass das Bremer Friedensforum eine Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag auf ihrer Website präsentiere, deren Formulierungen „den Staat Israel, israelische Staatsbürger und Jüdinnen und Juden diffamieren“ würden.

Es werde „unter anderem beispielsweise von einem brutalen, völkerrechtswidrigen Vorgehen gegen die palästinensische Bevölkerung gesprochen und davon, dass es kriminelle und rassistische Praktiken der israelischen Besatzungstruppen und radikaler Siedlerorganisationen sowie tägliche Provokationen und terroristische Angriffe von ‚Zionisten‘, Siedlern und Besatzungstruppen gibt oder dass eine gewaltsame Besatzungspolitik der derzeitigen rechtsradikalen Netanjahu-Regierung der Grund für die Angriffe der Hamas vom 07.10.2023 darstelle; Israel sei ein Apartheid- und Unterdrückerstaat, der der eigentliche Täter in der nahöstlichen Tragödie sei“.

Diese Darstellung belegt die Stadt nicht mit Zitaten aus der Erklärung des Friedensratschlags, sondern sie folgert ihre Behauptung aus Interpretationen, die sie auf Basis ihres Verständnisses der Erklärung aufstellt.

Die Erklärung des Bundesausschusses geht zwar in der Tat nicht explizit auf die Gräueltaten der Hamas-Kämpfer vom 7. Oktober ein, aber das tun auch andere weltweit anerkannte Texte nicht, so die von der UNO-Generalversammlung kürzlich angenommene Resolution für eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen. Die Cancel-Kultur in Deutschland überschreitet aktuell die Hemmschwelle der De-Legitimierung der Friedensbewegung, wie das im Kontext des Ukraine-Krieges schon begonnen hatte, als Olaf Scholz von „gefallenen Engeln aus der Hölle“ und Wolf Biermann sowie andere von ‚Schein-‚ oder gar ‚Lumpenpazifisten‘‚ oder auch ‚Second-hand-Kriegsverbrechern‘ sprachen.

Hier folgen die Stellen der inkriminierten Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag, auf die die Stadt Bremen interpretierend Bezug nimmt:

„Der Angriff hat eine Vorgeschichte, die in der völker­rechtswidrigen Besatzungspolitik israelischer Regierungen seit 1967 zu suchen ist und immer wieder zu Gewaltausbrüchen zwischen den Konfliktparteien führte. Versuche, den Konflikt durch eine Zwei-Staaten-Lösung zu entschärfen, wurden von israelischer Seite wieder und wieder blockiert.

Entwicklungen, die eine Annäherung von einzelnen arabischen Staaten und Israel anbahnen und die Interessen der Palästinenser dabei übergehen, sowie die gewaltsame Besatzungs­politik der derzeitigen rechtsradikalen Netanjahu-Regierung, die seit Jahresbeginn etwa 300 palästinensische Todesopfer im Westjordanland forderte, bilden den provokatorischen Hintergrund für den Angriff aus dem Gazastreifen auf israelisches Territorium.

Erst am Vorabend des Angriffs hatten israelische Siedler zum wiederholten Mal und unter dem Schutz der Armee die Kleinstadt Huwara in einem pogromähnlichen Überfall ange­griffen und einen 16jährigen getötet. Der israelische Finanzminister Betalel Smotrich hatte angekündigt, die Stadt auslöschen zu wollen. Ohne die Asymmetrie von Gewalt und Gewaltanwendung in diesem Konflikt zu benennen und zu bekämpfen, wird eine Lösung nicht möglich sein…“

Terror und strukturelle Gewalt

Die Erwähnung der Tatsache, dass der Hamas-Terror vom 7. Oktober eine Vorgeschichte hat, stellt zum einen keine Unterstützung der Verbrechen dar, sie diffamiert auch niemanden, auch nicht den Staat Israel. In Israel regiert seit der Ermordung des friedensorientierten Ministerpräsidenten Israels Itzak Rabin 1995 Netanjahu, dessen Machtpolitik selbst rechtsextreme Minister einbezieht. Hier ein Zitat aus dem ZDF-Beleg-Dokument als Beweis:

„Hinzu kommen geplante Neuregelungen, die dem möglichen Sicherheitsministers Itamar Ben Gvir, Chef der ultrarechten Partei Jüdische Kraft, die Befehlsgewalt über die Grenzpolizei auch im Westjordanland und Ost-Jerusalem geben würde. Ihm wurde wiederholt vorgeworfen, dass er Spannungen mit den Palästinensern anheize.

Die israelische Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara verurteilte die geplanten Gesetzesreformen der künftigen Regierung scharf. Das von der Regierung angestrebte Vorhaben gefährde das demokratische System im Land.“

Die Besatzungspolitik der Regierung Netanjahu, die mit dem Friedensabkommen, das Itzak Rabin ausgehandelt hatte, bricht, verstößt natürlich gegen das Völkerrecht, wie z.B. die Resolution 242 des Weltsicherheitsrates von 1967. Darin hieß es, die israelische Armee müsse sich „aus Gebieten, die … besetzt wurden,“ zurückziehen und zwar unter der „Achtung und Anerkennung der Souveränität, territorialen Unversehrtheit und politischen Unabhängigkeit eines jeden Staates in der Region und seines Rechts, innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen frei von Androhung oder Akten der Gewalt in Frieden zu leben“.

Diese Verpflichtung zu verletzen, ist bereits ein Ausdruck von struktureller Gewalt. Der Bundesausschuss Friedensratschlag kritisiert die Handlungen der Netanjahu-Regierung, ohne dass er sich dabei der Israelfeindlichkeit schuldig macht. Die Aussage, ohne „die Asymmetrie von Gewalt und Gewaltanwendung in diesem Konflikt zu benennen und zu bekämpfen, wird eine Lösung nicht möglich sein“, trifft auch die Interessen der Menschen, die in Israel leben, denn sie haben wie alle Menschen das Bedürfnis, in Sicherheit für sich und ihre Familien eine perspektivreiche Zukunft aufzubauen. Dies wird ohne eine Lösung der Krisen, die der Eskalation zugrunde liegen, ohne Kompromisse, die die Interessen aller Seiten mit einbeziehen, unmöglich sein.

Wer Frieden will, muss Kompromisse finden

Die Diffamierung der Friedensbewegung, wie sie von der Stadt Bremen exerziert wird, untergräbt die Demokratie hierzulande, sie stärkt die auf militärische Macht statt auf Lösung setzenden Kräfte und sie diffamiert jene, denen der unberechtigte Vorwurf gemacht wird, sie seien es, die diffamieren. Das Bestreben der Friedensbewegung, statt mit Gewalt mit Diplomatie – wie es Itzak Rabin und Yassir Arafat zuwege gebracht hatten – Konflikte zu vermeiden und zu lösen, ist die Antwort auf viele Weltkonflikte. Dazu gehört auch der Konflikt um die NATO-Mitgliedschaft osteuropäischer Staaten inklusive der Ukraine, die mit internationalem Recht bricht und die zur Vorgeschichte der Kampfhandlungen in ukrainischen Regionen unweit der russischen Westgrenze gehören.

Wer den Frieden will, hat angesichts dieser Zusammenhänge die Aufgabe, eine einseitige Parteinahme zu vermeiden, und er muss auf dem Weg zu Kompromissen Lösungen für die Konflikte finden, die als dessen Vorgeschichte dem Töten und Zerstören zugrunde liegen.

Titelbild: Fabian Junge/shutterstock.com

 

 Kampf um den Frieden

 

NachDenkSeiten

14. November 2023 um 10:00Ein Artikel von Éva Péli

 

General a.D. Kujat zur aktuellen Ampel-Regierung: Das ist keine Politik sondern Fanatismus

 

In einem aktuellen Interview rechnet Harald Kujat, früherer Bundeswehr-Generalinspekteur und ehemaliger Vorsitzender des NATO-Militärausschusses, hart mit der westlichen Politik im Ukraine-Konflikt ab. Seine Kritik gilt insbesondere der bundesdeutschen Politik. Aus seiner Sicht hätte der Krieg in der Ukraine verhindert und nach seinem Ausbruch schnell beendet werden können. Von Éva Péli.

 

„Es gibt die einen, die den Krieg wollen, es gibt die anderen, die den Krieg nicht verhindern wollen. Und es gibt diejenigen, die den Krieg nicht verhindern können. Jetzt können Sie sich selbst aussuchen, wer zu welcher Kategorie gehört.“

So fasst der ehemalige Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, General a. D. Harald Kujat, in einem am 5. November veröffentlichten Interview (https://youtu.be/Ws0wX6ZTjkk)  mit dem Fachportal für Finanzkapitalanalyse HKCM zusammen, warum der Krieg in der Ukraine trotz riesiger Verluste weitergeht. Kujat war unter anderem Generalinspekteur der Bundeswehr.

Sein Gesprächspartner, HKCM-Mitgeschäftsführer Philip Hopf, verweist auf die in den letzten Jahren einseitig gewordene Berichterstattung und die oftmals empfindlichen Reaktionen, wenn eine konträre Stimme erscheint. Er kritisiert die Politiker, „die den Nimbus hatten, für den Frieden zu stehen und jetzt voll in die Eskalation reingehen, während sie gleichzeitig nicht das Hintergrundwissen haben, um das überhaupt einschätzen zu können, was das eigentlich bedeutet“.

Fanatismus statt Politik

Kujat, einst ranghöchster Soldat Deutschlands, sieht das Problem darin, „dass wir Menschen in der Politik haben, die aus mangelnder Kompetenz, aber auch aus Ignoranz heraus diese Politik seit dem letzten Regierungswechsel betreiben“. Ihn haben die Reaktionen und die Einstellung von Teilen der Politik und Gesellschaft zum Krieg in der Ukraine nicht überrascht. Eher hat ihn diese Entwicklung enttäuscht: „vor allen Dingen der Fanatismus, mit dem diese Politik betrieben wird, mit Scheuklappen, ohne nach links und rechts zu schauen“. Diese Politik nimmt aus seiner Sicht keine Rücksicht auf das Wohlergehen der eigenen Bevölkerung und lässt außer Acht, welche Konsequenzen sie für die ukrainische Bevölkerung hat, die unter diesem Krieg leidet. All das werde mit dem Satz verbrämt: Die Ukraine muss gewinnen. „Das ist keine Politik. Das ist Fanatismus.“

Damit wird laut dem Ex-General alles über Bord geworfen, „was wir aus unserer Geschichte gelernt und in den letzten Jahrzehnten aus dieser Erfahrung heraus in unserer Außen- und Sicherheitspolitik angewendet haben“. Diese Politik ist unverantwortlich, so Kujat.

Er ist davon überzeugt, dass der Krieg in der Ukraine hätte verhindert werden können. Er erinnert an das „sehr massive, sehr fordernde“ Papier der russischen Regierung am 17. Dezember 2021 an die Vereinigten Staaten und an die NATO. Im Kern ist es darum gegangen, auf Entwicklungen einzugehen, die aus russischer Sicht den Frieden gefährdeten. Der Westen beziehungsweise einige NATO-Staaten waren laut Kujat nicht bereit, darüber zu sprechen. „Hätte man das getan, hätte man zumindest den Versuch unternommen, den Krieg zu verhindern.“ Selbst das sei ja nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit geschehen, kritisiert er.

Nicht gewollter Frieden

Der Krieg hätte auch nach gut sechs Wochen beendet werden können, erklärt Kujat weiter und weist auf die vom türkischen Präsidenten initiierten Verhandlungen Anfang April 2022 hin, „die ein sehr gutes Ergebnis erzielt haben“. Der Vertrag sei aber auf Druck des Westens nicht unterschrieben worden. Das sei der Ursprung aller Entwicklungen: die vielen Toten danach auf der ukrainischen Seite, aber auch die Zerstörung des Landes, sagt Kujat, der in seiner Dienstzeit auch Vorsitzender der NATO-Ukraine-Kommission war.

Im Augenblick bietet sich wieder eine Chance, die beiden Kontrahenten an den Verhandlungstisch zu bringen, erklärt Kujat, da die wetterbedingte Schlammperiode in der Ukraine einsetzt. Dadurch wird der Krieg gerade entschleunigt, bis voraussichtlich Anfang Dezember wird es nicht möglich sein, mit mechanisierten Kräften einzugreifen. „Aber die Entscheidung dafür fällt nicht in Kiew, sondern die muss in Washington fallen.“ Es gibt aus seiner Sicht überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Ablehnung immer vom Westen erfolgt, teilweise auch von der Ukraine, da der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Anfang Oktober 2022 per Dekret sich selbst und seiner Regierung Verhandlungen mit Russland untersagte.

Russlands Präsident Wladimir Putin habe dagegen mehrmals gesagt, dass er jederzeit zu Verhandlungen bereit sei. Beispielsweise am 17. Juni, als die afrikanische Friedensdelegation in Russland war, habe er auch gesagt, dass er jederzeit bereit sei, mit jedem zu verhandeln, der bereit ist, gerechte Verhandlungen zu führen und die beidseitigen Sicherheitsinteressen anzuerkennen.

Dieser Krieg ist nicht nur eine militärische Auseinandersetzung, er ist auch ein Informationskrieg, betont Kujat im Gespräch – darum wird über vieles konträr oder gar nicht berichtet –, sowie ein Wirtschaftskrieg. „In diesem Informationskrieg sitzen eben viele Frontkämpfer in den Schützengräben und berichten Dinge, die sie gerne so hätten, aber die nicht so sind, wie sie sie darstellen.“

Der ehemalige Bundeswehr-Generalinspekteur findet am erschreckendsten an der ganzen Situation, „dass wir angeblich in einer offenen, pluralistischen Gesellschaft leben und stolz darauf sind, eine Demokratie zu sein und die Werte hochhalten, die uns von anderen unterscheiden“. Doch: „Und was tun wir? Wir ignorieren das Friedensgebot der Verfassung. Die Verfassung interessiert die Politik überhaupt nicht. Wir ignorieren das Recht auf freie Meinungsäußerung. Diese Unterdrückung von Meinungsäußerung haben wir ja in der Vergangenheit leider leidvoll erfahren müssen, ist uns nicht gut bekommen, und sie wird uns auch in diesem Fall nicht gut bekommen.“

„Viel Unsinn“ über die Lage

Auch über die ukrainische Offensive werde „viel Unsinn geredet“, so Kujat. Ziel der Offensive war, die Landbrücke zwischen Russland und der Ukraine zu unterbrechen, also etwa bis zu der Hafenstadt Mariupol vorzustoßen. Die Krim ist praktisch eine logistische Drehscheibe für die russischen Streitkräfte. So wollten die Ukrainer aus seiner Sicht die Zufuhr der Versorgung unterbrechen, die russische Armee „austrocknen lassen“ und damit eine strategische Wende zugunsten der Ukraine erreichen. „Nun, das ist nicht eingetreten, und das wird auch nicht eintreten.“

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg habe vor einiger Zeit gesagt, die ukrainischen Streitkräfte würden jeden Tag 100 Meter zurückgewinnen. Bis Mariupol sind es 86 Kilometer, also würde die Ukraine 860 Tage brauchen, um ihr Ziel zu erreichen. Das zeigt, wie viel „Unsinn geredet“ wird, so Kujats Kommentar.

Der ukrainische Generalstabschef Walerij Saluschnyj soll in einem Interview mit der Zeitung Washington Post gesagt haben: Jeder Quadratmeter fordere einen hohen Blutzoll. Die Verluste der ukrainischen Streitkräfte sind exorbitant, gerade in dieser Offensive, betont Kujat. Die russischen Streitkräfte hätten sich dagegen zu einer strategischen Defensive entschieden. Ihr Ziel sei es, nicht Gelände um jeden Preis zu halten, sondern die Streitkräfte der Ukraine zu vernichten. Er zitiert den Grundsatz von Clausewitz: „Mache den Gegner wehrlos und dann kommt alles andere praktisch von selbst.“

Kujat macht weiter darauf aufmerksam, dass die Russen seit einigen Tagen von einer Gegenoffensive sprechen und im Hinterland erhebliche Kräfte zusammengezogen haben. Die Rede sei von 350.000 Mann. Das könne nur auf einen Vorstoß hindeuten. Der General a. D. stellt sich die Frage: „Welches Ziel verfolgen die Russen?“ Er geht davon aus, dass sie versuchen werden, ihre bisherigen Eroberungen zu konsolidieren, das heißt die ehemaligen Verwaltungsgrenzen der Regionen Donezk und Luhansk, aber auch die Regionen Saporischschja und Cherson, die Putin am 30. September vorigen Jahres zu russischem Staatsgebiet erklärt hat.

Er rechnet damit, dass sie auch Odessa einzunehmen versuchen, weil Russland Odessa als eine historisch bedeutende Stadt ansieht. Kujat hält es für wahrscheinlich, dass Moskau danach sagen wird: Wir haben das Ziel unserer militärischen Spezialoperation erreicht. Die entscheidende Frage ist aus seiner Sicht: Wie wird sich dann der Westen verhalten? Wird er den Krieg weiter fortsetzen wollen, oder wird er diese Gelegenheit ergreifen wollen, um dann doch den Krieg zu beenden?

Neue Phase des Krieges

Die ukrainischen Streitkräfte befinden sich laut Kujat in einem außerordentlich kritischen Zustand. Die Offensive, die vom Westen über lange Zeit hochgelobt wurde, ist aus seiner Sicht gescheitert. „Das muss man klar sagen.“ Jetzt entsteht eine neue Phase des Krieges, so Kujat weiter, in der die Ukraine versucht, Russland in der Tiefe des Raumes anzugreifen. Kujat zitiert die Worte von Präsident Selenskyj aus dem Juli dieses Jahres nach einem Drohnenangriff auf Russland: „Allmählich kehrt der Krieg auf das Territorium Russlands zurück – auf seine symbolischen Zentren und Militärstützpunkte.“

Der Krieg wird auf eine höhere Eskalationsstufe angehoben, so Kujat, und er habe den Eindruck, dass dies die letzte Stufe sei, „bevor die Ukraine darum bittet, dass westliche Soldaten den westlichen Waffensystemen folgen“. Denn Waffensysteme können die personellen Verluste der ukrainischen Streitkräfte nicht ausgleichen, sagt der ehemalige NATO-General.

Bei dieser neuen Phase spiele Deutschland eine besondere Rolle. Diese Phase könne die Ukraine überhaupt nur beginnen, wenn sie über Systeme wie „Taurus“ (ein deutscher Luft-Boden-Marschflugkörper) verfügt. Die US-Amerikaner haben sich bisher geweigert, solche Waffensysteme zu liefern. Er erinnert daran, was US-Präsident Joseph Biden gesagt hat: „Wir liefern keine. Wir wollen einen dritten Weltkrieg vermeiden.“ In Deutschland dagegen wird nach wie vor diese Diskussion um „Taurus“ geführt. Das ist eine äußerst kritische Entwicklung für die Bundesrepublik, so der Ex-General.

Kujat spricht auch über die hohe Zahl der Fahnenflüchtigen in der Ukraine und über das sehr geringe Reservoir. „Denn man kann sich freikaufen. Für zwischen 6.000 und 10.000 US-Dollar werden die Männer vom Wehrdienst befreit und gehen ins Ausland.“ Inzwischen hat Selenskyj versucht aufzuräumen, und der Verteidigungsminister und seine sechs Stellvertreter wurden entlassen, fügt er hinzu.

Effektive russische Armee

Die russischen Verluste sind laut dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr am Anfang des Krieges hoch gewesen, in den ersten zwei bis drei Wochen. Zwischendurch sind sie dann geringer geworden, denn, „das weiß jeder Militär, ein Verteidiger hat immer weniger Verluste als ein Angreifer“. Hinzu kommt, dass Russland über die gesamte Lufthoheit über dem Gefechtsfeld verfügt. Den Einsatz russischer Kampfhubschrauber schätzt er als äußerst effektiv ein. Weiterhin verfügen laut Kujat die russischen Streitkräfte über ein hochmodernes Führungsinformationssystem, das heißt eine hervorragende Vernetzung zwischen Aufklärungssystemen und Wirkungssystemen, also Waffensystemen. Diese Vernetzung erlaubt es ihnen, praktisch ohne Zeitverzug zu reagieren. Das macht die russische Kriegsführung aus seiner Sicht äußerst effektiv.

Einen dritten Punkt hebt er hervor: Bis zum Oktober ging es noch um einen Bewegungskrieg. Dann war die russische Überlegenheit dadurch gekennzeichnet, dass sie das Gefecht der verbundenen Waffen, also das Zusammenwirken verschiedener Waffensysteme, hervorragend beherrschen. Das ist eine Fähigkeit, die eine lange Ausbildungszeit erfordert. Die russischen Streitkräfte sind im Augenblick wesentlich stärker, als sie vor dem Krieg waren:

„Es ist eine sehr moderne, eine sehr schlagkräftige Armee.“

Den ukrainischen Brigaden, die im Ausland und überwiegend in Deutschland ausgebildet wurden, sei beigebracht worden, die westlichen Waffensysteme zu bedienen und zu beherrschen. Aber die Fähigkeit zum Gefecht der verbundenen Waffen hätten sie in der Zeit gar nicht lernen können. Das kann laut Kujat von ihnen gar nicht verlangt werden. Auch das hat dazu geführt, betont er, dass die ukrainischen Verluste im Vergleich zu den russischen Verlusten exorbitant sind.

Geopolitischer Konflikt

Zum eskalierten Nahost-Konflikt sagt der General a. D. der Luftwaffe, er finde es „unerträglich“, dass diese Situation über viele Jahre entstehen konnte:

„Wir müssen jetzt versuchen, die Situation kurzfristig zu deeskalieren. Denn es kann nicht sein, dass nun Auge um Auge, Zahn um Zahn Rache geübt wird.“

Er sagt: Es muss ein vernünftiges politisches Ziel sichtbar werden, eine stabile Ordnung muss entstehen. Das kann seiner Meinung nach nur darin bestehen, dass es eine Zweistaatenlösung gibt. Er bedauere es, dass es überall da, wo die Interessen beider Großmächte – Russland und die Vereinigten Staaten – berührt sind, zu einer Eruption kommt.

Käme es zu einem europäischen Krieg, wäre die Bundeswehr nach seiner Einschätzung im Moment nicht in der Lage, einen wesentlichen Beitrag zur Landes- und Bündnisverteidigung zu leisten. „Sie wird laufend auch kannibalisiert durch den Abzug des Materials, das in die Ukraine geht.“ Das nennt er einen Riesenfehler, den die Politiker begehen.

Der Ex-Bundeswehr-Generalinspekteur denkt nicht, dass Russland Europa, die baltischen Staaten oder Rumänien angreifen würde. Viel mehr bestehe das Risiko, dass sich eine Eskalation entwickelt, die weder von Russland noch vom Westen politisch unter Kontrolle gebracht werden kann. Das sieht er als das eigentliche Problem, gerade jetzt an der Schwelle der Ausweitung des Krieges der Ukraine auf Russland. Er weist auf einen weiteren Punkt hin: In der Vergangenheit verfügte Deutschland über erhebliche US-amerikanische und andere Kräfte von Bündnispartnern, um sich zu verteidigen. „Die sind nicht mehr da.“

Die US-Amerikaner würden vier bis sechs Monate brauchen, bis sie das Material wieder zurückgeführt haben:

„Früher zu den großen Übungen wurden die amerikanischen Soldaten eingeflogen, haben ihre Waffensysteme in Besitz genommen, und innerhalb von 72 Stunden waren sie in ihren Verteidigungsräumen. Das ist Geschichte, das ist nicht mehr der Fall.“

Krieg ohne Sieger

Überhaupt daran zu denken, dass es zu einem Krieg in Europa kommen könnte, der möglicherweise sogar das Risiko einer Eskalation in den nuklearen Bereich birgt, das hält er für „verbrecherisch“. Kujat sagt: „Wir müssten uns selbst Zurückhaltung auferlegen: uns gegenüber und der ukrainischen Bevölkerung gegenüber.“ Aber diese Zurückhaltung sehe er nicht:

„Ich sehe immer nur die Frontkämpfer des Informationskriegs, die fordern, fordern, fordern und den Eindruck erwecken, die Ukraine könnte den Krieg gewinnen.“

Diesen Krieg kann laut dem Ex-NATO-General niemand gewinnen. Russland könne ihn nicht gewinnen, denn sein Ziel, die NATO-Erweiterung zu verhindern, sei mit der Mitgliedschaft von Schweden und Finnland nicht mehr zu erreichen. Die Ukraine könne den Krieg auch nicht gewinnen, weil sie ihre Gebiete nicht zurückgewinnen könne. Die Vereinigten Staaten könnten ihr politisches Ziel ebenfalls nicht erreichen, nämlich die Schwächung der russischen Streitkräfte, die Schwächung von Russland insgesamt. Eher das Gegenteil treffe zu: Das zeige Russlands enormer politischer Aufschwung in Bezug auf die BRICS-Staaten und die Zusammenarbeit mit China.

Es bleibe also die Frage, wer eine militärische Niederlage erleiden wird. „Das ist ganz offensichtlich für jeden, der nur ein wenig von militärischen Operationen und von Strategie versteht.“ Das ist laut Kujat nur eine Frage der Zeit. Militärisch ist die russische Armee die stärkste seit vielen Jahren.

„Nur leider ist in unserer Bundesregierung die Fähigkeit zum Weitblick ganz gering ausgeprägt oder gar nicht vorhanden.“

Er hoffe auf ein Umdenken, zunächst in unseren Medien, denn dann wird diese Entwicklung auch bei der derzeitigen Regierung wirksam werden.

 

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 08.11.2023, Seite 7 / Ausland

NAHOSTKONFLIKT

Verbrechen angeprangert

Lateinamerika: Honduras, Chile, Kolumbien und Bolivien ziehen Botschafter aus Israel ab und fordern Bestrafung für Vorgehen gegen Palästinenser

Von Volker Hermsdorf

 

Mit Honduras hat Ende vergangener Woche ein weiteres lateinamerikanisches Land seinen Botschafter aus Israel abberufen. Zuvor hatten bereits Chile und Kolumbien ihre Vertreter zurückbeordert. Bolivien hatte am Dienstag vergangener Woche als erstes Land der Region seine Beziehungen zu Tel Aviv ganz abgebrochen. Auch die Regierungen Brasiliens, Mexikos, Argentiniens, Venezuelas, Nicaraguas und Kubas verurteilen das Vorgehen der israelischen Regierung. Einige werfen ihr Völkermord vor und fordern, die Verantwortlichen für die Bombardierung von Krankenhäusern und die Tötung von Kindern zu bestrafen. In zahlreichen Städten demonstrierten Hunderttausende Menschen für Palästina.

Das honduranische Außenministerium hatte am Freitag im Kurznachrichtendienst X zunächst eine Mitteilung veröffentlicht, in der es hieß, Außenminister Enrique Reina rufe seinen Botschafter »angesichts des Völkermords und der ernsten Situation der Gewalt, der die Zivilbevölkerung in Palästina und die unschuldigen Opfer der israelischen Rache ausgesetzt sind«, nach Tegucigalpa zurück. Später löschte das Ministerium diese Formulierung zwar, blieb aber beim Vorwurf des Völkermords und schwerer Verstöße gegen das Völkerrecht und bestätigte die Abberufung des Botschafters.

Am selben Tag wies Bolivien Äußerungen des israelischen Außenministeriums zurück, das den Abbruch der Beziehungen als »Kapitulation vor dem Terrorismus und dem Regime der Ajatollahs im Iran« bezeichnet hatte. Derartige Formulierungen seien »unzulässig und unhaltbar«, so die Regierung in La Paz. In einer Erklärung wird »die Achtung des Rechts auf Leben, der Menschenrechte und des Friedens des palästinensischen wie aller anderen Völker« gefordert. Bolivien bekräftigte seine Position, dass »das Leben von Palästinensern und Israelis den gleichen Wert hat«, und forderte Tel Aviv auf, »die Stigmatisierung souveräner Staaten zu beenden sowie UN-Resolutionen und die Grundsätze des Völkerrechts zu beachten«.

 

»Das palästinensische Volk erlebt heute einen Horror«, erklärte auch Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel zu Wochenbeginn. Er fragte, wie lange die Welt das Leiden so vieler Kinder noch mit ansehen müsse. »Diejenigen, die sich der Beendigung der Gewalt widersetzen, werden die Verantwortung für so viele Tote übernehmen müssen«, sagte Díaz-Canel. »Sie bombardieren Krankenhäuser, Moscheen und Kirchen, greifen Flüchtlingszentren an und fabulieren über eine Atombombe«, prangerte der venezolanische Präsident Nicolás Maduro am Montag in seiner Fernsehsendung »Con Maduro Más« das israelische Vorgehen an. »Die Drohungen des Ministers (Amichai Elijahu, jW) mit einem Atombombenabwurf auf Gaza sind ein Beweis dafür, dass Israel zu einer Gefahr für das Leben auf dem Planeten geworden ist«, hatte das venezolanische Außenministerium bereits einen Tag zuvor gewarnt. Auch der als eher gemäßigt geltende kolumbianische Präsident Gustavo Petro verschärfte seine Kritik. Nach Berichten über die Bombardierung des UN-Hilfswerks für Flüchtlinge in Gaza mit weißem Phosphor bezeichnete er dessen Einsatz als Kriegsverbrechen. »Kriegsverbrecher müssen unabhängig von Religion, Ideologie oder Nation vor Gericht gestellt und inhaftiert werden«, erklärte er auf X.

In der lateinamerikanischen Bevölkerung nehmen Solidarität mit Palästina und Kritik an Israel ständig zu. Die Teilnehmer einer Großdemonstration in Buenos Aires, auf der auch die Kovorsitzende der Mütter der Plaza de Mayo, Nora Cortiñas, und Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel mitmarschierten, verabschiedeten am Wochenende eine Erklärung, in der es hieß: »Es ist unvorstellbar, dass Israel vor den Augen Europas, der USA und der westlichen Mächte Bombenangriffe auf die Zivilbevölkerung in Gaza durchführen darf.« Am Copacabana-Strand in Rio de Janeiro breiteten Aktivisten weiße, rot bemalte Leichentücher mit den Namen von Kindern aus, die durch israelische Bomben getötet wurden. In Brasilien, Chile, Mexiko forderten jeweils Zigtausende Demonstranten ihre Regierungen zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Tel Aviv auf.

Quelle: junge Welt v.08.11.2023/ Pablo Sanhueza/REUTERS

Solidarität mit Palästina ist im globalen Süden selbstverständlich (Santiago de Chile, 4.11.2023)

„Nicht die Zeit, über Frieden zu reden“

„Nicht die Zeit, über Frieden zu reden“

Berlin ist mit Israel über sanitätsdienstliche Unterstützung im Gespräch. Zahl ziviler Opfer im Gazastreifen steigt. US-Außenminister warnt, bei weiterer Eskalation fehlten künftig „Partner für den Frieden“.

06

NOV

2023

TEL AVIV/BERLIN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung ist mit Israel über medizinische Hilfen für die in Gaza kämpfenden israelischen Truppen im Gespräch. Dies geht aus Äußerungen von Sprechern der Bundesregierung hervor. Demnach steht das Bundesverteidigungsministerium „in einem engen Austausch“ mit Tel Aviv und verhandelt „insgesamt über sanitätsdienstliche Unterstützung“. Dies geschieht, während die Kritik am Vorgehen der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen weltweit zunimmt und Israel in zunehmendem Ausmaß isoliert. Die Zahl der Todesopfer in Gaza hat die Zahl der zivilen Todesopfer im Ukraine-Krieg nahezu eingeholt. UN-Generalsekretär António Guterres warnt, das humanitäre Völkerrecht sei „kein à la carte-Menü“; es dürfe „nicht selektiv angewandt“ werden. US-Außenminister Antony Blinken dringt zumindest auf eine Feuerpause und warnt, wenn die Bevölkerung „von der humanitären Katastrophe verzehrt“ und „entfremdet durch die wahrgenommene Gleichgültigkeit gegenüber ihrer Not“ sei, werde es nach dem Ende der Kampfhandlungen „keine Partner für den Frieden“ mehr geben. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck teilt den Gedanken nicht und postuliert: „Es ist jetzt nicht die Zeit, über Frieden zu reden.“

Die humanitäre Katastrophe

Die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen erreichte am Sonntagabend laut Angaben der dortigen Gesundheitsbehörden 9.730. Damit nähert sie sich der Zahl der zivilen Todesopfer im Ukraine-Krieg, die seit dem 24. Februar 2022 den Vereinten Nationen zufolge inzwischen auf mehr als 9.900 gestiegen ist.[1] Zwar ist nicht klar, wieviele Milizionäre sich unter den Opfern in Gaza befinden. Doch wurden dort mehrheitlich Kinder und Jugendliche (rund 3.900) oder Frauen (etwa 2.500) getötet. Während israelische Regierungsstellen die Angaben der Gesundheitsbehörden als übertrieben abtun, weisen kritische Stimmen auch in Israel darauf hin, dass sie sich in der Vergangenheit gewöhnlich als zuverlässig erwiesen haben.[2] Bis zu diesem Wochenende kamen im Gazastreifen außerdem 79 UN-Mitarbeiter zu Tode – fast zwei Drittel der 116 UN-Mitarbeiter, die im Jahr 2022 weltweit ihr Leben verloren.[3] Mehr als 1,4 Millionen der insgesamt 2,3 Millionen Einwohner sind auf der Flucht, ohne freilich eine Chance zu haben, sich vor den überall einschlagenden Bomben in Sicherheit zu bringen. Mittlerweile sind 16 der 35 Krankenhäuser geschlossen; die übrigen werden nur noch eingeschränkt betrieben, weil Treibstoff und Medikamente kaum mehr vorhanden sind. Die gesamte Gesundheitsversorgung hänge „am seidenen Faden“, hieß es bereits Anfang vergangener Woche.[4]

„Kein à la carte-Menü“

Heftigen Protest äußern die Vereinten Nationen. Mitte vergangener Woche konstatierte das UN-Menschenrechtskommissariat, unter anderem bei dem israelischen Angriff auf das Flüchtlingslager Jabalia könne es sich wegen der hohen Zahl ziviler Todesopfer und wegen des Ausmaßes der Zerstörung um ein „Kriegsverbrechen“ handeln.[5] Berichten zufolge wurden bei mehreren Angriffen auf das Lager mindestens 195 Menschen getötet; mehr als hundert wurden noch unter den Trümmern vermutet. Nach einem Angriff auf einen Konvoi von Krankenwagen, dem Bombardements von Krankenhäusern vorausgegangen waren, gab sich der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, „zutiefst geschockt“: „Patienten, Gesundheitspersonal, Einrichtungen und Krankenwagen müssen zu allen Zeiten geschützt werden. Immer.“[6] UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich gleichfalls „entsetzt“. „Ich vergesse die Terrorangriffe, die in Israel von der Hamas begangen wurden, nicht“, betonte Guterres. Nun würden aber seit fast einem Monat Zivilisten im Gazastreifen belagert, von Hilfe abgeschnitten, getötet und aus ihren Wohnungen gebombt: „Das muss aufhören.“[7] Guterres hatte bereits zuvor gewarnt, das humanitäre Völkerrecht sei „kein à la carte-Menü“ und dürfe „nicht selektiv angewandt“ werden.[8]

Zunehmend isoliert

Die rücksichtslose Kriegführung stößt im Ausland in steigendem Maß auf scharfe Kritik. Mehrere Staaten haben mittlerweile aus Protest gegen die hohe Zahl an zivilen Todesopfern ihre Botschafter aus Israel zurückgerufen, darunter etwa Chile, Kolumbien und Honduras, Jordanien und Bahrain. Bahrain ist eines der Länder, die mit Israel ein sogenanntes Abraham-Abkommen geschlossen haben. Bolivien hat sogar seine diplomatischen Beziehungen zu Israel abgebrochen – bereits zum zweiten Mal: Der damalige Präsident Evo Morales hatte dies bereits im Jahr 2009 aus Protest gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen getan; die 2019 per kaltem Putsch an die Macht gelangte Übergangspräsidentin Jeanine Áñez [9] hatte die diplomatischen Beziehungen zu Israel 2020 wiederaufgenommen. Dass sich Israel mit seiner Kriegführung immer stärker isoliert, zeigte bereits das Votum der UN-Generalversammlung vom 27. Oktober. Lediglich 14 Staaten lehnten die Resolution mit ihrer Forderung nach einem Waffenstillstand im Gazastreifen ab: neben den USA, Israel und vier EU-Mitgliedern lediglich zwei Staaten Lateinamerikas und sechs Pazifikstaaten, die in ihrer aktuellen Politik von den Vereinigten Staaten abhängig sind.[10] Unter den 45 Staaten, die sich enthielten, befanden sich nur 15 aus dem Globalen Süden. Dieser geht ganz überwiegend zu Israel auf Distanz.

„Keine Partner für den Frieden“

Zur zunehmenden äußeren Isolation kommt mittlerweile auch Druck aus den Vereinigten Staaten hinzu. Hintergrund ist vor allem, dass die USA weiterhin ihren globalen Schwerpunkt auf den Machtkampf gegen China legen und deshalb einen ausufernden Flächenbrand im Nahen Osten verhindern wollen, der sie – wie zuletzt der Krieg gegen den IS – erneut von der Konzentration all ihrer Kräfte auf die Asien-Pazifik-Region abhalten würde. Washington hat deshalb die israelische Bodenoffensive zumindest zu verzögern versucht. Nun dringen die Vereinigten Staaten auf eine Feuerpause. Außenminister Antony Blinken erklärte am Freitag bei einem Besuch in Israel, er sei unverändert schockiert über das Hamas-Massaker vom 7. Oktober. Doch sei er auch erschüttert über die Bilder toter und verwundeter palästinensischer Kinder in Gaza: „Wenn ich das sehe, sehe ich meine eigenen Kinder.“[11] Israel habe zwar das Recht, sich selbst zu verteidigen. Allerdings müsse das unter Einhaltung des humanitären Völkerrechts geschehen. Wenn die Bevölkerung „von der humanitären Katastrophe verzehrt“ sei und „entfremdet durch die wahrgenommene Gleichgültigkeit gegenüber ihrer Not“, dann werde es „keine Partner für den Frieden“ geben, warnte Blinken im Hinblick auf die Zeit nach dem Krieg.[12]

Kein Ende der Gewaltspirale

Die Bundesregierung weist derlei Überlegungen zurück. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erklärte in der vergangenen Woche explizit: „Es ist jetzt nicht die Zeit, über Frieden zu reden.“[13] Habeck positionierte sich damit gegen die jüdische Schriftstellerin Deborah Feldman, die in einer TV-Talkshow mit Blick auf die hohe, schnell steigende Zahl ziviler Todesopfer im Gazastreifen erklärt hatte: „Es gibt eine erhebliche Stimme in der [jüdischen, d. Red.] Diaspora, die nach einem Ende der Gewaltspirale schreit. Ich gehöre dazu.“ „Wenn diese Eskalation der Gewalt nicht beendet wird“, warnte Feldman, dann „erleben wir möglicherweise eine dramatische, gefährliche Entwicklung“ – und das nicht nur „in unserer Gesellschaft“, sondern auch „in der Welt“, „die wir nicht mehr in den Griff bekommen“. Habeck lehnte Feldmans Warnung „politisch“ eindeutig ab: „Als politische Haltung schließt sich das für mich aus.“[14] Deutschland werde Israel weiter im Krieg unterstützen, nicht zuletzt mit Waffenlieferungen (german-foreign-policy.com berichtete [15]).

Sanitätsdienstliche Unterstützung

Aktuell ist die Bundesregierung mit Israel über medizinische Hilfen für Israel im Gespräch. Auf die Frage, ob es zutreffe, dass „Deutschland um ein Lazarettschiff gebeten worden sei ..., um die Verletzten aus dem Gazastreifen zu behandeln“, bestätigte ein Regierungssprecher am vergangenen Freitag, Berlin „prüfe“ derzeit“ „nach Kräften, was wir anbieten können“.[16] Ein „Lazarettschiff“ besitze die Deutsche Marine allerdings nicht. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums erläuterte, es sei „kein Geheimnis“, dass „wir mit Israel in einem engen Austausch stehen und insgesamt über sanitätsdienstliche Unterstützung sprechen“. Die drei Einsatzgruppenversorger der Marine verfügten „über unterschiedliche sanitätsdienstliche Möglichkeiten“. Einer von ihnen, die Frankfurt am Main, befindet sich derzeit im östlichen Mittelmeer. Auf die Frage, ob die Marine eventuell „medizinische Hilfsleistungen für im Gazastreifen verwundete Palästinenser“ durchführen werde, erklärte ein Regierungssprecher: „Das ist mir nicht bekannt.“[17]

 

[1] ‘Unceasing Death, Destruction, Suffering’ of Russian Federation’s War on Ukraine Must End, Senior Humanitarian Affairs Official Tells Security Council. press.un.org 31.10.2023.

[2] Jack Khoury: Gaza Aid Groups Struggle to Estimate Extent of Destruction. They Say It’s Never Been Worse. haaretz.com 03.11.2023.

[3] Charles R. Davis: More UN aid workers have been killed in Gaza in the last few weeks than in all previous wars between Israel and Hamas combined. businessinsider.com 02.11.2023.

[4] Nadeen Ebrahim, Abeer Salman: Surgery without drugs, patients piling up: Gaza’s hospitals overwhelmed amid Israeli strikes and fuel shortages. edition.cnn.com 02.11.2023.

[5] Israel’s attacks on Gaza refugee camp may amount to war crimes, UN human rights office says. cbc.ca 01.11.2023.

[6] Ben Samuels: Israel’s UN envoy slams WHO for ‘bias and double standards’. haaretz.com 04.11.2023.

[7] Andrew Carey, Tara John, Kevin Flower: Israel admits airstrike on ambulance near hospital that witnesses say killed and wounded dozens. edition.cnn.com 04.11.2023.

[8] UN chief warns humanitarian law not ‘an a la carte menu’ in Israel-Hamas war. ynetnews.com 31.10.2023.

[9] S. dazu Berlin und der Putsch (II).

[10] Bei den Ländern handelt es sich um Guatemala und Paraguay sowie um Fidschi, die Marschallinseln, die Föderierten Staaten von Mikronesien, Nauru, Papua-Neuguinea und Tonga. Die vier EU-Staaten sind Österreich, Tschechien, Ungarn und Kroatien.

[11], [12] Matthew Lee, Eric Tucker: Blinken warns Israel that humanitarian conditions in Gaza must improve to have ‘partners for peace’. apnews.com 03.11.2023.

[13], [14] Marko Schlichting: „Es ist jetzt nicht die Zeit, über Frieden zu reden“. n-tv.de 02.11.2023.

[15] S. dazu Waffen für Israel und Einsatz im östlichen Mittelmeer.

[16], [17] Regierungspressekonferenz vom 3. November 2023. bundesregierung.de 03.11.2023.

Quelle: German Foreign.Policy.com

 Kampf um den Frieden in Palästina

Aus: Ausgabe vom 06.11.2023, Seite 1 / Titel

KRIEG IN GAZA

Keine Chance auf Frieden

Israel lehnt Waffenstillstand in Gaza weiter ab. Flüchtlingsviertel bombardiert. US-Außenminister auf Nahosttour. Proteste gegen Netanjahu

Von Knut Mellenthin

 

Vier Wochen nach Beginn des neuen Kriegs im Gazastreifen sind wahrscheinlich bereits mehr als 10.000 Tote zu beklagen, und ein Ende ist nicht abzusehen, da die Regierungen Israels, der USA, Deutschlands und anderer EU-Staaten übereinstimmend die weltweit erhobene Forderung nach einem Waffenstillstand ablehnen. Das palästinensische Gesundheitsministerium in Gaza teilte am Sonnabend mit, dass bei den israelischen Angriffen mindestens 9.770 Menschen, darunter 4.800 Kinder, getötet worden seien. Das Kinderhilfswerk UNICEF und andere Unterorganisationen der Vereinten Nationen schätzen die Zahl der Getöteten ebenfalls in dieser Größenordnung.

Ungefähr 1,5 Millionen Menschen – das entspricht 70 Prozent der Bevölkerung des Gebiets, das nur halb so groß ist wie Hamburg – sind vor den ständigen Luftangriffen und der Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte geflüchtet. Die israelische Kriegspropaganda setzt ihre Versuche fort, die noch im Nordteil des Gazastreifens verbliebene Bevölkerung mit Flugblattabwürfen und massenhaft versandten E-Mails ebenfalls zur Flucht zu treiben. Der arabische Fernsehsender Al-Dschasira berichtete am Sonntag unter Berufung auf Ärzte vor Ort von 45 Todesopfern nach der Bombardierung des Al-Magasi-Flüchtlingsviertels. Hier leben nach Angaben des UNRWA mehr als 33.000 Menschen auf einer Fläche von 0,6 Quadratkilometern.

US-Außenminister Antony Blinken traf sich am Sonnabend in Amman mit seinen Amtskollegen aus Jordanien, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar und Ägypten. Außerdem nahm laut Presseberichten ein Abgesandter der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) an dem Gespräch teil, der vermutlich auch die Autonomieregierung in Ramallah vertrat. Während die arabischen Politiker für eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen eintreten, lehnte Blinken diese Forderung ab. Seine Begründung: Die islamisch-fundamentalistische Hamas, die das Gebiet seit 2007 beherrscht, dürfe keine Gelegenheit erhalten, »sich neu zu gruppieren« und den Kampf später fortzusetzen. Die US-Regierung empfiehlt lediglich kurze »humanitäre Pausen«, aber nicht einmal darauf wollte sich Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu im Gespräch mit Blinken einlassen.

 

Vor der Weiterreise in die Türkei unternahm der US-Außenminister am Sonntag einen kurzen Abstecher nach Ramallah, wo er mit Präsident Mahmud Abbas zusammentraf. Washington will die Autonomieregierung überreden, nach dem Krieg die »Verantwortung« im Gazastreifen zu übernehmen. Abbas macht das jedoch von einer »umfassenden Lösung« abhängig, die die Bildung eines palästinensischen Staates unter Einschluss des seit 1967 besetzten Westjordanlands und Ostjerusalems beinhalten müsse.

In Israel nimmt die offen gezeigte Unzufriedenheit mit dem »Krisenmanagement« Netanjahus und der von ihm geführten Regierungskoalition aus Rechten und Ultrarechten zu. Auf Initiative von Familienangehörigen der etwa 240 Geiseln, die am 7. Oktober von palästinensischen Kämpfern in den Gazastreifen entführt wurden, demonstrierten in der Nacht zum Sonntag mehrere tausend Menschen in Tel Aviv für einen von der Hamas angebotenen Gefangenenaustausch. Ähnliche Kundgebungen fanden auch in anderen Städten statt, so mit einigen hundert Teilnehmern in der Umgebung von Netanjahus Wohnung in Jerusalem. Nach Angaben der Hamas vom Sonnabend werden mehr als 60 der von ihr entführten Geiseln infolge israelischer Luftangriffe auf den Gazastreifen vermisst.

Quelle: junge Welt v.06.11.2023/ Bild Ammar Awad/REUTERS

Protest gegen Israels Rechtsregierung und Premier Benjamin Netanjahu am Sonnabend in Jerusalem

 Kampf um den Frieden in Palästina

Aus: Ausgabe vom 06.11.2023, Seite 2 / Inland

VERFOLGUNG VON PALÄSTINASOLIDARITÄT

»Wir beobachten eine Zuspitzung der Repression«

Grundrechte bei Palästina-Solidarität zunehmend eingeschränkt. Ein Gespräch mit Tobias Den Haan

Interview: Jamal Iqrith

 

Tobias Den Haan arbeitet für das Monitoring Team des European Legal ­Support Center (ELSC)

Das European Legal Support Center, ELSC, möchte nach eigenen Angaben »Verfechter palästinensischer Rechte« in Europa »verteidigen und stärken«. Worin genau besteht Ihre Arbeit?

Wir verteidigen europaweit die Grundrechte von Menschen, die sich für Palästina einsetzen. Das bedeutet zunächst, dass wir aufklären, welche Rechte das eigentlich sind. Aber wir vertreten auch Menschen, die konkret von Repression betroffen sind. Daneben führen wir ein Register über einzelne Vorfälle und beobachten, wie sich die Maßnahmen gegen Menschen, die sich propalästinensisch engagieren, entwickeln. Wir arbeiten zum größten Teil in Deutschland, im Vereinigten Königreich, Frankreich, den Niederlanden und Italien.

Was für Repression meinen Sie konkret?

Das ist unterschiedlich. Wir sind seit 2019 aktiv. Die Unterstützung der Belange der Palästinenser wird schon lange staatlich verfolgt. Ich meine damit Menschen, die ihren Job verlieren, weil sie auf Social Media Position bezogen haben, oder Leute, die auf der Straße grundlos von der Polizei angehalten oder festgenommen wurden. Schließlich kümmern wir uns auch um mediale Hetzkampagnen gegen Individuen oder Kollektive, die wegen ihres Engagements für Menschenrechte angegriffen werden.

Was hat sich seit Beginn der aktuellen Kriegshandlungen am 7. Oktober verändert?

Was wir gerade beobachten können, ist eine Verschärfung und Zuspitzung der Repression, aber keinesfalls ein neues Phänomen. Seit mehreren Jahren indexieren wir solche Fälle, aber die Frequenz hat sich drastisch erhöht. Aktuell schaffen wir es nicht, restlos alle Meldungen zu kategorisieren, weil es so viele sind. Das Zusammenwirken von Medien, staatlichen Stellen und zivilgesellschaftlichen Institutionen hat sich seit dem 7. Oktober intensiviert. Es wird versucht, Dissens zu kriminalisieren, Individuen zu verleumden und Protest zu unterbinden.

 

Waren Sie überrascht über das Ausmaß der Maßnahmen in der BRD?

»Überraschung« ist nicht das richtige Wort. Die aktuelle Entwicklung ist beängstigend und einschüchternd. Polizei und Staat treten uneindeutig auf: Manches wird geahndet, anderes nicht. Das liegt daran, dass die aktuelle Verfolgung sich nicht auf Gesetze stützt. Wir reden hier von Parolen oder Symbolen, aber sie sind nicht verboten. Es gibt kein Gesetz, das das Palästinensertuch oder die palästinensische Flagge verbietet. Und auch keins, das von »From the River to the Sea, Palestine will be free« unter Strafe stellt.

Was ist der Grund für die harten polizeilichen Maßnahmen?

Insbesondere seit 2021 sehen wir in der BRD die Tendenz, propalästinensische Versammlungen schlichtweg zu verbieten. Spitzenpolitiker haben mehrfach erklärt, dass sie die »Sicherheit Israels« als deutsche Staatsräson betrachten. Das hat auch Robert Habeck in seiner Rede bei X betont. Vielleicht ist das, was wir hier auf den Straßen sehen, die praktische Umsetzung davon. Aber trotzdem dürfen demokratische Rechte nicht auf diese Weise eingeschränkt werden.

Wie schätzen Sie die aktuelle Flut von Strafanzeigen und die zahlreichen Demoverbote juristisch ein?

Die Argumentation der Demonstrationsverbote seit 2021 ist eigentlich immer ähnlich und operiert mit rassistischer Sprache. Man erklärt, es handele sich hier um eine »hoch emotionalisierte Untergruppe« der Gesellschaft von arabischstämmigen, palästinensischen oder libanesischen jungen Menschen. Diese würden schneller zu Gewalt oder Ausschreitungen tendieren sowie zu antisemitischen oder gewaltverherrlichenden Aussagen. Diese Argumentation müssen wir ablehnen, denn man kann nicht Tausende Menschen unter Generalverdacht stellen. Das ist verfassungswidrig.

Ob die Gerichte die Kriminalisierung der Solidaritätsbewegung mittragen werden, ist bisher schwer einzuschätzen. Es handelt sich allein in Berlin um 900 erhobene Strafanzeigen. Dazu kommen noch Tausende Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten deutschlandweit. Nach einer Strafanzeige dauert es meist mehrere Wochen oder Monate, bis die Angezeigten Briefe bekommen und die Verfahren beginnen.

Dass wir gegen die drastische Einschränkung der Grundrechte vorgehen müssen, versteht sich von selbst. Wir als ELSC sind da, um Leute zu unterstützen, die ebenfalls dagegen vorgehen möchten.

Quelle: junge Welt v.06.11.2023/ dts Nachrichtenagentur/Imago

Die Polizei geht gegen die verbotene palästinasolidarische Demonstration auf der Berliner Sonnenallee vor (18.10.2023)

Kampf um den Frieden in Palästina

Aus: Ausgabe vom 06.11.2023, Seite 2 / Ausland

KRIEG IN GAZA

Biden unter Druck gesetzt

300.000 Teilnehmer: Größte Palästina-Kundgebung in Geschichte der USA

Von Moss Robeson, Washington, D. C.

 

Rund 300.000 Menschen marschierten am Sonnabend zum Weißen Haus, um eine Botschaft an die Regierung von Joseph Biden zu senden. »Wir sagen nein, Völkermörder Joe!« war immer wieder auf der bisher größten Palästina-Solidaritätskundgebung in der Geschichte der USA zu hören. Die Demonstranten forderten ein Ende der Belagerung Gazas, die sofortige Einstellung aller US-Hilfen für Israel und den Stopp der Bombardierungen, die innerhalb von vier Wochen fast 10.000 Menschenleben gekostet haben.

Nihad Awad, geschäftsführender Direktor des Council on American-Islamic Relations, der größten muslimischen Bürgerrechtsorganisation in den Vereinigten Staaten, dirigierte Sprechchöre, die auf die US-Präsidentschaftswahl 2024 anspielten: »Kein Waffenstillstand, keine Stimmen!« und »Im November werden wir uns erinnern!« skandierten die Massen. Biden sieht sich wachsendem öffentlichem Druck ausgesetzt. In sogenannten Swing-Staaten mit einem starken Stimmenanteil der arabischstämmigen Bevölkerung, wie etwa Michigan, könnte ihm seine bedingungslose Unterstützung der israelischen Regierung im kommenden Jahr eine Wahlniederlage bescheren.

 

Die Wut über das moralische Totalversagen des US-Präsidenten ist groß: »Biden, Biden, du kannst dich nicht verstecken, wir klagen dich des Völkermordes an«, riefen die Teilnehmer des »National March on Washington – Free Palestine!«. Aufgerufen hatten die ANSWER Coalition, Dachorganisation antiimperialistischer Gruppen, die der marxistischen Party for Socialism and Liberation nahesteht, ebenso das Palestinian Youth Movement, The People’s Forum sowie sechs weitere Organisationen. Unterstützt wurde die Demonstration von mehr als 400 Parteien, Initiativen und Gruppen, darunter Democratic Socialists of America, Party of Communists USA, Code Pink und auch von diverse jüdischen Initiativen. Innerhalb kurzer Zeit ist in den USA ein breites Antikriegsbündnis entstanden.

Einige Redner kritisierten die weltweit zunehmende Repression gegen Palästinenser. Viele fürchteten, ihre Arbeit zu verlieren und geächtet zu werden, sagte Mohammed El-Kurd, ein preisgekrönter Dichter aus Ostjerusalem, dessen Familie seit Jahren von den israelischen Sicherheitsbehörden und rechten Siedlern drangsaliert wird. »Wie können sie es wagen, uns Kinder der Finsternis zu nennen?« so El-Kurd weiter. »Wir stehen für Aufklärung und moralische Klarheit.«

Quelle: junge Welt v.06.11.2023/ Elizabeth Frantz/REUTERS

Massendemonstration auf der Freedom Plaza in Washington, D. C. am Sonnabend

Kampf um den Frieden in Palästina

Aus: Ausgabe vom 06.11.2023, Seite 8 / Abgeschrieben

»Mit Waffen und Munition schafft man keinen Frieden«

 

In einem offenen Brief an Kanzler, Regierung und Bundestag rief das Kuratorium Friedensfahrt »Course de la Paix« e. V. am Sonnabend zu Bemühungen um Frieden und Diplomatie in Osteuropa auf:

Der Schock über den Angriff Russlands auf die Ukraine währte kurz. Sie, Herr Bundeskanzler, hielten eiligst eine Rede vor dem Parlament, in der Sie eine Zeitenwende verkündeten. Sie sprachen nicht über eiligste diplomatische Bemühungen Deutschlands. Sie sprachen nicht über mögliche Versäumnisse der Politik. Nein! Sie sprachen über Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden für die Bundeswehr.

Nun tobt der Krieg schon lange. Täglich hören wir von Angriffen und Rückeroberungen. Die Zahl der Toten wird emotionslos genannt. Als wäre ein Leben nichts mehr wert? Weiß man nicht, dass hinter jedem Toten und Schwerverwundeten eine Familie steht? Wird Deutschland schon an den Krieg gewöhnt oder auf ihn vorbereitet? Warum hört man nur noch Rufe nach Waffen und Munition?

Mit Waffen und Munition schafft man keinen Frieden, nur Leid und Elend! (…) Auch wenn der Verteidigungsminister in einem Interview mit dem ZDF verkündet, Deutschland müsse wehrhaft sein, kriegstüchtig, dürfen sich Deutschland und Europa nicht an die Kriegsgefahr gewöhnen.

 

Nur drei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Internationale Radfernfahrt für den Frieden, kurz Friedensfahrt, das erste Mal gestartet. Radrennfahrer aus noch kurz vorher feindlichen Ländern traten gegeneinander zu einem fairen, friedlichen Wettkampf an. Sie lernten sich kennen, verstehen und zu achten. Im Laufe der Jahre entstanden Freundschaften, die bis heute anhalten.

Die Friedensfahrt wird seit 2006 nicht mehr ausgetragen. Ist Frieden damit auch nicht schützenswürdig? Wir, die Friedensfahrtfreunde, organisiert in den Vereinen »Radsport, Radfreizeit und Friedensfahrtgeschichte e. V.« und Kuratorium Friedensfahrt »Course de la Paix« e. V., sind entsetzt und besorgt über die aktuelle deutsche Herangehensweise an internationale Konflikte.

Wir ersuchen Sie, Herr Bundeskanzler, zusammen mit der Regierung, sich deutlich intensiver als bisher für diplomatische und menschliche Lösungen von Konflikten einzusetzen. Handeln Sie und entsprechen dem Grundgesetz in Wort und Geist. Die Kinder, die in diesem Land leben, sollen sich mit Schule, Sport und Spiel beschäftigen können. Gedanken an Kriege auf dieser, unserer Welt, sollten sie nie beunruhigen! Deutschland hat aufgrund seiner Geschichte eine Verpflichtung zur Erhaltung des Friedens. Vergessen wir diese nie!

Quelle: junge Welt v.06.11.2023/ imago images/opokupix

Veranstaltung zum 70jährigen Jubiläum der Friedensfahrt in Kleinmühlingen (23.5.2018)

Kampf für den Frieden in Palästina

Mit eindrucksvollen Manifestationen für den Frieden in Palästina haben am Wochenende in Venezuela große Teile der Bevölkerung ihre Solidarität mit dem palästinensischen Volk bekundet und sofort die Einstellung aller Kampfhandlungen gefordert.

https://twitter.com/i/status/1720884238944284777

https://twitter.com/i/status/1720879727647314241

Quelle: Videos aus Venezuela von der Cancilleriave

05.11.
2023

Kampf für den Frieden in Palästina

Der Krieg in Palästina wird weltweit verurteilt. Israel wird Vorgehensweise gegenüber dem palästinensischen Volk stellt ein Bruch des Völkerrechts dar. Im folgenden wird ein Auszug der internationalen Presse dargestellt;

 

Wie das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung in der BRD gelebt wird, kann man hier per Video Live erleben.

01.11.2023 Berlin Polizei verbietet "Stoppt den Krieg!"-Ruf und verbietet Demo-Route über Tauentzien - YouTube

 

1. Stärkste irische Partei fordert Ausweisung der israelischen Botschafterin

4 Nov. 2023 19:41 Uhr RTd

Die irische Partei Sinn Fein hat gefordert, den israelischen Botschafter auszuweisen, solange Israel die Forderungen nach einem Waffenstillstand ignoriert. Die Verbindungen zwischen dem politischen Flügel der IRA und palästinensischen Organisationen reichen Jahrzehnte zurück.

© Sinn Féin, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons

Mary Lou McDonald

Die israelische Botschafterin Dana Erlich soll nach Auffassung der Vorsitzenden der Partei Sinn Fein, Mary Lou McDonald, "in Irland nicht länger diplomatischen Status genießen." McDonalds Partei, die tief reichende Verbindungen zur Sache der Palästinenser hat, hat wiederholt Israels Bombardements in Gaza verurteilt.

 

"[Die israelische Armee] betreibt eine blindwütige Offensive gegen die Zivilbevölkerung; sie verletzt das Völkerrecht, indem sie Zivilisten zum Ziel macht, zivile Infrastruktur zerstört, eine massenhafte Vertreibung der Bevölkerung erzwingt und diese von lebenswichtigen Gütern wie Wasser, Nahrung, Medikamenten und Treibstoff abschneidet", sagte McDonald am Freitag zu Reportern.

Erlichs Anwesenheit in Irland sei "unhaltbar" geworden, fuhr McDonald fort und fügte hinzu, die Botschafterin solle "nicht länger einen diplomatischen Status in Irland genießen, während sich Israel dem Gebot von Waffenstillständen widersetzt und das Leid und der Zoll an menschlichen Leben zunehmen".

Zuvor am Freitag hatte McDonald den Konflikt mit Diplomaten aus Algerien, Ägypten, dem Irak, Kuwait, Marokko, Palästina, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten besprochen. Die israelische Botschaft in Dublin kritisierte die Vorsitzende der Sinn Fein dafür, Erlich nicht zu dem Treffen eingeladen zu haben, und warf ihr vor, "nur Israel isolieren [zu wollen], statt ein Forum für ein konstruktives Engagement zu bieten".

"Israel von einem solchen Forum auszuschließen, sagt viel aus über die Position der Sinn Fein zu dem Konflikt", erklärte die Botschaft in einer Stellungnahme.

Sinn Fein ist die beliebteste politische Partei in Irland und hat einen Vorsprung von 13 Prozent zu ihrem nächsten Rivalen, der zentristischen Fine Gael. Sinn Fein ist aber durch eine Koalitionsvereinbarung zwischen Fine Gael und deren historischem Rivalen Fianna Fáil sowie der Grünen Partei von der Regierung ausgeschlossen.

Als ehemaliger politischer Flügel der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) hat Sinn Fein die palästinensische Sache schon lange unterstützt. Die Anhänger der Partei, insbesondere jene in Nordirland, sehen ihren eigenen Kampf gegen den britischen Kolonialismus als analog zum palästinensischen Kampf gegen die israelische Besatzung. Als die IRA die Waffen niederlegte, blieb die Sinn Fein im Kontakt mit der Hamas; der ehemalige Parteivorsitzende Gerry Adams traf den Hamas-Anführer Ismail Haniyya 2009 in Gaza. McDonald veranstaltete im Jahr 2020 eine Onlinekonferenz mit dem Leiter der Auslandsbeziehungen der Organisation, Basem Naim.

Sinn Fein "wird sich nie weigern, jemanden zu treffen oder mit ihm zu reden, denn das nützt gar nichts" bei der Sicherung des Friedens im Nahen Osten, erklärte letzten Monat der außenpolitische Sprecher der Partei, Matt Carthy.

Der irische Premier Leo Varadkar nahm in Bezug auf den israelisch-palästinensischen Konflikt eine neutralere Haltung ein und erklärte am Freitag, Israel habe "das Recht, sich zu verteidigen und das Recht, gegen die Hamas vorzugehen, damit sie das nicht wiederholen können". Varadkar verurteilte zudem Israels Reaktion auf den Angriff vom 7. Oktober und erklärte, das sei "nicht einfach Selbstverteidigung, das wirkt eher wie Rache".

Irland hat im letzten Monat einer UN-Resolution zugestimmt, die einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza forderte, und sich gegen den inzwischen gekippten Plan der EU gewandt, Hilfsleistungen an Gaza zu streichen. Am Freitag sagte Varadkar jedoch gegenüber Journalisten, er sei sich, "offen gesagt, nicht sicher, ob [die Israelis] genau zuhören, was wir zu sagen haben".

-------------------------------------------------------------------------------

2. 

Erdoğan: Netanjahu ist nicht mehr jemand, mit dem wir reden können

4 Nov. 2023 22:24 Uhr RTd

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat angekündigt, dass er den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu abgeschrieben hat.

Quelle: RT

Dies bedeute aber nicht den Abbruch der Beziehungen zu Israel. Netanjahu müsse "einen Schritt zurücktreten", meint er.

https://vk.com/video-134310637_456271478

Botschafter Türkei in Israel zurückgerufen. Eine Woche zuvor hat Israel ihren Botschafter aus der Türkei zurückgerufen,

-------------------------------------------------------------------------------

3.

Lateinamerikanische Staats- und Regierungschefs kritisieren Israel wegen der Lage im Gazastreifen

01:09 Uhr GMT 01.11.2023

Luiz Inácio Lula da Silva, Präsident von Brasilien - Sputnik World, 1920, 01.11.2023

Wenige Stunden nachdem Bolivien beschlossen hatte, die diplomatischen Beziehungen zu Israel als Vergeltung für die militärische Belagerung des Gazastreifens abzubrechen, schlossen sich die Präsidenten Kolumbiens, Brasiliens und Chiles der Kritik am hebräischen Staat an und ergriffen verschiedene Maßnahmen angesichts der Situation, die bis zum 31. Oktober mehr als 8.000 Todesopfer gefordert hat.

Gustavo Petro, Gabriel Boric und Luiz Inácio Lula da Silva, die Präsidenten von Kolumbien, Chile und Brasilien, legten unterschiedliche Positionen ihrer Regierungen zur Lage im Gazastreifen fest, die am 31. Oktober Bombardierung des größten Flüchtlingslagers im Norden der palästinensischen Enklave von der israelischen Armee verübt und nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 8.000 Opfer gefordert.

 

Präsident Lula prangerte die weltweite Unfähigkeit an, das Abschlachten von Kindern im Gazastreifen zu stoppen, die Opfer der israelischen Bombardements sind, die als Vergeltung für den Angriff der islamistischen Gruppe Hamas entfesselt wurden.

Die humanitäre Lage im Gazastreifen wird von den Vereinten Nationen nach dreiwöchiger Belagerung durch Israel als schrecklich beschrieben - Sputnik World, 1920, 31.10.2023

Lateinamerika

Bolivien bricht angesichts des Gaza-Konflikts die diplomatischen Beziehungen zu Israel ab

31. Oktober, 19:44 GMT

Nach Angaben des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) wurden in Gaza mehr als 3.400 Kinder durch das Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) getötet. Israelische Angriffe seit dem 7. Oktober detoniert.

"Wir sind zum ersten Mal Zeugen eines Krieges, in dem die Mehrheit der Toten Kinder sind. Niemand übernimmt die Verantwortung, und wir konnten nicht einmal eine überzeugende UN-Charta für den Waffenstillstand vorlegen. Aufhören! Um Gottes Willen, hör auf!", schrieb der brasilianische Präsident auf seinem verifizierten Twitter-Account (jetzt X).

 

Der brasilianische Staatschef sagte auch, er sei traurig darüber, dass 3.000 Kinder im Gazastreifen in einem Krieg sterben, den sie nicht für sich beanspruchten.

"Und die verantwortungslosen Leute, die den Krieg gemacht haben, trauern jetzt um den Tod dieser Kinder? Spürst du das Gewicht der Dinge?", fragte das portugiesischsprachige Staatsoberhaupt.

 

Lula in den letzten Tagen in der Kritik Israels Offensive gegen den Gazastreifen, die mangelnde Effektivität der Vereinten Nationen (UN), um die Eskalation des Krieges im Nahen Osten zu stoppen, und auch das, was sie als "terroristische Akte" der radikalen Palästinensergruppe Hamas bezeichnete.

Der brasilianische Präsident stellte auch das Vetorecht der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) in Frage. Washington will brasilianische Resolution am 18. Oktober stoppen um einen Waffenstillstand in Gaza zu erreichen.

Die Präsidenten Kolumbiens und Chiles, Petro und Boric, beschlossen ihrerseits, ihre Botschafter in Israel zurückzurufen, um die Relevanz der Aufrechterhaltung des diplomatischen Austauschs mit dem von Benjamin Netanjahu regierten Land zu bewerten.

Folgen der seit dem 7. Oktober 2023 entfesselten israelischen Belagerung im Norden des Gazastreifens - Sputnik World, 1920, 15.10.2023

Petro erwägt Aussetzung der diplomatischen Beziehungen zu Israel: "Wir unterstützen keine Völkermorde"

15. Oktober, 20:41 GMT

"Angesichts der inakzeptablen Verletzungen des humanitären Völkerrechts, die Israel im Gazastreifen begangen hat, haben wir als chilenische Regierung beschlossen, den chilenischen Botschafter in Israel, Jorge Carvajal, zu Konsultationen nach Santiago zurückzurufen", sagte Boric im selben X-Netzwerk.

"Chile verurteilt aufs Schärfste und stellt mit großer Besorgnis fest, dass diese Militäroperationen, die in diesem Stadium ihrer Entwicklung eine kollektive Bestrafung der palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza mit sich bringen grundlegende Normen des Völkerrechts nicht respektieren, wie die mehr als 8.000 zivilen Opfer, vor allem Frauen und Kinder, beweisen", beschuldigte der chilenische Staatschef.

Der kolumbianische Präsident, der seit dem 8. Oktober seine Stimme gegen die feindliche Haltung Israels in Palästina erhob und schon früh erwog, die diplomatischen Beziehungen zum hebräischen Staat abzubrechen, beschloss unterdessen, seinen Vertreter in das Land der Mittelmeerlevante einzuladen.

Lateinamerika

Boric: "Chile darf angesichts des Leidens des palästinensischen Volkes nicht blind oder protokollarisch sein"

"Ich habe beschlossen, unseren Botschafter in Israel zur Konsultation zurückzurufen", twitterte Petro. "Wenn Israel das Abschlachten des palästinensischen Volkes nicht stoppt, können wir nicht dort sein."

Dieses Erheben der Stimme aus Brasília, Bogotá und Santiago angesichts der Situation in Gaza kommt nur wenige Stunden, nachdem der Plurinationale Staat Bolivien beschlossen hat, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen, um die Militärische Belagerung der palästinensischen Enklave, die in den letzten Tagen mit einem von Netanjahu angeordneten Bodenangriff eine neue Episode der Gewalt eröffnete.

Kuba verurteilt israelischen Angriff auf Flüchtlingslager in Gaza

2. November 2023

CDT11:23 (GMT) -0400 

 

Der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez verurteilte heute den Angriff Israels auf das palästinensische Flüchtlingslager in Dschabalia im nördlichen Gazastreifen, bei dem Hunderte von Zivilisten getötet und verletzt wurden. 

Israel begehe Kriegsverbrechen in Gaza, dank der Komplizenschaft der Vereinigten Staaten völlig ungestraft, prangerte der Außenminister auf seinem Account im sozialen Netzwerk X an.Auf dieser Plattform wiederholte Rodríguez den dringenden Aufruf des Karibikstaates zu einem Waffenstillstand.

Das Lager Jabalia liegt in der nördlichen Region der Küstenenklave und ist mit 116.000 Flüchtlingen das größte der acht Lager im Gazastreifen.

Es wird geschätzt, dass Hunderte von Zivilisten in den letzten Tagen von israelischen Streitkräften getötet wurden, und andere könnten unter den Trümmern von Wohngebäuden liegen, die nach einer gezielten Bombardierung eingestürzt sind.

Die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen seit der Eskalation des Konflikts zwischen Tel Aviv und der palästinensischen Widerstandsbewegung Hamas liegt bei mehr als 8.796 Bürgern.

Davon sind 3.648 minderjährig und 2.290 Frauen.

RO/MKS

--------------------------------------------------------------------------------------------------

4.

Libanon und Jordanien diskutieren über die Notwendigkeit, die israelische Aggression zu stoppen

  • 5. November 2023
  • CST08:16 (GMT) -0500

 

 

 

 

Amman, 5. November (Prensa Latina) Der libanesische Interimspremierminister Najib Mikati und der jordanische König Abdullah II. haben heute über die Notwendigkeit gesprochen, die internationalen Bemühungen zu intensivieren, um die israelische Aggression im Gazastreifen zu stoppen.

 

 

 

 

Laut dem Social-Media-Account X der libanesischen Regierung sprachen Mikati und der jordanische Monarch auch die Dringlichkeit an, die Ausweitung des Konfliktkreises in der Region zu verhindern.

Gleichzeitig betonten die Parteien, wie wichtig es ist, den Menschen in Gaza ununterbrochen humanitäre Hilfe zu leisten und die im Gazastreifen tätigen internationalen Organisationen zu unterstützen.

Bei dieser Gelegenheit bekräftigte der Gastgeber die Unterstützung Jordaniens für die Bemühungen des Libanon, seine Sicherheit zu verbessern.

Mikati lobte seinerseits die Rolle Jordaniens bei der Verteidigung arabischer Fragen und bei der Arbeit für Frieden und Stabilität.

In diesem Zusammenhang betonte der libanesische Kabinettschef die Notwendigkeit, die Bemühungen fortzusetzen, um den Krieg in Gaza zu beenden und eine gerechte und endgültige Lösung zu erreichen, die die Palästinenser in ihrem Land hält.

Im Rahmen seiner Regionalreise forderte Mikati gestern US-Außenminister Anthony Blinken auf, sich dafür einzusetzen, die israelische Aggression gegen Gaza und im Süden des Landes zu stoppen.

Später besprach der Ministerpräsident in Kairo mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah El-Sisi die Dringlichkeit, den Friedensprozess zwischen Tel Aviv und den Palästinensern auf der Grundlage des Völkerrechts und der Zweistaatenlösung wieder in Gang zu bringen.

ODA/YMA

Syrien wirft Israel Staatsterrorismus vor (+Foto)

Veröffentlicht am 5. November 2023

08:05

 

Damaskus, 5. November (Prensa Latina) Die syrische Regierung hat heute die Äußerungen eines israelischen Ministers über die Möglichkeit, Gaza mit einer Atombombe anzugreifen, zurückgewiesen und sie als Staatsterrorismus bezeichnet.

Ergänzung:

Nahost-Updates: Israels Kulturminister befürwortet Atombombenabwurf auf Gazastreifen

5 Nov. 2023 11:20 Uhr

Die Bilder und Videos aus dem Grenzgebiet des Gazastreifens und Israel schockieren die Welt. Mit dem Angriff der Hamas auf Israel kam es nun zu einer neuen Eskalation der Gewalt. Die israelische Armee startete am 9. Oktober eine unbarmherzige Militäroperation gegen den Gazastreifen.

Quelle: www.globallookpress.com © globallook

Historische Fotografie des US-amerikanischen Atombombentests auf dem Bikini-Atoll, 1946 (Symbolbild)

  • 5.11.2023 12:50 Uhr

Tschad ruft seinen Geschäftsträger zu Konsultationen nach Israel

  • 5. November 2023
  • CST07:56 (GMT) -0500

 

 

 

 

N'Djamena, 5. November (Prensa Latina) Die tschadische Regierung hat ihren Geschäftsträger in Israel aufgrund der humanitären Krise nach der Eskalation im Gazastreifen zu Konsultationen zurückgerufen, berichtete das Außenministerium heute.

 

 

 

 

"Wir verfolgen mit größter Aufmerksamkeit und Besorgnis die Situation im Nahen Osten, insbesondere die beispiellosen Wellen tödlicher Gewalt im Gazastreifen", sagte der Sprecher des tschadischen Außenministeriums, Ibrahim Adam Mahamat, in einer Erklärung, die im sozialen Netzwerk X (ehemals Twitter) veröffentlicht wurde.

Angesichts dieser Tragödie verurteile der Tschad den Verlust vieler unschuldiger Zivilisten und rufe zu einem Waffenstillstand auf, der zu einer dauerhaften Lösung der Palästinenserfrage führen werde, betonte Mahamat.

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu und der Übergangspräsident des Tschad, Mahamat Idriss Déby Itno, haben am 2. Februar die erste Botschaft des afrikanischen Landes in der Levante eingeweiht, ein Moment, den der israelische Staatschef als historisch bezeichnete.

Zuvor hatte das mehrheitlich muslimische Land seine diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten gesenkt.

Tel Aviv hat nach der Besetzung der palästinensischen Gebiete 1967 und fünf Jahre später die Beziehungen offiziell und vollständig abgebrochen.

Anfang 2019 nahmen beide Seiten während eines Besuchs des verstorbenen Präsidenten Idriss Déby, des Vaters des derzeitigen tschadischen Staatschefs, in Jerusalem ihre Beziehungen wieder auf.

Israels Militäroffensive auf den Gazastreifen, die am 7. Oktober begann, hat bisher fast 9.500 Tote gefordert, die meisten von ihnen Kinder, Frauen und wehrlose ältere Menschen.

Betroffen sind auch die mehr als 24.000 Verletzten und rund 1,5 Millionen Vertriebenen, die aufgrund des Zusammenbruchs von Krankenhäusern und des Mangels an Trinkwasser, Lebensmitteln, Medikamenten, Strom und Treibstoff unter sehr schwierigen Lebensbedingungen leiden.

ODA/EHL

-----------------------------------------------------------------------------

 

  • 11:20 Uhr

Israels Kulturminister befürwortet Atombombenabwurf auf Gazastreifen

Amihai Elijahu, Israels Kulturminister und Mitglied der Partei Otzma Jehudit, sieht es laut eigenen Angaben als eine Möglichkeit an, eine Atombombe über dem Gazastreifen abzuwerfen. Laut der Zeitung The Times of Israel sprach sich der Minister in einem Interview mit dem Radiosender "Kol Berama" außerdem gegen Unterstützung für die Zivilbevölkerung aus.

Man würde auch "den Nazis keine humanitäre Hilfe geben" und so etwas wie unbeteiligte Zivilisten gebe es dort nicht. Zur Frage nach dem Schicksal der Palästinenser sagte Elijahu, sie könnten nach Irland oder in die Wüste gehen, "die Monster in Gaza" sollten selbst eine Lösung finden.

Der Zeitung Haaretz zufolge kritisierte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Aussagen seines Kulturministers. Elijahus Kommentare seien "realitätsfern", dass Israel und die israelischen Streitkräfte (IDF) handelten im Einklang mit dem Völkerrecht, um Schaden von Nichtkombattanten abzuwenden.

Elijahu gehört weder Netanjahus Sicherheitskabinett an, das an den Kriegsentscheidungen beteiligt ist, noch hat er Einfluss auf das Kriegskabinett, das den Krieg gegen die Terrorgruppe Hamas führt. Das Büro von Netanjahu gab mittlerweile bekannt, dass Elijahu bis auf Weiteres von den Regierungssitzungen suspendiert wurde.

 

 

----------------------------------------------------------------------------------------------------------

5.

Mexiko

INTERNATIONALMEXIKOMEINUNGGESELLSCHAFTWIRTSCHAFTWISSENSCHAFT/MATERIETECHNOLOGIEKULTURSPORTMENSCHEN & LEBENSSTIL

KRIEG ZWISCHEN ISRAEL UND GAZA

Mexiko kritisiert Israels Besatzung Palästinas und schlägt Zwei-Staaten-Lösung vor

Mexikos Vertreter bei den Vereinten Nationen sagt, Israels Reaktion auf den Terroranschlag der Hamas sei unverhältnismäßig gewesen und könnte Kriegsverbrechen gleichkommen

Ein Demonstrant hält während eines Marsches in Mexiko-Stadt am 22. Oktober ein Schild mit der Aufschrift "Mexiko unterstützt Palästina" hoch.LUIS CORTES (REUTERS)

Die mexikanische Regierung hat den Ton ihrer Position zum Krieg Israels im Gazastreifen verschärft, der fast 8.800 Tote und mehr als 21.000 Verletzte gefordert hat. Die Vertreterin Mexikos bei den Vereinten Nationen, Alicia Buenrostro, hat Israels willkürliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung, medizinisches und humanitäres Personal und wichtige Infrastruktur verurteilt, "die Kriegsverbrechen darstellen könnten". Während der Dringlichkeits-Sonderversammlung anlässlich des Konflikts im Osten forderte der Botschafter Israel auch auf, die Blockade um Gaza aufzuheben, die den Fluss lebenswichtiger Güter gestoppt hat, "unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Repressalien gegen das Völkerrecht verstoßen". Der Diplomat forderte eine sofortige und dauerhafte Einstellung der Feindseligkeiten und wiederholte den Vorschlag für die Konsolidierung eines palästinensischen Staates, der mit dem Israels innerhalb sicherer und international anerkannter Grenzen koexistiert, ein Wunsch, der in den letzten sieben Jahrzehnten gescheitert ist.

Die mexikanische Vertreterin versäumte es nicht, die Terrorakte der Hamas zu verurteilen, und unterstützte Israels Recht, seine Bürger und sein Territorium zu schützen, "vorausgesetzt, dass dies in voller Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und unter voller Einhaltung der Prinzipien der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit geschieht, die jede Anwendung von Gewalt regeln", sagte sie in ihrer Rede. Er äußerte sich jedoch besorgt darüber, dass die israelische Reaktion nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza zu Tausenden von Toten geführt hat, darunter mehr als 3.600 Kinder, sowie zu "unkalkulierbaren Schäden an palästinensischer Infrastruktur und anderem zivilen Eigentum". "Es ist erschreckend, dass wir für jeden Tag, der seit der Wiederaufnahme dieser Sondersitzung vergangen ist, Tausende von Toten zu unserer Intervention hinzufügen müssen. Das muss aufhören", betonte er.

Die Eskalation des Tons der mexikanischen Regierung kommt zu einer Zeit, in der mehrere lateinamerikanische Länder angesichts der verheerenden israelischen Offensive auf palästinensische Gebiete einen deutlicheren Schritt nach vorne gemacht haben. Bolivien hat die diplomatischen Beziehungen zu Israel abgebrochen, während Chile und Kolumbien ihre Botschafter zu Konsultationen nach Israel zurückgerufen haben, was als Vorstufe zum Abbruch der Beziehungen verstanden wird. "Wenn Israel das Massaker am palästinensischen Volk nicht stoppt, können wir nicht dabei sein", sagte der kolumbianische Präsident Gustavo Petro, der in seiner Haltung zu dem Konflikt am konsequentesten war.

In ihrer Rede kritisierte die mexikanische Botschafterin die illegale Besetzung der palästinensischen Gebiete und wies darauf hin, dass sie gegen die UN-Charta verstoße. "Auch das Recht auf unbefristete Besetzung ist nicht verankert. Jeder gewaltsame Erwerb von Territorium ist null und nichtig. Wir fordern, dass die Besatzungsmacht ihre Besatzung und alle anderen Handlungen, die die territoriale Integrität des Staates Palästina beeinträchtigen, einstellt", sagte er.

Der Diplomat sagte, dass Mexiko eine politische, umfassende und endgültige Lösung des Konflikts unter der Prämisse "zwei Staaten für zwei Völker" befürwortet, die "die legitimen Sicherheitsbedenken Israels anspricht und die Konsolidierung des politisch und wirtschaftlich lebensfähigen Staates Palästina ermöglicht, der mit Israel innerhalb sicherer und international anerkannter Grenzen koexistiert. im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen." Der mexikanische Botschafter sagte, die UNO müsse die Werte ehren, die ihre Gründung motiviert haben, und sicherstellen, dass die beiden Staaten "die Sicherheit haben, in Frieden leben zu können". Buenrostro zitierte die Worte der mexikanischen Außenministerin Alicia Bárcena, die am 23. September vor der Generalversammlung sagte, die Welt müsse "das Recht des israelischen Volkes anerkennen, aber nicht auf Kosten des palästinensischen Volkes".

Der Vorschlag für zwei Staaten, von denen einer von Juden und der andere von Palästinensern bewohnt wird, ist ein Plan, der seit Jahrzehnten durch geopolitische Interessen eingefroren ist, auf Kosten des Lebens von Tausenden von Menschen. Gemäß der Konvention von Montevideo von 1933, die die klassischen Attribute festlegt, die ein Staat erfüllen muss, um als solcher zu gelten, muss er über eine effektive Souveränität über ein definiertes Territorium, eine stabile Bevölkerung, Institutionen, die in der Lage sind, auf die Bedürfnisse der Bürger einzugehen, verfügen und von anderen Staaten als gleichwertig anerkannt werden. Israels Besetzung der palästinensischen Gebiete hat dazu geführt, dass die territoriale Souveränität diffus ist, wie ein Archipel. Ein Vollmitglied der UNO zu werden, könnte der Bildung des Staates Palästina helfen, aber das Veto der Vereinigten Staaten, eines unbestrittenen Verbündeten Israels, hat diesen Fortschritt verlangsamt (Palästina gilt derzeit als Nichtmitgliedsstaat mit Beobachterstatus). Während wiederum 193 Länder Palästina als eigenständigen souveränen Staat anerkennen, haben weitere 54 UN-Mitglieder dies nicht getan, darunter Mexiko, das in diplomatischer Hinsicht zwischen den beiden Seiten neutral geblieben ist.

Botschafter Buenrostro hat ihre Unterstützung für UN-Generalsekretär António Guterres zum Ausdruck gebracht, der eine Erklärung gegen die permanente Unterdrückung Palästinas abgegeben hat, was Israel dazu veranlasste, seinen Rücktritt zu fordern. Der Diplomat bedauerte den Tod von UN-Beamten in Gaza als Folge der Bombenangriffe und forderte, dass die Entscheidung, UN-Beamten, die in Israel tätig sind, Visa zu entziehen, rückgängig gemacht wird. "Wir nutzen diese Gelegenheit, um die volle Unterstützung Mexikos für Generalsekretär António Guterres und das gesamte System der Vereinten Nationen bei ihren politischen und humanitären Bemühungen in diesen Krisenzeiten zu bekräftigen", sagte er.

------------------------------------------------------------------

6.


Erklärung des argentinischen Außenministeriums zur Verschärfung der Gewalt im Gazastreifen

Auf Social Media teilen:

Mittwoch, 1. november 2023

Informationen für die Presse N°:

537/23

Die zunehmende Gewalt im Gazastreifen fordert immer mehr Opfer. Zivilisten, darunter Frauen, Kinder und ältere Menschen, tragen die Hauptlast dieses Konflikts. Besorgniserregend ist auch die Zunahme der Gewalt im Westjordanland.

Argentinien hat die Terroranschläge der Hamas vom 7. Oktober unmissverständlich verurteilt und erkennt das Recht Israels auf Selbstverteidigung an. Nichts rechtfertigt jedoch die Verletzung des humanitären Völkerrechts und die Verpflichtung, die Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten zu schützen, ohne jegliche Unterscheidung.

Unser Land verurteilt daher den Angriff der israelischen Streitkräfte auf das Flüchtlingslager Jabalia im Norden des Gazastreifens, der zu Hunderten von Toten und Verletzten führte. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Angriffe auf die zivile Infrastruktur sofort eingestellt werden, insbesondere diejenigen, die darauf abzielen, die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen im Gazastreifen zu gewährleisten, einschließlich Krankenhäusern, Wasserentsalzungsanlagen und Aufnahmezentren für Flüchtlinge.

Die humanitäre Lage in Gaza wird immer besorgniserregender. Die internationale Hilfe muss die betroffene Bevölkerung uneingeschränkt und dringend erreichen. Die Vereinten Nationen haben davor gewarnt, dass die derzeitige humanitäre Hilfe nicht ausreicht, so dass die Einreise über den Grenzübergang Rafah flexibler gestaltet werden muss. Dies hat die argentinische Vertreterin bei den Vereinten Nationen gestern, am 31. Oktober, im Rahmen der zehnten Dringlichkeitssitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Ausdruck gebracht, als sie ihre Besorgnis über die Lage der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen zum Ausdruck brachte.

Argentinien bekräftigt, dass die Geiseln, die nach wie vor Opfer bewaffneter Aktionen sind, von der Hamas bedingungslos und unverzüglich freigelassen werden müssen.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete eine Resolution, in der ein sofortiger, dauerhafter und dauerhafter humanitärer Waffenstillstand gefordert wird, der zur Einstellung der Feindseligkeiten führt. Argentinien hat für dieses Ersuchen gestimmt und unterstützt es weiterhin, und es bekräftigt seine tiefe Besorgnis über die Folgen der Eskalation der Gewalt, wobei es daran erinnert, dass es keine bewaffnete Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt geben kann.

--------------------------------------------------------------------------------

7.

Pressemitteilung

 

2023-10-31

Bogotá, 31. Oktober 2023. Die kolumbianische Regierung drückt ihre entschiedene Ablehnung des Vorgehens der israelischen Sicherheitskräfte im Gazastreifen aus, in dicht besiedelten Gebieten, die nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) zu mehr als 8000 Opfern, darunter Hunderte von Kindern, geführt haben.

Die kolumbianische Regierung bekräftigt die Dringlichkeit eines Waffenstillstands und die Verpflichtung der israelischen Sicherheitskräfte, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Alle Parteien sind aufgerufen, das Völkerrecht und das humanitäre Völkerrecht zu achten.

In gleicher Weise wiederholt die kolumbianische Regierung den Aufruf von Präsident Gustavo Petro an die internationale Gemeinschaft, dringend eine Friedenskonferenz abzuhalten, die Dialoge ermöglicht, die eine friedliche Koexistenz zwischen den beiden Völkern ermöglichen.

Die volle Anerkennung der beiden Staaten durch alle Nationen der Welt und der Dialog zwischen den Parteien dürften der Region Frieden bringen.

Angesichts dieser unerträglichen Situation hat Präsident Gustavo Petro beschlossen, die in Tel Aviv akkreditierte Botschafterin, Margarita Manjarrez, zu Konsultationen zurückzurufen.

 

Quelle: verschiedene internationale Presse/

Bilder zum Teil Eigenproduktion, Deutsche Friedensgesellschaft und Kriegsdienstverweigerer

 

25.10.
2023

 Kampf für den Frieden in Palästina

Am 25.10.2023 hatte das Rostocker Friedensbündnis zu einer Gedenkminute für die zivilen Opfer von Palästinensern und Juden aufgerufen.

 

"Frieden für die Menschen in Palästina und Israel!

Die aktuelle Eskalation des Nahostkonflikts erfüllt uns mit Sorge. Nichts rechtfertigt das brutale Vorgehen der Hamas gegen die Menschen in Israel. Ihr Vorgehen ist beispiellos für die letzten Jahrzehnte. Zerstörung und Tod bringen aber auch die militärischen Antworten Israels und die Abriegelung von Gaza. Schon fliegen Raketen auch nach Syrien und in den Libanon. Israelische Bodentruppen stehen bereit.

Die Folgen trägt die Zivilbevölkerung. Flucht innerhalb des ohnehin überfüllten Gazastreifens macht die Menschen endgültig heimatlos. Menschen sterben an Hunger und Durst, Ärzte können ihnen wegen Treibstoffmangels in den Krankenhäusern nicht mehr helfen. Flucht und Evakuierung bestimmen die Tage der Menschen aber auch in Israel.

Die palästinensische Zivilbevölkerung darf nicht mit der Hamas gleichgesetzt werden. Aber auch Jüdinnen und Juden dürfen nicht mit der israelischen Regierung und der israelischen Armee gleichgesetzt werden. Übergriffe auf jüdische Menschen und jüdische Einrichtungen in Deutschland verurteilen wir. Auch in Israel gibt es eine Friedensbewegung. Junge Menschen verweigern den Kriegsdienst. Wir erklären uns mit ihnen solidarisch.

Der seit Jahrzehnten schwelende Nahostkonflikt kann nicht militärisch gelöst werden. Wir schweigen im Gedenken an die Opfer. Gleichzeitig erheben wir unsere Stimmen für Frieden in Israel und Palästina. Nötig ist ein Waffenstillstand - nicht als Zeitgewinn für die Kämpfenden, sondern als Chance, einen humanitären Korridor zu eröffnen, durch den Hilfsgüter in ausreichender Menge die Menschen erreichen und Geiseln und Gefangene ausgetauscht werden können. Was jetzt im Nahen Osten geschieht, muss zu einem Umdenken führen. Friedensverhandlungen müssen wieder in Gang kommen.

Frieden für die Menschen in Palästina und Israel!"

Diese Friedensinitiative haben wir vom GeFiS neben weiteren Einzelpersonen unterstützt.

Mit Stellungsnahmen des Friedensbündnis und weiteren Redner wurde diese friedenspolitische Veranstaltung gleich zu Beginn mit einer Gedenkminute für die zivilen Opfer gedacht und einen sofortigen Waffenstillstand gefordert. Zusätzlich wurden mit dem einspielen von Friedensliedern die ca. 2 stündige Veranstaltung abwechslungsreich gestaltet. In zahlreichen Gesprächen mit den Passanten vor Ort wurde immer wieder die Haltung der Bundesrepublik in dieser Situation ebenso kritisiert wie die militärische Unterstützung im Ukraine-Konflikt. Immer wieder wurde von den Gesprächspartnern das konsequente eintreten für den Frieden von der Bundesregierung gefordert und das über Verhandlungen und nicht mit Waffenlieferungen. Ebenso wurde von den Bürgern im Gespräch mit den Teilnehmern der Veranstaltung die unsachliche Medienberichterstattung kritisiert.

Auch wenn einige Bürger die Präsentation der Friedensteilnehmer ignorierten, wurde durchweg in den Diskussionen unser Anliegen unterstützt.

Quelle: Rostocker Friedensbündnis  ; GeFiS-Bilder v.25-10-2023

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 02.09.2023, Seite 8 / Abgeschrieben

Diplomatie statt Aufrüstung!

 

Die deutsche Sektion der IPPNW (Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung) mahnte am Freitag anlässlich des Weltfriedenstages, diplomatische Initiativen für einen Verhandlungsfrieden im Ukraine-Krieg zu unterstützen:

Zum Antikriegstag appelliert die Friedensnobelpreisträgerorganisation IPPNW an die Bundesregierung, diplomatische Initiativen zu unterstützen für ein umgehendes Ende der Kampfhandlungen und ein Waffenstillstandsabkommen zwischen Russland und der Ukraine. Die IPPNW begrüßt den Verhandlungsvorschlag von Peter Brandt, Hajo Funke, General a.  D. Harald Kujat und Horst Teltschik, den Krieg mit einem Verhandlungsfrieden zu beenden. Laut dem Vorschlag soll der UN-Sicherheitsrat gemäß Artikel 24 Absatz 1 der UN-Charta einen Zeit- und Ablaufplan für einen Waffenstillstand und für Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges und die Wiederherstellung des Friedens beschließen.

Auch die Autor*innen der jüngst veröffentlichten Studie »Verhandlungen über ein Ende des Krieges in der Ukraine: Ideen und Optionen zur Vorbereitung und Gestaltung eines Verhandlungsprozesses« sprechen sich für die Vorbereitung und Planung von Verhandlungen aus und präzisieren notwendige Schritte. Dazu gehöre die Schaffung diplomatischer Koordinationsmechanismen, die Bildung ziviler Allianzen, die inhaltliche Vorbereitung von Verhandlungen sowie die Entwicklung entsprechender Kommunikationsstrategien. Fast 18 Monate nach Beginn des Krieges hätten weder Russland noch die Ukraine einen entscheidenden Sieg errungen. Vergleichende Untersuchungen zeigten, dass Verhandlungen statistisch gesehen die wahrscheinlichste Chance auf eine dauerhafte Beendigung des Krieges darstellen. Sie betonen, dass die Vorbereitung von Verhandlungen noch während die Kampfhandlungen andauern, nicht im Gegensatz stehen. (…)

 

»Frieden und internationale Sicherheit müssen auf dem dauerhaften Engagement für das Überleben und Leben auf unserem Planeten beruhen statt auf der Drohung von Zerstörung und Vernichtung durch Waffengewalt«, erklärt die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen zum Antikriegstag.

Quelle: junge welt v.02.09.2023

 

Kampf für den Frieden - gegen Militarisierung

Aus: Ausgabe vom 02.09.2023, Seite 4 / Inland

RÜSTUNGSEXPORTE

Hamburg bleibt den Waffen treu

Hamburgisches Verfassungsgericht stoppt Volksbegehren gegen Waffenexporte unter anderem mit dem Verweis auf die Pflicht zur »Bundestreue«

Von Kristian Stemmler

 

Es bleibt dabei: Hamburg ist kein gutes Pflaster für Volksbegehren. Nach drei Volksbegehren, unter anderem gegen den Pflegenotstand und für die Streichung der Schuldenbremse, hat das Hamburgische Verfassungsgericht am Freitag auch das Volksbegehren gegen Rüstungsexporte über den Hafen der Stadt kassiert – ausgerechnet am Antikriegstag. Ein zentrales Argument des Gerichts war zum wiederholten Male, dass die Stadt nicht die erforderliche Gesetzgebungskompetenz habe, in diesem Fall für das »angestrebte Transport- und Umschlagsverbot«. Das geht aus einer Mitteilung des Gerichts vom Freitag hervor. Das Urteil sei einstimmig ergangen.

Das Volksbegehren ging auf eine Volksinitiative zurück, die von einem im Sommer 2019 gegründeten Bündnis von Gruppen und Einzelpersonen aus Friedensbewegung, Gewerkschaften, Hochschulen, Kirchen und Parteien getragen wird. Ziel war ein Volksentscheid über das Verbot aller Exporte von Waffen und Munition über den Hamburger Hafen. Ende 2021 gab die Initiative mehr als 16.000 Unterschriften ab, im April 2022 wurde ein Volksbegehren – die zweite Stufe des Volksgesetzgebungsverfahrens – beantragt. Daraufhin rief der Senat das Verfassungsgericht an, erklärte sich für nicht zuständig.

Das Gericht folgte der Argumentation. Das vom Bündnis geforderte Verbot würde »die Regelungsbereiche zur Kontrolle von Kriegswaffen, über die Freizügigkeit des Warenverkehrs und den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Ausland sowie das Waffen- und Sprengstoffrecht berühren«, so das Urteil. Für die sei nach dem Grundgesetz aber »ausschließlich der Bund zuständig«. Die Richter bemängelten zudem, dass die Volksinitiative sich »nicht auf einen konkreten und ausgearbeiteten Gesetzgebungsvorschlag« beziehe. Der Senat werde vielmehr aufgefordert, »in eigener Verantwortung einen Gesetzentwurf zu erarbeiten«. Dann müsse er aber auch die Möglichkeit haben zu prüfen, ob das Vorhaben zweckdienlich und zulässig sei, was aber nicht der Fall sei.

 

Auch das Argument, Hamburg stehe die Kompetenz zu, seinen Hafen frei zu widmen, und könne so Rüstungsexporte unterbinden, wies das Verfassungsgericht zurück. Eine entsprechende Widmungsbestimmung würde gegen den Grundsatz der sogenannten Bundestreue verstoßen, so das Urteil. Dieser Grundsatz verpflichte die Länder, »die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht durch anderweitige Regelungen im Gewande einer Widmung zu unterlaufen«.

Bei der Volksinitiative sorgte das Urteil für Kritik. »Das Gericht hat sehr formal argumentiert«, erklärte Paula Herrschel, Vertrauensperson der Volksinitiative, im Gespräch mit jW. Was in der Präambel der Hamburgischen Verfassung als »besondere Aufgabe« Hamburgs als Welthafenstadt formuliert sei, habe keine Rolle gespielt. Dort heiße es, die Stadt wolle »im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein«. Dass das Gericht die Vorlage eines ausgearbeiteten Gesetzestextes fordere, sei eine »enorm hohe Hürde« für Volksbegehren, sagte Herrschel. So werde die Volksgesetzgebung »immer weiter ausgehöhlt«. Trotz des Misserfolgs wolle sich das Bündnis nicht auflösen, sondern weiter gegen Waffenexporte kämpfen.

Kritik am Urteil kam auch vom fraktionslosen Bürgerschaftsabgeordneten Mehmet Yildiz. Die Entscheidung des Gerichts sei »offenbar von politischen Vorgaben motiviert«, erklärte er in einer Mitteilung. Es sei die vierte Entscheidung des Verfassungsgerichts gegen die Volksgesetzgebung. »Im Grunde genommen wird über den Weg des Verfassungsgerichts der Volksentscheid ausgehebelt«, so Yildiz. Es sei zu überlegen, ob die Praxis des Senats, unliebsame Volksinitiativen auf diesem Weg zu stoppen, vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft werden könne.

Der größte Seehafen der BRD ist eine Drehscheibe des Waffenhandels. Nach Angaben der Initiative werden rund 1.000 Tonnen Munition täglich über den Hafen ausgeführt, ebenso wie jede Menge Kleinwaffen, Panzer und anderes Kriegsgerät – und das in Kriegs- und Krisengebiete wie Mexiko, Kolumbien oder die Türkei.

Quelle: junge Welt v.02.09.2023/ Ulrich Perrey/dpa

Auch nach dem Urteil des Verfassungsgerichts will die Volksinitiative weiter gegen Waffenexporte arbeiten (Hamburg, 12.7.2023)

 

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 02.09.2023, Seite 2 / Inland

ANTIKRIEGSTAG

Gedenken am Weltfriedenstag

 

Zwei Kränze legten am Freitag, dem 84. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen, Vertreter der polnischen Botschaft und der Stadt Berlin am Denkmal der polnischen Soldaten und deutschen Antifaschisten nieder. Errichtet nach einem Entwurf von Bildhauern der DDR und der Volksrepublik Polen 1972 im Volkspark Friedrichshain, erinnert es, so die Inschrift, »an den Kampf der polnischen Volksarmee, die an der Seite der Sowjetarmee einen ruhmvollen Kampfweg zurücklegte und einen Beitrag für die Befreiung der Völker Europas vom Faschismus leistete«. (jW)

Quelle: junge Welt v.02.09.2023/ Ivett Polyak-Bar Am/jW

 

Kampf für den Frieden - gegen Militarisierung

Aus: Ausgabe vom 02.09.2023, Seite 1 / Titel

OSTSEE

Seekrieg aus Rostock

Deutscher Führungsstab leitet multinationales Großmanöver »Northern Coasts 2023«. Geübt wird der Einsatz gegen Russland

Von Jörg Kronauer

 

Klappe, die nächste: Die Bundeswehr hat den Weltfriedenstag am Freitag genutzt, um erneut ein Ostseegroßmanöver als Übung für einen möglichen heißen Krieg gegen Russland anzukündigen. Rund 3.200 Soldaten aus insgesamt 14 Ländern werden ab dem kommenden Sonnabend (9. September) zu »Northern Coasts 2023« erwartet, um im Szenario eines klassischen zwischenstaatlichen Krieges taktische Operationen in küstennahen Gewässern zu proben. Schauplatz sind vor allem die Gewässer vor den Küsten Lettlands und Estlands einschließlich vorgelagerter Seegebiete, die russische Schiffe aus der Region um Sankt Petersburg nutzen müssen, um über die Ost- und die Nordsee in Richtung Atlantik zu fahren oder auch nur Kaliningrad auf dem Seeweg zu versorgen. Zum Einsatz kommen werden rund 30 Schiffe und U-Boote, bis zu 15 Luftfahrzeuge sowie Landeinheiten, die allerlei Operationen in enger Abstimmung miteinander üben sollen. Sammel- und Ausgangspunkt ist der Hafen von Riga. Beteiligt sind neben den Ostseeanrainern unter anderem Italien, Frankreich und die USA.

Northern Coasts 2023 zeigt: Rostock wird eine spezielle Bedeutung für künftige deutsche Seekriege erhalten. Im Rahmen der Übung spielt Deu Marfor (Maritime Forces) eine besondere Rolle, ein Führungsstab für die Marinekriegführung, der in der Hansestadt angesiedelt ist – beim neuen Führungszentrum der Deutschen Marine dort. Hatte das noch im Aufbau befindliche Deu Marfor eine erste Feuertaufe erhalten, als Flottillenadmiral Stephan Haisch im Jahr 2019 von dort aus erstmals eine Northern-Coasts-Übung kommandierte, gilt die Führung des diesjährigen, deutlich größeren Manövers als bedeutender Schritt auf dem Weg zur vollen Einsatzbereitschaft des Rostocker Führungsstabs. Eine zweite Besonderheit besteht darin, dass erstmals eine amphibische Einheit der U. S. Navy an Northern Coasts teilnimmt. Sie wird gemeinsam mit Teilen des deutschen Seebataillons Operationen zu See wie auch an Land trainieren. Das gleiche hatten Soldaten des Seebataillons zuletzt beim Manöver »Talisman Sabre 2023« in Australien getan; dort trainierten sie gemeinsam mit einer anderen amphibischen US-Einheit Operationen, die laut dem Manöverszenario leicht als Angriff auf China zu identifizieren waren.

 

Northern Coasts 2023 ist Teil einer Manöverserie, die bereits im Jahr 2007 gestartet wurde, und zwar auf deutsche Initiative. Es handelt sich dabei bis heute um die Schwerpunktübung der Deutschen Marine. Die operativ-praktische Führung wechselt jährlich zwischen Deutschland, Dänemark, Schweden und Finnland. Die deutsche Gesamtführung aber macht den Unterschied zum klassischen Ostseegroßmanöver Baltops (Baltic Operations), das seit seiner ersten Realisierung im Jahr 1971 von den USA organisiert und geleitet wird, also die US-Führung im westlichen Bündnis stärkt. Berlin hatte Northern Coasts initiiert, um nach dem EU- und NATO-Beitritt der baltischen Staaten im Jahr 2004 möglichst alle Ostseeanrainer – außer Russland, versteht sich – unter seinem Kommando zusammenzuführen. Stand dabei zunächst der Kampf gegen Piraten und Terroristen im Vordergrund, so hat sich der Fokus seit 2014 auf einen etwaigen Krieg gegen Russland verschoben, der freilich als »Landes- und Bündnisverteidigung« verklausuliert wird. Dabei können vom Rostocker Führungsstab Deu Marfor aus nicht nur NATO-, sondern auch EU-Seekriege kommandiert werden.

 

Quelle: junge Welt v.02.09.2023/ Kay Nietfeld/dpa

Das nächste Manöver soll größer werden: Kanzler Scholz (l.) bei der Baltops-Übung (Rostock, 5. Juni 2023)

 

Kampf für den Frieden - gegen Militarisierung

Aus: Ausgabe vom 14.08.2023, Seite 2 / Inland

KRIEGSVORBEREITUNGEN

»Rostock spielt eine unrühmliche Rolle«

Mecklenburg-Vorpommern: Kriegsgegner protestieren während »Hanse Sail« für Ostsee als Meer des Friedens. Ein Gespräch mit Cornelia Mannewitz

Interview: Martin Dolzer

 

Das Rostocker Friedensbündnis hat am Donnerstag unter dem Motto »Keine Militärmusik zur Hanse Sail« gegen ein Konzert des Heeresmusikkorps Hannover der Bundeswehr protestiert. Warum?

Wir machten als kleine Gruppe die Rostocker und Gäste der Stadt mit Megafon und Flyern darauf aufmerksam, dass auf dem Universitätsplatz ausgerechnet ein Bundeswehrorchester spielte. Und das zu einem friedlichen Seglerfest. Das war Militärwerbung mitten im »Wohnzimmer« der Stadt. Nach unserer Mahnwache gab es noch eine feine Transparentaktion direkt vor der Nase der Musiker.

Am selben Abend fand eine Veranstaltung gegen die Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchsarbeit der Bundeswehr statt. Was wurde dort konkret kritisiert?

Im Prinzip dasselbe. Die Bundeswehr buhlt mit allen Mitteln um Sympathien. Wir hatten Michael Schulze von Glaßer von der DFG/VK gewinnen können. Er ist sehr gut im Thema. Die Ereignisse des Nachmittags gehörten zu seinen Beispielen. Er zeigte aber auch flecktarnbedruckte Pizzakästen und -Samentüten, mit denen sich die Bundeswehr in den Alltag mogelt. Lustig ist das nicht: Die Kehrseite sind die Besuche von Jugendoffizieren an Schulen sowie die Rekrutierung und Ausbildung von Unter-18jährigen an der Waffe. Übrigens hat dankenswerterweise die Rosa-Luxemburg-Stiftung Mecklenburg-Vorpommern den Abend unterstützt.

 

Im Rahmen der Hanse Sail bot die Bundeswehr auch am Sonnabend und Sonntag ein Familienprogramm auf dem Marinestützpunkt Warnemünde unter anderem mit dem Segelschulschiff »Gorch Fock«, Panzerfahren und U-Boot-Hüpfburg an. Was halten Sie von einem solchen Spektakel?

Das ist der Versuch, eine Kaserne als Erlebnisbereich zu tarnen. Wie bei einem Familienevent war für jeden etwas dabei. Bei Jugendlichen dürfte es die Technikbegeisterung sein, auf die spekuliert wurde. Der Kommandeur des Stützpunkts hat es so ausgedrückt: Die Bevölkerung bekomme die Möglichkeit, »ihre Streitkräfte wieder hautnah zu erleben«. Da winken wir schon ab. Wessen Streitkräfte? Den Wunsch der Bevölkerung nach Frieden bedient die Bundeswehr nicht. Der Clou: Am Sonntag lief die Korvette »Oldenburg« ins Mittelmeer aus, mitten am Tag der offenen Tür. Soll das Stolz auf die Bundeswehr befördern? Wohlwollen für Auslandseinsätze schinden? Soll es normal werden, mit Kind und Kegel einer Militäreinheit auf dem Marsch ins Ausland hinterherzuwinken? Im Endeffekt ist das Kriegsvorbereitung.

Auch der Ständige Minenabwehrverband der NATO, ein indonesisches Schulschiff und zwei dänische Heimwehrkutter waren dort. Gibt es diesbezüglich eine Gegenposition für einen friedlichen Internationalismus im Rahmen der Hanse Sail?

Man kann erleben, wie friedlich die Segler aus verschiedenen Ländern miteinander umgehen. Aber eine offizielle Gegenposition: eher nicht. Sogar der Abendempfang von Stadt und Wirtschaftsförderern sollte unbedingt im neuen Marinearsenal abgehalten werden. Oberpeinlich: Dafür wurde eine chinesische Delegation – »Sicherheitsrisiko«! – wieder ausgeladen. Aber letztens gab es eine Diskussion über ein Wiederaufleben der Rostocker »Ostseewoche« aus DDR-Zeiten. Das Land ist dafür, bekommt aber Gegenwind von Rostocker Historikern: Die Ostseewoche habe nur der Selbstdarstellung der DDR gedient, sei von der Stasi durchsetzt gewesen. Dabei waren das Tage für den Frieden, mit politischen Kongressen, Kultur und internationalen persönlichen Begegnungen. Wir unterstützen diese Idee jedenfalls. Und ganz bescheiden möchten wir für uns reklamieren, dass wir mit unseren Aktionen zur Hanse Sail auch eine Stimme für den friedlichen Internationalismus sind.

Wie sieht das Rostocker Friedensbündnis die zunehmende Militarisierung der Ostsee?

Die Ostsee wird immer mehr zum Aufmarschgebiet der NATO gegen Russland. Staaten, die jahrzehntelang blockfrei waren, werden NATO-Mitglied. Die deutsche Marine will ihre Flotte umfassend modernisieren. Manöver beider Seiten häufen sich. Aufrüstung, Säbelrasseln, strategische Gelüste: Mit dem Ukraine-Krieg glaubt man, alles rechtfertigen zu können. Rostock, Standort des Marinekommandos, das auch als NATO-Hauptquartier bereitsteht, spielt auch hier eine unrühmliche Rolle. »Die Ostsee muss ein Meer des Friedens sein«: Wir setzen uns dafür ein, dass die Losung der Ostseewoche wieder zu Ehren kommt.

Quelle: junge Welt v.14.08.2023/ Dirk Hogess

Soll Technikbegeisterte anlocken: Stand der Streitkräfte am Sonnabend in Rostock

Cornelia Mannewitz ist aktiv im Rostocker Friedensbündnis

 

06.08.
2023

Kampf um den Frieden

Am 06. August 2023 trafen sich wie jedes Jahr, unter organisatorischer Leitung des Rostocker Friedensbündnis, Vertreter weiterer Organisationen z.B. ISOR, Basisorganisation Rostock Nord -Ost Die Linke und wir vom GeFiS mit weiteren Menschen der Hansestadt Rostock, um den Opfern der USA-Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki 1945 zu gedenken. In verschiedenen Redebeiträgen, Tatsachenberichten und Gedichten, wurden auf die verheerenden Auswirkungen der Atombombenabwürfe auf die Menschheit hingewiesen. Gleichzeitig wurde mit eindringlichen Appellen an die Politiker der Hansestadt Rostock, den Politikern in Mecklenburg-Vorpommern wie der Bundespolitik, die Forderungen gestellt, ein weiteres Aufrüsten in der Umgebung von Rostock, aber auch in MV sofort zu unterbinden und an die Bundesregierung gerichtet, alle Atomwaffen vom Territorium der BRD zu entfernen.

Neben den Infotafeln, die am Veranstaltungsplatz  dem " Brunnen der Lebensfreude" über die Auswirkungen der Atombombenabwürfe informierte, konnten die Anwesenden bei japanischer Musik und dem Phydus-Lied "Hiroshima" das im Lichtermeer gezeichnete Peace-Symbol beim Gedenken an die zahlreichen Opfer innehalten.

 

Gedenkveranstaltung zum 78. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki - YouTube

Die Organisation "Friedensglockengesellschaft Berlin e.V." mit denen wir solidarisch zusammenarbeiten haben uns folgenden Beitrag aus aktuellem Anlass zur Verfügung gestellt.

 

Quelle: GefiS-Archiv 2023

 

Hiroshima-Tag 06.08.2023

Hiroshima: Jahrestag bei wachsender Gefahr

Japan und Friedensbewegte weltweit mahnen zur atomaren Abrüstung

  • Daniel Lücking

 

  • 06.08.2023, 17:59 Uhr

 

Zum 78. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima hat der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida am Sonntag die Bemühungen Japans um eine »atomwaffenfreie Welt« bekräftigt. Er verurteilte insbesondere die Drohungen Russlands, im Rahmen des Ukraine-Kriegs Atomwaffen einzusetzen. Der Weg zu einer atomwaffenfreien Welt »wird immer schwieriger, da sich in der internationalen Gemeinschaft die Unstimmigkeiten zu nuklearer Abrüstung und der nuklearen Bedrohung durch Russland vertiefen«, sagte Kishida bei einer Gedenkzeremonie in Hiroshima.

 

»Japan wird als einziges Land, das im Krieg Opfer von Atombombenabwürfen geworden ist, seine Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt fortsetzen«, betonte Kishida. Angesichts der Drohungen aus Russland und der unterschiedlichen internationalen Standpunkte zum Ukraine-Krieg sei es »umso wichtiger, die internationale Dynamik zur Verwirklichung einer atomwaffenfreien Welt wiederherzustellen«. Die durch nukleare Waffen verursachte »Verwüstung in Hiroshima und Nagasaki darf sich nie wiederholen«, forderte der Ministerpräsident, dessen Familie aus Hiroshima stammt.

In Deutschland fanden am Wochenende in zahlreichen Städten Mahnwachen und Gedenkaktionen statt. Das Rostocker Friedensbündnis sprach sich gegen die fortschreitende Militarisierung in der Stadt und der Region aus. Neben dem Marinekommando, der höchsten Instanz der Marine ist auch in Rostock-Warnemünde das Korvettengeschwader ansässig sowie ein Marinearsenal in Betrieb. Auf seinem Gelände plant die Nato eine Logistikbasis. Das Bündnis kritisiert auch die im Mai dort abgehaltene weltgrößte Rüstungsmesse für Unterwasserkriegsführung, die Undersea Defence Technology (UDT). »Allerdings nicht, ohne dass Proteste, an denen auch wir beteiligt waren, für massiven Gegenwind sorgten«, schreibt das Bündnis in einer Grußbotschaft. Die Hauptkritik der Rostocker Aktivistinnen gilt in diesem Jahr aber auch der mangelnden Bereitschaft der Lokalpolitik, entschiedener für den Frieden einzutreten. Bereits 2020 hatte das Stadtparlament beschlossen, dass der Oberbürgermeister sich dem internationalen Bündnis »Mayors for peace« anschließt. »Bisher wird die Zugehörigkeit zu dieser Bewegung in der Stadt aber kaum gelebt. Wir haben deshalb in diesem Jahr mit einem Offenen Brief einen weiteren Vorstoß in diese Richtung gemacht und werden es am 6. August wieder tun«, kündigte das Bündnis an.

In Berlin lud das Bündnis 6. August zur Weltfriedensglocke im Volkspark Friedrichshain ein. In Göttingen protestierten am Samstag Atomkraftgegnerinnen der Anti-Atom-Initiative gemeinsam mit dem Friedensforum und der Organisation IPPNW. Die Internationale Organisation der Ärztinnen für die Verhütung des Atomkrieges, fordert die Bundesregierung auf, dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten, Entschädigungszahlungen an die Überlebenden von Nuklearwaffeneinsätzen zu leisten und aus der nuklearen Teilhabe der Nato auszutreten.

Auch in Frankfurt am Main wurde protestiert. Eingeladen hatte Friedensaktivist Willy van Ooyen auf den Paulsplatz. »Seit Jahrzehnten fordert die Friedensbewegung ernsthafte Schritte zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens. Dazu haben sich die Vertragsstaaten, somit auch Deutschland, in dem Nichtverbreitungsvertrag verpflichtet«, mahnt van Ooyen.

UN-Generalsekretär António Guterres warnte anlässlich des Jahrestags vor einer erneuten Eskalation: »Einige Länder rasseln wieder rücksichtslos mit dem nuklearen Säbel und drohen, diese Vernichtungswerkzeuge einzusetzen«, hieß es in einer Erklärung. »Angesichts dieser Bedrohungen muss die Weltgemeinschaft geschlossen sprechen. Jeder Einsatz von Atomwaffen ist inakzeptabel.« Auch Walter Baier, Präsident der Europäischen Linken, forderte ein Ende des Krieges: »Die Spirale des von Russland – unter Bruch des Völkerrechts – begonnenen Krieges gegen die Ukraine dreht sich unaufhaltsam weiter.«

Der Abwurf der Atombombe durch das US-Militär in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs tötete sofort oder in den folgenden Monaten etwa 140 000 Menschen. Drei Tage später starben etwa 70 000 Menschen beim Abwurf einer weiteren Atombombe über Nagasaki. Bis heute leiden Tausende Menschen unter den Spätfolgen der radioaktiven Strahlung. Am 15. August endete mit der Kapitulation Japans der Zweite Weltkrieg.
Russland und Weißrussland wurden wegen des Ukraine-Kriegs zum zweiten Mal in Folge nicht zur Zeremonie eingeladen, an der 111 Länder teilnahmen. Die Teilnehmer, von denen viele schwarz gekleidet waren, sprachen um 8.15 Uhr (1.15 Uhr MESZ) – dem Zeitpunkt, als die erste in Kriegszeiten eingesetzte Atomwaffe abgeworfen wurde – ein stilles Gebet. Mit Agenturen

neues deutschland

 

Kampf um den Frieden

Aus: Ausgabe vom 05.08.2023, Seite 1 / Titel

HIROSHIMA-TAG

Atomwaffen verbieten – jetzt!

78. Jahrestag des US-Atombombenabwurfs auf Hiroshima: Friedensbewegung und Kirchen fordern atomwaffenfreie Welt. Kriegslobby verlangt Lieferung deutscher Langstreckenraketen an Kiew

Von Arnold Schölzel

 

Am 6. August 1945 um 8.16.02 Uhr warfen US-Streitkräfte eine Atombombe über der japanischen Stadt Hiroshima ab. Am 9. August zerstörten die USA mit einer weiteren Atombombe Nagasaki. Insgesamt mehr als 100.000 Menschen starben bei den Explosionen sofort – vor allem Zivilisten und Zwangsarbeiter aus Korea und China –, etwa 130.000 weitere bis Ende 1945. Über spätere Opfer existieren nur Schätzungen, gesundheitliche Spätfolgen, insbesondere Krebserkrankungen, werden bis heute registriert.

Auf der Internetseite friedenskooperative.de sind bundesweit mehr als 100 Veranstaltungen der Friedensbewegung gelistet, die bis zum kommenden Mittwoch in Klein- und Großstädten stattfinden. In allen Aufrufen zu den Kundgebungen findet sich die Forderung nach einem Beitritt der Bundesrepublik zum Atomwaffenverbotsvertrag (AVV), der 2021 in Kraft trat. Das Netzwerk Friedenskooperative in Bonn hält dazu aber fest: »Ganz im Gegenteil hat sich die Ampelregierung mit dem 100-Milliarden-Aufrüstungspaket dafür entschieden, neue Flugzeuge vom Typ F-35 anzuschaffen. Diese sollen die bisher für die nukleare Teilhabe zur Verfügung stehenden ›Tornados‹ ablösen. Damit werden die Weichen gestellt für eine jahrzehntelange Fortsetzung der nuklearen Teilhabe.«

 

Der evangelische Landesbischof und Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer, schloss sich in einer Erklärung zum Hiroshima-Tag der Forderung nach einem Verbot von Massenvernichtungswaffen und dem Beitritt zum AVV an: »Unser Ziel muss Global Zero, eine Welt ohne Atomwaffen sein. Diese Massenvernichtungsmittel gehören ebenso wie biologische und chemische Waffen völkerrechtlich geächtet.« Statt dessen erlebe die Welt aber, wie die Atommächte dabei seien, ihr Atomwaffenarsenal zu modernisieren und auszubauen. Kramer erinnerte an die Warnung des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI vom Juni, dass sich die Menschheit angesichts der zunehmenden Zahl von einsatzfähigen Atomwaffen in einer der gefährlichsten Perioden ihrer Geschichte befinde. Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) habe berichtet, dass die Atomstaaten mehr als 80 Milliarden US-Dollar in ihre Arsenale investieren würden und zum dritten Mal in Folge die Ausgaben für die Massenvernichtungswaffen gesteigert hätten.

Ausgerechnet in der vergangenen Woche erhöhte die deutsch-ukrainische Kriegslobby den Druck auf die Bundesregierung, deutsche Langstreckenmarschflugkörper vom Typ »Taurus« an Kiew zu liefern und damit auch die Atomkriegsgefahr zu erhöhen. Der ukrainische Botschafter in Berlin, Olexij Makejew, erklärte in mehreren Zeitungen, er hoffe, dass die »Taurus«-Lieferung nicht so lange dauere wie die Panzerdebatte. Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter verlangte in der Welt am Sonntag, die Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern »sofort« zu liefern. Das unterstützten auch Politiker der Koalition wie Marcus Faber (FDP), Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Die Kampagne hatte die FAZ im Mai eröffnet, als sie die »Taurus« als »Game-Changer aus Deutschland« bezeichnete. Angeblich erteilte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) den Forderungen eine Absage, tatsächlich erklärte er am Donnerstag beim Besuch einer Gebirgsjägerbrigade in Bayern: »Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass das jetzt gerade nicht unsere vorrangigste Priorität hat.« Und: »Der Zeitpunkt für eine Entscheidung ist für uns noch nicht gekommen.«

Quelle: junge Welt v.05.08.2023/ Issei Kato/REUTERS

Das Friedensdenkmal in Hiroshima – Überreste einer 1915 erbauten Ausstellungshalle mit der charakteristischen Kuppel (29.7.2015)

 Kampf um den Frieden

Aus: Ausgabe vom 05.08.2023, Seite 2 / Inland

NUKLEARE GEFAHR

»Das Risiko eines Einsatzes ist gestiegen«

Tag des Gedenkens an Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. Ein Gespräch mit Florian Eblenkamp

Interview: Henning von Stoltzenberg

 

Florian Eblenkamp ist Vorstandsmitglied bei ICAN Deutschland

Am 6. und 9. August jähren sich die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. Jedes Jahr wird die Abschaffung von Atomwaffen gefordert. Was plant ICAN an diesem Gedenktag?

In diesem Jahr gibt es eine Besonderheit, denn aktuell haben Atomwaffen weltweit ziemlich viel Aufmerksamkeit bekommen. Der Hollywoodfilm »Oppenheimer« hat für viel Trubel und Diskussionen gesorgt. Wir haben den Filmstart begleitet und veranstalten am Hiroshima-Tag ein »Oppenheimer«-Screening im Hackesche-Höfe-Kino in Berlin. Mit den medizinischen und politischen Expertinnen Stella Ziegler und Juliane Hauschulz werden wir inhaltliche Lücken schließen und darüber sprechen, was wir heute tun können, um uns für eine atomwaffenfreie Welt von morgen zu engagieren.

Laut einer INSA-Umfrage vom Oktober 2022 hatten rund 59 Prozent in Deutschland Angst vor einem dritten Weltkrieg. Erhöht der Krieg in der Ukraine die reale Gefahr eines Atomkrieges aus Ihrer Sicht?

Zweifelsohne ist das Risiko eines Einsatzes gestiegen. Solange es Atomwaffen gibt, ist die Gefahr eines Atomkrieges oder eines Atomwaffeneinsatzes, ob vorsätzlich oder versehentlich, absolut real und allgegenwärtig. Die Bundesregierung rüstet gerade auf – und das ohne angemessene öffentliche Debatte. Damit werden Atomwaffen weiter als legitimes Mittel der Politik verharmlost, was am Ende nur dem Aggressor hilft. Statt nukleare Aufrüstung zu betreiben, sollte die Bundesregierung die nukleare Teilhabe beenden. Die Stationierung von noch mehr Atomwaffen macht unsere Welt nicht sicherer.

 

Im Mai hatten Sie sich anlässlich des G7-Treffens in Hiroshima mit einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz gewandt. Haben Sie eine Reaktion darauf erhalten?

In unserem Brief haben wir gemeinsam mit Partnerorganisationen gefordert, dass Deutschland den UN-Atomwaffenverbotsvertrag als zentrales völkerrechtliches Instrument unterstützt. Wir bitten Bundeskanzler Scholz, die zweite Atomwaffenverbotsvertragsstaatenkonferenz im November 2023 als Beobachter zu begleiten und weitere Schritte in Richtung eines deutschen Beitritts zum Vertrag zu unternehmen. Das Ergebnis des G7-Treffens war aus unserer Sicht ernüchternd. Anstatt neue Wege der nuklearen Abrüstung zu gehen, schieben die G7-Staaten die Verantwortung von sich. So wurde zwar Russlands Absicht, Atomwaffen in Belarus zu stationieren, als »gefährlich und inakzeptabel« verurteilt, die in Deutschland und Italien stationierten US-Atomwaffen werden jedoch noch nicht einmal erwähnt. Das G7-Statement zur nuklearen Abrüstung erweckte den Eindruck, dass den Überlebenden nicht zugehört wurde.

Wie setzt sich ICAN über die Gedenktage hinaus für nukleare Abrüstung ein?

Wir setzen uns das ganze Jahr für nukleare Abrüstung ein. Dabei haben wir auch bedeutende Fortschritte erzielt, indem wir aktiv an der Ausarbeitung und Förderung des Atomwaffenverbotsvertrags mitgewirkt haben, der 2017 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Dieser Vertrag verbietet die Entwicklung, Produktion, Lagerung und den Einsatz von Atomwaffen und stärkt das internationale Recht gegen Atomwaffenstaaten. Die Mehrheit der Staaten weltweit hat sich bereits dem Atomwaffenverbotsvertrag angeschlossen und lehnt Atomwaffen aktiv ab. Durch Sensibilisierung und Bildungsarbeit arbeiten wir daran, das Bewusstsein für die katastrophalen Folgen von Atomwaffen zu schärfen.

Welche Veranstaltungen empfehlen Sie zum Gedenktag?

Am 8. August haben wir eine Onlineveranstaltung zum Thema »Geschichte und Gegenwart der Stationierung von Atomwaffen« geplant. Gerade im Kontext der Festigung der nuklearen Teilhabe durch die Beschaffung der neuen F-35-Bomber durch die Bundesregierung, ergeben sich hier wichtige und aktuelle Fragen, die wir mit Alexander Sorg, Postdoc an der VU Amsterdam, diskutieren wollen. Zudem tagt gerade in Wien, parallel zu den Gedenktagen, der Vorbereitungsausschuss für die Überprüfungskonferenz der Vertragsparteien des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen im Jahr 2026. Dort sind wir ebenfalls mit einem Side Event zu nuklearer Gerechtigkeit und einer Erklärung zur nuklearen Teilhabe vertreten.

Quelle: junge welt v.05.08.2023/ Jens Schicke/imago

Nie wieder saurer Regen: Protest gegen Atomwaffen (Berlin, 11.4.2022)

 

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 05.08.2023, Seite 2 / Inland

PAZIFISMUS

Orchester gegen Atomkrieg

 

Das Netzwerk »Lebenslaute« hat am Freitag am Fliegerhorst der Luftwaffe in Nörvenich in Nordrhein-Westfalen Blockadeaktionen durchgeführt. Zum Hiroshima-Gedenktag spielte die Gruppe ein Aktionskonzert, um »die tödliche Routine dieses Ortes, an dem das Taktische Luftwaffengeschwader 33 der Bundeswehr im Rahmen der ›nuklearen Teilhabe‹ Tag für Tag den Atomkrieg übt«, zu unterbrechen, wie die Gruppe am Freitag mitteilte. »Atomkrieg ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, kritisierte »Lebenslaute«. Auf seine Vorbereitung treffe dies ebenso zu. (jW)

Quelle: junge welt v.05.08.2023

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 05.08.2023, Seite 8 / Abgeschrieben

ICAN Deutschland gedenkt der Opfer von Hiroshima und Nagasaki und fordert nukleare Abrüstung

 

Rolf Zoellner/epd/imago

Anlässlich des Jahrestags der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August gedenkt die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) der verheerenden Auswirkungen dieser historischen Ereignisse:

Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki im Jahr 1945 führten zum Tod von Hunderttausenden Menschen und hinterließen eine dauerhafte Narbe in der Geschichte der Menschheit. Diese tragischen Ereignisse verdeutlichen auf erschütternde Weise, welche katastrophalen Folgen Atomwaffen für die Menschheit haben können.

Janina Rüther, ICAN-Aktivistin und Teil einer jungen Delegation, die kürzlich nach Hiroshima reiste, um über die Geschichte dieser Stadt zu lernen, äußerte sich dazu: »Diese Tage sind wegen ihrer Grausamkeit im Gedächtnis geblieben. Und das nicht nur bei den Überlebenden der Abwürfe, sondern auch bei all den Menschen, die seitdem von der Produktion und dem Testen von Atomwaffen geschädigt wurden. Heute kämpfen diese Menschen gemeinsam für Gerechtigkeit, für nukleare Gerechtigkeit. Und ich finde, dass sie Unterstützung verdient haben. Als ich zum ersten Mal am Einschlagsort der Bombe stand, ging mir ein kalter Schauer über den Rücken. Ich werde diese Reise nie vergessen.«

Die schrecklichen Erinnerungen einer Überlebenden, Keiko Ogura, die als junges Mädchen die Zerstörung von Hiroshima miterlebte, sind noch immer präsent. Sie beschrieb die glühende Hitze und die Flammen um sie herum, als sie damals von ihrer Familie getrennt wurde und in der brennenden Stadt umherirrte, um sie herum fliehende und sterbende Menschen. Keiko sprach von den Narben, die dieser Tag hinterlassen hat, und von ihrer jahrzehntelangen Arbeit gegen Atomwaffen. Zum Schluss sagte sie den jungen Menschen: »Ihr seid an der Reihe. Bitte tut, was ihr könnt.«

Quelle: junge welt v.05.08.2023

Nato - ist kein Friedensbündnis

Kommuniqué des Gipfeltreffens von Vilnius

Herausgegeben von den Staats- und Regierungschefs der NATO, die an der Tagung des Nordatlantikrats in Vilnius teilnehmen, 11. Juli 2023

Der NATO-Eingeladene schließt sich diesem Kommuniqué an.

1. Wir, die Staats- und Regierungschefs des Nordatlantischen Bündnisses, die durch gemeinsame Werte der individuellen Freiheit, der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit verbunden sind, sind in Vilnius zusammengekommen, während der Krieg auf dem europäischen Kontinent andauert, um unsere dauerhafte transatlantische Bindung, Einheit, Zusammenhalt und Solidarität in einer kritischen Zeit für unsere Sicherheit und unseren internationalen Frieden und unsere Stabilität zu bekräftigen. Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis. Es ist das einzigartige, unverzichtbare und unverzichtbare transatlantische Forum, um alle Fragen im Zusammenhang mit unserer individuellen und kollektiven Sicherheit zu beraten, zu koordinieren und zu handeln. Wir bekräftigen unsere eiserne Verpflichtung, uns gegenseitig und jeden Zentimeter des Bündnisgebiets jederzeit zu verteidigen, unsere eine Milliarde Bürger zu schützen und unsere Freiheit und Demokratie gemäß Artikel 5 des Washingtoner Vertrags zu schützen. Wir werden weiterhin unsere kollektive Verteidigung gegen alle Bedrohungen, unabhängig davon, woher sie kommen, auf der Grundlage eines 360-Grad-Ansatzes sicherstellen, um die drei Kernaufgaben der NATO zu erfüllen: Abschreckung und Verteidigung, Krisenprävention und -management sowie kooperative Sicherheit. Wir halten uns an das Völkerrecht sowie an die Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und verpflichten uns zur Wahrung der regelbasierten internationalen Ordnung. Dieser Gipfel ist ein Meilenstein bei der Stärkung unseres Bündnisses.

2. Wir begrüßen Präsident Selenskyj herzlich zur konstituierenden Tagung des NATO-Ukraine-Rates. Wir freuen uns auf den wertvollen Austausch mit den Staats- und Regierungschefs Australiens, Japans, Neuseelands und der Republik Korea sowie mit dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Präsidenten der Europäischen Kommission auf diesem Gipfel. Wir begrüßen auch die Gespräche mit den Außenministern Georgiens und der Republik Moldau sowie mit dem stellvertretenden Außenminister von Bosnien und Herzegowina, da wir uns weiterhin eng über die Umsetzung der maßgeschneiderten Unterstützungsmaßnahmen der NATO abstimmen.

3. Wir begrüßen Finnland als neuestes Mitglied unseres Bündnisses. Dies ist ein historischer Schritt für Finnland und für die NATO. Viele Jahre lang haben wir eng als Partner zusammengearbeitet; wir stehen jetzt als Verbündete zusammen. Die NATO-Mitgliedschaft macht Finnland sicherer und die NATO stärker.

4. Wir bekräftigen unser Bekenntnis zur Politik der offenen Tür der NATO und zu Artikel 10 des Washingtoner Vertrags. Jede Nation hat das Recht, ihre eigenen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Wir freuen uns darauf, Schweden als vollwertiges Mitglied des Bündnisses willkommen zu heißen, und begrüßen in diesem Zusammenhang die Einigung, die zwischen dem NATO-Generalsekretär, dem Präsidenten der Türkiye und dem schwedischen Ministerpräsidenten erzielt wurde.

5. Der Frieden im euro-atlantischen Raum ist erschüttert. Die Russische Föderation hat die Normen und Prinzipien verletzt, die zu einer stabilen und berechenbaren europäischen Sicherheitsordnung beigetragen haben. Die Russische Föderation ist die bedeutendste und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit der Bündnispartner sowie für Frieden und Stabilität im euro-atlantischen Raum. Der Terrorismus in all seinen Formen und Erscheinungsformen ist die unmittelbarste asymmetrische Bedrohung für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger sowie für den Weltfrieden und den Wohlstand. Die Bedrohungen, mit denen wir konfrontiert sind, sind global und miteinander verbunden.

6. Strategischer Wettbewerb, allgegenwärtige Instabilität und wiederkehrende Schocks bestimmen unser breiteres Sicherheitsumfeld. Konflikte, Fragilität und Instabilität in Afrika und im Nahen Osten wirken sich direkt auf unsere Sicherheit und die Sicherheit unserer Partner aus. Die erklärten Ambitionen und Zwangsmaßnahmen der Volksrepublik China (VR China) stellen unsere Interessen, unsere Sicherheit und unsere Werte in Frage. Wir sind nach wie vor offen für eine konstruktive Zusammenarbeit mit der VR China, einschließlich der Schaffung gegenseitiger Transparenz, um die Sicherheitsinteressen des Bündnisses zu wahren. Wir sind weiterhin mit Cyber-, Weltraum-, Hybrid- und anderen asymmetrischen Bedrohungen sowie mit dem böswilligen Einsatz neuer und disruptiver Technologien konfrontiert.

7. Russland trägt die volle Verantwortung für seinen illegalen, nicht zu rechtfertigenden und unprovozierten Angriffskrieg gegen die Ukraine, der die euro-atlantische und globale Sicherheit ernsthaft untergraben hat und für den es uneingeschränkt zur Rechenschaft gezogen werden muss. Wir verurteilen weiterhin aufs Schärfste die eklatanten Verstöße Russlands gegen das Völkerrecht, die Charta der Vereinten Nationen und die Verpflichtungen und Prinzipien der OSZE. Wir erkennen die illegalen und illegitimen Annexionen Russlands, einschließlich der Krim, nicht an und werden dies auch nie tun. Es darf keine Straflosigkeit für russische Kriegsverbrechen und andere Gräueltaten geben, wie Angriffe auf Zivilisten und die Zerstörung ziviler Infrastruktur, die Millionen von Ukrainern grundlegender menschlicher Dienstleistungen beraubt. Für Verletzungen und Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht, insbesondere gegen die ukrainische Zivilbevölkerung, einschließlich der Zwangsdeportation von Kindern und konfliktbedingter sexueller Gewalt, müssen alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms verdeutlicht die brutalen Folgen des von Russland begonnenen Krieges. Russlands Krieg hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Umwelt, die nukleare Sicherheit, die Energie- und Ernährungssicherheit, die Weltwirtschaft und das Wohlergehen von Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt. Die Bündnispartner arbeiten daran, die Ausfuhr von ukrainischem Getreide zu ermöglichen, und unterstützen aktiv die internationalen Bemühungen zur Linderung der globalen Nahrungsmittelkrise.

8. Russland muss diesen illegalen Angriffskrieg unverzüglich beenden, seine Gewaltanwendung gegen die Ukraine einstellen und seine gesamte Kräfte und Ausrüstung vollständig und bedingungslos aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen bis in ihre Hoheitsgewässer abziehen. Wir fordern alle Länder auf, die russische Aggression in keiner Weise zu unterstützen und all jene zu verurteilen, die den Krieg Russlands aktiv unterstützen. Die Unterstützung von Belarus war von entscheidender Bedeutung, da es weiterhin sein Territorium und seine Infrastruktur zur Verfügung stellt, damit die russischen Streitkräfte die Ukraine angreifen und die russische Aggression aufrechterhalten können. Insbesondere Belarus, aber auch der Iran müssen ihre Komplizenschaft mit Russland beenden und zur Einhaltung des Völkerrechts zurückkehren.

9. Wir begrüßen die nachdrückliche Unterstützung in der Generalversammlung der Vereinten Nationen für die Förderung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine. Wir begrüßen und unterstützen das Engagement von Präsident Selenskyj, die Grundsätze für einen solchen Frieden in seiner Friedensformel festzulegen. Wir setzen uns für einen gerechten und dauerhaften Frieden ein, der die Prinzipien der UN-Charta, insbesondere Souveränität, territoriale Integrität und Unabhängigkeit, wahrt. Wir betonen, dass dies ohne den vollständigen und bedingungslosen Rückzug Russlands nicht möglich ist. Wir haben Russland zwar aufgefordert, sich konstruktiv an glaubwürdigen Verhandlungen mit der Ukraine zu beteiligen, aber Russland hat keine wirkliche Offenheit für einen gerechten und dauerhaften Frieden gezeigt.

10. Wir bekräftigen unsere unerschütterliche Solidarität mit der Regierung und dem ukrainischen Volk bei der heldenhaften Verteidigung ihrer Nation, ihres Landes und unserer gemeinsamen Werte. Wir unterstützen voll und ganz das der Ukraine innewohnende Recht auf Selbstverteidigung, wie es in Artikel 51 der UN-Charta verankert ist. Wir bleiben unerschütterlich in unserer Entschlossenheit, die politische und praktische Unterstützung für die Ukraine weiter zu verstärken, während sie ihre Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen verteidigt, und werden unsere Unterstützung so lange fortsetzen, wie es nötig ist. Wir begrüßen die Bemühungen aller Bündnispartner und Partner, die sich für die Unterstützung der Ukraine einsetzen.

11. Wir unterstützen uneingeschränkt das Recht der Ukraine, ihre eigenen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Die Zukunft der Ukraine liegt in der NATO. Wir bekräftigen die Verpflichtung, die wir auf dem Gipfel 2008 in Bukarest eingegangen sind, dass die Ukraine Mitglied der NATO wird, und erkennen heute an, dass der Weg der Ukraine zu einer vollständigen euro-atlantischen Integration über die Notwendigkeit des Aktionsplans für die Mitgliedschaft hinausgegangen ist. Die Ukraine ist zunehmend interoperabel und politisch in das Bündnis integriert und hat auf ihrem Reformpfad erhebliche Fortschritte erzielt. Im Einklang mit der Charta über eine besondere Partnerschaft zwischen der NATO und der Ukraine von 1997 und der Ergänzung von 2009 werden die Bündnispartner die Fortschritte der Ukraine bei der Interoperabilität sowie die erforderlichen zusätzlichen Reformen im Bereich der Demokratie und des Sicherheitssektors weiterhin unterstützen und überprüfen. Die NATO-Außenminister werden die Fortschritte im Rahmen des angepassten nationalen Jahresprogramms regelmäßig bewerten. Das Bündnis wird die Ukraine bei diesen Reformen auf ihrem Weg zur künftigen Mitgliedschaft unterstützen. Wir werden in der Lage sein, die Ukraine zum Beitritt zum Bündnis einzuladen, wenn die Bündnispartner zustimmen und die Bedingungen erfüllt sind.

12. Die Sicherheit der Ukraine ist für die Bündnispartner und das Bündnis von großer Bedeutung. Um die weitere Integration der Ukraine in die NATO zu unterstützen, haben wir uns heute auf ein umfangreiches Paket erweiterter politischer und praktischer Unterstützung geeinigt. Wir haben beschlossen, den NATO-Ukraine-Rat einzurichten, ein neues gemeinsames Gremium, in dem die Bündnispartner und die Ukraine als gleichberechtigte Mitglieder zusammensitzen, um den politischen Dialog, das Engagement, die Zusammenarbeit und die euro-atlantischen Bestrebungen der Ukraine nach einer NATO-Mitgliedschaft zu fördern. Es wird gemeinsame Konsultationen, Beschlussfassungen und Aktivitäten vorsehen und auch als Krisenkonsultationsmechanismus zwischen der NATO und der Ukraine dienen.

13. Die NATO leistet der Ukraine im Rahmen des umfassenden Hilfspakets (GAP) weiterhin dringend benötigte nichtletale Hilfe Hilfe. Seit dem Madrider Gipfel haben die Bündnispartner und Partner mehr als 500 Millionen Euro für die GAP bereitgestellt. Um die Abschreckung und Verteidigung der Ukraine kurz-, mittel- und langfristig zu unterstützen, haben wir uns heute darauf geeinigt, die GAP zu einem mehrjährigen Programm für die Ukraine weiterzuentwickeln. Die geleistete Hilfe wird zum Wiederaufbau des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungssektors beitragen und die Ukraine in Richtung vollständiger Interoperabilität mit der NATO führen. Die Bündnispartner werden die GAP weiterhin nachhaltig und berechenbar finanzieren. Wir freuen uns sehr über Beiträge unserer Partner und ermutigen sie.

14. Russland hat seine militärische Aufrüstung und Präsenz in der Ostsee, im Schwarzen Meer und im Mittelmeer verstärkt und unterhält bedeutende militärische Fähigkeiten in der Arktis. Russlands selbstbewusstere Haltung, seine neuartigen militärischen Fähigkeiten und provokativen Aktivitäten, auch in der Nähe der NATO-Grenzen, sowie seine groß angelegten No-Notice- und Snap-Übungen bedrohen weiterhin die Sicherheit des euro-atlantischen Raums. Im Hohen Norden stellt seine Fähigkeit, die Verstärkung des Bündnisses zu stören, und die Freiheit der Schifffahrt über den Nordatlantik eine strategische Herausforderung für das Bündnis dar. Die NATO und die Bündnispartner werden weiterhin die notwendigen, abgestimmten und koordinierten Maßnahmen ergreifen, unter anderem durch die Durchführung einschlägiger Pläne.

15. Die Vertiefung der militärischen Integration Russlands in Belarus, einschließlich der Stationierung fortschrittlicher russischer militärischer Fähigkeiten und militärischer Kräfte in Belarus, hat Auswirkungen auf die regionale Stabilität und die Verteidigung des Bündnisses. Die NATO wird wachsam bleiben und die Entwicklungen, insbesondere die mögliche Entsendung sogenannter privater Militärunternehmen nach Belarus, weiter aufmerksam verfolgen. Wir fordern Belarus auf, seine bösartigen Aktivitäten gegen seine Nachbarn einzustellen, die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu achten und sich an das Völkerrecht zu halten.

16. Russland modernisiert seine Nuklearstreitkräfte, einschließlich seines großen Arsenals an Waffen mit großer Reichweite und erweitert seine neuartigen und disruptiven dualen Trägersysteme. Es ist inakzeptabel, dass Russland solche dualen Systeme einsetzt, um Zivilisten und kritische zivile Infrastruktur in der Ukraine anzugreifen. Wir verurteilen die angekündigte Absicht Russlands, Atomwaffen und atomwaffenfähige Systeme auf belarussischem Territorium zu stationieren, was ein weiterer Beweis dafür ist, wie die wiederholten Handlungen Russlands die strategische Stabilität und die allgemeine Sicherheit im euro-atlantischen Raum untergraben. Wir verurteilen Russlands unverantwortliche nukleare Rhetorik und seine erzwungenen nuklearen Signale. Wir erinnern an die gemeinsame Erklärung der Staats- und Regierungschefs der fünf Atomwaffenstaaten vom 3. Januar 2022 zur Verhütung eines Atomkriegs und zur Vermeidung von Rüstungswettläufen. Wir rufen Russland auf, sich in Wort und Tat erneut zu den in dieser Erklärung verankerten Grundsätzen zu bekennen.

17. Das Vorgehen Russlands zeugt von einer Haltung der strategischen Einschüchterung und unterstreicht, dass die NATO all diese Entwicklungen weiterhin beobachten und ihre Haltung gegebenenfalls anpassen muss. Die Bündnispartner werden weiterhin eng zusammenarbeiten, um den von Russland ausgehenden Bedrohungen und Herausforderungen zu begegnen, und bekräftigen, dass jeder Einsatz chemischer, biologischer, radiologischer oder nuklearer Waffen durch Russland schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen würde.

18. Russland hat seine hybriden Aktionen gegen NATO-Verbündete und -Partner intensiviert, auch über Stellvertreter. Dazu gehören die Einmischung in demokratische Prozesse, politischer und wirtschaftlicher Zwang, weit verbreitete Desinformationskampagnen, böswillige Cyberaktivitäten sowie illegale und störende Aktivitäten russischer Geheimdienste. Wir verstärken die uns zur Verfügung stehenden Instrumente, um russischen hybriden Aktionen entgegenzuwirken, und werden sicherstellen, dass das Bündnis und die Bündnispartner auf die Abschreckung und Abwehr hybrider Angriffe vorbereitet sind.

19. Wir streben Stabilität und Berechenbarkeit im euro-atlantischen Raum und zwischen der NATO und Russland an. Die NATO sucht keine Konfrontation und stellt keine Bedrohung für Russland dar. Angesichts seiner feindseligen Politik und seines feindseligen Handelns können wir Russland nicht als unseren Partner betrachten. Jede Veränderung in unseren Beziehungen hängt davon ab, dass Russland sein aggressives Verhalten einstellt und sich voll und ganz an das Völkerrecht hält. Wir sind weiterhin bereit, die Kommunikationskanäle mit Moskau offen zu halten, um Risiken zu managen und zu mindern, eine Eskalation zu verhindern und die Transparenz zu erhöhen. Gleichzeitig werden wir weiterhin über die Auswirkungen der russischen Politik und seines Handelns auf unsere Sicherheit beraten und diese bewerten und auf russische Drohungen und feindselige Handlungen geschlossen und verantwortungsvoll reagieren.

20. Wir lehnen den Terrorismus kategorisch ab und verurteilen ihn auf das Schärfste. Die Bekämpfung des Terrorismus in all seinen Formen und Erscheinungsformen ist für unsere kollektive Verteidigung von entscheidender Bedeutung. Die Rolle der NATO bei der Terrorismusbekämpfung trägt zu allen drei Kernaufgaben des Bündnisses bei und ist integraler Bestandteil des 360-Grad-Ansatzes des Bündnisses für Abschreckung und Verteidigung. Die Bündnispartner werden diese Bedrohung weiterhin mit Entschlossenheit, Entschlossenheit und Solidarität bekämpfen. Als Teil einer umfassenderen Bemühung, gemeinsam besser auf diese Bedrohung zu reagieren, werden wir die Fähigkeiten der Bündnispartner weiterentwickeln und weiterhin mit der Globalen Koalition zur Bekämpfung von Da'esh und mit Partnerländern zusammenarbeiten, um ihre Bemühungen zu unterstützen und ihnen beim Aufbau ihrer Kapazitäten zur Terrorismusbekämpfung zu helfen. Die NATO wird auch weiterhin gegebenenfalls mit anderen internationalen Akteuren zusammenarbeiten, um einen Mehrwert und Komplementarität zu gewährleisten.

21. Terroristische Organisationen bedrohen die Sicherheit unserer Bevölkerung, unserer Streitkräfte und unseres Territoriums. Sie haben ihre Netzwerke erweitert, ihre Fähigkeiten verbessert und in neue Technologien investiert, um ihre Reichweite und Letalität zu verbessern. Wir werden weiterhin Bedrohungen und Herausforderungen durch terroristische Gruppen abschrecken, verteidigen und darauf reagieren, und zwar auf der Grundlage einer Kombination aus Präventions-, Schutz- und Verleugnungsmaßnahmen. Wir haben heute den ständigen Rat beauftragt, die politischen Leitlinien und den Aktionsplan der NATO zur Terrorismusbekämpfung zu aktualisieren und in Absprache mit unseren regionalen Partnern die Bereiche neu zu bewerten, in denen die NATO den Partnern in diesem Bereich zivil-militärische Hilfe leisten kann. Unsere Herangehensweise an den Terrorismus und seine Ursachen steht im Einklang mit dem Völkerrecht und den Zielen und Grundsätzen der UN-Charta und steht im Einklang mit allen einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Terrorismus.

22. Die südliche Nachbarschaft der NATO, insbesondere der Nahe Osten, Nordafrika und die Sahelzone, steht vor miteinander verbundenen sicherheitspolitischen, demografischen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen. Diese werden durch die Auswirkungen des Klimawandels, fragile Institutionen, gesundheitliche Notlagen und Ernährungsunsicherheit noch verschärft. Diese Situation bietet einen fruchtbaren Boden für die Verbreitung nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen, einschließlich terroristischer Organisationen. Sie ermöglicht auch destabilisierende und erzwungene Eingriffe strategischer Wettbewerber. Russland schürt Spannungen und Instabilität in diesen Regionen. Die allgegenwärtige Instabilität führt zu Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, einschließlich konfliktbedingter sexueller Gewalt, sowie zu Angriffen auf Kulturgüter und Umweltschäden. Sie trägt zur Vertreibung bei und fördert Menschenhandel und irreguläre Migration. Diese Trends stellen ernsthafte transnationale und humanitäre Herausforderungen dar und wirken sich unverhältnismäßig stark auf Frauen, Kinder und Minderheiten aus. Als Reaktion auf die tiefgreifenden Auswirkungen dieser Bedrohungen und Herausforderungen innerhalb und in der Nähe des euro-atlantischen Raums haben wir heute den Nordatlantikrat in ständiger Sitzung beauftragt, eine umfassende und eingehende Reflexion über bestehende und neu auftretende Bedrohungen und Herausforderungen sowie über Möglichkeiten für die Zusammenarbeit mit unseren Partnerländern, internationalen Organisationen und anderen relevanten Akteuren in der Region einzuleiten. auf unserem nächsten Gipfel im Jahr 2024 vorgestellt werden.

23. Die erklärten Ambitionen und die Zwangspolitik der Volksrepublik China stellen unsere Interessen, unsere Sicherheit und unsere Werte in Frage. Die VR China setzt eine breite Palette politischer, wirtschaftlicher und militärischer Instrumente ein, um ihre globale Präsenz und Projektmacht zu vergrößern, während sie gleichzeitig über ihre Strategie, ihre Absichten und ihre militärische Aufrüstung undurchsichtig bleibt. Die böswilligen Hybrid- und Cyberoperationen der VR China sowie ihre konfrontative Rhetorik und Desinformation zielen auf die Bündnispartner ab und schaden der Sicherheit des Bündnisses. Die VR China ist bestrebt, wichtige technologische und industrielle Sektoren, kritische Infrastrukturen sowie strategische Material- und Lieferketten zu kontrollieren. Sie nutzt ihren wirtschaftlichen Hebel, um strategische Abhängigkeiten zu schaffen und ihren Einfluss zu stärken. Sie strebt danach, die regelbasierte internationale Ordnung zu untergraben, auch in den Bereichen Weltraum, Cyber und See.

24. Wir sind nach wie vor offen für eine konstruktive Zusammenarbeit mit der VR China, einschließlich des Aufbaus gegenseitiger Transparenz, um die Sicherheitsinteressen des Bündnisses zu wahren. Wir arbeiten als Bündnispartner verantwortungsvoll zusammen, um die systemischen Herausforderungen anzugehen, die die VR China für die euro-atlantische Sicherheit darstellt, und um sicherzustellen, dass die NATO dauerhaft in der Lage ist, die Verteidigung und Sicherheit der Bündnispartner zu gewährleisten. Wir stärken unser gemeinsames Bewusstsein, stärken unsere Widerstandsfähigkeit und Bereitschaft und schützen uns vor den Zwangstaktiken und -bemühungen der VR China, das Bündnis zu spalten. Wir werden für unsere gemeinsamen Werte und die regelbasierte internationale Ordnung, einschließlich der Freiheit der Schifffahrt, einstehen.

25. Die Vertiefung der strategischen Partnerschaft zwischen der VR China und Russland und ihre sich gegenseitig verstärkenden Versuche, die regelbasierte internationale Ordnung zu untergraben, laufen unseren Werten und Interessen zuwider. Wir fordern die VR China auf, als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen eine konstruktive Rolle zu spielen, den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zu verurteilen, die Kriegsanstrengungen Russlands in keiner Weise zu unterstützen, damit aufzuhören, das falsche Narrativ Russlands zu verstärken, das die Ukraine und die NATO für den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verantwortlich macht, und sich an die Ziele und Grundsätze der UN-Charta zu halten. Wir appellieren insbesondere an die VR China, verantwortungsvoll zu handeln und keine tödliche Hilfe für Russland zu leisten.

26. Im Jahr 2014 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten auf dem Gipfeltreffen in Wales auf die Zusage für Verteidigungsinvestitionen. Seitdem haben die Bündnispartner bemerkenswerte Fortschritte erzielt, und alle haben ihre Verteidigungsausgaben erhöht, ihre Streitkräfte und Fähigkeiten weiterentwickelt und zu den Operationen, Missionen und Aktivitäten des Bündnisses beigetragen. Wie das Strategische Konzept darlegt, stehen unsere Nationen heute jedoch vor tiefgreifenderen Sicherheitsbedrohungen und -herausforderungen als jemals zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges.

27. Im Einklang mit unseren Verpflichtungen aus Artikel 3 des Washingtoner Vertrags verpflichten wir uns, jährlich mindestens 2 % unseres Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Verteidigung zu investieren. Wir tun dies in dem Bewusstsein, dass dringend mehr erforderlich ist, um unseren Verpflichtungen als NATO-Bündnispartner nachhaltig nachzukommen, einschließlich der Erfüllung des seit langem bestehenden großen Ausrüstungsbedarfs und der NATO-Fähigkeitsziele, der Bereitstellung von Ressourcen für die neuen Verteidigungspläne und des neuen Streitkräftemodells der NATO sowie der Mitwirkung an NATO-Operationen, -Missionen und -Aktivitäten. Wir bekräftigen, dass in vielen Fällen Ausgaben von mehr als 2 % des BIP erforderlich sein werden, um bestehende Defizite zu beheben und die Anforderungen in allen Bereichen zu erfüllen, die sich aus einer umstritteneren Sicherheitsordnung ergeben.

28. Wir verpflichten uns, mindestens 20 % unseres Verteidigungshaushalts in Großausrüstung, einschließlich der damit verbundenen Forschung und Entwicklung, zu investieren. Wir erkennen an, dass dies in Verbindung mit einem jährlichen Verteidigungsaufwand von mindestens 2 % des BIP erreicht werden sollte. Wir müssen unseren technologischen Vorsprung bewahren und unsere Streitkräfte und Fähigkeiten weiter modernisieren und reformieren, unter anderem durch die Integration innovativer Technologien.

29. Wir verpflichten uns, die erforderlichen Streitkräfte, Fähigkeiten und Ressourcen für das gesamte Spektrum der Operationen, Missionen und Aktivitäten der NATO bereitzustellen. Dazu gehören die Erfüllung der Anforderungen an Abschreckung und Verteidigung, die Bereitstellung der Streitkräfte, die zur Umsetzung der Verteidigungspläne der NATO erforderlich sind, und der Beitrag zu den Krisenbewältigungsoperationen der NATO. Die Bündnispartner werden dafür sorgen, dass unsere Streitkräfte bereit sind und über das erforderliche Personal, die Ausrüstung, die Ausbildung, die Ersatzteile, die Logistik, die Infrastruktur und die Vorräte verfügen. Wir verpflichten uns, die Interoperabilität unserer nationalen Streitkräfte zu verbessern, unter anderem durch die transparente Einhaltung und Weiterentwicklung der NATO-Standards und -Doktrinen.

30. Um über die erforderlichen Fähigkeiten zu verfügen, benötigt das Bündnis eine starke und leistungsfähige Verteidigungsindustrie mit widerstandsfähigen Lieferketten. Eine starke Verteidigungsindustrie im gesamten Bündnis, einschließlich einer stärkeren Verteidigungsindustrie in Europa und einer stärkeren verteidigungsindustriellen Zusammenarbeit innerhalb Europas und über den Atlantik hinweg, ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung, um die erforderlichen Fähigkeiten bereitzustellen. Darüber hinaus werden wir im Einklang mit unseren Verpflichtungen, Verpflichtungen und Prozessen die Hindernisse für den Handel und die Investitionen im Verteidigungsbereich zwischen den Bündnispartnern verringern und gegebenenfalls beseitigen.

31. Die NATO ist das Fundament unserer kollektiven Verteidigung. Der Hauptzweck und die größte Verantwortung der NATO besteht darin, unsere kollektive Verteidigung gegen alle Bedrohungen aus allen Richtungen zu gewährleisten. Die NATO wird weiterhin drei Kernaufgaben erfüllen: Abschreckung und Verteidigung; Krisenprävention und -bewältigung; und kooperative Sicherheit. Diese ergänzen sich, um die kollektive Verteidigung und Sicherheit aller Bündnispartner zu gewährleisten.

32. Abschreckung und Verteidigung sind das Herzstück des Bündnisses, das durch Artikel 5 des Washingtoner Vertrags und eine dauerhafte transatlantische Bindung untermauert wird. Wir modernisieren die NATO für eine neue Ära der kollektiven Verteidigung. Wir sind vereint in unserem Engagement und unserer Entschlossenheit, uns gegen jeden Aggressor durchzusetzen und jeden Zentimeter des alliierten Territoriums zu verteidigen.

33. Geleitet von unseren souveränen Entscheidungen und als Reaktion auf die Bedrohungen, denen wir ausgesetzt sind, bleiben wir wachsam und solidarisch zusammen, um eine substanzielle und anhaltende Präsenz unserer Streitkräfte im gesamten Bündnis zu Lande, in der Luft und auf See im Einklang mit unserem 360-Grad-Ansatz zu gewährleisten. Die Abschreckungs- und Verteidigungshaltung der NATO beruht auf einer angemessenen Mischung aus nuklearen, konventionellen und Raketenabwehrfähigkeiten, die durch Weltraum- und Cyberfähigkeiten ergänzt werden. Sie ist defensiv, verhältnismäßig und steht voll und ganz im Einklang mit unseren internationalen Verpflichtungen. Wir werden militärische und nichtmilitärische Instrumente in verhältnismäßiger, kohärenter und integrierter Weise einsetzen, um auf alle Bedrohungen unserer Sicherheit auf die Weise, den Zeitpunkt und den Bereich unserer Wahl zu reagieren.

34. Als Reaktion auf ein radikal verändertes Sicherheitsumfeld verstärken wir die kollektive Verteidigung der NATO gegen alle Bedrohungen aus allen Richtungen. Wir können die Möglichkeit eines Angriffs auf die Souveränität und territoriale Integrität der Bündnispartner nicht ausschließen. Seit 2014 und insbesondere auf dem Madrider Gipfel 2022 haben wir Beschlüsse gefasst, um unsere Haltung zu stärken und einen klaren Kurs für eine beschleunigte militärische Anpassung festzulegen. Wir haben uns heute auf bedeutende Maßnahmen geeinigt, um die Abschreckungs- und Verteidigungsposition der NATO in allen Bereichen weiter zu verbessern, einschließlich der Verstärkung der vorderen Verteidigung und der Fähigkeit des Bündnisses, jeden Bündnispartner, der bedroht wird, rasch zu verstärken. Wir werden diese Maßnahmen vollständig umsetzen und jedem potentiellen Gegner jede Möglichkeit zur Aggression verwehren. Wir haben:

  • Einführung einer neuen Generation regionaler Verteidigungspläne, die auf unseren bestehenden strategischen und bereichsspezifischen Plänen aufbauen. Zusammen werden diese Pläne unsere Fähigkeit und Bereitschaft zur Abschreckung und Abwehr von Bedrohungen, auch kurzfristig oder unverzüglich, erheblich verbessern und im Einklang mit unserem 360-Grad-Ansatz eine rechtzeitige Verstärkung aller Bündnispartner sicherstellen. In größerem Ausmaß als jemals zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges wird die Planung unserer kollektiven Verteidigung vollständig mit der Planung unserer Streitkräfte, des Haltungsmanagements, der Fähigkeiten und der Führung übereinstimmen. Wir haben uns verpflichtet, diese Pläne mit allen Ressourcen auszustatten und regelmäßig umzusetzen, um auf eine hochintensive und bereichsübergreifende kollektive Verteidigung vorbereitet zu sein.
  • Wir waren uns darin einig, dass unsere Verteidigungspläne die Hauptantriebskraft für die Organisation unserer Streitkräfte und die spezifischen militärischen Anforderungen sind, die die NATO an sie stellt, so dass wir schneller und in größerem Umfang reagieren können. Mit dem neuen NATO-Streitkräftemodell, das auf dem Madrider Gipfel vereinbart wurde, stellen die Bündnispartner einen größeren Pool an engagierten kampffähigen Streitkräften zur Verfügung, einschließlich Streitkräften in hoher Bereitschaft, verbessern unsere militärische Reaktionsfähigkeit und nutzen regionales Fachwissen und geografische Nähe. Darüber hinaus richten wir eine neue multinationale und domänenübergreifende Alliierte Eingreiftruppe ein, die mehr Möglichkeiten bieten wird, rasch auf Bedrohungen und Krisen in alle Richtungen zu reagieren. Wir verpflichten uns, die notwendigen Kräfte und Fähigkeiten in vollem Umfang zur Verfügung zu stellen.
  • Wir haben vereinbart, das Kommando und die Kontrolle der NATO zu stärken, um sicherzustellen, dass sie ausreichend agil, widerstandsfähig und personell ist, um unsere Pläne auszuführen. Dies wird unsere Fähigkeit verbessern, Übungen durchzuführen, die Haltung der NATO in Friedenszeiten und beim Übergang zu Krisen und Konflikten zu steuern und die Führung und Kontrolle für das gesamte Spektrum von Missionen zu übernehmen, einschließlich groß angelegter Multi-Domain-Operationen zur kollektiven Verteidigung, die von SHAPE und seinen untergeordneten Kommandos, einschließlich der drei gleichermaßen leistungsfähigen Joint Force Commands, durchgeführt werden.
  • Wir bekräftigten unsere Beschlüsse auf dem Gipfel von Madrid, zusätzliche robuste, einsatzbereite Streitkräfte an der Ostflanke der NATO aufzustellen, die bei Bedarf von den bestehenden Gefechtsverbänden auf Einheiten in Brigadestärke aufgestockt werden sollen, unterstützt durch glaubwürdige, schnell verfügbare Verstärkungen, vorpositionierte Ausrüstung und eine verbesserte Führung und Kontrolle. Die acht multinationalen Gefechtsverbände sind nun an Ort und Stelle. Wir werden unsere Anstrengungen zur Umsetzung dieser Beschlüsse fortsetzen, unter anderem indem wir die Fähigkeit unter Beweis stellen, unsere militärische Präsenz durch robuste Live-Übungen an der Ostflanke des Bündnisses zu verstärken. Wir begrüßen die laufenden Bemühungen der Bündnispartner, ihre Präsenz an der Ostflanke der NATO zu verstärken, was zu einer weiteren glaubwürdigen Abschreckung und Verteidigung beiträgt. All diese Streitkräfte demonstrieren unsere Entschlossenheit und Bereitschaft, jeden Zentimeter des alliierten Territoriums zu verteidigen.
  • vereinbart, die Bereitschaft, Bereitschaft und Interoperabilität der integrierten Luft- und Raketenabwehr der NATO weiter zu verbessern, insbesondere durch regelmäßige Ausbildung und Rotationspräsenz moderner Luftverteidigungssysteme und -fähigkeiten im gesamten Zuständigkeitsbereich der SACEUR, wobei der Schwerpunkt zunächst auf der Ostflanke liegt, wodurch unsere Abschreckung gestärkt wird.
  • vereinbarten, unsere Arbeit an bereichsübergreifenden Operationen fortzusetzen, die durch den digitalen Wandel der NATO ermöglicht werden, der unseren militärischen und technologischen Vorsprung weiter stärkt und die Fähigkeit des Bündnisses stärkt, entschlossen in den Bereichen Land, Luft, See, Cyberraum und Weltraum zu operieren.

35. Wir begrüßen die raschen Fortschritte auf dem Weg zur vollständigen Integration Finnlands in die Abschreckung und Verteidigung der NATO und sind übereingekommen, diesen Prozess so bald wie möglich abzuschließen.

36. Wir brauchen eine robuste und widerstandsfähige Verteidigungsindustrie, die in der Lage ist, den Bedarf an einer deutlich verstärkten kollektiven Verteidigung nachhaltig zu decken. Wir haben einen Aktionsplan für die Verteidigungsproduktion und seine Aktionspunkte gebilligt. Dieser Plan wird ein langfristiges Engagement der NATO im gesamten Bündnis auf der Grundlage der Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und der inklusiven Teilhabe sicherstellen. Mit diesem Plan und zur Unterstützung der eigenen Prioritäten der Bündnispartner sind wir entschlossen, die Rolle des Bündnisses als Einberufer, Standardsetzer, Anforderungssetzer und -aggregator sowie als Wegbereiter für die Umsetzung zu nutzen, um nachhaltige industrielle Kapazitäten im Verteidigungsbereich zu fördern. Dies wird durch einen erneuten und dringenden Fokus auf Interoperabilität und eine Verbesserung der Materialnormung untermauert, um sicherzustellen, dass unsere Streitkräfte nahtlos zusammenarbeiten können, wobei der Schwerpunkt zunächst auf Landmunition liegt. Der Plan wird sicherstellen, dass wir die Verteidigungsindustrie im gesamten Bündnis, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen, verstehen, dazu beitragen, die Nachfrage zu bündeln, um die Fähigkeitsziele der NATO zu erreichen, die multinationale Zusammenarbeit und eine flexiblere Beschaffung fördern und die Transparenz gegenüber der Industrie erhöhen.

37. Unsere robusten militärischen Fähigkeiten sind für die Abschreckung und Verteidigung der NATO von entscheidender Bedeutung. Wir investieren weiterhin verstärkt in fortschrittliche und interoperable Fähigkeiten in allen Bereichen, wobei wir besonderen Wert auf kampffähige, überwiegend schwere High-End-Streitkräfte und -Fähigkeiten legen. Diese werden den Erfordernissen der Verteidigungspläne und anderer Aufgaben der NATO entsprechen. Wir werden sicherstellen, dass diese Fähigkeiten mit Ressourcen ausgestattet werden, um das erforderliche hohe Maß an Bereitschaft aufrechtzuerhalten. Wir arbeiten weiter daran, die Verlegefähigkeit, Interoperabilität, Standardisierung, Reaktionsfähigkeit, Streitkräfteintegration und Unterstützung unserer Streitkräfte zu verbessern, um hochintensive Operationen, einschließlich Krisenreaktionsoperationen, in anspruchsvollen Umgebungen durchzuführen und aufrechtzuerhalten. Der NATO-Verteidigungsplanungsprozess spielt eine Schlüsselrolle bei der Aufteilung von Risiken und Verantwortlichkeiten, und wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, unseren jeweiligen Anteil an den Fähigkeiten bereitzustellen, die das Bündnis zur Erfüllung seiner drei Kernaufgaben benötigt. Unsere Pläne zur Entwicklung von Fähigkeiten werden sicherstellen, dass wir unseren technologischen Vorsprung beibehalten, die Herausforderungen und Chancen erkennen, die sich aus neuen und disruptiven Technologien ergeben, und gleichzeitig deren rechtzeitige Integration sicherstellen. Wir haben auch beschlossen, unsere Bestände an bestimmter kampfentscheidender Munition deutlich zu erhöhen.

38. Wir werden die Fähigkeit des Bündnisses, jeden Verbündeten, der bedroht wird, rasch zu verstärken, weiter stärken und regelmäßig ausüben. Übungen sind ein wichtiges Mittel, um die Entschlossenheit und Fähigkeit des Bündnisses zu demonstrieren. Wir passen unsere Entscheidungsprozesse an und verschlanken sie, verbessern die Effektivität unseres Alarmierungs- und Reaktionssystems.

39. Wir werden einzeln und gemeinsam das gesamte Spektrum an Streitkräften, Fähigkeiten, Plänen, Ressourcen, Mitteln und Infrastrukturen bereitstellen, die für Abschreckung und Verteidigung erforderlich sind, einschließlich für hochintensive, bereichsübergreifende Kriegsführung gegen nuklear bewaffnete Konkurrenten. Dementsprechend werden wir die Ausbildung und Übungen verstärken, die konventionelle und für die betreffenden Bündnispartner eine nukleare Dimension einer Krise oder eines Konflikts simulieren und so eine größere Kohärenz zwischen konventionellen und nuklearen Komponenten der Abschreckungs- und Verteidigungsstrategie der NATO in allen Bereichen und im gesamten Konfliktspektrum ermöglichen.

40. Wir haben unsere Anstrengungen sowohl auf nationaler Ebene als auch in der NATO beschleunigt, um die Befähigung des Zuständigkeitsbereichs der SACEUR, einschließlich der Logistik, sicherzustellen und unsere Fähigkeit zu verbessern, die Verstärkung und den Unterhalt der Streitkräfte der Bündnispartner in, quer durch und aus dem gesamten Bündnisgebiet zu unterstützen, auch durch die Vorpositionierung von Munition und Ausrüstung. Im Rahmen der Ermöglichung des Zuständigkeitsbereichs des SACEUR setzen wir unsere Arbeit an den Modalitäten der Verteilung der Treibstoffversorgung fort, da die rechtzeitige Bereitstellung von Treibstoff für die Streitkräfte der NATO, wo dies in Europa erforderlich ist, die Bereitschaft und Reaktionsfähigkeit des Bündnisses untermauert. Wir sind uns bewusst, dass das veränderte Sicherheitsumfeld eine größere Herausforderung für die kollektive Logistik des Bündnisses darstellt, und wir werden politische und militärische Anstrengungen unternehmen, um dieser Herausforderung zu begegnen, wobei wir anerkennen, dass eine glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung von angemessenen logistischen Kapazitäten abhängt. Eine wirksame militärische Mobilität ist für die Befähigung von entscheidender Bedeutung, und es sind weitere Fortschritte erforderlich. Die Anstrengungen zur Gewährleistung eines kohärenten Ansatzes und der Synergien zwischen der NATO und der EU im Bereich der militärischen Mobilität sollten fortgesetzt werden.

41. Die integrierte Luft- und Raketenabwehr der NATO (IAMD) ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung für eine glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung sowie für die unteilbare Sicherheit und Handlungsfreiheit des Bündnisses, einschließlich der Fähigkeit der NATO, die NATO zu stärken und strategisch zu reagieren. Die IAMD der NATO ist eine wesentliche und kontinuierliche Mission in Friedens-, Krisen- und Konfliktzeiten. Die IAMD der NATO umfasst alle Maßnahmen, die zur Abschreckung von Luft- und Raketenbedrohungen beitragen oder ihre Wirksamkeit zunichte machen oder verringern. Diese Mission wird in einem 360-Grad-Ansatz durchgeführt und ist auf alle Luft- und Raketenbedrohungen zugeschnitten, die von allen strategischen Richtungen staatlicher und nichtstaatlicher Akteure ausgehen.

42. Die Stationierung der IAMD durch die Bündnispartner, auch an der Ostflanke als Reaktion auf die russische Aggression gegen die Ukraine, sowie Übungen und Schulungen zeugen von Solidarität und Entschlossenheit des Bündnisses. Auf der Grundlage des Strategischen Konzepts, der 2022 in Madrid vereinbarten neuen Ausgangsbasis für Abschreckung und Verteidigung und der neuen Generation von Verteidigungsplänen stärkt die NATO ihre IAMD weiter, indem sie die Bereitschaft, Reaktionsfähigkeit, Wirksamkeit und Interoperabilität der IAMD sowie die Verfügbarkeit des Luftraums verbessert. Die NATO und die Bündnispartner arbeiten weiter an der Verbesserung der IAMD-Fähigkeiten, wie z. B. Überwachung, Abfangjäger sowie Führung und Kontrolle. Wir werden weiterhin die immer vielfältigeren und anspruchsvolleren Bedrohungen aus der Luft und mit Raketen berücksichtigen, die von einfachen unbemannten Luftfahrzeugen (UAVs) bis hin zu hochentwickelten Hyperschallraketen reichen.

43. Der grundlegende Zweck der nuklearen Fähigkeiten der NATO besteht darin, den Frieden zu wahren, Zwang zu verhindern und Aggressionen abzuschrecken. Atomwaffen sind einzigartig. Solange es Atomwaffen gibt, wird die NATO ein nukleares Bündnis bleiben. Das Ziel der NATO ist eine sicherere Welt für alle; Wir versuchen, ein Sicherheitsumfeld für eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen. Die Umstände, unter denen die NATO Atomwaffen einsetzen muss, sind äußerst unwahrscheinlich. Jeder Einsatz von Atomwaffen gegen die NATO würde das Wesen eines Konflikts grundlegend verändern. Das Bündnis verfügt über die Fähigkeiten und die Entschlossenheit, einem Gegner Kosten aufzuerlegen, die inakzeptabel wären und die Vorteile, die sich jeder Gegner erhoffen könnte, bei weitem überwiegen würden.

44. Die strategischen Nuklearstreitkräfte des Bündnisses, insbesondere die der Vereinigten Staaten, sind die höchste Garantie für die Sicherheit des Bündnisses. Die unabhängigen strategischen Nuklearstreitkräfte des Vereinigten Königreichs und Frankreichs haben eine eigene Abschreckungsfunktion und tragen erheblich zur allgemeinen Sicherheit des Bündnisses bei. Die unterschiedlichen Entscheidungszentren dieser Bündnispartner tragen zur Abschreckung bei, indem sie die Berechnungen potenzieller Gegner erschweren. Die nukleare Abschreckung der NATO beruht auch auf den Atomwaffen der Vereinigten Staaten, die in Europa stationiert sind. Die nationalen Beiträge der betreffenden Bündnispartner zu Flugzeugen mit doppelter Eignung sowie die Bereitstellung konventioneller Streitkräfte und militärischer Fähigkeiten zur Unterstützung der nuklearen Abschreckungsmission der NATO sind nach wie vor von zentraler Bedeutung für diese Bemühungen.

45. Die NATO wird alle erforderlichen Schritte unternehmen, um die Glaubwürdigkeit, Wirksamkeit und Sicherheit der nuklearen Abschreckungsmission zu gewährleisten. Dazu gehört die weitere Modernisierung der nuklearen Fähigkeiten der NATO und die Aktualisierung der Planungen, um die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Nuklearstreitkräfte des Bündnisses zu erhöhen und dabei jederzeit eine starke politische Kontrolle auszuüben. Das Bündnis bekräftigt die Notwendigkeit, die größtmögliche Beteiligung der betroffenen Bündnispartner an den nuklearen Lastenteilungsvereinbarungen der NATO sicherzustellen, um die Einheit und Entschlossenheit des Bündnisses zu demonstrieren.

46. Das Bündnis setzt sich für eine stärkere Integration und Kohärenz der Fähigkeiten und Tätigkeiten in allen Bereichen und im Konfliktspektrum ein und bekräftigt gleichzeitig die einzigartige und besondere Rolle der nuklearen Abschreckung. Die NATO wird weiterhin eine glaubwürdige Abschreckung aufrechterhalten, ihre strategische Kommunikation stärken, die Wirksamkeit ihrer Übungen verbessern und strategische Risiken verringern. Die NATO ist bereit und in der Lage, Aggressionen abzuschrecken und Eskalationsrisiken in einer Krise mit nuklearer Dimension zu bewältigen.

47. Die Raketenabwehr kann die Rolle von Kernwaffen bei der Abschreckung ergänzen; sie kann sie nicht ersetzen. Das Ziel und die politischen Grundsätze der NATO-Raketenabwehr (BMD) bleiben gegenüber dem Gipfel von Lissabon 2010 unverändert. Die NATO BMD ist rein defensiv ausgerichtet und zielt darauf ab, Bedrohungen durch ballistische Raketen abzuwehren, die von außerhalb des euro-atlantischen Raums ausgehen. Die Bündnispartner sind nach wie vor entschlossen, die NATO BMD in vollem Umfang zu entwickeln, die kollektive Verteidigung des Bündnisses fortzusetzen und allen europäischen Bevölkerungen, Gebieten und Streitkräften der NATO uneingeschränkten Schutz und Schutz vor der zunehmenden Bedrohung durch die Verbreitung ballistischer Flugkörper zu bieten.

48. Die NATO BMD stützt sich auf freiwillige nationale Beiträge, einschließlich der US-amerikanischen Mittel im Rahmen des europäischen phased adaptive approach in Rumänien, der Türkiye, Spanien und Polen sowie der NATO-BMD-Kommando- und Kontrollkomponente, der einzigen Komponente, die für eine gemeinsame Finanzierung in Betracht kommt. Zusätzliche freiwillige nationale Beiträge werden für Robustheit sorgen. Wir verpflichten uns, zusätzliche wesentliche Komponenten der NATO-BMD-Führung zu vervollständigen, die für das Erreichen des nächsten wichtigen Meilensteins vor dem Erreichen der vollen Einsatzfähigkeit erforderlich ist.

49. Strategische Stabilität, die durch wirksame Abschreckung und Verteidigung, Rüstungskontrolle und Abrüstung sowie einen sinnvollen und gegenseitigen politischen Dialog erreicht wird, ist für unsere Sicherheit nach wie vor von entscheidender Bedeutung. Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung leisten einen wichtigen Beitrag zu den Zielen des Bündnisses. Die Anstrengungen der Bündnispartner in den Bereichen Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung zielen darauf ab, Risiken zu verringern und die Sicherheit, Transparenz, Überprüfung und Einhaltung von Vorschriften zu verbessern. Wir werden alle Elemente der strategischen Risikominderung verfolgen, einschließlich der Förderung von Vertrauensbildung und Berechenbarkeit durch Dialog, der Verbesserung des Verständnisses und der Einrichtung wirksamer Krisenmanagement- und Präventionsinstrumente. Diese Anstrengungen werden dem vorherrschenden Sicherheitsumfeld und der Sicherheit aller Bündnispartner Rechnung tragen und die Abschreckungs- und Verteidigungsstrategie des Bündnisses ergänzen. Wir werden die NATO als Plattform für eingehende Diskussionen und enge Konsultationen über Rüstungskontrollbemühungen nutzen.

50. Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung haben einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung der Sicherheitsziele des Bündnisses und zur Gewährleistung der strategischen Stabilität und unserer kollektiven Sicherheit geleistet und sollten dies auch weiterhin tun. Die NATO kann auf eine lange Erfolgsbilanz zurückblicken, wenn es darum geht, ihren Beitrag zur Abrüstung und Nichtverbreitung zu leisten. Nach dem Ende des Kalten Krieges reduzierte die NATO die Zahl der in Europa stationierten Atomwaffen und ihre Abhängigkeit von Atomwaffen in der NATO-Strategie drastisch. Die Bündnispartner sind nach wie vor gemeinsam entschlossen, bestehende Vereinbarungen und Verpflichtungen in den Bereichen Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung aufrechtzuerhalten und zu unterstützen. Wir werden Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung als Schlüsselelement der euro-atlantischen Sicherheit weiter stärken und dabei dem vorherrschenden Sicherheitsumfeld und der Sicherheit aller Bündnispartner Rechnung tragen.

 

51. Die Verstöße Russlands und die selektive Umsetzung seiner Verpflichtungen und Verpflichtungen im Bereich der Rüstungskontrolle haben zur Verschlechterung der allgemeinen Sicherheitslage beigetragen. Wir verurteilen die angebliche Aussetzung des New-START-Vertrags durch Russland und die Nichteinhaltung seiner rechtsverbindlichen Verpflichtungen aus dem Vertrag. Wir fordern Russland auf, zur vollständigen Umsetzung des Vertrags zurückzukehren sowie verantwortungsvoll zu handeln und sich konstruktiv für die Verringerung strategischer und nuklearer Risiken einzusetzen. Wir verurteilen auch die Entscheidung Russlands, sich aus dem wegweisenden Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa zurückzuziehen, der ein weiterer Beweis für die anhaltende Missachtung der Rüstungskontrolle durch Russland ist und die jüngste in einer Reihe von Maßnahmen zur Untergrabung der euro-atlantischen Sicherheit ist. Die Bündnispartner fordern Russland nachdrücklich auf, seinen Verpflichtungen nachzukommen und die verbleibende Zeit bis zum Rückzug zu nutzen, um seine Entscheidung zu überdenken. Die Bündnispartner werden weiterhin Konsultationen über die Auswirkungen des Rückzugs Russlands aus dem KSE-Vertrag und seine Auswirkungen auf die Sicherheit des Bündnisses durchführen.

52. Der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) ist nach wie vor das wesentliche Bollwerk gegen die Verbreitung von Kernwaffen. Sie ist der Eckpfeiler des globalen nuklearen Nichtverbreitungsregimes und der Abrüstungsarchitektur, der einzige glaubwürdige Weg zur nuklearen Abrüstung und der Rahmen für die internationale Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Nutzung von Kernenergie, Wissenschaft und Technologie. Die Bündnispartner setzen sich nach wie vor nachdrücklich für die vollständige Umsetzung des NVV in seinen drei Säulen, einschließlich Artikel VI, ein. Die Blockade des Konsenses durch Russland auf der Zehnten NVV-Überprüfungskonferenz war unverantwortlich. Wir rufen alle Vertragsstaaten des NVV auf, zusammenzuarbeiten, um den NVV im laufenden Überprüfungszyklus des NVV umzusetzen und zu stärken. Wir unterstreichen die dringende Notwendigkeit, den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen in Kraft zu setzen. Wir fordern die unverzügliche Aufnahme und den baldigen Abschluss der Verhandlungen in der Abrüstungskonferenz über einen Vertrag über das Verbot der Herstellung von spaltbarem Material zur Verwendung in Kernwaffen oder anderen Sprengkörpern gemäß dem Bericht CD/1299 der Abrüstungskonferenz und dem darin enthaltenen Mandat. Wir rufen alle Staaten, die dies noch nicht getan haben, auf, freiwillige Moratorien für die Herstellung von spaltbarem Material für den Einsatz in Atomwaffen oder anderen nuklearen Sprengkörpern zu erklären und aufrechtzuerhalten.

53. Die NATO-Bündnispartner unterstützen das Endziel einer Welt ohne Kernwaffen in voller Übereinstimmung mit allen Bestimmungen des NVV, das auf wirksame und überprüfbare Weise erreicht wird, die die internationale Stabilität fördert und auf dem Grundsatz der unverminderten Sicherheit für alle beruht. Die nuklearen Lastenteilungsvereinbarungen der NATO standen stets voll und ganz im Einklang mit dem Atomwaffensperrvertrag.

54. Wir bekräftigen, dass der Vertrag über das Verbot von Kernwaffen (TPNW) im Widerspruch zur nuklearen Abschreckungspolitik des Bündnisses steht, mit ihr unvereinbar und unvereinbar ist, im Widerspruch zur bestehenden Nichtverbreitungs- und Abrüstungsarchitektur steht, den NVV zu untergraben droht und dem derzeitigen Sicherheitsumfeld nicht Rechnung trägt. Der Atomwaffenverbotsvertrag ändert nichts an den rechtlichen Verpflichtungen unserer Länder in Bezug auf Atomwaffen. Wir akzeptieren kein Argument, dass der Atomwaffenverbotsvertrag die Entwicklung des Völkergewohnheitsrechts widerspiegelt oder in irgendeiner Weise dazu beiträgt. Wir appellieren an unsere Partner und alle anderen Länder, realistisch über die Auswirkungen des Verbotsvertrags auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit, einschließlich des Atomwaffensperrvertrags, nachzudenken und gemeinsam mit uns an der Verbesserung der kollektiven Sicherheit durch greifbare und überprüfbare Maßnahmen zu arbeiten, die strategische Risiken verringern und dauerhafte Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung ermöglichen können.

55. Die VR China baut ihr Nukleararsenal rasch aus und diversifiziert es mit mehr Sprengköpfen und einer größeren Zahl ausgeklügelter Trägersysteme, um eine nukleare Triade zu schaffen, während sie es versäumt, sich in nennenswerter Transparenz oder in gutem Glauben um nukleare Rüstungskontrolle oder Risikominderung zu bemühen. Wir lehnen jeden Versuch ab, unter dem Deckmantel ziviler Programme Plutonium für militärische Programme zu produzieren oder zu unterstützen, was die Ziele des NVV untergräbt. Wir fordern die VR China nachdrücklich auf, sich an strategischen Gesprächen über die Risikominderung zu beteiligen und die Stabilität durch größere Transparenz in Bezug auf ihre Kernwaffenpolitik, -pläne und -fähigkeiten zu fördern.

56. Wir bekräftigen unsere klare Entschlossenheit, dass der Iran niemals eine Atomwaffe entwickeln darf. Wir sind nach wie vor zutiefst besorgt über die Eskalation des iranischen Atomprogramms. Wir fordern Iran auf, seinen rechtlichen Verpflichtungen im Rahmen seines im Atomwaffensperrvertrag vorgeschriebenen Sicherungsabkommens und seinen politischen Verpflichtungen in Bezug auf die Nichtverbreitung von Kernwaffen unverzüglich nachzukommen. Die Erfüllung dieser Verpflichtungen und Verpflichtungen durch den Iran ist von entscheidender Bedeutung, damit die IAEO glaubwürdige Zusicherungen über den friedlichen Charakter des iranischen Atomprogramms geben kann. Wir fordern Iran auch auf, alle Aktivitäten mit ballistischen Raketen einzustellen, die mit der Resolution 2231 des VN-Sicherheitsrats unvereinbar sind.

57. Wir verurteilen aufs Schärfste die Massenvernichtungswaffen- und ballistischen Raketenprogramme der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK), die gegen mehrere Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen verstoßen. Wir bekräftigen, dass die DVRK ihre Kernwaffen und bestehenden Nuklearprogramme sowie alle anderen Massenvernichtungswaffen- und ballistischen Raketenprogramme vollständig, überprüfbar und unumkehrbar aufgeben muss. Wir fordern die DVRK nachdrücklich auf, zu den Sicherheitsvorkehrungen des Atomwaffensperrvertrags und der IAEO zurückzukehren und diese uneingeschränkt einzuhalten. Wir rufen die DVRK auf, die wiederholten Dialogangebote aller betroffenen Parteien, einschließlich Japans, der Vereinigten Staaten und der Republik Korea, anzunehmen.

58. Der potenzielle Einsatz von chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen (CBRN) Materialien oder Waffen gegen die NATO durch feindliche staatliche und nichtstaatliche Akteure ist nach wie vor eine zentrale und sich entwickelnde Bedrohung für unsere Sicherheit. Wir setzen die neue CBRN-Verteidigungspolitik der NATO um, wie sie auf dem Madrider Gipfel vereinbart wurde, und investieren in die militärischen Fähigkeiten, die erforderlich sind, um in jedem Umfeld wirksam zu operieren, zu kämpfen und sich durchzusetzen und unsere nationale und kollektive Widerstandsfähigkeit gegen CBRN-Risiken und -Bedrohungen zu gewährleisten.

59. Die NATO schützt die Freiheit und Sicherheit aller ihrer Mitglieder sowohl mit politischen als auch mit militärischen Mitteln. Das sich wandelnde Sicherheitsumfeld erfordert zunehmend, dass die NATO einen strukturierten und maßgeschneiderten Ansatz verfolgt, der nichtmilitärische und militärische Instrumente in bewusster, kohärenter und nachhaltiger Weise einsetzt, und zwar im gesamten Spektrum von Frieden, Krisen und Konflikten. Die NATO setzt eine Vielzahl nichtmilitärischer Instrumente ein, die die drei Kernaufgaben des Bündnisses unterstützen. Sie dient auch weiterhin als Plattform für die Verbesserung der kohärenten Nutzung dieser Instrumente durch die Bündnispartner unter ihrer eigenen Autorität und Kontrolle und zusammen mit anderen internationalen Akteuren. Wir werden die effektive, klare und überzeugende strategische Kommunikation weiter stärken.

60. In dem Maße, in dem der Krieg in Europa das Wesen des euro-atlantischen Sicherheitsumfelds grundlegend verändert hat, ist die Betonung der nachrichtendienstlichen Erkenntnisse noch stärker in den Vordergrund gerückt und für die Entscheidungsfindung und strategische Planung des Bündnisses von wesentlicher Bedeutung. Der Wert des NATO-Nachrichtendienstes ergibt sich in erster Linie daraus, dass die Nachrichten- und Sicherheitsdienste des Bündnisses eng zusammenarbeiten, um Erkenntnisse auszutauschen und weiterhin sicherzustellen, dass das Bündnis über ein umfassendes Verständnis der globalen strategischen Lage verfügt. Zu diesem Zweck werden die nachrichtendienstlichen Fähigkeiten der Bündnispartner dazu beitragen, das Verständnis der NATO für die Bedrohungen, Risiken und Herausforderungen zu verbessern und unsere bedeutenden und vielfältigen Analysefähigkeiten zu optimieren. Wir werden unsere nachrichtendienstliche Zusammenarbeit innerhalb des Bündnisses und gegebenenfalls mit Partnern verstärken. Die NATO und ihre Bündnispartner werden ihre Maßnahmen zur Sicherheits- und Spionageabwehr verstärken, um wirksam auf feindliche nachrichtendienstliche Aktivitäten reagieren zu können.

61. Nationale und kollektive Resilienz sind eine wesentliche Grundlage für eine glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung und die wirksame Erfüllung der Kernaufgaben des Bündnisses und von entscheidender Bedeutung für unsere Bemühungen um den Schutz unserer Gesellschaften, unserer Bevölkerungen und unserer gemeinsamen Werte. Resilienz ist eine nationale Verantwortung und eine kollektive Verpflichtung, die in Artikel 3 des Washingtoner Vertrags verankert ist. Heute haben wir uns auf die Resilienzziele des Bündnisses für 2023 geeinigt. Wir bauen auf dem Strengthened Resilience Commitment 2021 auf. Die Resilienzziele werden die Bereitschaft der NATO und der Bündnispartner gegen strategische Schocks und Störungen stärken. Sie werden unsere nationale und kollektive Fähigkeit stärken, die Kontinuität der Regierung und der wesentlichen Dienstleistungen für unsere Bevölkerung zu gewährleisten, und die zivile Unterstützung militärischer Operationen in Frieden, Krisen und Konflikten ermöglichen. Die Bündnispartner werden diese Ziele als Richtschnur für die Entwicklung ihrer nationalen Ziele und Umsetzungspläne im Einklang mit ihrem jeweiligen nationalen Risikoprofil verwenden. Darüber hinaus werden wir darauf hinarbeiten, strategische Schwachstellen und Abhängigkeiten zu identifizieren und zu mindern, auch in Bezug auf unsere kritischen Infrastrukturen, Lieferketten und Gesundheitssysteme. Die Bündnispartner sollten auch die gesellschaftliche Resilienz fördern. Während wir unsere Anstrengungen zur Stärkung der Resilienz verstärken, werden wir weiterhin mit unseren Partnern zusammenarbeiten, die ähnliche Anstrengungen unternehmen, insbesondere mit der Europäischen Union, um den euro-atlantischen Raum und unsere weitere Nachbarschaft sicherer zu machen. Die Handlungen, Verpflichtungen und rechtlichen Verpflichtungen einzelner Bündnispartner in anderen internationalen Gremien tragen ebenfalls dazu bei, unsere Resilienz zu stärken.

62. Die Fähigkeit des Bündnisses, seine Kernaufgaben zu erfüllen, hängt zunehmend von der Einführung digitaler Technologien ab. Wir sind uns der Dringlichkeit einer digital transformierten Allianz bewusst und haben eine Strategie zur Umsetzung der digitalen Transformation verabschiedet, um unsere Fähigkeit zu untermauern, Multi-Domain-Operationen durchzuführen, die Interoperabilität über alle Bereiche hinweg zu fördern, das Situationsbewusstsein und die politische Konsultation zu verbessern und datengesteuerte Entscheidungen zu treffen.

63. Neue und disruptive Technologien bergen sowohl Chancen als auch Risiken. Sie verändern den Charakter von Konflikten, gewinnen an strategischer Bedeutung und werden zu Schlüsselarenen des globalen Wettbewerbs. Die operative Bedeutung von EDTs sowie des Zugangs zu und der Anpassung kommerzieller Technologien an den laufenden Betrieb wurden im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hervorgehoben. Die strategischen Konkurrenten und potenziellen Gegner der NATO investieren massiv in Technologien, die hochwirksam sein können, insbesondere bei bösartigen hybriden Aktivitäten, und in Konflikten entscheidend sein können. Wir beschleunigen unsere eigenen Anstrengungen, um sicherzustellen, dass das Bündnis seinen technologischen Vorsprung bei neu entstehenden und disruptiven Technologien beibehält, um unsere Interoperabilität und unseren militärischen Vorsprung zu wahren, auch durch Dual-Use-Lösungen. Wir arbeiten zusammen, um neue Technologien einzuführen und zu integrieren, mit dem Privatsektor zu kooperieren, unsere Innovationsökosysteme zu schützen, Standards zu gestalten und uns zu Prinzipien der verantwortungsvollen Nutzung zu verpflichten, die unsere demokratischen Werte und Menschenrechte widerspiegeln. Wir werden sicherstellen, dass wir im Einklang mit dem Völkerrecht handeln und versuchen, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken. Der Defence Innovation Accelerator for the North Atlantic (DIANA) der NATO hat jetzt seine ersten Herausforderungen für Start-ups in NATO-Ländern gestartet. Um unser transatlantisches Innovationsökosystem weiterzuentwickeln, wird der NATO Innovation Fund, der weltweit erste länderübergreifende Risikokapitalfonds, in den kommenden Monaten damit beginnen, in Deep-Tech zu investieren. Ergänzend zu den kürzlich vereinbarten Strategien für künstliche Intelligenz und Autonomie wird die NATO weitere Strategien für neu auftretende und disruptive Schlüsseltechnologien entwickeln, unter anderem für Quantentechnologien sowie für Biotechnologie und Human Enhancement, um den Chancen und Risiken, die sie mit sich bringen, zu begegnen.

64. Wir sehen uns nach wie vor mit zunehmenden hybriden Bedrohungen und Herausforderungen durch staatliche und nichtstaatliche Akteure konfrontiert, die hybride Aktivitäten, unter anderem durch Einmischung und den schädlichen Einsatz von Technologien, nutzen, um unsere politischen Institutionen, unsere kritischen Infrastrukturen, unsere Gesellschaften, unsere demokratischen Systeme, unsere Volkswirtschaften und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger ins Visier zu nehmen. Wir sind uns weiterhin einig, wenn es darum geht, unsere offenen und demokratischen Gesellschaften gegen diese bösartigen Aktivitäten zu verteidigen. Wir bekräftigen, dass hybride Operationen gegen die Bündnispartner das Niveau eines bewaffneten Angriffs erreichen und den Rat dazu veranlassen könnten, sich auf Artikel 5 des Washingtoner Vertrags zu berufen. Wir werden uns weiterhin auf hybride Bedrohungen vorbereiten, sie abschrecken, abwehren und ihnen entgegenwirken, unter anderem durch den möglichen Einsatz von Counter Hybrid Support Teams. Wir entwickeln weiterhin umfassende Präventions- und Reaktionsoptionen und sind bereit, diese anzuwenden, um die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und böswillige Akteure davon abzuhalten, sich an hybriden Operationen zu beteiligen. Einzelne Bündnispartner können gegebenenfalls in Erwägung ziehen, hybride Tätigkeiten zuzuordnen und koordiniert zu reagieren, wobei sie anerkennen, dass die Zuordnung ein souveränes nationales Vorrecht ist. Wir werden weiterhin gegen Desinformation und Fehlinformationen vorgehen, unter anderem durch positive und wirksame strategische Kommunikation. Wir werden unsere Partner auch weiterhin dabei unterstützen, ihre Resilienz gegenüber hybriden Herausforderungen zu stärken.

65. Die Bedrohung kritischer Unterwasserinfrastrukturen ist real und entwickelt sich weiter. Wir verpflichten uns, strategische Schwachstellen und Abhängigkeiten in Bezug auf unsere kritische Infrastruktur zu identifizieren und zu mindern sowie uns auf den erzwungenen Einsatz von Energie und andere hybride Taktiken staatlicher und nichtstaatlicher Akteure vorzubereiten, abzuschrecken und abzuwehren. Jeder vorsätzliche Angriff auf die kritische Infrastruktur der Bündnispartner wird mit einer vereinten und entschlossenen Antwort beantwortet werden. Dies gilt auch für kritische Unterwasserinfrastrukturen. Der Schutz kritischer Unterwasserinfrastrukturen im Hoheitsgebiet der Bündnispartner liegt nach wie vor in der nationalen Verantwortung und ist eine kollektive Verpflichtung. Die NATO ist bereit, die Bündnispartner zu unterstützen, wenn dies ersucht wird. Wir haben uns darauf geeinigt, das Maritime Zentrum der NATO für die Sicherheit kritischer Unterwasserinfrastrukturen innerhalb des Maritime Command (MARCOM) der NATO einzurichten. Wir haben uns auch darauf geeinigt, ein Netzwerk einzurichten, das die NATO, die Bündnispartner, den Privatsektor und andere einschlägige Akteure zusammenbringt, um den Informationsaustausch und den Austausch bewährter Verfahren zu verbessern.

66. Der Cyberspace ist zu jeder Zeit umstritten, da Bedrohungsakteure zunehmend versuchen, das Bündnis durch böswillige Cyberaktivitäten und -kampagnen zu destabilisieren. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat gezeigt, wie sehr Cyber ein Merkmal moderner Konflikte ist. Wir begegnen den erheblichen, kontinuierlichen und zunehmenden Cyberbedrohungen, auch für unsere demokratischen Systeme und unsere kritische Infrastruktur, aber auch dort, wo sie Teil hybrider Kampagnen sind. Wir sind entschlossen, das gesamte Spektrum an Fähigkeiten einzusetzen, um das gesamte Spektrum von Cyberbedrohungen abzuschrecken, abzuwehren und zu bekämpfen, auch durch die Berücksichtigung kollektiver Reaktionen. Eine einzelne oder kumulative Reihe böswilliger Cyberaktivitäten könnte das Ausmaß eines bewaffneten Angriffs erreichen und den Nordatlantikrat dazu veranlassen, sich von Fall zu Fall auf Artikel 5 des Washingtoner Vertrags zu berufen. Wir verpflichten uns weiterhin, in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu handeln, einschließlich der UN-Charta, des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechtsnormen. Wir setzen uns weiterhin für einen freien, offenen, friedlichen und sicheren Cyberraum ein und setzen unsere Anstrengungen zur Verbesserung der Stabilität und zur Verringerung des Konfliktrisikos fort, indem wir die Achtung des Völkerrechts sicherstellen und freiwillige Normen für verantwortungsvolles staatliches Verhalten im Cyberraum unterstützen. Heute befürworten wir ein neues Konzept, um den Beitrag der Cyberabwehr zu unserer allgemeinen Abschreckungs- und Verteidigungsstrategie zu verbessern. Sie wird die drei Cyberabwehrebenen der NATO – politische, militärische und technische – weiter integrieren, um die zivil-militärische Zusammenarbeit in Friedens-, Krisen- und Konfliktzeiten jederzeit zu gewährleisten und gegebenenfalls die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor zu gewährleisten. Dies wird unser gemeinsames Situationsbewusstsein verbessern. Die Stärkung unserer Cyber-Resilienz ist von entscheidender Bedeutung, um unser Bündnis sicherer zu machen und besser in der Lage zu sein, das Potenzial erheblicher Schäden durch Cyberbedrohungen zu mindern. Heute bekräftigen und verbessern wir unser Versprechen zur Cyberabwehr und haben uns zu ehrgeizigen neuen nationalen Zielen verpflichtet, um unsere nationale Cyberabwehr vorrangig weiter zu stärken, einschließlich kritischer Infrastrukturen. Wir haben die neue Virtual Cyber Incident Support Capability (VCISC) der NATO ins Leben gerufen, um die nationalen Bemühungen zur Eindämmung erheblicher böswilliger Cyberaktivitäten zu unterstützen. Dies gibt den Verbündeten ein zusätzliches Werkzeug zur Unterstützung an die Hand. Wir werden uns ferner bemühen, gegebenenfalls für beide Seiten vorteilhafte und wirksame Partnerschaften zu entwickeln, auch mit Partnerländern, internationalen Organisationen, der Industrie und der Wissenschaft, um unsere Bemühungen um die Verbesserung der internationalen Stabilität im Cyberraum zu verstärken. Ergänzend zu unserem bestehenden Austausch werden wir im November die erste umfassende NATO-Cyberabwehrkonferenz in Berlin abhalten, an der Entscheidungsträger auf politischer, militärischer und technischer Ebene teilnehmen werden.

67. Der Weltraum spielt eine entscheidende Rolle für die Sicherheit und den Wohlstand unserer Nationen. Der Weltraum ist auch ein zunehmend umkämpfter Bereich, der durch unverantwortliches Verhalten, böswillige Aktivitäten und die Zunahme der Fähigkeiten der NATO-Gegner und strategischen Konkurrenten zur Abwehr des Raums gekennzeichnet ist. Die Aufrechterhaltung einer sicheren Nutzung und des ungehinderten Zugangs zum Weltraum ist der Schlüssel zu einer wirksamen Abschreckung und Verteidigung. Im Rahmen unserer Arbeit zum Weltraum als operativem Bereich beschleunigen wir die Integration des Weltraums in die Planung, Ausübung und Durchführung gemeinsamer und domänenübergreifender Operationen in Friedens-, Krisen- und Konfliktzeiten, um sicherzustellen, dass die Auswirkungen des Weltraums in allen Bereichen koordiniert werden. Wir haben uns verpflichtet, den Austausch unserer Weltraumdaten, -produkte und -dienstleistungen innerhalb der NATO zu verbessern, um die Anforderungen und Verteidigungspläne des Bündnisses zu unterstützen. Wir begrüßen die laufenden Anstrengungen im Rahmen des multinationalen Programms "Dauerhafte Überwachung aus dem Weltraum" (APSS) des Bündnisses, mit dem die nachrichtendienstlichen, Überwachungs- und Aufklärungskapazitäten der NATO verbessert werden. Wir begrüßen die Einrichtung des NATO-Exzellenzzentrums für die Raumfahrt in Frankreich. Die Bündnispartner verpflichten sich, das Völkerrecht zu wahren, und wir werden die internationalen Bemühungen zur Verringerung der Bedrohungen durch den Weltraum weiterhin unterstützen, indem wir Normen, Regeln und Grundsätze für verantwortungsvolles Verhalten im Weltraum fördern. Wir bekräftigen, dass feindliche Operationen in, aus oder innerhalb des Weltraums das Niveau eines bewaffneten Angriffs erreichen und den Nordatlantikrat dazu veranlassen könnten, sich auf Artikel 5 des Washingtoner Vertrags zu berufen.

68. Die Energieversorgungssicherheit spielt eine wichtige Rolle für unsere gemeinsame Sicherheit. Die von Russland absichtlich verschärfte Energiekrise hat die Bedeutung einer stabilen und zuverlässigen Energieversorgung und der Diversifizierung von Routen, Lieferanten und Quellen unterstrichen. Wir werden die Kapazitäten der NATO zur Unterstützung der nationalen Behörden beim Schutz kritischer Energieinfrastrukturen weiter ausbauen. Wir setzen uns für eine sichere, widerstandsfähige und nachhaltige Energieversorgung unserer Streitkräfte ein. Während wir unser Bündnis an die laufende Energiewende anpassen, werden wir militärische Fähigkeiten, Wirksamkeit und Interoperabilität sicherstellen. Die Bündnispartner bemühen sich um eine Diversifizierung ihrer Energieversorgung im Einklang mit ihren Bedürfnissen und Bedingungen und werden dies auch weiterhin tun.

69. Der Klimawandel ist eine entscheidende Herausforderung mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Sicherheit des Bündnisses für heutige und künftige Generationen. Es bleibt ein Bedrohungsmultiplikator. Die NATO ist entschlossen, die führende internationale Organisation zu werden, wenn es darum geht, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheit zu verstehen und sich daran anzupassen. Wir werden uns weiterhin mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Verteidigung und Sicherheit befassen, unter anderem durch die Entwicklung innovativer strategischer Analyseinstrumente. Wir werden die Erwägungen des Klimawandels in alle Kernaufgaben der NATO einbeziehen und unsere Infrastruktur, militärischen Fähigkeiten und Technologien so anpassen, dass sie die Widerstandsfähigkeit gegenüber künftigen Einsatzumgebungen gewährleisten. Um einen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels zu leisten, verpflichten wir uns, die Treibhausgasemissionen der politischen und militärischen Strukturen und Einrichtungen der NATO erheblich zu senken. Wir werden auch zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen, indem wir die Energieeffizienz verbessern, den Übergang zu sauberen Energiequellen vollziehen und innovative saubere Technologien der nächsten Generation nutzen, während wir gleichzeitig militärische Wirksamkeit und eine glaubwürdige Abschreckungs- und Verteidigungshaltung gewährleisten. Wir werden unseren Austausch mit Partnerländern, der Wissenschaft sowie anderen internationalen und regionalen Organisationen, die sich für Klimawandel und Sicherheit einsetzen, weiter stärken. Wir begrüßen die Einrichtung eines NATO-Kompetenzzentrums für Klimawandel und Sicherheit in Montreal.

70. Wir verpflichten uns, die Agenden "Menschliche Sicherheit" und "Frauen, Frieden und Sicherheit" in alle unsere Kernaufgaben einzubeziehen. Wir werden weiterhin darauf hinarbeiten, dieses Ziel durch solide Strategien und klare operative Leitlinien vollständig zu operationalisieren, um unsere operative Effizienz zu verbessern und Synergien zwischen den zivilen und militärischen Strukturen zu gewährleisten. Dabei arbeiten wir mit Partnern, internationalen Organisationen und der Zivilgesellschaft zusammen. Wir bekräftigen unser Bekenntnis zu einer ehrgeizigen Agenda für menschliche Sicherheit. Unser Human Security Approach and Guiding Principles ermöglicht es uns, eine umfassendere Sicht auf die menschliche Umwelt zu entwickeln und so zu dauerhaftem Frieden und Sicherheit beizutragen. Heute befürworten wir eine NATO-Politik zu Kindern und bewaffneten Konflikten sowie eine aktualisierte Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels. Zu unserer kontinuierlichen Arbeit im Bereich der menschlichen Sicherheit gehört auch der Schutz von Kulturgütern.

71. Wir erkennen an, dass die uneingeschränkte, gleichberechtigte und sinnvolle Teilhabe von Frauen an allen Aspekten von Frieden und Stabilität von entscheidender Bedeutung ist, und stellen fest, dass Konflikte unverhältnismäßige Auswirkungen auf Frauen und Mädchen haben, auch durch konfliktbedingte sexuelle Gewalt. Wir werden unsere Politik in den Bereichen Frauen, Frieden und Sicherheit konsequent umsetzen, und in diesem Zusammenhang werden wir die Gleichstellung der Geschlechter vorantreiben, Geschlechterperspektiven integrieren und die Grundsätze der Agenda für Frauen, Frieden und Sicherheit fördern, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in all unseren Aktivitäten dargelegt hat, auch bei NATO-Operationen, Missionen, Aktivitäten und unserer Arbeit an neuen Herausforderungen. Wir werden die Politik der NATO in den Bereichen Frauen, Frieden und Sicherheit bewerten und aktualisieren.

72. Die Partnerschaften der NATO sind und bleiben für die Arbeitsweise der NATO von wesentlicher Bedeutung. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der drei Kernaufgaben der NATO und unseres 360-Grad-Sicherheitsansatzes. Wir danken unseren Partnern für ihre bedeutenden Beiträge zur Lageerfassung, zu Operationen, Missionen und Aktivitäten der NATO, einschließlich der Projekte des Treuhandfonds. Das aktuelle Sicherheitsumfeld unterstreicht die Bedeutung von Partnerschaften. Sie sind von entscheidender Bedeutung, um die globalen Gemeingüter zu schützen und unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken. Wir werden unsere Beziehungen zu Partnern stärken, die die Werte und das Interesse des Bündnisses an der Aufrechterhaltung der regelbasierten internationalen Ordnung teilen. Wir werden den politischen Dialog und die praktische Zusammenarbeit mit den Partnern auf der Grundlage des gegenseitigen Respekts, des Nutzens und des Interesses sowohl der Bündnispartner als auch der Partner weiter stärken. Dies trägt zur Stabilität über unsere Grenzen hinaus bei und erhöht unsere Sicherheit zu Hause. Wir werden die Kontakte zu Ländern in unserer weiteren Nachbarschaft und auf der ganzen Welt verstärken und offen für die Zusammenarbeit mit jedem Land oder jeder Organisation bleiben, wenn dies unsere gegenseitige Sicherheit stärken könnte. Wir halten uns weiterhin an die Grundsätze, die unseren Beziehungen zu unseren Partnern zugrunde liegen, und haben Schritte unternommen, um unsere Partnerschaften strategischer, kohärenter und effektiver zu gestalten. Wir werden gemeinsame Ansätze für globale Sicherheitsherausforderungen erörtern, bei denen die Interessen der NATO berührt werden, Perspektiven durch ein vertieftes politisches Engagement austauschen und nach konkreten Bereichen für die Zusammenarbeit suchen, um gemeinsame Sicherheitsbedenken anzugehen. Im Einklang mit unserem Aktionsplan für den umfassenden Ansatz werden wir weiterhin die Kohärenz innerhalb der eigenen Instrumente und Arbeitsbereiche der NATO, das abgestimmte Vorgehen mit Partnernationen und -organisationen wie den Vereinten Nationen, der EU und der OSZE sowie den weiteren Dialog mit Nichtregierungsorganisationen anstreben.

73. Die Europäische Union ist nach wie vor ein einzigartiger und wesentlicher Partner der NATO. Unsere strategische Partnerschaft ist für die Sicherheit und den Wohlstand unserer Nationen und des euro-atlantischen Raums von entscheidender Bedeutung. Sie beruht auf unseren gemeinsamen Werten, unserer Entschlossenheit, gemeinsame Herausforderungen anzugehen, und unserem unmissverständlichen Bekenntnis zur Förderung und Sicherung von Frieden, Freiheit und Wohlstand. Die NATO erkennt den Wert einer stärkeren und leistungsfähigeren europäischen Verteidigung an, die einen positiven Beitrag zur transatlantischen und globalen Sicherheit leistet und die NATO ergänzt und mit ihr interoperabel ist. Die Entwicklung kohärenter, komplementärer und interoperabler Verteidigungsfähigkeiten, die unnötige Doppelarbeit vermeiden, ist von entscheidender Bedeutung für unsere gemeinsamen Bemühungen, den euro-atlantischen Raum sicherer zu machen. Solche Bemühungen, einschließlich der jüngsten Entwicklungen, werden zu einer stärkeren NATO führen, dazu beitragen, unsere gemeinsame Sicherheit zu verbessern, zur transatlantischen Lastenteilung beitragen, zur Bereitstellung der erforderlichen Fähigkeiten beitragen und eine allgemeine Erhöhung der Verteidigungsausgaben unterstützen. Bündnispartner, die nicht der EU angehören, leisten nach wie vor einen bedeutenden Beitrag zu den Bemühungen der EU, ihre Kapazitäten zur Bewältigung gemeinsamer Sicherheitsherausforderungen zu stärken. Für die strategische Partnerschaft zwischen der NATO und der EU ist eine umfassende Beteiligung der Nicht-EU-Bündnispartner an den Verteidigungsbemühungen der EU von entscheidender Bedeutung. Wir freuen uns auf gemeinsame Schritte in diesem Bereich, die greifbare Fortschritte darstellen, um eine gestärkte strategische Partnerschaft zu unterstützen. Wir bekräftigen in vollem Umfang alle Beschlüsse, Grundsätze und Verpflichtungen im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen der NATO und der EU. Wir werden diese Partnerschaft im Geiste der gegenseitigen Offenheit, Transparenz, Komplementarität und der Achtung der unterschiedlichen Mandate, der Entscheidungsautonomie und der institutionellen Integrität der Organisationen und im Einklang mit den Vereinbarungen der beiden Organisationen weiter stärken.

74. Vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine hat die Zusammenarbeit zwischen der NATO und der EU an Bedeutung gewonnen. Wir haben unmissverständlich gezeigt, dass wir ein gemeinsames Ziel und eine gemeinsame Entschlossenheit haben, indem wir unsere komplementären, kohärenten und sich gegenseitig verstärkenden Rollen nutzen. Die NATO und die EU werden die Ukraine weiterhin unterstützen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Einrichtung der eigens für die Ukraine zuständigen Personalkoordinierung zwischen der NATO und der EU. Wir haben auch greifbare Ergebnisse in der strategischen Kommunikation erzielt, einschließlich der Bekämpfung von Desinformation, der Abwehr hybrider und Cyber-Bedrohungen, Übungen, operativer Zusammenarbeit, Verteidigungsfähigkeiten, Verteidigungsindustrie und -forschung, Terrorismusbekämpfung sowie Aufbau von Verteidigungs- und Sicherheitskapazitäten. Wir bauen unsere Zusammenarbeit in den Bereichen Resilienz, Schutz kritischer Infrastrukturen, neue und disruptive Technologien, Raumfahrt, sicherheitspolitische Auswirkungen des Klimawandels und geostrategischen Wettbewerb weiter aus. Wir werden uns auch weiterhin mit den systemischen Herausforderungen befassen, die die VR China für die euro-atlantische Sicherheit mit sich bringt. Der politische Dialog zwischen der NATO und der EU ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung, um die Zusammenarbeit zwischen der NATO und der EU voranzubringen.

75. Der Westbalkan ist eine Region von strategischer Bedeutung für die NATO, wie unsere lange Geschichte der Zusammenarbeit und der Operationen zeigt. Wir setzen uns weiterhin nachdrücklich für die Sicherheit und Stabilität des Westbalkans ein, indem wir Reformen unterstützen, die die jeweiligen NATO- und EU-Bestrebungen der Länder in der Region voranbringen. Wir werden unseren politischen Dialog und unsere praktische Zusammenarbeit weiter ausbauen, um Reformen, Frieden und Sicherheit in der Region zu unterstützen und böswilligen Einfluss, einschließlich Desinformation, hybriden und Cyberbedrohungen, die sowohl von staatlichen als auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, entgegenzuwirken. Die Region erfordert die anhaltende Aufmerksamkeit und das Engagement des Bündnisses und der internationalen Gemeinschaft, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Demokratische Werte, Rechtsstaatlichkeit, innenpolitische Reformen und gutnachbarliche Beziehungen sind für die regionale Zusammenarbeit und die euro-atlantische Integration von entscheidender Bedeutung, und wir hoffen auf weitere Fortschritte in dieser Hinsicht.

76. Die NATO unterstützt nachdrücklich die Souveränität und territoriale Unversehrtheit eines stabilen und sicheren Bosnien und Herzegowina im Einklang mit dem Allgemeinen Rahmenübereinkommen für den Frieden in Bosnien und Herzegowina und anderen einschlägigen internationalen Übereinkünften. Wir ermutigen zur innenpolitischen Versöhnung und fordern die politischen Führer auf, spaltende und sezessionistische Rhetorik und Handlungen zu unterlassen. Wir bleiben den euro-atlantischen Bestrebungen des Landes verpflichtet. Wir unterstützen weiterhin die Reformbemühungen, unter anderem durch das neu vereinbarte Paket zum Aufbau von Verteidigungskapazitäten, das NATO-Hauptquartier in Sarajevo und weitreichende Instrumente für die Zusammenarbeit im Sicherheits- und Partnerschaftsbereich sowie durch das Reformprogramm des Landes mit der NATO. Wir ermutigen Bosnien und Herzegowina, die Unterstützung der NATO in Anspruch zu nehmen und die Anstrengungen zu intensivieren, um Fortschritte bei den Reformen in Schlüsselbereichen zu erzielen, einschließlich der dringend benötigten Reformen in den Bereichen Politik, Wahlen, Rechtsstaatlichkeit, Wirtschaft und Verteidigung, unbeschadet einer endgültigen Entscheidung über die NATO-Mitgliedschaft.

77. Die Stärkung der Beziehungen zwischen der NATO und Serbien wäre für das Bündnis, für Serbien und für die gesamte Region von Vorteil. Wir erwarten von Serbien, dass es mit der NATO und ihren Nachbarn konstruktiv zusammenarbeitet, auch in seinen öffentlichen Mitteilungen über die gegenseitigen Vorteile der Zusammenarbeit zwischen der NATO und Serbien. Wir unterstützen den von der EU geförderten Dialog und andere Bemühungen, die auf die Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina abzielen, und fordern die Seiten auf, die Gunst der Stunde zu nutzen und sich in gutem Glauben für eine dauerhafte politische Lösung einzusetzen. Wir rufen beide Seiten auf, unverzüglich zu deeskalieren, zum Dialog zurückzukehren und sich konstruktiv an der Umsetzung des Abkommens über den Weg zur Normalisierung zwischen Belgrad und Pristina zu beteiligen, das kürzlich in Brüssel und Ohrid getroffen wurde.

78. Wir setzen uns nach wie vor für das fortgesetzte Engagement der NATO im Kosovo ein, unter anderem durch die NATO-geführte Kosovo-Truppe (KFOR). Die KFOR wird im Einklang mit der Resolution 1244 des VN-Sicherheitsrats weiterhin für ein sicheres Umfeld und Bewegungsfreiheit im Kosovo sorgen. Die jüngsten Eskalationsmaßnahmen sind inakzeptabel, und wir verurteilen die Gewalt im Norden des Kosovo sowie die unprovozierten Angriffe, bei denen NATO-Soldaten schwer verletzt wurden. Wir haben die Truppenpräsenz der KFOR erhöht, um auf die immer wiederkehrenden Spannungen zu reagieren. Alle Änderungen an unserer Truppenaufstellung in der KFOR bleiben bedingungsbasiert und nicht kalendergesteuert.

79. Die Schwarzmeerregion ist für das Bündnis von strategischer Bedeutung. Dies wird durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine noch deutlicher. Wir unterstreichen unsere anhaltende Unterstützung für die regionalen Bemühungen der Bündnispartner zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, der Stabilität und der Freiheit der Schifffahrt in der Schwarzmeerregion, gegebenenfalls auch durch das Montreux-Übereinkommen von 1936. Wir werden die Entwicklungen in der Region weiter beobachten und bewerten und unser Lagebild verbessern, wobei wir uns gegebenenfalls auf die Bedrohungen unserer Sicherheit und mögliche Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit mit unseren Partnern in der Region konzentrieren werden.

80. Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die territoriale Unversehrtheit und Souveränität Georgiens innerhalb seiner international anerkannten Grenzen. Wir stehen fest zu unserer Unterstützung für das Recht Georgiens, frei von äußerer Einmischung über seine Zukunft und seinen außenpolitischen Kurs zu entscheiden. Wir fordern Russland auf, die Truppen, die es in Georgien stationiert hat, ohne seine Zustimmung abzuziehen. Darüber hinaus fordern wir Russland auf, seine Anerkennung der georgischen Regionen Abchasien und Südossetien rückgängig zu machen; die Militarisierung dieser Regionen und die fortgesetzten Versuche, sie durch den Bau grenzähnlicher Hindernisse gewaltsam vom Rest Georgiens zu trennen, zu beenden; und die Menschenrechtsverletzungen und -verstöße, einschließlich willkürlicher Inhaftierungen und Schikanen gegen georgische Bürger, zu beenden. Wir schätzen die substanziellen Beiträge Georgiens zu NATO-Operationen sehr, die sein Engagement und seine Fähigkeit, einen Beitrag zur euro-atlantischen Sicherheit zu leisten, unter Beweis stellen. Wir sind nach wie vor entschlossen, die NATO-Georgien-Kommission und das Nationale Jahresprogramm (ANP) bei der Vertiefung des politischen Dialogs und der praktischen Zusammenarbeit mit Georgien in vollem Umfang zu nutzen. Wir bekräftigen den auf dem Bukarester Gipfel 2008 gefassten Beschluss, dass Georgien Mitglied des Bündnisses wird, wobei der Aktionsplan für die Mitgliedschaft (MAP) ein integraler Bestandteil des Prozesses sein wird; Wir bekräftigen alle Elemente dieses Beschlusses sowie nachfolgender Beschlüsse. Wir begrüßen die Fortschritte, die bei der Umsetzung des erweiterten umfassenden NATO-Georgien-Pakets erzielt wurden, einschließlich Krisenmanagement, Cybersicherheit, Militärtechnik und sichere Kommunikation, sowie neue Initiativen in den Bereichen chemische, biologische, radiologische und nukleare (CBRN) Verteidigungs- und Ausbildungseinrichtungen. Um seine euro-atlantischen Bestrebungen voranzubringen, muss Georgien Fortschritte bei den Reformen machen, einschließlich wichtiger demokratischer Reformen, und die ANP bestmöglich nutzen.

81. Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die territoriale Unversehrtheit und Souveränität der Republik Moldau innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen und fordern Russland auf, alle seine in der Region Transnistrien stationierten Streitkräfte ohne Zustimmung der Republik Moldau abzuziehen. Wir stehen fest zu unserer Unterstützung für das Recht der Republik Moldau, frei von äußerer Einmischung über ihre Zukunft und ihren außenpolitischen Kurs zu entscheiden, und respektieren uneingeschränkt die verfassungsmäßige Neutralität der Republik Moldau. Die NATO verstärkt ihre politische und praktische Unterstützung, um ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken und ihre politische Unabhängigkeit angesichts des sich verschlechternden Sicherheitsumfelds zu wahren. Die Bündnispartner begrüßen die Bemühungen der Republik Moldau, demokratische Reformen zu fördern, und sind entschlossen, die Republik Moldau bei der Förderung ihrer europäischen Integration zu unterstützen. Die NATO wird im Rahmen des verbesserten Pakets zum Aufbau von Verteidigungskapazitäten weiterhin praktische Hilfe leisten, während die Republik Moldau daran arbeitet, ihre Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeiten zu stärken und ihre Streitkräfte zu modernisieren.

82. Der Nahe Osten und Afrika sind Regionen von strategischem Interesse. Wir werden unser politisches Engagement und unsere öffentlich-diplomatischen Kontakte zu unseren langjährigen Partnern im Rahmen des Mittelmeerdialogs und der Istanbuler Kooperationsinitiative vertiefen. Wir werden auch unsere Kontakte zu relevanten regionalen Organisationen, einschließlich der Afrikanischen Union und des Golfkooperationsrates, verstärken. Wir setzen die Pakete zum Aufbau von Verteidigungskapazitäten für den Irak, Jordanien, Mauretanien und Tunesien um. Wir werden auch mit den jordanischen Behörden die Möglichkeit der Einrichtung eines NATO-Verbindungsbüros in Amman prüfen.

 

83. Die NATO und ihre Bündnispartner sind nach wie vor entschlossen, den Irak und seine Fähigkeit, das Land zu stabilisieren, zu unterstützen. Wir erkennen die anhaltenden Anstrengungen und Fortschritte der irakischen Regierung und der irakischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen ISIS/Da'esh an. Wir ermutigen zu weiteren Fortschritten im Kampf des Irak gegen den Terrorismus in all seinen Formen und Erscheinungsformen. Unsere NATO-Mission Irak leistet den irakischen Sicherheitsinstitutionen im Großraum Bagdad weiterhin Beratung außerhalb des Kampfes und Unterstützung beim Aufbau von Kapazitäten und hat die Zusammenarbeit mit dem irakischen Verteidigungsministerium vertieft. Auf Ersuchen der irakischen Regierung erwägen wir, die NATO-Mission Irak zu erweitern, indem wir sie weiterentwickeln, um das irakische Innenministerium in Fragen seiner föderalen Polizei zu beraten. Die NATO-Mission Irak wird weiterhin nachfrageorientiert sein und mit der uneingeschränkten Zustimmung der irakischen Behörden, unter uneingeschränkter Achtung der Souveränität und territorialen Integrität des Irak und in enger Abstimmung mit den einschlägigen Partnern und internationalen Akteuren durchgeführt werden.

84. Die Unterstützung des Iran für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Auswirkungen auf die euro-atlantische Sicherheit. Wir fordern den Iran auf, seine militärische Unterstützung für Russland einzustellen, insbesondere die Übergabe von unbemannten Luftfahrzeugen (UAVs), die für Angriffe auf kritische Infrastrukturen eingesetzt wurden und zu zahlreichen zivilen Opfern geführt haben. Wir bringen unsere ernste Besorgnis über die böswilligen Aktivitäten des Iran auf dem Territorium der Bündnispartner zum Ausdruck. Wir fordern den Iran ferner auf, von destabilisierenden Handlungen, einschließlich der Beschlagnahmung von Seeschiffen, abzusehen und eine konstruktive Rolle bei der Förderung der Stabilität und des Friedens in der Region zu spielen.

85. Der indopazifische Raum ist für die NATO wichtig, da sich die Entwicklungen in dieser Region unmittelbar auf die euro-atlantische Sicherheit auswirken können. Wir begrüßen den Beitrag unserer Partner im asiatisch-pazifischen Raum – Australien, Japan, Neuseeland und die Republik Korea – zur Sicherheit im euro-atlantischen Raum, einschließlich ihres Engagements für die Unterstützung der Ukraine. Wir werden unseren Dialog und unsere Zusammenarbeit weiter verstärken, um unsere gemeinsamen sicherheitspolitischen Herausforderungen zu bewältigen, auch in den Bereichen Cyberabwehr, Technologie und Hybrid, untermauert durch unser gemeinsames Engagement für die Wahrung des Völkerrechts und der regelbasierten internationalen Ordnung.

86. Die Zusammenarbeit der NATO mit anderen internationalen und regionalen Organisationen, einschließlich der Vereinten Nationen, der OSZE und der Afrikanischen Union, trägt zur internationalen Sicherheit bei. Wir werden diese Interaktionen verstärken, um unsere gemeinsamen Interessen voranzubringen. Wir prüfen die Möglichkeit, ein Verbindungsbüro in Genf einzurichten, um unsere Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und anderen relevanten internationalen Organisationen weiter zu stärken.

87. Wir werden dafür sorgen, dass unsere politischen Entscheidungen mit angemessenen Mitteln ausgestattet werden. Wir werden auf den erzielten Fortschritten aufbauen, um sicherzustellen, dass die Erhöhung der nationalen Verteidigungsausgaben und der gemeinsamen Mittel der NATO den Herausforderungen einer umstritteneren Sicherheitsordnung angemessen sind.

88. Wir zollen allen Frauen und Männern, die sich unermüdlich für unsere kollektive Sicherheit einsetzen, unsere Anerkennung, ehren all jene, die den höchsten Preis bezahlt haben oder verwundet wurden, um uns zu schützen, und ihre Familien.

89. Die NATO ist nach wie vor das stärkste Bündnis in der Geschichte. Wie in der Vergangenheit werden wir uns bewähren, wenn es darum geht, die Freiheit und Sicherheit unserer Bündnispartner zu schützen und zu Frieden und Sicherheit beizutragen.

90. Wir bringen unsere Wertschätzung für die großzügige Gastfreundschaft zum Ausdruck, die uns von der Republik Litauen entgegengebracht wurde. Wir freuen uns auf ein erneutes Treffen zum 75-jährigen Bestehen des Bündnisses im Jahr 2024 in Washington, D.C., gefolgt von einem Treffen in den Niederlanden im Jahr 2025.

Quelle: Progessiv international v.11.07.2023

Wir kämpfen für den Frieden

"Wir streben dauerhaften Frieden an, während sich die NATO auf einen ewigen Krieg vorbereitet."

Eine Erklärung des Kabinetts der Progressiven Internationalen zum Abschluss des NATO-Gipfels in Madrid.

Vom 28. bis 30. Juni trafen sich die Mitgliedstaaten der Nordatlantikpakt-Organisation (NATO) im Rahmen des anhaltenden Krieges in der Ukraine in Spanien. Doch anstatt das kollektive Überleben zu sichern, präsentierte die NATO eine gefährliche Vision einer polarisierten Welt, die ihre Rolle als Weltpolizist bekräftigt.

Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte hat sich das Mandat der NATO ausgeweitet, um den expansionistischen Ambitionen ihrer Gründer gerecht zu werden. Die NATO wurde 1949 mit dem Auftrag gegründet, "den sowjetischen Expansionismus abzuschrecken und die Wiederbelebung des nationalistischen Militarismus in Europa durch eine starke nordamerikanische Präsenz auf dem Kontinent zu verhindern". Als sich der Warschauer Pakt 1991 auflöste, löste sich die NATO nicht auf, sondern die US-Strategie beschloss, "das Wiederauftauchen eines neuen Rivalen, entweder auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion oder anderswo", zu verhindern.

Die Invasion in Afghanistan im Jahr 2001, eine 20 Jahre dauernde Militäroperation "außerhalb des Gebiets", tötete Hunderttausende von Zivilisten und zwang Millionen zur Flucht aus ihren Häusern. Dieser Krieg hinterließ ein Vermächtnis von tiefer Armut, Hunger, Vertreibung und Instabilität. Nach Angaben der Vereinten Nationen steht Afghanistan nun vor "universeller Armut" inmitten eines völligen Zusammenbruchs seiner entwicklungspolitischen und humanitären Kapazitäten.

Der NATO-Krieg in Libyen führte dazu, dass Sklavenmärkte unter freiem Himmel in einem Land wieder auftauchten, das einst den höchsten Index der menschlichen Entwicklung Afrikas aufwies. Diese Zerstörung goss Öl ins Feuer der Militanz und des Konflikts in den benachbarten Staaten Mali, Algerien und Niger. Diese Zunahme der Gewalt hat dazu geführt, dass sich die NATO durch Formationen wie die African Standby Force weiter entfernt hat.

Heute rüstet und bildet die NATO Streitkräfte in Marokko aus und hält damit nicht nur die gewaltsame Besetzung der Westsahara aufrecht, sondern sichert auch ihre Rolle als Dreh- und Angelpunkt der europäischen Grenzsicherung. Am 25. Juni 2022 massakrierten marokkanische Sicherheitskräfte Dutzende von Flüchtlingen, als sie versuchten, in die spanische Enklave Melilla einzudringen. Unter der Aufsicht der NATO sind die Außengrenzen Europas zu Waffen gegen diejenigen geworden, die Zuflucht suchen.

Die NATO-Erweiterung hat auch dazu geführt, dass das Mitgliedsland Türkei straffrei bleibt. Mit großzügiger politischer und materieller Unterstützung der USA und anderer NATO-Staaten hat die Regierung von Recep Tayyip Erdoğan mit seinem Angriff auf das kurdische Volk wiederholt gegen das Völkerrecht verstoßen. Jetzt startet die Türkei neue Militäroffensiven an ihren Grenzen – um ihre NATO-Partner zum Schweigen zu bringen oder stillschweigend zuzustimmen.

Die NATO versammelte sich diese Woche unter der Schirmherrschaft, um auf die gewaltsame Eskalation des Krieges in der Ukraine durch Russland zu reagieren. Ihre Ambitionen gehen jedoch über die regionale Verteidigung hinaus. Auf dem Madrider Gipfel bezeichnete sie China als langfristige Bedrohung und versprach, die Zusammenarbeit mit Ländern wie Australien, Japan, Neuseeland und der Republik Korea zu vertiefen, von denen letztere zum ersten Mal in der Geschichte auf dem NATO-Gipfel auftauchte – ein klarer Schwenk des Militärbündnisses vom Atlantik zum Pazifik. Die Vision einer "globalen NATO", die erstmals 2006 formuliert wurde, wird schnell zu einer düsteren Realität für Milliarden von Menschen, für die die Kosten des Krieges aus den Erfordernissen des Überlebens herausgeschnitten werden.

Die NATO-Politik vernichtet nicht nur diejenigen, die sie verstümmelt oder tötet. Sie entfachen auch Klima-, Gesundheits- und Hungerkrisen. Zum ersten Mal in der Geschichte gab die Welt im Jahr 2 über 2021 Billionen US-Dollar für Waffen aus, wobei die Vereinigten Staaten 40 % der Gesamtsumme ausmachten. Allein in Europa hat sich die NATO inzwischen verpflichtet, ihre schnelle Eingreiftruppe fast zu verachtfachen – auf 300.000 Soldaten.

Währenddessen steht die Welt am Rande einer Hungersnot – und selbst die Bürger in Europa und den USA stehen vor einem Winter des Hungers, da die militärische und wirtschaftliche Eskalation ihren Tribut fordert. Kriegswaffen können keine leeren Mägen füllen. Sie können ihre Häuser nicht heizen. Sie können einen sterbenden Planeten nicht reparieren. Und sie können Pandemien nicht beenden.

Länder auf der ganzen Welt sind sich der Gefahr eines neuen Kalten Krieges bewusst. Niemand wagt es, sich die Auswirkungen einer direkten Konfrontation der NATO mit Russland und China vorzustellen. Aber ein neuer Kalter Krieg droht auch, Drittstaaten zu Schauplätzen indirekter Stellvertreterkonflikte zu machen und neue "Opferzonen" im Namen der Sicherheit für diejenigen zu schaffen, die zuletzt die Hauptlast des Krieges tragen.

Dauerhafter Frieden kann nur durch einen gemeinsamen Sicherheitsrahmen erreicht werden, der nicht die Beherrschung eines Landes durch ein anderes oder eines Blocks über einen anderen zulässt, sondern vielmehr gelingt, den Planeten zu entmilitarisieren, seine Armut zu bekämpfen und gemeinsame Ressourcen zu bündeln, um soziale und ökologische Gerechtigkeit zu gewährleisten. Indem sie sich gegen diese existenziellen Prioritäten stellt, hat die NATO gezeigt, dass sie die Herrschaft dem Imperativ unseres Überlebens vorzieht.

Erklärung des Kabinetts der Progressiven Internationale vom 30. Juni 2022

Foto: NATO

Quelle: Progressiv International 30.06.2023 (Verteiler 14.07.2023)

Kampf gegen die Militarisierung an Schulen

Aus: Ausgabe vom 15.07.2023, Seite 1 / Titel

RÜSTUNGSWAHNSINN

Napalm fürs Volk

In Debatte um Militarisierung fallen alle Hemmungen: CDU-Chef will Zivilklausel an Unis und Schulen kippen. Bundeswehr unersättlich

Von David Maiwald

 

»Zeitenwende«, das heißt, »über den Haufen werfen« (Svenja Schulze). Hierzulande trifft das insbesondere auf jedwede Zurückhaltung bei Krieg und Aufrüstung zu. Die Debatte über die Bundeswehr und Militärausgaben etwa habe sich »seit dem russischen Angriff auf die Ukraine (…) deutlich verändert«, stellte die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag fest.

Nicht sehr spitzfindig, blickt man auf den Diskurs zu Waffenlieferungen seit Robert Habecks Forderung nach »Defensivwaffen« vom Mai 2021 und die nun von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte Lieferung international geächteter US-Streumunition an die UkraineZeit-, FAZ-, und Welt-Journalist Artur Weigandt sprach sich gar öffentlich für die Lieferung von Napalm aus – »keine Frage«. Auch wenn die Dämme längst schon gebrochen sind: Für manch bundesdeutschen Kriegsapologeten fließt offenbar noch immer nicht genug Blut.

»Sommerloch«, das heißt, den Diskurs in der parlamentarischen Sommerpause mit rassistischem Nonsens über Freibäder und Forderungen nach zunehmender Militarisierung stopfen. »Ungehinderten Zugang« wünscht sich Unionschef Friedrich Merz für die Bundeswehr zu Schulen und Universitäten, wie er im Interview mit den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Freitag) sagte. »Sogenannte Zivilklauseln« – die in einigen Hochschulen festgeschriebene Selbstverpflichtung zu Lehre und Forschung zu friedlichen Zwecken – seien »nicht mehr zeitgemäß«, befand der Transatlantiker darin. Mit einem Haushaltsposten von 51 Milliarden Euro werde außerdem zuwenig in Rüstung investiert. Merz kritisierte, dass das NATO-Zweiprozentziel im kommenden Jahr mit dem »Sondervermögen« erreicht werden soll. Es sei schließlich dazu da, »die Unterfinanzierung der Bundeswehr« zu beheben.

 

Der Haushaltsposten für die Bundeswehr stieg von 2014 bis 2019 schon von 32,4 Milliarden Euro auf 43,2 Milliarden, lässt sich beim zuständigen Ministerium nachlesen. Bei 51,8 Milliarden Euro, die für das kommende Jahr veranschlagt sind, mit angekündigter Steigerung von insgesamt noch einmal 7,3 Milliarden Euro bis 2027 ist das ein Zuwachs von mehr als 80 Prozent. Selbst wenn man vom »Sondervermögen« absieht: Unterfinanzierung sah und sieht anders aus. Einem CDU-Vorsitzenden ist das bewusst.

»Die Zivilklauseln sind den Militaristen schon lange ein Dorn im Auge«, sagte Jürgen Wagner am Freitag zu jW. Um NATO-Zusagen einzuhalten, wolle sich die Bundeswehr »von derzeit etwa 182.000 auf 203.000 Soldaten« vergrößern. »Sie hat aber ihre Müh und Not, den Bestand stabil zu halten, deshalb müssen bei der Rekrutierung alle Register gezogen werden«, so der Vorstand der Informationsstelle Militarisierung. Die »nicht nur von Merz erhobene Forderung« nach schrankenlosem Zugang des Militärs zu Schulen und Universitäten sei in diesem Zusammenhang zu sehen.

Man müsse sich »mit den Begebenheiten abfinden«, befand Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze am Montag. Ausgaben für Entwicklungshilfe – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – in gleichem Maße wie die Rüstungsausgaben zu steigern, sei »nicht mehr realistisch«, meint die SPD-Ministerin. Man könne nicht etwa »im Sozialen, bei Bildung« kürzen – angesichts der veranschlagten Posten für die Kindergrundsicherung wohl nicht mehr als ein schlechter Scherz – doch: »So sehr ich mir was anderes wünsche«, so Schulze, »wir haben die Zeitenwende«.

Quelle: junge Welt 15.7.2023/ IMAGO/Panama Pictures

Rekrutierung auf Hochtouren: Stand der Bundeswehr auf der Computerspielmesse Gamescom (August 2022)

 

Kampf um den Frieden

Aus: Ausgabe vom 15.07.2023, Seite 8 / Abgeschrieben

Friedensgesellschaft beklagt »unselige Tradition« Weezes bei Atomrüstung

 

Die DFG-VK wandte sich am Freitag gegen die Produktion von Bauteilen für atomwaffenfähige Kampfflugzeuge in Weeze:

Ablehnend steht die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) NRW den aktuellen Plänen von Rheinmetall gegenüber, im niederrheinischen Weeze Rumpfteile für den neuen Kampfbomber F-35A zu fertigen. Der Bomber, von der US-amerikanischen Rüstungsschmiede Lockheed Martin entwickelt, ist ein Bomber mit »Tarnkappenfunktion«, der eine neue Generation von präzise lenkbaren US-amerikanischen Atombomben unbemerkt vom gegnerischen Radar ins Ziel fliegen soll. Von den geplanten 400 Exemplaren hat die Bundesregierung 35 Stück für die Bundeswehr zum vorläufigen Preis von 8,3 Milliarden Euro bestellt. Im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe der NATO werden diese Bomber samt neuer US-Atombomben in den Niederlanden (im nur 30 Kilometer von Kleve entfernten Volkel), in Belgien (im 60 Kilometer von Mönchengladbach entfernten Kleine-Brogel) und in Deutschland auf dem Stützpunkt Büchel in der Eifel stationiert.

Mit der Produktion würde eine unselige Tradition der Atomwaffen in Weeze neu aufgenommen: Hier waren bis Mitte der neunziger Jahre britische Atombomber mit den zugehörigen Atombomben stationiert. Vor Ort soll die Bevölkerung mit der Aussicht auf ein paar hundert Arbeitsplätze geködert werden. Doch zu welchem Preis? (…) Mit Tod und Leid unzähliger Menschen durch Rüstungsexporte und durch die gewaltig gesteigerten Rüstungsaufträge unserer Regierung gehört Rheinmetall zu den Kriegsgewinnlern und macht aktuell Rekordgewinne. (…)

 

Die Schweizerische Friedensbewegung (SFB) protestierte am Donnerstag gegen die Absicht der Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, ­Viola Amherd, dem NATO-Projekt »Sky Shield« beizutreten:

(…) Die Annäherung an die NATO wird von Viola Amherd mit Biegen und Brechen forciert. Nach dem undemokratischen Kauf der F-35-Kampfjets, die nur im Austausch mit den USA eingesetzt werden können, der Weigerung, den UN-Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen, welcher der NATO ein Dorn im Auge ist, und der Ankündigung, in Zukunft gemeinsame Militärmanöver mit der NATO durchzuführen, kommt ein weiterer Schlag gegen die Neutralität der Schweiz: Letzte Woche unterschrieb Amherd eine Absichtserklärung, um dem Kooperationsbündnis »Sky Shield« beizutreten. Bei »Sky Shield« handelt es sich um ein NATO-Projekt im Bereich der Flugabwehr, welches in Europa aufgebaut wird und explizit gegen Russland ausgerichtet ist. (…) Neutrale Länder wie die Schweiz und Österreich sollen mittels »Sky Shield« nahtlos in die militärischen Strukturen der NATO integriert werden.

Die Schweizerische Friedensbewegung (SFB) stellt sich ganz klar gegen jede weitere Annäherung oder Kooperation mit der NATO. (…) Der Raketenschirm ist gegen niemand anderen als Russland gerichtet. Mit der Eingliederung in das »Sky Shield«-Bündnis erklärt der Bundesrat sehr eindeutig, dass die Schweiz im Falle einer weiteren Eskalation des Ukraine-Krieges nicht vermitteln oder ihre diplomatischen Dienste anbieten wird, sondern dem NATO-Block militärisch zur Seite steht. (…)

Quelle: junge Welt v.15.07.2023/ Harald Tittel/dpa

Kampfflugzeug vom Typ F-35 über der US-Airbase Spangdahlem (14.6.2023)

 

Hintergründen über den Krieg in der Ukraine

Aus: Ausgabe vom 11.07.2023, Seite 4 / Inland

WANN IST MAN KRIEGSPARTEI?

Frage nicht geregelt

Wissenschaftliche Dienste des Bundestages legen Ausarbeitung zum Status der NATO-Länder als Konfliktpartei im Ukraine-Krieg vor

Von Marc Bebenroth

 

Man möchte meinen, das wäre klar geregelt: Die Unterstützung der Ukraine durch die NATO-Staaten mit Kriegsgerät, Ausrüstung, Geld und Training auf deren Gebiet macht diese nicht automatisch zur Konfliktpartei, sondern müsse nach unterschiedlichen Kriterien beurteilt werden. Das geht aus einer aktuellen Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages zur Frage »Wann wird ein Staat zur Konfliktpartei?« hervor. Die rechtliche Aufgabe bestehe demnach darin, den Status als Konfliktpartei »aus verschiedenen Blickwinkeln heraus zu betrachten«, heißt es in dem 34seitigen Dokument, das die Linke-Abgeordnete Sevim Dagdelen in Auftrag gegeben hatte.

Die Frage sei weder in den Genfer Konventionen geregelt, noch sei sie »Gegenstand eines anderen speziellen völkerrechtlichen Vertrages«, ist dort zu lesen. Es fehle nicht nur an einem völkerrechtlich verbindlichen »und womöglich gerichtlich bestätigtem« Kriterienkatalog. Die rechtlich verbindliche Klärung des Konfliktparteistatus sei in Zweifelsfällen nicht einmal Teil der Aufgaben des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen oder des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes. Die Frage könne zunächst ohnehin »von den beteiligten Akteuren unterschiedlich bewertet werden«.

Formeln wie »Wer lediglich Waffen liefert, wird nicht zur Konfliktpartei« würden jedoch die »rechtlich komplexen Debatten« verkürzen und die Rechtslage »nur ungenau« abbilden. Auch die Tatsache, dass Berlin und Kiew in Russland einen gemeinsamen Feind sehen, reiche noch nicht aus – was die Äußerung von Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) »Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland« vom 24. Januar dieses Jahres in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats relativiere, so das Papier.

 

Mit den juristischen Grauzonen würden sich »Politiker und Militärs, die den sicherheitspolitischen Handlungsspielraum für Waffenlieferungen an die Ukraine nur ungern völkerrechtlich verengt sehen wollen« allerdings eher arrangieren können, heißt es in dem Dokument. Entscheidend seien letztlich »zwei Schwellen«, die ein Unterstützung leistender Staat überschreiten müsse, um als Kriegs- bzw. Konfliktpartei zu gelten: die »zwischen Unterstützung und eigener Konfliktteilname« und »zwischen Unterstützung und Gewaltanwendung«.

In der wissenschaftlichen Literatur würden unterschiedliche Antworten diskutiert. So könne mitunter der Begriff der »Teilnahme an Feindseligkeiten« neben der »unmittelbaren Anwendung militärischer Gewalt« – unter Umständen – »auch Vorbereitungs- und Unterstützungshandlungen zugunsten einer Konfliktpartei umfassen«. Aus dem Papier geht hervor, dass es vor allem darauf ankommt, ob beispielsweise die BRD oder die USA der Ukraine nur militärische Informationen über das Schlachtfeld oder russische Truppen geben, oder ob sie direkt mögliche Angriffsziele identifizieren oder gar Vorgaben machen, wie militärisch zu handeln sei. Diese Unterscheidung zwischen »generell kriegsfördernden Aktivitäten« – wie die »Bereitstellung finanzieller oder logistischer Mittel« – und einer Unterstützung, die das Handeln des »Unterstützerstaats« und die Kriegführung der Konfliktpartei »als gemeinsame (kollektive) Austragung von Feindseligkeiten« erscheinen lassen. Die Wissenschaftlichen Dienste halten fest, je größer der »Impact« ist, »desto eher erscheint die Unterstützung als Form ›indirekter‹ Gewaltanwendung«.

Eine in der Ausarbeitung zitierte Einschätzung von Christian Schaller von der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politk verdeutlicht, dass man sich dieser Schwelle weiter nähert. Die Schlagkraft der ukrainischen Streitkräfte hänge »wesentlich von dauerhaftem Waffennachschub aus dem Ausland« ab. Auch sei die Ausbildung von Truppen in Partnerländern »von essentieller Bedeutung für den Erfolg der Truppen auf dem Schlachtfeld«. Man müsse auch davon ausgehen, dass westliche Staaten »durch die Bereitstellung wachsender Mengen an schlagkräftigen Waffensystemen immer mehr Einfluss auf den Kriegsverlauf nehmen und nehmen wollen.«

Die Linke-Abgeordnete Sevim Dagdelen kommt daher zu der Schlussfolgerung, dass »Deutschland mit den NATO-Verbündeten« inzwischen Kriegspartei sei. Das folge aus den »massiven Waffenlieferungen« an Kiew sowie den »militärischen Ausbildungsprogrammen« und »kontinuierlichen nachrichtendienstlichen Informationen«, wie die Fraktionsprecherin für internationale Politik am Montag gegenüber junge Welt erklärte.

Quelle: junge Welt v 11.07.2023/ Fabian Bimmer/REUTERS

Die Menge macht’s: Massenproduktion von Artilleriegranaten in einer Fabrik von Rheinmetall (Unterlüß, 6.6.2023)

Hintergründen über den Krieg in der Ukraine

„Voraussetzungen für den Sieg“

Rheinmetall eröffnet innerhalb der nächsten zwölf Wochen Panzerwerk in der Westukraine. Grünen-Abgeordneter fordert Lieferung von Marschflugkörpern, CDU-Politiker spekuliert über Kaliningrad-Blockade.

11

JUL

2023

BERLIN/KIEW (Eigener Bericht) – Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall wird schon in Kürze eine Fabrik für Panzerfahrzeuge in der Ukraine in Betrieb nehmen. Dies kündigt Konzernchef Armin Papperger gegenüber dem US-Sender CNN an. Demnach soll bereits in den kommenden zwölf Wochen in der Westukraine ein Werk eröffnen, in dem Rheinmetall gemeinsam mit dem ukrainischen Konglomerat UkrOboronProm Transportpanzer Fuchs fertigen will. Gleichzeitig heißt es in Berliner Regierungskreisen, Kanzler Olaf Scholz werde auf dem heute beginnenden NATO-Gipfel in Vilnius neue Waffenlieferungen an die Ukraine bekanntgeben, die „sehr substanziell“ seien. Lediglich Marschflugkörper des Typs Taurus, wie sie Kiew bereits seit einiger Zeit fordert, wird die Bundesregierung den Quellen zufolge noch nicht liefern. Mit ihrer Reichweite von mehr als 500 Kilometern könnten sie bis weit nach Russland hinein eingesetzt werden. Die US-Mitteilung, der Ukraine auch Streumunition zu liefern, wird von der Bundesregierung verständnisvoll akzeptiert. Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter schlägt unter bestimmten Umständen vor, „Kaliningrad von den russischen Versorgungslinien abzuschneiden“.

Panzerfabrik in der Ukraine

Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall wird schon in Kürze ein Werk für gepanzerte Fahrzeuge in der Ukraine eröffnen. Dies hat Konzernchef Armin Papperger gegenüber dem US-Sender CNN angekündigt. Demnach wird das Werk an einem nicht näher genannten Ort im Westen der Ukraine errichtet; es soll bereits innerhalb der nächsten zwölf Wochen den Betrieb aufnehmen. Rheinmetall kooperiert dabei mit dem ukrainischen Konglomerat UkrOboronProm, mit dem der deutsche Konzern zudem Munition und möglicherweise auch Flugabwehrsysteme bauen will (german-foreign-policy.com berichtete [1]). Zunächst soll dem CNN-Bericht zufolge in dem westukrainischen Werk der deutsche Transportpanzer Fuchs in Lizenz gebaut und gewartet werden; dazu will Rheinmetall ukrainische Arbeiter fortbilden.[2] Langfristig soll an dem Standort offenbar auch die Herstellung anderer Panzer möglich sein. „Die Ukrainer müssen sich selbst helfen“, erläutert Papperger das Vorhaben: „Wenn sie in den nächsten zehn oder 20 Jahren immer darauf warten müssen, dass Europäer oder Amerikaner ihnen helfen – das ist unmöglich“. Der Rheinmetall-Chef gibt sich sicher, das neue Werk könne gegen russische Luftangriffe verlässlich geschützt werden. Im Fall anderer ukrainischer Waffenfabriken gelinge dies auch.

Waffenpaket für Kiew

Jenseits der Rheinmetall-Ankündigung stellt die Bundesregierung weitere Waffenlieferungen an die Ukraine in Aussicht. Wie es am gestrigen Montag aus Berliner Regierungskreisen hieß, werde Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem heute beginnenden NATO-Gipfel in Vilnius „sehr substanzielle“ Lieferungen bekanntgeben. Details wurden noch nicht genannt.[3] Berlin rühmt sich bereits jetzt, zweitgrößter Waffensteller der Ukraine nach den Vereinigten Staaten zu sein. Laut Regierungsangaben beliefen sich die für 2023 eingeplanten Mittel für die Aufrüstung der ukrainischen Streitkräfte „auf insgesamt rund 5,4 Milliarden Euro“ – „nach 2 Milliarden Euro im Jahr 2022“, zuzüglich „Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre in Höhe von rund 10,5 Milliarden Euro“.[4] Zuletzt hatte Scholz aus Anlass des Besuches von Präsident Wolodymyr Selenskyj in Berlin die Lieferung eines Waffenpakets im Wert von 2,7 Milliarden Euro zugesagt. Darin enthalten war unter anderem ein Posten, den Scholz nicht öffentlich nannte: 15 Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard. Recherchen ergaben damals, es müsse sich um die Flugabwehrpanzer handeln, die dem Emirat Qatar zum Schutz der Fußball-WM vor etwaigen Drohnenattacken verkauft worden waren; allerdings weigerte sich Qatar damals beharrlich, sie ab- bzw. für den Einsatz durch die Ukraine freizugeben.[5]

Marschflugkörper

Bislang noch nicht erfüllen will die Bundesregierung die Forderung der Ukraine, ihr so schnell wie möglich auch Marschflugkörper vom Typ Taurus zu liefern. Der Taurus hat eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern und wäre damit in der Lage, wie es in einem Textbeitrag eines Militärexperten heißt, „Ziele tief hinter den feindlichen Linien mit hoher Präzision anzugreifen“.[6] Zudem würde er es „dank seines spezialisierten Multi-Effekt-Gefechtskopfs“ ermöglichen, „gut geschützte Ziele zu bekämpfen, die bisher unverwundbar waren“; er könne sogar „stark gehärtete und begrabene Bunkerziele“ mit Erfolg zerstören. „Marschflugkörpersysteme wie der Taurus“, heißt es in dem Beitrag weiter, hätten „das Potenzial, die Kampfdynamiken auf dem Schlachtfeld grundlegend zu ändern und Voraussetzungen für den Sieg zu schaffen“. Ein Problem sei lediglich, dass sie derzeit nicht in ausreichender Zahl verfügbar seien; es gelte deshalb, „eine Flugkörperallianz in Europa“ zu gründen – gemeinsam etwa mit Großbritannien, das mit seinen Storm Shadow bereits Lenkwaffen mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern geliefert habe. Für die baldige Lieferung des Taurus setzt sich aktuell der Grünen-Politiker Anton Hofreiter ein.[7] „Wenn die Briten Marschflugkörper liefern“, erklärt Hofreiter, „sehe ich keinen Grund, warum Deutschland das nicht auch kann.“

Streumunition

Die Ankündigung neuer Waffenlieferungen sowie die Forderung, den ukrainischen Streitkräften auch neue Waffensysteme wie den Taurus zur Verfügung zu stellen, erfolgen zu einem Zeitpunkt, zu dem die lange Zeit angekündigte Gegenoffensive der Ukraine weiterhin kaum Fortschritte macht und selbst US-Präsident Joe Biden offen einräumt, die Munition werde knapp. Biden nennt dies als Argument, um die Lieferung von Streumunition zu legitimieren, die inzwischen 111 Staaten im Oslo-Übereinkommen geächtet haben; hinzu kommen zwölf Staaten, die das Übereinkommen unterzeichnet, doch bislang nicht ratifiziert haben, sowie drei Dutzend Staaten, die im Jahr 2020 in einer UN-Deklaration den Inhalten des Übereinkommens im Grundsatz zugestimmt haben.[8] Washington behauptet nun, es liefere nur Streumunition, die eine geringe Blindgängerrate von weniger als 2,35 Prozent habe; zudem habe Kiew fest zugesagt, die Waffe nur dort zu nutzen, wo keinerlei Gefahr für Zivilisten bestehe. Allerdings haben bereits erste Recherchen von US-Medien gezeigt, dass die Angaben nicht zutreffen. Der New York Times zufolge beläuft sich die Blindgängerrate der Streumunition, die die Ukraine erhält, auf mehr als 14 Prozent.[9] Ohnehin berichten Minensucher, die realen Blindgängerraten überträfen die offiziell genannten stets ganz erheblich.

„Kaliningrad blockieren“

Die Bundesregierung kommentiert die US-Ankündigung, Streumunition zu liefern, mit vollem Verständnis. „Wir sind uns sicher, dass sich unsere US-Freunde die Entscheidung über eine Lieferung entsprechender Munition nicht leicht gemacht haben“, erklärt ein Berliner Regierungssprecher.[10] Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verwahrt sich gegen Kritik: Man dürfe „in der gegenwärtigen Situation den USA nicht in den Arm fallen“.[11] Die Bereitschaft, sämtliche Hemmungen fallenzulassen, wird im Krieg gegen Russland Schritt für Schritt populär. Gestern etwa schlug der CDU-Außen- und Militärexperte Roderich Kiesewetter in der Grünen-nahen taz nicht bloß vor, der Ukraine „als Zwischenschritt zur Nato-Mitgliedschaft Garantien gegebenenfalls auch mit einem nuklearen Beistand“ zu geben. Für spezielle Fälle, etwa bei einer Zerstörung des Kernkraftwerks Saporischschja, solle man erwägen, „Kaliningrad von den russischen Versorgungslinien abzuschneiden“.[12] Mit einem Entzug von Nahrungsmitteln zu drohen, hat bereits Ende 2022 der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter für den Machtkampf des Westens gegen China vorgeschlagen; auf die Frage, wie Berlin reagieren könne, sollte die Volksrepublik einmal ein Embargo bei Seltenen Erden in Betracht ziehen, antwortete Hofreiter: „Wenn uns ein Land Seltene Erden vorenthalten würde, könnten wir entgegnen: ‘Was wollt ihr eigentlich essen?“[13] China ist bei der Nahrungsmittelversorgung auf Importe angewiesen.

 

[1] S. dazu Eine rüstungsindustrielle Basis für die Ukraine.

[2] Frederik Pleitgen, Anna Cooban: Rheinmetall will build and repair tanks in Ukraine, says CEO. edition.cnn.com 10.07.2023.

[3] Berlin will Ukraine „substanzielles“ Waffen-Paket liefern. n-tv.de 10.07.2023.

[4] Liste der militärischen Unterstützungsleistungen. bundesregierung.de 07.07.2023.

[5] Georg Ismar, Paul-Anton Krüger: Das „Gepard“-Rätsel. Süddeutsche Zeitung 19.05.2023.

[6] Fabian Hoffmann: Warum Deutschland Taurus-Marschflugkörper liefern sollte. tagesspiegel.de 06.06.2023.

[7] Grünen-Politiker Hofreiter gegen Streumunition für Ukraine. sueddeutsche.de 08.07.2023.

[8] Weltweite Ächtung von Streumunition. auswaertiges-amt.de 15.07.2021.

[9] John Ismay: Cluster Weapons U.S. Is Sending Ukraine Often Fail to Detonate. nytimes.com 07.07.2023.

[10] Bundesregierung zeigt Verständnis für Streumunition-Lieferung. rnd.de 07.07.2023.

[11] Kristina Hofmann: Streubomben: „USA nicht in den Arm fallen“. zdf.de 09.07.2023.

[12] Tanja Tricarico: „Deutschland ist Kriegsziel“. taz.de 10.07.2023.

[13] Moritz Eichhorn: Anton Hofreiter: Entweder Nato-Mitgliedschaft für Ukraine oder 3200 Leopard-Panzer. berliner-zeitung.de 15.12.2022. S. dazu Die Hungermacher (III).

 Quelle : https://www.german-foreign-policy.com/ Bild-finanz.at

 

Aufruf zur Teilnahme:
"Keine Bomber über unsere Köpfen!
Kein Werben fürs Sterben!

 Kommt alle zu dieser Friedensaktion !!!

Defender 2023

Das Rostocker Friedensbündnis lädt hiermit alle friedliebenden Menschen zum Protest gegen die Nato-Übung Defender 2023 zum mitmachen ein.

-Dienstag, 13.6., 13-15 Uhr: Mahnwache beim neuen Gebäude der Fakultät für Informatik und Elektrotechnik der Uni Rostock, Albert-Einstein-Str. 26 

- Donnerstag, 15.6., 14-16 Uhr: Mahnwache in Rostock-Warnemünde, am Leuchtturm 

-  Freitag, 16.6., 18-20/21 Uhr, Waldemarhof, Großer Saal: „Schwarzer Regen“ (Japan 1989), Spielfilm über die Folgen des Atombombenabwurfs auf Hiroshima (https://www.cinema.de/film/schwarzer-regen,1340080.html[https://www.cinema.de/film/schwarzer-regen,1340080.html] , FSK: 12 Jahre)

- Dienstag, 20.6., 19 Uhr: Bombardierung Dresdens – ein Zeitzeuge erzählt 

- Donnerstag, 22.6., 14.30 Uhr: Einführung in die Kapitalismuskritik (Workshop der Rosa-Luxemburg-Stiftung), Räume der Rosa-Luxemburg-Stiftung, separater Eingang beim Peter-Weiss-Haus

- am selben Tag, Donnerstag, 22.6., 19 Uhr: Vorträge und Diskussion über Kriegsdienstverweigerung, Peter-Weiss-Haus, Bunter Bunker
UND:
Für Thema „Kapitalismus und Krieg“ hat uns attac dankenswerterweise Werner Rätz vermittelt (https://www.werner-raetz.de/[https://www.werner-raetz.de/] ). Datum und Raum stehen noch nicht fest.

Diese vom Rostocker Friedensbündnis organisierten Veranstaltungen werden u.a. vom GeFiS e.V. aktiv unterstützt.

 

Quelle: Rostocker Friedensbündnis

Juni
2023

   Air Defender 2023     No! No! No! No! No! 

Mit einer Veranstaltungsreihe hat das Rostocker Friedensbündnis federführend mit weiteren Bündnispartnern für den Frieden, wie wir von der Gesellschaft für Frieden und internationale Solidarität GeFiS, neben Mahnwachen, Filmvorführung, Podiumsdiskussionen, Zeitzeugenberichte über den Krieg und Beratungen zur Kriegsdienstverweigerung ein vielschichtiges Protestprogramm gegen die Nato-Kriegsübung Air Defender 23 absolviert.

Quelle: Rostocker Friedensbündnis  Juni 2023

Defender 2023

09

JUN

2023

WUNSTORF/BERLIN (Eigener Bericht) – Mit dem am Montag beginnenden Luftkriegsmanöver Air Defender 23 sucht die Bundesrepublik ihre Stellung innerhalb der NATO weiter aufzuwerten. Das Manöver, an dem nach Angaben der deutschen Luftwaffe rund 10.000 Militärs mit 250 Flugzeugen aus 25 Staaten beteiligt sind, steht unter deutscher Führung; Übungsflüge werden hauptsächlich über Deutschland stattfinden. Das Manöver geht zudem auf eine Initiative der Bundesrepublik aus dem Jahre 2018 zurück. Damals hatte sich Berlin innerhalb der NATO bereiterklärt, als sogenannte Rahmennation den Aufbau multinationaler Luftwaffen-Großverbände voranzutreiben. Air Defender 23 soll nun den Erfolg dieses Projektes demonstrieren. Mit dieser und vergleichbaren Initiativen im Rahmen der Kriegsvorbereitungen des NATO-Blocks stärkt Berlin nicht nur seine Stellung im transatlantischen Bündnis; es treibt zugleich die Integration europäischer Streitkräfte unter deutscher Führung voran („europäischer Pfeiler der NATO“) und baut nationale militärische Fähigkeiten auf, die ihm auch unabhängig von NATO und EU zur Verfügung stehen.

Unter deutscher Führung

Das NATO-Großmanöver Air Defender 23 [1] geht nach Angaben der Bundeswehr auf eine deutsche Initiative zurück.2018 hatte Berlin angekündigt, innerhalb der NATO als sogenannte Rahmennation den Aufbau einsatzbereiter multinationaler Großverbände im Bereich Luftwaffe (Multinational Air Group, MAG) übernehmen zu wollen. Die Bundeswehr hatte sich dabei verpflichtet, den Bündnispartnern 2023 die Einsatzbereitschaft der MAG in einem Großmanöver vorzuführen. Dafür entwickelten deutsche Militärs – damals noch unter der Bezeichnung MAGEX (MAG Exercise) – bald die ersten Konzepte. Davon laut Bundeswehr „völlig losgelöst“ entstanden beim deutschen Kommando Luftwaffe „neue Ideen für mögliche Großübungen“.Dabei orientierten sich die Planer nach eigenen Angaben an dem US-geführten Großmanöver Defender Europe. Die Verpflichtung innerhalb der NATO (MAGEX) und die Wünsche nach einem deutsch geführten multinationalen Großmanöver à la Defender Europe führte die Bundeswehr dann in Air Defender 23 zusammen. Anders als Defender Europe steht es allerdings nicht unter US-amerikanischer, sondern unter deutscher Führung. Bei der Luftwaffe heißt es nun, mit Blick auf den Ukraine-Krieg komme Air Defender 23 „eine noch tragendere Rolle“ zu – als „weithin sichtbares Zeichen der Stärke ... des transatlantischen Bündnisses unter deutscher Führung“.[2]

Transatlantisch, aber europäischer

Berlins Strategie, unter dem Deckmantel der NATO nationale Machtpolitik zu betreiben, ist nicht neu. Von Anfang an beteiligt sich die Bundesrepublik an der 2014 begonnenen Hoch- und Umrüstung der NATO für einen möglichen Krieg gegen Russland – und zwar mit dem erklärten Ziel, den „europäischen Pfeiler“ innerhalb des US-dominierten Bündnisses zu „stärken“.[3] Die deutsch-europäischen Initiativen innerhalb der NATO entwickelten eine „Bedeutung“ über das transatlantische Bündnis „hinaus“, da sie „wesentlich zur Handlungsfähigkeit der EU“ beitrügen, urteilt ein ehemaliger Generalleutnant der Bundeswehr [4] – beispielsweise durch die „enge Verzahnung und fortschreitende Integration europäischer Streitkräfte“ [5] im NATO-Rahmen, die auch den Weg zu einer EU-Armee bahnen könnten. An eine militärisch gestärkte und geeinte EU knüpfen deutsche Spitzenpolitiker die Hoffnung auf eine verringerte außen- und militärpolitische Abhängigkeit Deutschlands von den USA. Vor diesem Hintergrund heißt es etwa im Weißbuch der Bundeswehr, die „deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ solle „in ihrer Grundausrichtung“ zwar „transatlantisch bleiben“, aber dennoch „zugleich europäischer“ werden.[6]

Bereit zu führen

Dabei beansprucht Deutschland seit einigen Jahren ausdrücklich, wie es etwa in der „Konzeption der Bundeswehr“ aus dem Jahr 2018 heißt, „in multinationaler Kooperation verstärkt eine Führungsrolle“. Dazu solle die Bundeswehr „eine zentrale Rolle bei der [militärischen] Integration von Bündnispartnern“ einnehmen.[7] Bereits 2016 verkündete die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen offen, Deutschland nutze aktuelle Krisen, um einen internationalen Führungsanspruch geltend zu machen: Deutschland sei „bereit zu führen“.[8] 2020 sah ein Strategiepapier der Bundeswehr Deutschland innerhalb von NATO und EU bereits in einer „Schlüsselrolle“.[9] Besonders mit dem von Deutschland in die NATO eingebrachten Rahmennationenkonzept habe sich die Bundesrepublik in einer „koordinierenden […] Rolle in die Mitte“ einer gemeinsamen „Fähigkeitsentwicklung der NATO gestellt“.[10] Mit seinen Initiativen in der NATO positioniert sich Berlin also nicht nur im Machtkampf gegen Russland; es stärkt zugleich seine Position gegenüber den USA und arbeitet an einer militärischen Führungsposition innerhalb der EU-Staaten.

Führungsanspruch im Baltikum

Für diese Strategie ist der Aufbau von Luftwaffengroßverbänden im Zusammenhang mit dem Rahmennationenkonzept, wie ihn aktuell Air Defender 23 demonstriert, nur eines von mehreren Beispielen. Eine koordinierende Rolle nimmt die Bundesrepublik beispielsweise auch bei der permanenten NATO-Präsenz entlang der russischen Westgrenze ein – etwa mit der Stationierung deutscher Soldaten im Rahmen der enhanced Forward Presence (eFP) bzw. der enhanced Vigilance Activities (eVA) des transatlantischen Militärbündnisses in Litauen, wo die Bundeswehr die Führung über eine multinationale Truppe innehat. Im Baltikum beansprucht Berlin zudem, nicht zuletzt in Konkurrenz zu Polen, unter dem Deckmantel der NATO einen Führungsanspruch, der sich im Marinekommando in Rostock verfestigt. Mit diesem hat Deutschland eine militärische Führungsstruktur aufgebaut, die es, wie die Marine schreibt, der NATO „bei Bedarf“ „zur Verfügung zu stellen“ [11], sie aber prinzipiell auch für nationale oder EU-Vorhaben einsetzen kann.

Auf dem Weg zur Allround-Armee

Auch beim Aufbau multinationaler Großverbände der Landstreitkräfte ist Deutschland seit 2014 an führender Stelle aktiv (german-foreign-policy.com berichtete [12]). Zuletzt kündigte Verteidigungsminister Boris Pistorius etwa an, „bis 2025“ werde die Bundeswehr „der NATO eine komplette Heeresdivision einsatzbereit melden“ – ein weiterer „Beitrag als Rahmennation, an den andere Länder andocken können“.[13] Nach Erfüllung ihrer Verpflichtungen in der NATO stehen die in diesem Zusammenhang aufgebauten Fähigkeiten freilich Berlin zur nationalen Verwendung zur Verfügung. Ähnliches gilt für die Erhöhung des Wehretats mit Verweis auf das Zwei-Prozent-Ziel der NATO. Das Ziel der Bundesregierung sei, erläutert Pistorius, „eine moderne Allround-Armee“ – ein unerlässlicher Schritt auf dem Weg zu einer eigenständigen Machtpolitik: „Die NATO-Ostflanke stärken“, konstatiert Pistorius, „heißt, uns selbst zu stärken“.

 

[1] S. dazu Am Rande des Krieges.

[2] Air Defender 2023 – Jahre der Vorbereitung, um 200 Flugzeuge in die Luft zu bekommen. Bundeswehr.de 28.03.2023.

[3] Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr. Berlin, Juni 2016.

[4] Rainer L. Glatz, Martin Zapfe: Ambitionierte Rahmenation: Deutschland in der NATO. Die Fähigkeitsplanung der Bundeswehr und das „Framework Nations Concept“. SWP-Aktuell 62. Berlin, August 2017.

[5] Die Konzeption der Bundeswehr. Bonn 2018.

[6] Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr. Berlin, Juni 2016.

[7] Die Konzeption der Bundeswehr. Bonn 2018.

[8] Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr. Berlin, Juni 2016.

[9] Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft. Berlin, Mai 2021.

[10] Die Konzeption der Bundeswehr. Bonn 2018.

[11] Deutsche Marine: Bündnissolidarität – Mehr Marinepräsenz in der Ostsee, 17.2.2022, bundeswehr.de 17.02.2022.

[12] S. dazu Ein Ring um Russland (II) und Im Kriegsfall ganz vorn.

[13] Pistorius auf der MSC (Munich Security Conference) 23: „NATO-Ostflanke stärken, heißt, uns selbst zu stärken“. bmvg.de 23.02.2023.

 

Quelle: german foreigen policy.com, 09.Juni 2023/ Bild-Internet

Defender 2023

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

morgen, am 10.6., halten wir ab 10 Uhr vor dem Gebäude der Ostsee-Zeitung in der Rostocker Richard-Wagner-Straße eine Mahnwache. Unser Protest richtet sich gegen die Beteiligung der Bundeswehr an der Messe „Karrierechancen MV“.

Die Bundeswehr ist kein Arbeitgeber wie jeder andere. Die Zukunft für junge Menschen liegt in zivilen Berufen. Deshalb: Kein Werben fürs Töten und Sterben!

Die Mahnwache findet im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe gegen das Manöver Air Defender 2023 statt. Näheres demnächst auf www.rostocker-friedensbuendnis.de.

Mit besten Grüßen

Rostocker Friedensbündnis

--  
Rostocker Friedensbündnis (gemeinsames Postfach)
http://www.rostocker-friedensbuendnis.de

 

Gemeinsam mit dem Rostocker Friedensbündnis agiert die Organisation GeFiS e.V. und weiteren Organisationen und Friedensfreunden im Kampf für den Frieden.

Quelle: Rostocker Friedensbündnis

 

10.
Juni
2023

Defender 2023

Im Rahmen der Nato-Kriegsübungen hat das Rostocker Friedensbündnis gemeinsam mit weiteren Organisationen und Einzelpersonen verschiedene Protestveranstaltungen organisiert, wie u.a. die Mahnwache vor dem Pressehaus der Ostsee-Zeitung Rostock.

Am Rande des Krieges (II)

Unter deutscher Führung trainiert die NATO ab Montag den Luftkrieg über Osteuropa. Das Großmanöver Air Defender 23 dient Deutschland auch dazu, seine nationale Stellung zu stärken.

 

 

 

Defender 2023

Gemeinsam mit verschiedenen Bündnispartnern (z.B. ISOR, Die Linke Nord-Ost Rostock, Die Linke Landkreis Rostock, GeFiS e.V. und Einzelpersonen) hat Federführung das Rostocker Friedensbündnis die Mahnwache in unmittelbarer Nähe des Fliegerhorst Rostock-Laage, wo am 12.06.2023 die bisher größte Nato-Kriegs-Übung mit über 200 Flugzeugen in Mecklenburg-Vorpommern u.a. Bundesländern Deutschland stattfindet .

 

Quelle: Rostocker Friedensbündnis, 09.Juni 2023

10.
Mai
2023

UDT-Militärmesse in Rostock-
Protest des Rostocker Friedensbündnis

Protestcamp gegen die UDT am letzten Tag

Erstellt am 10. Mai 2023 - 21:39

Auch morgen ist im Camp noch einmal Programm. Es gibt einen Auftritt von Capoeira Rostock – afrobrasilianische Kultur, Spiel, Tanz und Kampf – und den Film „Risse im Patriarchat“.

Nebenbei wird ganz allmählich abgebaut.

Die letzte Gelegenheit also, das Camp zu erleben!

Die Gesellschaft für Frieden und internationale Solidarität (GeFiS) e.V. hat die Aktionen des Rostocker Friedensbündnis aktiv unterstützt.

Peter-Weiss-Haus

Doberaner Strasse 21, 18057 Rostock

http://www.peterweisshaus.de

 

UDT entwaffnen!

 

Vom 9.-11. Mai findet in der Rostocker Hanse Messe die mit 1500 Teilnehmer*innen weltweit größte Unterwasser-Militärm­esse U(ndersea)D(efence)T­(echnology) statt. Dort vernetzen sich Waffenindustrie, Kriegspolitiker*inne­n und Wissenschaftler*inne­n, um neue technische Entwicklungen in Unterwasser-Waffensy­stemen schnell zu integrieren und an die Regierungen und Regime aus aller Welt zu verkaufen. Dabei gibt sich diese todbringende Konferenz ganz modern und ökologisch – Unterwasserkriege von morgen sollen mit geringem ökologischen Fussabdruck töten, mit Wasserstoff- und batteriebetriebenen smart torpedos und smarten Minen sowie ausgefeilten Unterwasserdrohnen möchte die militaristische Messegesellschaft junge ForscherInnen für das Geschäft mit dem Tod akquirieren. Todbringende Unterwasser-Waffen und U-Boot-gestützte See-Land-Raketen werden dort verniedlicht umschrieben als Effektoren.

Diese Messe passt gut zum Rostocker Ambiente als wichtigster deutscher Marinestützpunkt. Schließlich ist Rostock Sitz des Marinekommandos, der höchsten Führungsinstanz der Deutschen Marine, und Heimathafen des deutschen Korvettengeschwaders sowie einiger in Rostock beheimateter Forschungs- und Industriebetriebe (Unterwasserrobotik) der militärischen maritimen Wirtschaft. Und im Januar diesen Jahres hat sich das Militär – die Krise der MV-Werften geschickt ausnutzend – auch die Rostocker MV-Werft unter den Nagel gerissen, um in diesem Marine-Arsenal nun Kriegsschiffe zu warten, zu reparieren und gegebenenfalls auch neue zu bauen.

Das Bündnis „UDT entwaffnen“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, während der Messezeit und um sie herum antimilitaristische Akzente zu setzen. Auf dem Poldo werden die praktischen Rahmenbedingungen möglicher Aktionen, Demonstrationen und Proteste erörtert und geschaut, wie der Aktionswoche vom 6. bis 11. Mai ein starkes antimilitaristisches Gesicht gegeben werden kann. Die Zeit des ruhigen Hinnehmens der weiteren Militarisierung in Rostock ist vorbei. UDT entwaffnen!

Weitere Infos unter:

stadtgestalten.org/u­dt-entwaffnen/udt-ent­waffnen/

Und unter

www.instagram.com/p/CpUn8CJ...

 

https://www.ardmediathek.de/video/ndr-info/umstrittene-udt-militaermesse-in-rostock-gestartet/ndr/Y3JpZDovL25kci5kZS82YzVjZTNmYS1iZTRmLTQ1NTAtYmQwNS1jNjMxYTgyYTZjODc

UDT-Messe in Rostock-NDR-Beitrag

 

Quelle: Rostocker Friedensbündnis, GeFiS-Archiv.

Info zum Protestcamp gegen die UDT

Protestcamp gegen die UDT geht weiter!

Erstellt am 6. Mai 2023 - 22:23

Hier die Veranstaltungen der nächsten beiden Tage:

Morgen, Sonntag:

um 10 Uhr: ein Workshop über Klima, Flucht und Migration

um 15 Uhr: "Feminist History Walk": Eine Entdeckungsreise durch die Geschichte feministischer Kämpfe, Debatten und Errungenschaften:
Der "Feminist History Walk" nimmt uns mit auf eine Reise durch die Vergangenheit und Gegenwart feministischen Begehrens: Errungenschaften wie das uneingeschränkte Wahlrecht, die Befreiung von den Kolonialherren, liberale Abtreibungsgesetze oder ein modernes Sexualstrafrecht haben wir den rebellischen Frauen und Queers in unserer und vor unserer Zeit zu verdanken. Einige der damit verbundenen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen haben eine lange Geschichte. Anhand pointierter Zitate tauchen wir in diese Geschichte feministischer Bewegungen, Revolten und Diskussionen ein. Das Material nähert sich der Sache spielerisch. Der Gang durch die Geschichte ist als Rätsel aufgebaut, bei dem wir Karte an Karte reihen. So entsteht ein Zeitstrahl, der uns zeigt, auf wessen Schultern wir heute stehen.
Das spielerische Erraten der Zitate, Slogans oder Ereignisse erfolgt nicht gegeneinander, sondern miteinander. Menschen mit unterschiedlichem Vorwissen lernen voneinander.
Der Workshop wird durchgeführt von Kim Zech, Lehrerin und Aktivistin.

Um 20 Uhr: Film "Rise Up" mit anschließendem Gespräch

und der Mitternachtstalk behandelt die Frage "Waffenlieferungen an die Ukraine oder Alternativen?"

Übermorgen, Montag:

Um 10.30 Uhr ein Theaterworkshop: "UDT-Kritik auf der Bühne" - übrigens, wie auch schon die Veranstaltung über internationale Kriegsdienstverweigerer und Deserteure heute, proudly presented by Rostocker Friedensbündnis ; ) Wir lernen, wie man mit den Mitteln des Theaters Themen wie "Welt ohne Waffen", "Krieg" oder "Gewalt " darstellen kann. Dabei kommen Bewegungsübungen, Zitate, Texte, ..., zum Einsatz. Wir überlegen auch, wie wir damit in konkreten Situationen wirksam werden können. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, die Mitarbeit möglichst vieler Campteilnehmer_innen ist willkommen, auch über den Workshop hinaus.

Ebenfalls am Vormittag: ein Workshop "Versammlungen anmelden".

Um 16 Uhr: ein Zeitzeugenbericht über die Bombardierung Dresdens 1945

und beim antimilitaristischen Mitternachtstalk geht es um "Greenwashing a la UDT.

 

Quelle: Rostocker Friedensbündnis v.06.Mai 2023

Friedensprotest gegen "Undersea Defense Technology" (UDT)

Demonstrationen - Rostock:

Gericht kassiert Auflagen für Protestcamp gegen Messe

4. Mai 2023, 17:37 Uhr

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Rostock (dpa/mv) - Eine Initiative von Militärgegnern hat sich mit einem Eilantrag für ein geplantes Protestcamp gegen eine anstehende internationale maritime Rüstungsmesse in Rostock weitgehend durchgesetzt. Das Verwaltungsgericht Schwerin setzte am Donnerstag per Beschluss mehrere Auflagen der Stadt Rostock außer Kraft. Damit kann das geplante Camp näher als verfügt an dem Messestandort aufgebaut und die Zelte auch zur Übernachtung genutzt werden.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Auflagen der Stadtverwaltung auf eine Verhinderung der angemeldeten Versammlung hinausgelaufen wären. "Das Gericht konnte nicht feststellen, dass eine versammlungsrechtlich beachtliche Gefahrenlage derart weitreichende Einschränkungen rechtfertigen könnte", hieß es in einer Mitteilung. Gegen den Beschluss sei Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht möglich, was die Beteiligten aber nach eigener Aussage nicht beabsichtigten.

Die Proteste richten sich gegen die nach eigenen Angaben weltgrößte Fachmesse für die Unterwasserverteidigungsindustrie "Undersea Defense Technology" (UDT), die vom 9. bis 11. Mai in der Rostocker Hansemesse stattfindet. 2022 war Rotterdam Ausrichter. Es werden 1500 Besucher aus aller Welt und etwa 70 Aussteller aus der Rüstungsindustrie erwartet, dazu gehören auch deutsche Firmen wie Rheinmetall, Atlas Elektronik und Thyssenkrupp Marine Systems.

Die Initiative "UDT entwaffnen" hatte die Auflagen der Stadt als Verbotsverfügung gewertet und von "willkürlicher Schikane" gesprochen. Die UDT-Gegner wollten das Zeltcamp von Freitag an für eine Woche vis-à-vis vor der Messehalle aufbauen, um nach eigenen Angaben "der maritimen Kriegsvorbereitung ein Konzept friedlicher Konfliktlösungen entgegenzustellen".

Zwar darf die Versammlung auch nach der Gerichtsentscheidung nicht an den ursprünglich von den Veranstaltern gewünschten Ort ziehen, die Fläche wurde ausgeweitet und näher an den Messeort gelegt. "Hiermit werde das Anliegen der Veranstalter der Versammlung, auf die Adressaten ihres Protests akustisch und optisch kommunikativ einwirken zu können, unter Wahrung der Sicherheitsinteressen der Messe ermöglicht", argumentierte das Gericht.

Quelle: SVZ v.04.Mai 2023/ Detailansicht öffnen

Eine Figur der blinden Justitia. Foto: Sonja Wurtscheid/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

 

Im Rahmen unserer friedenspolitischen Ausrichtung lt. Satzung unterstützen wir vom GeFiS e.V. in enger Zusammenarbeit mit dem Rostocker Friedensbündnis und weiterer Organisationen, die Proteste gegen diese Hochrüstungspolitik insgesamt, die eine Gefährdung des Weltfriedens darstellt.

Quelle: GeFiS-Archiv

Aufruf zum Ostermarsch in Rostock

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

 

wie in Vor-Pandemie-Zeiten geht es diesmal wieder am Ostersonnabend, 8. April, per Demonstration auf die Straße!

Wir starten um 11.00 Uhr am Denkmal für die revolutionären Matrosen am Kabutzenhof. Die Abschlusskundgebung wird um 12.30 Uhr auf dem Doberaner Platz stattfinden. Eine Zwischenkundgebung ist in der Werftstraße bei der Schiffshalle der ehemaligen Neptunwerft, an der Gedenktafel für die Befreiung der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter am 1. Mai 1945, geplant.

Achtung: Die Teilnahme von Mitgliedern und Anhängern der AfD sowie nationalistischer und rechtsradikaler Kräfte ist nicht gestattet!

Weitere Informationen und Aufruf folgen.

 

Mit den besten Grüßen

Rostocker Friedensbündnis


Rostocker Friedensbündnis (gemeinsames Postfach)
http://www.rostocker-friedensbuendnis.de

 

Veranstaltungshinweis zum Thema : 
" Krieg und Frieden"

Freitag, 10.03.2023

Referent: Jörg Kronauer

Der Aufmarsch – Vorgeschichte zum Krieg - Russland, China und der Westen

Abendveranstaltung , 19:00–21:00 Uhr

Es sind zwei Großkonflikte, für die der Westen seit Jahren rüstet. Einmal gegen Russland, das sich nach seinem dramatischen Niedergang in den 1990ern stabilisiert hat und nun auf einer eigenständigen Rolle in der Weltpolitik beharrt. Zum zweiten gegen China, das bei rasantem Aufstieg im Begriff ist, zur Weltmacht zu werden. Der Machtkampf gegen Russland wie gegen China wird politisch, wirtschaftlich und medial geführt. In wachsendem Maß kommt ein militärischer Aufmarsch hinzu.

Darüber sprechen wir am 10. März 2023, 19 Uhr, mit Jörg Kronauer

 

Ort: MEZ, Spielhagenstraße 13, 

10585 Berlin-Charlottenburg, nahe U-Bhf. Bismarckstraße (U2 und U7) und Bus 109.

Kostenbeitrag: 3 Euro

Schützt bitte euch und andere, indem ihr die Mund- und Nasenschutzmaske auch im MEZ tragt.

Quelle: MEZ, Jan.2023

 

Kampf für den Frieden

 Ausgabe vom 01.03.2023, Seite 3 / Schwerpunkt

UN-RESOLUTION ZUR UKRAINE

Diplomatische Anstrengungen verdoppeln

Wortlaut der am 23. Februar 2023 von der UN-Vollversammlung verabschiedeten Resolution für Frieden in der Ukraine

 

Übersetzung: Arnold Schölzel

Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine (A/ES-11/L.7)

Die Generalversammlung,

– unter Hinweis auf die in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Ziele und Grundsätze

– eingedenk der Verpflichtung aller Staaten nach Artikel 2 der Charta der Vereinten Nationen, sich in ihren internationalen Beziehungen der Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit eines Staates oder in jeder anderen mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbaren Weise zu enthalten und ihre internationalen Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln beizulegen,

– in Bekräftigung der Tatsache, dass kein Gebietserwerb, der auf der Androhung oder Anwendung von Gewalt beruht, als rechtmäßig anerkannt werden darf,

– unter Hinweis auf ihre einschlägigen Resolutionen, die auf ihrer elften Sondersitzung angenommen wurden, und auf ihre Resolution 68/262 vom 27. März 2014,

– ein Jahr nach der umfassenden Invasion in der Ukraine betonend, dass die Erreichung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellen würde,

– unter Hinweis auf den Beschluss des Internationalen Gerichtshofs vom 16. März 2022

 

– im Bedauern über die schwerwiegenden menschenrechtlichen und humanitären Folgen der Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine, einschließlich der anhaltenden Angriffe auf kritische Infrastrukturen in der gesamten Ukraine mit verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung, und mit großer Besorgnis über die hohe Zahl der zivilen Opfer, einschließlich Frauen und Kinder, die Zahl der Binnenvertriebenen und Flüchtlinge, die humanitäre Hilfe benötigen, sowie die gegen Kinder begangenen Verstöße und Missbräuche,

– in tiefer Besorgnis über die nachteiligen Auswirkungen des Krieges auf die weltweite Ernährungssicherheit, die Energieversorgung, die nukleare Sicherheit und den Schutz der Umwelt,

1. unterstreicht die Notwendigkeit, so bald wie möglich einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine im Einklang mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zu erreichen;

2. begrüßt und unterstützt nachdrücklich die Bemühungen des Generalsekretärs und der Mitgliedstaaten zur Förderung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine im Einklang mit der Charta, einschließlich der Grundsätze der souveränen Gleichheit und der territorialen Integrität der Staaten;

3. fordert die Mitgliedstaaten und die internationalen Organisationen auf, ihre Unterstützung für die diplomatischen Bemühungen um einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine im Einklang mit der Charta zu verdoppeln;

4. bekräftigt ihr Eintreten für die Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territoriale Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen, die sich auch auf ihre Hoheitsgewässer erstrecken;

5. wiederholt ihre Forderung, dass die Russische Föderation unverzüglich, vollständig und bedingungslos alle ihre Streitkräfte aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen abzieht, und fordert die Einstellung der Feindseligkeiten;

6. fordert, dass die Behandlung aller Kriegsgefangenen durch die am bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien im Einklang mit den Bestimmungen des Genfer Abkommens über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 12. August 1949 und des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen von 1949 erfolgt und fordert den vollständigen Austausch der Kriegsgefangenen, die Freilassung aller unrechtmäßig festgehaltenen Personen und die Rückkehr aller Internierten und zwangsverschleppten und deportierten Zivilpersonen, einschließlich der Kinder;

7. fordert, dass die am bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien ihre Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht in vollem Umfang einhalten, die Zivilbevölkerung und zivile Objekte ständig zu schonen, den sicheren und ungehinderten humanitären Zugang zu den Bedürftigen zu gewährleisten und es zu unterlassen, für das Überleben der Zivilbevölkerung unentbehrliche Objekte anzugreifen, zu zerstören, zu entfernen oder unbrauchbar zu machen;

8. fordert ferner die sofortige Einstellung der Angriffe auf die kritische Infrastruktur der Ukraine und aller vorsätzlichen Angriffe auf zivile Objekte, einschließlich Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser;

9. betont, dass die Rechenschaftspflicht für die schwersten Verbrechen nach dem Völkerrecht, die im Hoheitsgebiet der Ukraine begangen wurden, durch angemessene, faire und unabhängige Ermittlungen und Strafverfolgungen auf nationaler oder internationaler Ebene sichergestellt werden muss und dass allen Opfern Gerechtigkeit widerfahren und künftige Verbrechen verhindert werden müssen;

10. fordert alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, im Geiste der Solidarität zusammenzuarbeiten, um die globalen Auswirkungen des Krieges auf die Ernährungssicherheit, die Energieversorgung, das Finanzwesen, die Umwelt und die nukleare Sicherheit anzugehen; betont, dass die Vorkehrungen für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine diesen Faktoren Rechnung tragen sollten und fordert die Mitgliedstaaten auf, den Generalsekretär bei seinen Bemühungen, diese Auswirkungen anzugehen, zu unterstützen;

11. beschließt, die elfte Dringlichkeitssondertagung der Generalversammlung vorübergehend zu vertagen und den Präsidenten der Generalversammlung zu ermächtigen, ihre Sitzungen auf Ersuchen von Mitgliedstaaten wieder aufzunehmen.

 

Quelle: junge Welt v.01.03.2023/ John Lamparski/IMAGO/NurPhoto

Dem Westen in seinem Feldzug gegen Russland folgen, oder nicht? UN-Plenum in New York am 23. Februar

 

25.02.
2023

Friedensdemonstration Berlin 25.02.2023

Aus: Ausgabe vom 27.02.2023, Seite 8 / Ansichten

KOMMENTAR

Kleinhalten

Reaktionen auf Friedensdemo

Von Arnold Schölzel

 

Das »Manifest für Frieden« hatte bis Sonntag fast 680.000 Unterschriften erhalten. Die 500.000er-Marke war eine Woche nach dem 10. Februar, dem Start, überschritten worden. Die Demonstration am Sonnabend in Berlin war trotz Abschreckung durch Medien und der fast kompletten rechtswidrigen Absperrung des Geländes durch die Polizei gut besucht – keine massive Bewegung, aber ein beachtlicher Anfang. Zumal die durch das »Manifest« angestoßene Bewegung in der wichtigsten Frage – dem Nein zu Waffenlieferungen für Kiew – die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich weiß, im Osten gut zwei Drittel.

Das bedeutet: Gemessen am Auftrag haben die »Zeitenwende«-Parteien und ihr Medientross eine Bauchlandung hingelegt. Es geht nicht mehr ums Aufhalten einer Massenstimmung, sondern um Schadensbegrenzung und Kleinhalten. Die Propaganda dafür allerdings ist säuerlich (»eine unkonzentrierte Egoshow als Friedensbewegung«, sueddeutsche.de), verkrampft (vom Antiamerikanismus »die Sinne vernebelt«, RND) und dem Stehsatz des totalitären bundesdeutschen Antikommunismus entnommen. Letzterer steht wieder in voller Blüte. Er kennt seit dem US-Völkermord in Korea, in Vietnam, im Irak oder in den von außen durch die USA und ihre Verbündeten hineingetragenen Bürgerkriege in Libyen, Syrien oder in der Ukraine seit 2014 nur eins: Rechts und links sind sich einig im Antiamerikanismus. Als wäre der bei notorischem Völkermord oder Kolonialkrieg nicht fällig. Da kommen Bodo Ramelow, der offenbar auch Kiews neue »Edelweiß«-Truppe für den »Vietcong« halten möchte, und Bundeswehrprofessor Carlo Masala, der die Unterstützung für Wagenknecht und Schwarzer als »übelsten Nationalpazifismus« bezeichnete, zusammen: Der Feind steht links, muss aber mit »Rot-gleich-Braun«-Soße übergossen werden. Das ist Kulturerbe der BRD, der Gesslerhut der Staatsräson. Also steht der Name Masalas unter einer am 24. Februar von Jungen Liberalen und Junger Union gestarteten Petition »Manifest für Freiheit«, die mit dem Gruß der Bandera-Organisation OUN und der heutigen Kiewer Armee schließt: »Slawa Ukraini!«. Die OUN erhob das zur offiziellen Grußformel im Frühjahr 1941 kurz vorm Überfall auf die Sowjetunion im besetzten Polen. Gestapo, SS und Wehrmachtsabwehr betreuten das. Die Petition für den laufenden Krieg gegen Russland, die Anton Hofreiter als Erstunterzeichner nennt, erhielt bis Sonntag knapp 30.000 Unterschriften.

 

Das spiegelt das Kräfteverhältnis zwischen jenen, die bei Waffenlieferungen für Kiew problemlos etwas Braun auftragen, und jenen wider, die sich wie Wagenknecht und Schwarzer auf die Resolution der UN-Vollversammlung – diplomatische Anstrengungen »verdoppeln« – vom Donnerstag berufen können. Die regelbasierte deutsche Kriegsfraktion wird ihnen das nicht durchgehen lassen. Die Polizeiarmee am Sonnabend in Berlin hat einen Vorgeschmack geliefert.

Quelle: junge welt v.27.02.2023/ Stefan Boness/IPON

Großdemonstration am Sonnabend in Berlin

 

Friedensdemonstration Berlin 25.02.2023

Aus: Ausgabe vom 27.02.2023, Seite 1 / Inland

FRIEDENSPROTESTE

Waffen sollen schweigen

 

Tausende? Wohl eher Zehntausende. Mindestens 35.000 Menschen haben sich am Sonnabend trotz eher unangenehmer Witterung am Brandenburger Tor in Berlin versammelt, um für einen sofortigen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg und die Aufnahme von Friedensverhandlungen zu demonstrieren. Sie folgten dem Aufruf der Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht und der Publizistin Alice Schwarzer, die zuvor ein »Manifest für Frieden« initiiert hatten. Die entsprechende Onlinepetition auf www.change.org hatten bis Sonntag nachmittag rund 679.000 Personen unterzeichnet.

Abgesehen von Fahnen von Wagenknechts Partei wurden von den Teilnehmenden die Symbole der Friedensbewegung hochgehalten. Transparente trugen Forderungen wie »Frieden schaffen ohne Waffen!« oder »Diplomatie statt Waffenlieferungen« (Foto). Ein Blick auf die Zusammensetzung der Teilnehmenden zeigte: Zum Großteil kamen ältere Menschen zur Kundgebung. Von »Rechtsextremen« grenzten sich dabei nicht nur die Initiatoren explizit ab. (jW)

Quelle: junge Welt v.27.02.2023/ Monika Skolimowska/dpa

Friedensdemonstration in Berlin 25.02.2023

Aus: Ausgabe vom 27.02.2023, Seite 4 / Inland

FRIEDENSBEWEGUNG

Kreatives Zählen in Berlin

Mindestens 35.000 Menschen bei Friedenskundgebung. Wagenknecht: »Fangen an, uns zu organisieren«. Teilnehmer konfrontieren rechte Trittbrettfahrer

Von Nico Popp

Eine korrekt eingestellte politische Brille hilft, beim Zählen von Demonstrationsteilnehmern auf die jeweils nachgefragten Größenordnungen zu kommen. Die Expertise der Berliner Polizei in diesem Geschäft dürfte in der Bundesrepublik konkurrenzlos sein. Eine Demonstration für Waffenlieferungen und eine Fortsetzung des Krieges in der Ukraine bis zu einem »Sieg« Kiews, die am späten Freitag Nachmittag mit rund 7.000 Menschen durch Berlin-Mitte gezogen war, schätzte die Berliner Polizei nach oben abweichend auf 10.000 Teilnehmer. Für die wesentlich größere Kundgebung im Anschluss an das von mittlerweile über 679.000 Menschen unterzeichnete »Manifest für Frieden«, die am Sonnabend Nachmittag stattfand, nannte die Polizei 13.000 Teilnehmer. Sie »verschätzte« sich damit einmal mehr – diesmal allerdings deutlich nach unten.

Dabei schien die Polizei vor Ort den starken Zustrom durchaus zur Kenntnis zu nehmen. Schon gegen 14 Uhr ließ sie ankommende Teilnehmer nicht mehr durch den nördlichen Teil des Tiergartens auf direktem Weg zur Kundgebung laufen, sondern schickte sie auf den Umweg über die Yitzhak-Rabin-Straße zur Straße des 17. Juni. Ein dort eingesetzter Polizist begründete das auf Nachfrage damit, dass es bereits »zu voll« sei. Am S- und U-Bahnhof Brandenburger Tor hielten zu diesem Zeitpunkt mit Verweis auf die Überfüllung keine Züge mehr. Dennoch nannte die Berliner Polizei im Anschluss die Zahl von 13.000 Demonstranten, die eine Absperrung der Zugangswege beziehungsweise die Sperrung des Bahnhofs gar nicht nötig gemacht hätte.

Auch in anderer Hinsicht war die Polizeikommunikation offenbar irreführend: Unter Berufung auf die Polizei verbreitete etwa die Nachrichtenagentur dpa, dass sich »eine Gruppe linker Gegendemonstranten« eine »lautstarke Auseinandersetzung« mit Jürgen Elsässer, Herausgeber des rechten Compact-Magazins, geliefert habe. So wurde der Eindruck erweckt, Elsässer sei als akzeptierter Teilnehmer der Wagenknecht-Schwarzer-Kundgebung von »Gegendemonstranten« konfrontiert worden. In Wirklichkeit war es so, dass er sofort nach seinem Auftauchen von antifaschistischen Kundgebungsteilnehmern eingekesselt wurde. Der Bitte der Versammlungsleitung, Elsässer zu entfernen, entzog sich die Polizei.

 

Dem Augenschein vor Ort nach dürften es am Sonnabend mindestens 35.000 Menschen gewesen sein, die bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt dem Aufruf der Bundestagsabgeordneten Wagenknecht und der Publizistin Schwarzer gefolgt waren. Die Veranstalter nannten 50.000. An einer Gegenkundgebung aus dem Spektrum ukrainischer Nationalisten und ihrer Unterstützer an der Ebertstraße gegenüber der US-Botschaft beteiligten sich etwa 30 Personen, an einer weiteren auf dem Pariser Platz etwa 10.

Die Kundgebung am Sonnabend erinnerte an die Friedensbewegung der 1980er Jahre. Parteifahnen waren – abgesehen von vereinzelten Flaggen der Partei Die Linke – keine zu sehen, dafür zahlreich Symbole der Friedensbewegung in allerlei Varianten. Die Mehrheit der Teilnehmer war ganz ohne Fahnen und Plakate gekommen – ein Indiz dafür, dass hier tatsächlich eine relativ breite Mobilisierung gelungen ist. Es muss freilich davon ausgegangen werden, dass die intensiven Bemühungen im Vorfeld, die Kundgebung als »Querfront«-Veranstaltung zu denunzieren, am Ende viele Menschen ferngehalten haben.

Wagenknecht sagte bei der Kundgebung unter lautem Beifall, dass man nun sehen könne, »wie viele wir sind«. »Wir fangen jetzt auch an, uns zu organisieren«, kündigte sie an. Das Land brauche endlich wieder eine starke Friedensbewegung. Einmal mehr betonte sie, dass »Neonazis und Reichsbürger« auf dieser Friedenskundgebung nichts zu suchen hätten. Politisch gehe es darum, das Leid und das Sterben in der Ukraine zu beenden. Auch Putin müsse bereit sein zu Verhandlungen und Kompromissen. Die Ukraine dürfe kein »russisches Protektorat« werden. Weiter gehe es darum, die wachsende Gefahr einer Ausweitung des Krieges und einer Eskalation zum Atomkrieg zu bannen.

Schwarzer nannte es »durchaus richtig, den von Russland brutal überfallenen Ukrainern mit Waffen zur Seite zu stehen«. Nun aber sei »nach dem Ziel dieses Krieges zu fragen und nach seiner Verhältnismäßigkeit«. Der ehemalige General Erich Vad forderte »ein Ende der Kriegsrhetorik in Deutschland« und den Beginn von Verhandlungen.

Quelle: junge Welt vom 27.02.2023/ Stefan Boness/IPON

Demonstranten am Sonnabend in Berlin/ Plakate und Fahnen von Teilnehmern der Kundgebung

 

 Friedenskampf

Aus: Ausgabe vom 21.02.2023, Seite 12 / Thema

ZEITEN DES KRIEGES

Bis alles in Flammen aufgeht

Nicht den Krieg, sondern den Frieden gewinnen. Ein Jahr Ukraine-Krieg

Von Heinz Bilan, Volker Külow, Ekkehard Lieberam und Roland Wötzel

 

Die Autoren sind im Stadtverband Leipzig der Partei Die Linke aktiv.

»We are fighting a war against Russia and not against each other

Annalena Baerbock am 24. Januar 2023 vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Strasbourg

Bisher hat es im laufenden Ukraine-Krieg 280.000 tote und verletzte Soldaten sowie Zehntausende zivile Opfer auf beiden Seiten gegeben.¹ Nach einem Jahr ist ein Abnutzungskrieg mit immer mehr Opfern und Zerstörungen im Gange. Friedensverhandlungen oder ein Waffenstillstand sind nicht in Sicht. Die Zeichen stehen auf weitere Konfrontation. Die Kriegslogik hat die Oberhoheit erlangt: Die USA und die EU-Staaten agieren als Kriegsparteien. Mehr als 30.000 ukrainische Soldaten wollen die EU-Staaten demnächst ausbilden. Die Gefahr, dass der Ukraine-Krieg in einen dritten Weltkrieg mit nuklearen Waffen mündet, wächst.

Kritisches politisches Denken konnte auf neue Weise von den Leitmedien und den Regierenden eingehegt werden. Die Meinungsführerschaft gegen den Krieg liegt fatalerweise bei den Rechtspopulisten von der AfD. Die Friedensbewegung ist verwirrt und gespalten; die Linkspartei droht, als Friedenspartei zu versagen. Ein Lichtstreif am Horizont ist das »Manifest für Frieden« von 68 Prominenten aus Politik, Gesellschaft, Kirche und Wissenschaft, das mittlerweile von mehr als 500.000 Bürgerinnen und Bürgern unterschreiben wurde.

Befeuert wurde der Krieg durch die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine und die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines durch die USA und Norwegen.² Die verbreitete Sorge um eine Ausweitung des Krieges wird von einflussreichen Medien als »Krankheit, die man als Eskalationsphobie bezeichnen muss«,³ verhöhnt. Von Verhandlungen, die Frieden bringen könnten, ist man weit entfernt; ein Hoffnungszeichen ist die Ankündigung einer internationalen Friedensinitiative von Brasilien.

Hegemoniekrise der USA

Der Ukraine-Krieg macht erneut deutlich, dass entgegen der UN-Charta Kriege wieder Mittel der Politik geworden sind und dass sie aus sehr unterschiedlichen Konflikten erwachsen:

  • Der Ukraine-Krieg dient besonders den Hegemonieinteressen der USA und den Profitinteressen der Rüstungsindustrien zahlreicher Länder.
  • Er steht in der Kontinuität US-amerikanischer Politik, die NATO nach dem Epochenumbruch 1989/1991 bis an die Grenzen Russlands auszudehnen und Russland möglichst zu schwächen.
  • Er ist auch Folge verletzter nationaler und sicherheitspolitischer Interessen Russlands und einer unverhohlenen Großmachtpolitik der gegenwärtigen Führung im Moskau.
  • Der Krieg nährt sich von den mittlerweile (auch durch den Krieg selbst) geschürten ultranationalistischen und russlandfeindlichen Stimmungen in der Ukraine.
  • Er folgt der 2014 formulierten Position der Russischen Föderation, für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, die sich außerhalb der Russischen Föderation aufhalten, sorgen zu wollen.⁴

Der Ukraine-Krieg spiegelt, was in linken Diskursen meist sträflich vernachlässigt wird, auch die Hegemoniekämpfe der Großmächte des Westens untereinander wider, vor allem zwischen den USA und der BRD. »Die Wahrheit der Natur sieht so aus: Sie besteht aus der Achse Washington-London-Warschau-Kiew. Deutschland und Frankreich sind ihre Juniorpartner, mit ihrer vorherrschenden Stellung in Europa ist es vorbei.«⁵

Nach einem Jahr Krieg bestimmen die USA maßgeblich den Fortgang des Krieges. »Nach dem Leopard ist vor dem Tornado«, schrieb die FAZ vom 26. Januar 2023. Ist eine neue Aufrüstungs- bzw. Konfrontationslinie erreicht, zeichnet sich bereits die nächste ab. Kaum hatte die NATO am 25. Januar 2023 entschieden, die Ukraine mit mehreren hundert schweren Kampfpanzern von den Typen »Leopard 2«, »M1 Abrams« und »Challenger 2« auszurüsten, verlangt die Ukraine mehr. Von Kampfjets, Kriegsschiffen, U-Booten und Langstreckenraketen ist nun die Rede. So entsteht eine Spirale der Eskalation: Die Ukraine fordert von ihren Verbündeten Waffen bis zum Sieg – und die NATO-Staaten liefern.

Die Bundesregierung hat den Kurs der Eskalation trotz gewissen Zögerns bisher stets mitgetragen. Ob die jüngste Zusicherung des Bundeskanzlers, Kampfjets für die Ukraine werde es nicht geben, tatsächlich eine rote Haltelinie ist, werden die nächsten Wochen zeigen. Sein vieldeutiges Credo lautet bekanntlich, dass Putin »den Krieg nicht gewinnen, die Ukraine ihn nicht verlieren darf«. Getrieben von einer Allianz der NATO-Scharfmacher in Polen, England, den baltischen Staaten und den Leitmedien des Mainstreams folgte Scholz bisher immer den Vorstellungen der US-Administration.

Systemauseinandersetzung

Bekanntlich sprach er frühzeitig von einer »Zeitenwende«, die durch den Krieg entstanden sei. »Im Kern geht es um die Frage, ob Macht das Recht brechen darf.«⁶ In einem Papier von Außenpolitikern der SPD mit dem Titel »Antworten auf eine Welt im Umbruch« wird der Krieg Russlands gegen die Ukraine wahrheitswidrig bezeichnet als »bisher brutalste(r) Bruch mit Grundprinzipien der internationalen Ordnung, die nach dem Zweiten Weltkrieg mühsam errichtet wurde«.⁷

Hier findet Legendenbildung jenseits der zeitgeschichtlichen Zusammenhänge statt. Die wirklichen internationalen Konstellationen, die offensichtliche Demontage der US-Hegemonieansprüche, die tatsächlichen geschichtlichen Umbrüche in Europa bleiben außerhalb der Betrachtung. Vom NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999 wird ebensowenig gesprochen wie von den Kriegen im Irak, in Afghanistan oder Libyen sowie von der Wende hin zum Konfrontationskurs mit dem NATO-Gipfel 2008, als die USA unter George W. Bush sieben NATO-Aufnahmeanträge befürworteten, einschließlich den der Ukraine, und dann die Initiative Russlands unter Präsident Dmitri Medwedew für eine Sicherheitsallianz mit dem Westen ablehnten.

Die heutige Weltordnung entwickelte sich mit und nach dem Zusammenbruch des europäischen Realsozialismus 1989 bis 1991 sowie im Zuge der Hegemoniekrise der USA infolge der erfolgreichen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung der Volksrepublik China. Die Zeitenwende bzw. der Epochenumbruch erfolgten zu jener Zeit. Die Wende hin zur verschärften Konfrontation mit Russland und China fand vor allem in den Jahren 2008 ff. statt.

Zwei historisch dominante Abläufe bestimmen diese Zeitenwende bzw. diesen Epochenumbruch: Zum einen führen die USA einen Kampf gegen ihren ökonomischen Abstieg als Weltwirtschaftsmacht Nummer eins und den drohenden Verlust ihrer globalen Hegemonie. Sie haben deshalb seit einigen Jahren ganz offiziell China zum Hauptfeind erklärt. Als mächtige Atommacht und mit 860 Milliarden US-Dollar Rüstungsausgaben (2021), 13 Flugzeugträgern, 625 Militärbasen in aller Welt und gestützt auf die NATO sind sie jetzt und auf absehbare Zeit die bei weitem stärkste globale Militärmacht und verfügen nicht zuletzt dadurch über erhebliche politische Handlungsmöglichkeiten. Sanktionspolitik, Erpressung, Regimewechsel und Wirtschaftskriege kennzeichnen ihre Bereitschaft, die ihnen zur Verfügung stehenden wirtschaftlichen, politischen, geheimdienstlichen und militärischen Ressourcen einzusetzen. Das tun sie auch jetzt zum militärischen Vorteil der Ukraine gegen Russland.

Zum anderen ist die Volksrepublik China in der Systemauseinandersetzung wirtschaftlich klar auf der Überholspur. Zwischen 2020 und 2022 gewann China beim kaufkraftbereinigten Welt-BIP elf Prozentpunkte; die USA verloren vier Prozentpunkte. Seit Jahren meldet China Zehntausende Patente mehr als die USA jährlich an. Hinsichtlich ihrer Militärausgaben liegt China mit geschätzten 293 Milliarden US-Dollar (2021) deutlich hinter den USA. Nach dem Centre for Economic and Business Research wird China im Jahr 2028 die USA hinsichtlich des nominalen BIP eingeholt und im Jahr 2035 mit 35 Billionen Dollar überholt haben (USA: 26 Billionen).

Diese entstehende neue bipolare Weltlage, deren Ausprägung in den nächsten Jahrzehnten weitere große Veränderungen mit sich bringen wird, bestimmt die geschichtliche Einordnung des Ukraine-Krieges. Gewiss ist: Die Russische Föderation ist mit ihrem Angriff auf die Ukraine in eine von den USA und der NATO gestellte Falle gegangen. Russland ist zwar global nicht isoliert, wie im Westen immer dargestellt wird, aber doch außenpolitisch in einer eher defensiven Position. Geopolitische Konflikte, die mit einem Wechsel der Führungsmacht einhergehen, verliefen in der Weltgeschichte bislang oft entsprechend der »Thukydides-Falle«, d. h. sie korrelierten zumeist mit einem Krieg.⁸ Die Chance, sie durch friedliche Streitbeilegung abzumildern, sind geringer geworden. Auch die weiter vorangetriebene Hochrüstung der NATO-Staaten steht dem entgegen. US-Luftwaffengeneral Michael Minihan empfiehlt der US-Administration, sich für 2025 auf einen Krieg gegen China einzustellen.⁹

Politik gegen das Grundgesetz

Die hochexplosive Weltlage inmitten einer neuen Systemauseinandersetzung, mit der wir es zu tun haben, trifft auf eine verbreitete Unfähigkeit, die eingetretenen Gefahren für die Weltzivilisation zu erkennen. In der Bundesrepublik dominiert bei den Regierenden und den Leitmedien ein Bellizismus, der als »Friedenspolitik« camoufliert wird. In der Bevölkerung sind die Auffassungen über den Ukraine-Krieg gespalten.

Richtig ist: Das Völkerrecht kennt weder »militärische Spezialoperationen« und zulässige Präventivkriege noch ein Recht auf Krieg zum Schutz der eigenen Bürgerinnen und Bürger in einem anderen Staat. Die UN-Charta gewährleistet ein Recht auf Selbstverteidigung (Artikel 51), und sie orientiert darauf, den Frieden zu wahren. Artikel 51 der UN-Charta haben die USA weder in Vietnam, in Jugoslawien, im Irak noch in Afghanistan beachtet; Russland nun auch nicht.

 

Der Weg zu einem Friedensschluss in der Ukraine wird mittlerweile versperrt. Die Politik des Westens steht für eine Torpedierung von Verhandlungslösungen und für ein Anheizen des Krieges. Ukraine, USA und NATO verhalten sich so, als ob sich aus dem Recht auf Selbstverteidigung gegen Russland ein Recht auf Krieg gegen Russland bis zu dessen Ruin ergeben würde.

Die Regeln des Völkerrechts wie auch des Grundgesetzes aber besagen etwas anderes: Wenn ein Krieg ausgebrochen ist, so muss nach beider Recht alles getan werden, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Nach Präambel, Artikel 24 und 26 des Grundgesetzes besteht ein verfassungsrechtliches Friedensgebot für die Außenpolitik. Deutschland muss »das ihm Mögliche unternehmen, den innerstaatlich beeinflussbaren Ursachen künftiger Kriege umfassend zu begegnen«.¹⁰ Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, schreibt zu Recht: »Das Grundgesetz toleriert die Unterstützung einer Kriegspartei (…) nur dann, wenn diese geeignet ist, eine friedliche Lösung zu ermöglichen. Die Bundesrepublik ist deshalb in der Pflicht, der deutschen Bevölkerung zu erklären, innerhalb welcher Grenzen und mit welchem Ziel die Unterstützung der Ukraine erfolgt.«¹¹

Stellvertreterkrieg

Dem Krieg voraus ging eine langfristige Expansion von NATO und EU nach Osteuropa. Im Vorfeld des Krieges provozierte die Führung der Ukraine einen Bürgerkrieg. Der Beitritt zur NATO wurde vorbereitet. Er ist als Staatsziel sogar 2019 in die ukrainische Verfassung hineingeschrieben worden.

Im Maidan-Putsch stürzten die USA zusammen mit faschistischen und ultranationalistischen Kräften in der Ukraine am 21. Februar 2014 die mit Russland sympathisierende Regierung unter Wiktor Janukowitsch. Sie setzten eine Regierung ein, die den USA passte. Das Land rüstete erheblich auf. Der russischen Minderheit wurde das Recht auf ihre eigene Sprache genommen. Im Widerstand gegen diese Politik konstituierten sich im Donbass die »Volksrepubliken« Donezk und Lugansk. Es entwickelte sich in der Ukraine ein erbitterter Bürgerkrieg, der 10.500 Tote und 24.000 Verletzte forderte, darunter ca. 1.500 gefallene russische Soldaten, wobei die tatsächliche Zahl der Opfer höher liegt.¹² Das internationale Abkommen »Minsk II« vom Februar 2015 zur friedlichen Lösung dieses Konflikts war offenbar ein Täuschungsmanöver, um die Ukraine aufzurüsten und Russland zu provozieren.¹³

Die politische Führung der Ukraine unter Selenskij ist heute auf Kriegskurs. Ihre Interessen haben sich mit den globalen Interessen des US-Imperialismus verbunden. Eine parlamentarische bzw. politische Opposition existiert im Lande nicht mehr. Regierung, Staat und Kriegführung sind vom »Westen« abhängig – finanziell, militärisch und politisch: »Die Ukraine wird fremdfinanziert. Sie ist kein klassischer Staat mehr.«¹⁴

Seit dem Angriff Russlands hat die Ukraine (Stand Januar 2023) vom Westen unmittelbare Militärhilfe im Wert von 45 Milliarden Euro erhalten. Das entspricht 95 Prozent der gesamten Verteidigungsausgaben Russlands in einem Jahr. Die Gesamthilfe westlicher Länder an die Ukraine seit Beginn des Krieges beläuft sich auf etwa 140 Milliarden Euro. Das ist fast das Dreifache des gesamten Jahresbudgets des Landes in Höhe von 52 Milliarden Euro für das Jahr 2022. Hinzu kommt der Beistand durch Ausbildung ihrer Soldaten und durch Informationen der Geheimdienste der NATO-Staaten.

Im April 2022 stoppte die ukrainische Regierung nach Intervention des damaligen britischen Premiers Boris Johnson ihre Bereitschaft bei Verhandlungen, den Krieg zu beenden. Die NATO sicherte wenig später bei einem Spitzentreffen von 40 Staaten in der Air Base Ramstein der Ukraine zu, ihr im Krieg gegen Russland »beizustehen«. Damit waren die Weichen gestellt.

Zum Synonym für »Solidarität mit der Ukraine« wurde die Waffenbeschaffung. Der Krieg nahm vollends den Charakter eines Stellvertreterkrieges von USA/NATO gegen Russland an – »bis zum letzten Ukrainer«. »Wir führen heute eine Mission für die NATO durch, ohne ihr Blut zu vergießen«, meinte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow am 12. Januar 2023.¹⁵

Von Anfang an war der Ukraine-Krieg auch ein Wirtschaftskrieg gegen Russland. Er festigte die Vormachtstellung der USA gegenüber der EU und Deutschland. Die USA und die EU-Außenminister beschlossen am 25. Februar 2022 wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland, die dann neunmal erweitert wurden. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock frohlockte: »Das wird Russland ruinieren.«¹⁶ Am 10. Januar 2023 bekannten sich EU und USA in einer gemeinsamen Erklärung zur »strategischen Partnerschaft« und bekräftigten das »naturgegebene Recht der Ukraine, sich selbst zu verteidigen und ihr Schicksal selbst zu bestimmen«.¹⁷

Die eigentlichen Gewinner des Wirtschaftskrieges gegen Russland sind die USA. Die deutsche Wirtschaft verlor ihre stabile und kostengünstige energetische Basis, die Bevölkerung ihre preiswerte Strom- und Gasversorgung. Die wirtschaftliche Kooperation zwischen Deutschland und Russland ist nun längerfristig ausgeschlossen. Die deutsche Industrie muss sich neu strukturieren und scheidet weltpolitisch als wirtschaftlicher Konkurrent der USA aus.

Nach einem Jahr Ukraine-Krieg liegt das Gesetz des politischen Handelns zwar nicht in den Händen der USA. Aber Washington hat viele seiner wirtschaftlichen und politischen Interessen gegenüber seinen Konkurrenten durchsetzen und die EU-Staaten stärker disziplinieren können. Die USA bestimmen überwiegend, wie es mit der Eskalation im Stellvertreterkrieg gegen Russland weitergeht. Deutschland folgte dieser Politik entgegen den Geboten des Grundgesetzes bisher zuverlässig.

Linke wackelt als Friedenspartei

Dringender denn je ist gerade auch in Deutschland ein deutliches Nein gegen die von den Regierenden betriebene Hochrüstung und gegen durch Lieferung immer schwererer Waffen eskalierende Kriegsgefahr. »Deshalb sollten durch die Partei Die Linke die Lieferung von Angriffswaffen an die Ukraine und die Fortsetzung des Wirtschaftskrieges mit aller Klarheit und Überzeugungskraft verurteilt werden.«¹⁸

Es gehörte zu den Stärken der Linkspartei, dass sie in ihrem Programm die sich damals abzeichnende Konfrontationspolitik von USA und NATO richtig einschätzte und sich der wachsenden Kriegsgefahr entgegenstellen wollte. In den Abschnitten II und IV unter den Überschriften »Imperialismus und Krieg« sowie »Abrüstung, kollektive Sicherheit und gemeinsame Entwicklung«¹⁹ heißt es im Programm der Linkspartei von 2011: »Imperiale Kriege erwachsen aus Kämpfen um geopolitische Macht, um ökonomische, politische und kulturelle Vorherrschaft, um Profite, Märkte und Rohstoffe.« Verwiesen wird auf eine Weltlage, in der die »Hegemonie der USA als einzige nach der bipolaren Konfrontation verbliebene Supermacht (…) in Frage gestellt« ist und »Kriege, einschließlich präventiver Angriffskriege (…), den führenden Kräften der USA, der NATO und der EU wieder als taugliche Mittel der Politik« erschienen. Daraus wurden eine Reihe von Schlussfolgerungen für die Linkspartei als »Friedenspartei« gezogen: »Aufklärung über tiefere Zusammenhänge von Konfliktursachen«, »Zusammenarbeit mit Friedensbewegung und allen friedensorientierten Partnern« im Ringen um »strukturelle Gewaltprävention und für einen zivilen Konfliktaustrag« und »Auflösung der NATO und ihre Ersetzung durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands«.

Im ersten Jahr des Ukraine-Krieges war dies jedoch alles vergessen. Die Führung der Linkspartei erwies sich als unfähig, eine taugliche Einschätzung der Weltlage und eine überzeugende Handlungsorientierung im Friedenskampf zu geben. Sie fiel damit sogar weit hinter realistisch denkende und um den Frieden besorgte Militärs wie Harald Kujat und Oberst Jacques Baud aus der Schweiz zurück.

Auf ihrem Erfurter Parteitag vom 24. bis 26. Juni 2022 näherte sich die Partei dem Mainstream weiter an. Eine Sanktionspolitik wurde nicht mehr grundsätzlich abgelehnt. Auch faktische NATO-Versteher wie Klaus Lederer, Juliane Nagel, Bodo Ramelow und Katina Schubert gehörten nunmehr zur »pluralistischen Breite« der Partei. Gegen ­Sahra Wagenknecht, die am 8. September 2022 im Bundestag mit einer kraftvollen Rede den Irrsinn des Wirtschaftskrieges gegen Russland und dessen Auswirkungen auf Deutschland angeprangert hatte, wurde ein Shitstorm organisiert, was aber nicht richtig gelang.

Am 10. Dezember 2022 unterschrieb das gesamte Führungspersonal der Partei dann die »Leipziger Erklärung«²⁰, ein Dokument des Abschieds vom Erfurter Programm von 2011. Einen Monat später ruderte der Parteivorstand unter dem Druck einer anwachsenden Proteststimmung in der Partei wieder zurück und warnte vor einer »weiteren Eskalation des Krieges (…) mit nicht abschätzbaren Folgen«.²¹

Die Autoren der »Leipziger Erklärung« verurteilen den »völkerrechtswidrige(n) Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine« und bekennen sich zum »Selbstverteidigungsrecht der Ukraine«. Vom tatsächlichen Charakter des Krieges als Stellvertreterkrieg von USA und NATO gegen Russland sprechen sie nicht. Allerdings wenden sie sich zumindest gegen einen langen Abnutzungskrieg »mit verheerenden Folgen, immer mehr Waffen und der Gefahr einer weiteren gefährlichen Eskalation«. Plädiert wird für »Waffenstillstand und Friedensverhandlungen«, für eine »Rückkehr zur internationalen Kooperation« und für »weltweite Zusammenarbeit – auch mit China und Russland«.

Eine Kampfansage an USA, NATO und die Regierenden in Deutschland im Sinne ihres Programms ist das aber ebensowenig wie eine »tiefere Aufklärung« über »Imperialismus und Krieg« heute. Von einer »Auflösung der NATO« wird nicht mehr gesprochen. Dem entspricht der Unwille der Führung der Linkspartei, sich dem Friedensaufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer anzuschließen. Der entsprechende Druck auf die Parteiführung ist aber gewachsen, weil an der Basis für die Kundgebung am 25. Februar in Berlin umfangreich mobilisiert wird und immerhin rund 8.000 oppositionelle Parteimitglieder sowie Sympathisantinnen und Sympathisanten der Partei im Vorfeld des ersten Jahrestages des Kriegsbeginns den Parteivorstand und die linke Bundestagsfraktion aufgefordert haben, sich eindeutig und klar gegen jede deutsche Mitwirkung am Ukraine-Krieg zu positionieren: »Die Linke muss die friedenspolitischen Positionen ihres Erfurter Programms endlich wieder ernst nehmen, sonst gibt sie sich auf und ist nur noch ein Anhängsel des herrschenden Blocks.«²²

Anmerkungen

1 Vgl. Dietmar Bartsch, Deutscher Bundestag, stenographischer Bericht, 81. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Januar 2023, S. 9675

2 So jedenfalls Seymour Hersh: Mission erfüllt, in junge Welt vom 10.2.2023

3 Joachim Krause: Eskalationsphobie – eine deutsche Krankheit, FAZ vom 7.2.2023

4 Vgl. Militärdoktrin der Russischen Föderation (russ.). Moskau, Dezember 2014, Paragraph 22

5 Emmanuel Todd: In diesem Krieg geht es um Deutschland, Weltwoche vom 7.1.2023. weltwoche.ch/story/in-diesem-krieg-geht-es-um-deutschland/postcomments

6 Olaf Scholz: Regierungserklärung, Deutscher Bundestag, stenographscher Bericht. Berlin, Sonntag, den 27. Februar 2022, S. 1350

7 Sozialdemokratische Antworten auf eine Welt im Umbruch, SPD-Kommission »Internationale Politik«, Berlin, 20.1.2023, spd.de, S. 2

8 Der Begriff der Thukydides-Falle wurde vom US-amerikanischen Politikwissenschaftler Graham T. Allison geprägt. Er beschreibt damit anhand von 16 historischen Beispielen die Wahrscheinlichkeit eines Krieges, wenn eine aufstrebende Macht die bestehende Großmacht zu verdrängen droht. In drei Viertel aller Fälle war das bisher so. Der Begriff wird heute vor allem verwendet, um auf die Gefahr eines großen Krieges zwischen USA und China zu verweisen.

9 Vgl. Merkur.de, 29.1.2023

10 Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Band 2, Neuwied und Darmstadt 1984, S. 1501

11 Interview mit General a. D. h.arald Kujat, zeitgeschehen-im-fokus.ch/newspaper-ausgabe/nr-1-vom-18-januar-2023.html

12 Sabine Fischer: Der Donbass-Konflikt, Widerstreitende Narrative und Interessen, schwieriger Friedensprozess, in: Schriftenreihe des Instituts für Wirtschaft und Politik, Studie 3. Berlin, Februar 2019, S. 9

13 Angela Merkel erklärte Ende 2022 in einem Interview: »Das Abkommen 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben, um stärker zu werden, wie man heute sieht.« Die Zeit vom 30.11.2022

14 Emmanuel Todd: Interview, Weltwoche vom 7.1.2023

15 Interview am Abend des 12. Januar 2023 in: 1+1 Network’s TSN Channel

16 Merkur.de vom 26.2.2022

17 Gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO, 10. Januar 2023, Pressemitteilung, Brüssel, S. 1

18 Michael Brie: Was tun in Zeiten des Krieges?, ND-aktuell vom 28.12.2022

19 Vgl. Programm der Partei Die Linke, a. a. O., S. 19 und 46 f.

20 Leipziger Erklärung, Die Linke, 10. Dezember 2022

21 Stoppt den Krieg – keine »Leopard 2«-Panzer in die Ukraine, Die Linke, Beschluss 2023/328 des Parteivorstandes vom 14. Januar 2023

22 Linke gegen Krieg und Kriegsbeteiligung! Aufruf an den Parteivorstand und die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke vom 23. Januar 2023.

Quelle: junge welt v.21.02.2023/ AP Photo/LIBKOS, File

Apokalyptische Szenarien. Ukrainische Soldaten feuern mit Artilleriegeschützen auf russische Stellungen in der Nähe von Bachmut, November 2022

Friedensdemonstration in Berlin am 24.02.2023

https://youtu.be/ETt87V6yuZA

- 1 - 

Den Frieden gewinnen – nicht den Krieg! 

Rede anläßlich der Kundgebung der „Friedenskoordination Berlin – Netzwerk gegen den Krieg“ 

am Brandenburger Tor am 24. Februar 2023 

von Jürgen Rose 

Sehr geehrte Versammelte, liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde! 

Es ehrt Sie sehr, daß Sie heute, an jenem Tag, an dem vor einem Jahr das große Schlachten in 

der Ukraine seinen Lauf nahm, hier so zahlreich erschienen sind, um ein Zeichen zu setzen für den 

Frieden auf der Welt und gegen jenes barbarische Gemetzel. Denn es braucht durchaus Mut, um in 

diesen Zeiten allgegenwärtigen und allumfassenden Kriegs- und Sieggetrommels aufzustehen und 

die Stimme zu erheben gegen das massenhafte Morden auf den Schlachtfeldern im Osten Europas. 

Heute übersteigt die Zahl der willigen Koalitionäre, die sich unter Federführung der USA im 

Kampf gegen Rußland zusammengeschlossen haben, den Umfang der Anti-Hitler-Allianz im Widerstand gegen Nazi-Deutschland. Damals nannte man dies einen Weltkrieg, nämlich den Zweiten 

Weltkrieg – womit also haben wir es heutzutage im Hinblick auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine 

zu tun? Befinden wir uns nicht längst in einem Dritten Weltkrieg, den die gesamte NATO im Verein 

mit zahlreichen willigen Helfershelfern unter ebenso zynischer wie menschenverachtender Ausbeutung von Selbstbehauptungswillen und Opferbereitschaft der ukrainischen Männer und Frauen führt, 

gemäß der von der amtierenden Außenministerin Deutschlands propagierten, widerwärtigen Parole: 

„Wir werden Rußland ruinieren“? Und laufen diejenigen, die auf beiden Seiten der Front diesen mörderischen Krieg immer weiter eskalieren, nicht erhebliche Gefahr, daß dieser zuletzt in einer unkontrollierbaren nuklearen Konfrontation endet? 

Gemäß der dem Publikum von Politik und Massenmedien pausenlos eingehämmerten Darstellung handelt es sich bei dem Krieg in der Ukraine um einen glasklaren Angriffskrieg. Und ein solcher 

stellt laut dem Urteilsspruch des Nürnberger Kriegsverbrechertribunals von 1946 „das größte internationale Verbrechen [dar], das sich von anderen Kriegsverbrechen nur dadurch unterscheidet, daß es 

in sich alle Schrecken vereinigt und anhäuft“. Im Hinblick auf dieses Narrativ scheint mir äußerst bedeutsam, was ein höchst renommierter US-amerikanischer Historiker, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler zur Problematik der Entscheidung darüber, wer in einem Krieg denn jeweils als Angreifer 

und als Verteidiger zu gelten habe, geschrieben hat. Der Mann hieß Stefan T. Possony, war als 

österreichischer Jude nur knapp den Gestapo-Schergen Adolf Hitlers entkommen und diente nach 

einer spektakulären akademischen Karriere an US-amerikanischen Spitzenuniversitäten dem US[1]Präsidenten Ronald Reagan als Berater in Sachen Strategische Raketenabwehr (SDI) – ein knallharter erzkonservativer Falke und folglich keinesfalls ein „linker Pazifistenspinner“. Jener Professor Possony also merkte zur Problematik von Angriff und Verteidigung folgendes an: 

Jürgen Rose 

- 2 - 

„Bei der strategisch-politischen Beurteilung einer konkreten Situation ist es oft schwierig, Angriff 

von Verteidigung zu unterscheiden. … Der Befehl, einen vorliegenden Offensivplan durchzuführen, 

mag militärisch einen Angriff darstellen, die Offensive, selbst wenn es sich um einen bewaffneten 

Einzelfall handelt, mag jedoch strategisch-politisch rein defensiven Motiven entspringen. … Trotz der 

offensichtlichen Schwierigkeiten, die eine klare und rechtsverbindliche Definition ausschließen – es 

hängt eben alles von den Umständen ab –, läßt sich, theoretisch gesprochen, jene Regierung oder 

konspirative Gruppe als Angreifer kennzeichnen, die die Entscheidung trifft, Krieg zu führen, um die 

internationale Machtverteilung zugunsten der eigenen Seite zu verändern. Hingegen läßt sich die 

Regierung, die einen Krieg führt, um die eigene Schwächung oder Zerstörung oder eine wesentliche 

Veränderung der gegebenen internationalen Machtlage zu verhindern, als Verteidiger bezeichnen.“ 

Ganz ähnlich muß das vor mehr als fünfhundert Jahren schon einer der Gründerväter der Politischen Theorie, der italienische Philosoph und Machttheoretiker Niccolò Machiavelli gesehen haben, 

als er konstatierte: „Nicht wer zuerst zu den Waffen greift, ist der Anstifter des Unheils, sondern wer 

dazu nötigt.“ 

Wer in der Ukraine zuerst zu den Waffen gegriffen hat, steht scheinbar fest, obwohl die OSCE 

Special Monitoring Mission to Ukraine (SMM), die Beobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, vor einem Jahr gänzlich Anderes aus dem Donbass zu berichten hatte: Acht Tage vor dem Beginn des russischen Einmarsches hatten die ukrainischen Streitkräfte nämlich eine großangelegte Artillerieoffensive gegen die abtrünnigen Volksrepubliken begonnen, 

um diese mittels militärischer Gewalt zurückzuerobern, ganz so wie Präsident Selenskyj dies im März 

des Vorjahres bereits angeordnet hatte – unter grober Mißachtung des durch den Sicherheitsrat der 

Vereinten Nationen für völkerrechtlich verbindlich erklärten Minsker Abkommens, in dem unter anderem eine Autonomieregelung für den Donbass vereinbart worden war. Dem durch militärische Ge[1]waltanwendung verschuldeten Völkerrechtsbruch Rußlands ging der ebenso qua militärischer Ge[1]waltanwendung verübte Völkerrechtsbruch der Ukraine voraus! Diesen höchst bedeutsamen Um[1]stand verschweigen freilich unsere NATO-treuen Mainstream-Propagandamedien geflissentlich bis 

heute. 

Wer also sind jene Anstifter des Unheils, die zum Krieg in der Ukraine genötigt haben? Denn 

folgt man Machiavellis Erkenntnis, dann begeht nicht nur, wer einen Angriffskrieg beginnt, dieses laut 

Urteil von Nürnberg „größte internationale Verbrechen“, sondern auch derjenige, welcher einem der[1]artigen Verbrechen dadurch Vorschub leistet, daß er es unterläßt, alles Menschenmögliche zur Erhaltung des Friedens, also zur Verhinderung jenes Völkerrechtsverbrechen, zu tun. Auch friedensstörende Handlungen, die einen politischen Akteur zu einer kriegerischen Aggression zu provozieren 

geeignet sind, wie beispielsweise die skrupellose Ausdehnung eines Militärbündnisses unter ignoranter Vernachlässigung von Sicherheitsinteressen anderer Staaten, die einseitige Aufkündigung essen-

Jürgen Rose 

- 3 - 

tieller Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträge, die völkerrechtswidrige Intervention in die von der 

Satzung der Vereinten Nationen geschützten inneren Angelegenheiten souveräner Staaten oder sicherheitsdestabilisierende, maßlose Aufrüstungsmaßnahmen konstituieren (regierungs-)kriminelle 

Akte. 

Um uns der Beantwortung der Frage nach den Anstiftern des Unheils in der Ukraine anzunähern, werden wir, um dem Vorwurf vorzubeugen, wir wären „Rußland-“ oder – horribile dictu – gar 

„Putin-Versteher“, nachfolgend ausschließlich Kronzeugen heranziehen, die über einen derartigen 

Verdacht vollkommen erhaben sind. 

Als ersten solchen Kronzeugen rufe ich den ehemaligen US-Botschafter in der Sowjetunion und 

Direktor für europäische Angelegenheiten im Nationalen Sicherheitsrat der USA, Jack F. Matlock, 

auf. Dieser konstatiert im Hinblick auf die vielbeschworene „regelbasierte Weltordnung“: „Aber es war 

der Westen, der damit begonnen hat, dieselben internationalen Regeln zu brechen, als die Nato wegen Kosovo Serbien bombardiert hat. Unsere zweite Verletzung der Schlußakte von Helsinki – wonach Grenzen nur veränderbar sind, wenn beide Seiten zustimmen – war, als wir die Unabhängigkeit 

von Kosovo akzeptiert haben. Putin sagt: Ihr habt den Präzedenzfall geschaffen. Jetzt verletze ich 

die Regeln. Das müssen wir berücksichtigen, wenn wir über Legalität reden. So zu tun, als ob Rußland etwas Einzigartiges täte und Rußland zu einem besonderen Ausgestoßenen zu machen, ist un[1]fair.“ Und weiterhin führt Matlock aus: „2008 entschied die Nato, die Ukraine auf eine Spur zur Mitgliedschaft zu setzen. Ein in seinem Inneren tief gespaltenes Land, direkt vor Rußlands Türe. Das alles waren sehr dumme Schachzüge des Westens. Heute haben wir die Reaktion darauf. Wenn China 

anfangen würde, eine Militärallianz mit Kanada und Mexiko zu organisieren, würden die USA das 

nicht tolerieren. Wir würden uns auch nicht auf abstrakte Prinzipien von internationalem Recht beschränken lassen. Wir würden das verhindern. Mit jedem Mittel, das wir haben. Jedes Land, das die 

Macht dazu hat, würde das tun. (…) Putin handelt so, wie jeder russische politische Verantwortliche 

unter diesen Umständen handeln würde.“ 

Bei meinem zweiten Kronzeugen handelt es sich um den ehemaligen Verteidigungsminister und 

Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Helmut Schmidt. Der in der Wolle gefärbte Transatlantiker, der wegen seines unbeirrten Festhaltens am Beschluß der NATO zur nuklearen Nachrüstung sein Amt verloren hatte, gab im August 1993 zu Protokoll: „Wenn ich ein sowjetischer Marschall wäre oder ein Oberst, würde ich die Ausdehnung der Nato-Grenzen, erst von der Elbe bis an 

die Oder und dann über die Weichsel hinaus bis an die polnische Ostgrenze, für eine Provokation 

und eine Bedrohung des Heiligen Russland halten. Und dagegen würde ich mich wehren. Und wenn 

ich mich heute dagegen nicht wehren kann, werde ich mir vornehmen, diese morgen zu Fall zu bringen.“ Mir scheint, daß Helmut Schmidt seinen Possony gelesen hatte. 

Jürgen Rose 

- 4 - 

Als letzten in meiner Reihe von Kronzeugen möchte ich Papst Franziskus zu Wort kommen lassen, der sich in einem Interview zum Ukrainekrieg geäußert hat. Dort sagte er: „Um diese Frage 

[nach dem Angriffskrieg] zu beantworten, müssen wir uns von dem üblichen Schema des „Rotkäppchens“ lösen: Rotkäppchen war gut, und der Wolf war der Bösewicht. Hier gibt es keine metaphysisch Guten und Bösen auf abstrakte Art und Weise. … Die NATO-Staaten bellen vor den Toren 

Rußlands und sie verstehen nicht, daß die Russen imperial sind und keiner fremden Macht erlauben, 

sich ihnen zu nähern … Die Situation könnte zu einem Krieg führen. … Aber die Gefahr ist, daß wir 

nur das sehen, was ungeheuerlich ist, und nicht das ganze Drama sehen, das sich hinter diesem 

Krieg abspielt, der vielleicht in gewisser Weise entweder provoziert oder nicht verhindert wurde. Und 

ich registriere das Interesse am Testen und Verkaufen von Waffen. Das ist sehr traurig, aber darum 

geht es ja offensichtlich. …Ich bin einfach dagegen, die Komplexität auf die Unterscheidung zwischen Guten und Bösen zu reduzieren, ohne über die Wurzeln und Interessen nachzudenken, die 

sehr komplex sind.“ 

Da an dieser Stelle nunmehr Klarheit darüber besteht, wer das Unheil in der Ukraine angestiftet 

hat, steht zugleich fest, an wen sich die Forderung nach einer umgehenden Beendigung des Krieges 

und einer Friedensregelung auf diplomatischem Wege zu richten hat: nämlich zuvörderst an die 

NATO-Kriegstreiber in Washington, Brüssel, London und Warschau. 

Genau dies hat jüngst Deutschlands berühmtester lebender Philosoph, Jürgen Habermas, getan, als er erklärte: „Mir geht es um den vorbeugenden Charakter von rechtzeitigen Verhandlungen, 

die verhindern, dass ein langer Krieg noch mehr Menschenleben und Zerstörungen fordert und uns 

am Ende vor eine ausweglose Wahl stellt: entweder aktiv in den Krieg einzugreifen oder, um nicht 

den ersten Weltkrieg unter nuklear bewaffneten Mächten auszulösen, die Ukraine ihrem Schicksal zu 

überlassen.“ 

Für derartige diplomatische Initiativen liegen ernsthafte und ernstzunehmende Vorschläge 

schon längst auf dem Tisch. So hat beispielsweise schon im Sommer letzten Jahres die UNStudiengruppe „Wissenschaft und Ethik des Glücks“, Frieden und Gerechtigkeit“ in ihrer „Erklärung 

Frieden und Gerechtigkeit“ eine Reihe von „Eckpunkten für einen Waffenstillstand und ein positives 

Friedensabkommen“ formuliert. Diese lauten: 

(1) Neutralität der Ukraine, d.h. Verzicht auf die nationalen Ambitionen, der NATO beizutreten, 

bei gleichzeitiger Anerkennung der Freiheit der Ukraine, Abkommen mit der Europäischen Union und 

anderen zu schließen; 

(2) Sicherheitsgarantien für die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität der 

Ukraine, die von den P-5-Mitgliedern der Vereinten Nationen (China, Frankreich, Rußland, Vereinigtes Königreich und Vereinigte Staaten) sowie der Europäischen Union und der Türkei gegeben wer-

Jürgen Rose 

- 5 - 

den, was militärische Transparenz und Beschränkungen der militärischen Stationierung und groß an[1]gelegter Übungen in Grenzgebieten unter internationaler Beobachtung in Verbindung mit der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen beinhalten könnte; 

(3) Russische De-facto-Kontrolle der Krim für einen Zeitraum von mehreren Jahren, nach dem 

die Parteien auf diplomatischem Wege eine dauerhafte De-jure-Regelung anstreben würden, die einen erleichterten Zugang der lokalen Gemeinschaften sowohl zur Ukraine als auch zu Rußland, eine 

liberale Grenzübergangspolitik für Personen und Handel, die Stationierung der russischen Schwarz[1]meerflotte und finanzielle Entschädigungen umfassen könnte; 

(4) Autonomie der Regionen Lugansk und Donezk innerhalb der Ukraine, die wirtschaftliche, politische und kulturelle Aspekte umfassen könnte, die innerhalb kurzer Zeit näher zu bestimmen sind; 

(5) Garantierter kommerzieller Zugang sowohl der Ukraine als auch Rußlands zu den 

Schwarzmeerhäfen der beiden Länder; 

(6) Die schrittweise Aufhebung der westlichen Sanktionen gegen Rußland in Verbindung mit 

dem Rückzug des russischen Militärs gemäß der Vereinbarung; 

(7) Ein multilateraler Fonds für den Wiederaufbau und die Entwicklung der vom Krieg zerstörten 

Regionen der Ukraine – an dem sich auch Rußland beteiligt – und sofortiger Zugang für humanitäre 

Hilfe; 

(8) eine Resolution des UN-Sicherheitsrates zur Schaffung internationaler Überwachungsmechanismen zur Unterstützung des Friedensabkommens (…). 

Leider geben jedoch die ebenso verantwortungslosen wie hanebüchenen Begründungen zu 

uferlosen Waffen- und Munitionslieferungen im Verlauf des NATO-Warlord-Treffens in München vom 

17.ꟷ19. Februar 2023 keinerlei Anlaß zu irgendwelchen Hoffnungen auf Umsetzung einer derartigen 

Friedensregelung, denn die Kriegstreiber und -hetzer der NATO lassen keinerlei Bereitschaft erkennen, mit der russischen Regierung überhaupt nur zu reden, während sie Rußland im selben Atemzug 

fehlende Verhandlungsbereitschaft vorhalten – so funktioniert Kriegspropaganda. 

Angesichts dieser fatalen Lage steht umso mehr eine breite zivilgesellschaftliche Friedensbewegung in der Pflicht, ihren Protest gegen die bellizistische Enthemmung zu artikulieren. Wie schon 

zu Zeiten des verbrecherischen Krieges der USA in Vietnam und wie in Zeiten einer maßlosen nuklearen Hochrüstung in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts muß es wieder heißen: 

„Aufstehen für den Frieden“, „Schwerter zu Pflugscharen“ und „Frieden schaffen mit weniger – oder 

besser noch – ganz ohne Waffen!“

Jürgen Rose ist Oberstleutnant der Bundeswehr a.D. und Vorsitzender des Förderkreises ‚Darmstädter Signal‘, der den gleichnamigen Arbeitskreis kritischer StaatsbürgerInnen in Uniform unterstützt.

Quelle: Darmstädter Signal; Friedenskooperative Berlin (FRIKO) 24.02.2023

Entlarvung der Kriegstreiber

Aus: Ausgabe vom 18.02.2023, Seite 1 / Titel

MÜNCHNER »SICHERHEITSKONFERENZ«

NATO, schleich di!

Vor der Tür Protest – und statt Siegesfeier: Feind im Haus

Von Arnold Schölzel

 

Die 59. Ausgabe der Münchner »Sicherheitskonferenz« (MSC) hätte so schön sein können: Die westliche Panzer-, Raketen- und Generalslobby, kurz militärisch-industrieller Komplex (MIK) genannt, begießt drei Tage lang den eigenen permanenten Amoklauf, MSC-Chef Christoph Heusgen (2021: »Viele Staaten können es sich eben nicht erlauben, sich mit China oder auch Russland anzulegen. Wir können das.«) verkündet den »Endsieg«, Joseph Biden lässt durch seine Vize­präsidentin Kamala Harris nachfragen, um was es geht, bevor er das nächste unbekannte Flugobjekt abschießen lässt, der peinlichste »Adabei« der Republik, Joachim Gauck, belästigt wegen Abwesenheit keinen mehr, und schließlich erweicht Führungskanzler Olaf Scholz »Lula«, und der Brasilianer liefert Wolodimir Selenskij die gewünschten »Gepard«-Geschosse.

Statt dessen: Streik am Flughafen und Unbill. Dpa meldet zwar, dass »Kapazitäten und Fähigkeiten westlicher Rüstungsunternehmen absehbar bis Sonntag auch Thema« auf der MSC sein werden – das »auch« als kleiner Scherz –, aber die »Leopard«-Schmiede KMW meckert: zuwenig Aufträge. Heusgen schwillt bei der Eröffnung die Brust im Rausch: Er hat nicht nur den Russen schon am Boden, sondern sieht sich in einem »Kampf, um die weltweite Ordnung zu schützen«. Aber Scholz fällt ihm in den Rücken und gibt preis: »Nicht unsere Waffenlieferungen sind es, die den Krieg verlängern.« Entsetzen. Was wird mit der »weltweiten Ordnung«, wenn der Krieg verkürzt wird oder gar aufhört? Will der Soze wirklich nichts bestellen? Den MIK-Leuten bleibt nur, sich zu betrinken. Das MSC-Budget reicht gerade. Heusgens Vorgänger Wolfgang Ischinger hat’s im Handelsblatt ausgeplaudert: Bayern, Bund und Bosch-Stiftung stiften zusammen mit anderen ein »Jahresbudget von mehr als zehn Millionen Euro«.

 

Und dann das noch: Lula schickt seinen Außenminister Mauro Vieira. Der bleibt beim Nein zur Munitionslieferung und versteigt sich zu: »Anstatt am Krieg teilzunehmen, sprechen wir lieber über Frieden.« Eindeutig der Vertreter eines Schurkenstaates. Und am Sonnabend kommt Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi – schlimmer als Russland und Iran zusammen. Die MSC-Welt sah schon mal harmonischer aus.

 

Quelle: junge Welt v.18.02.2023/ Shutterstock/Montage: jW

 

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 18.02.2023, Seite 8 / Ansichten

KOMMENTAR

Für Frieden auf die Straße!

Kriegstreibern Kontra geben. Gastkommentar

Von Sahra Wagenknecht

 

Die Atomkriegsuhr steht auf 90 Sekunden vor Mitternacht – so dicht an einer Apokalypse waren wir nie zuvor. Selbst der Exvorsitzende der deutschen »Sicherheitskonferenz«, Ischinger, hat am Freitag gemeinsam mit hochrangigen Politikern vor der Gefahr gewarnt, »dass in einem Moment der Krise eine schreckliche Entscheidung zum Einsatz von Atomwaffen getroffen wird«. Spielen auch diese Leute mit den Ängsten der Bevölkerung, um die Unterstützung des Westens für die Ukraine zu untergraben, wie es ein angeblicher »Faktenfinder« der »Tagesschau« den Initiatoren des »Manifests für Frieden« unterstellt?

Derselbe Faktenfinder sieht auch keinerlei Anzeichen, dass Russland an Verhandlungen überhaupt inter­essiert ist. Dabei gab es im März bereits Friedensverhandlungen, die nach übereinstimmender Aussage des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Bennett und des türkischen Außenministers Cavusoglu nicht an mangelnder Kompromissbereitschaft Putins, sondern an der Intervention der britischen und US-Regierung gescheitert sind.

Panzer bringen keinen Frieden, wir brauchen Diplomatie statt Waffen – mit dieser Forderung treffen wir einen Nerv. Das zeigen eine halbe Million Unterschriften für das »Manifest für Frieden« in nur einer Woche. Das zeigen auch die gereizten Reaktionen in etablierten Medien: Naiv und zynisch sei das Manifest, unmoralisch und gefährlich ihre Initiatoren, welche angeblich Putin in die Hände spielen und sich über Beifall und Unterstützung von rechts freuen.

 

Aber sind nicht jene naiv, die von einem raschen militärischen Sieg der Ukraine träumen? Handeln nicht all jene zynisch, welche die ukrainische Führung mit Waffenhilfe ermuntern, weitere Soldaten in einem Krieg zu verheizen – wohl wissend, dass die Ukraine auch mit ein paar Dutzend westlichen Panzern keinen Sieg erringen kann? Spielt es nicht Putins Propaganda in die Hände, wenn nun fast ausschließlich Deutschland moderne »Leopard 2«-Panzer liefert, was in Russland schreckliche Erinnerungen wecken dürfte? Und sind nicht jene irre gefährlich, die für einen Sieg der Ukraine einen Kriegseintritt der NATO erwägen? Wer reitet voller Schadenfreude darauf herum, dass auch der AfD-Chef Chrupalla das »Manifest für Frieden« online unterzeichnet hat – und verliert kaum ein Wort über die Erstunterzeichner des Manifests aus dem Spektrum von SPD, Union oder Grünen? Und wen stärkt man, indem man populäre Forderungen nach Frieden und Diplomatie als AfD-nah diffamiert?

Lassen wir uns nicht beirren vom »bellizistischen Tenor einer geballten veröffentlichten Meinung«, wie ihn Habermas bezeichnet hat. Lassen wir nicht länger zu, dass unsere Forderungen oder Aktionen von rechts gekapert werden. Lassen wir uns nicht länger spalten, sondern setzen wir gemeinsam am 25. Februar vor dem Brandenburger Tor ein starkes Signal: gegen die Lieferung deutscher Panzer in die Ukraine und für einen sofortigen Waffenstillstand, für Diplomatie und Frieden!

Quelle: junge Welt v.18.02.2023/ IMAGO/IPON

Sahra Wagenknecht (Die Linke) ist Abgeordnete im Bundestag

Kampf für den Frieden

Heute ist der 352. Kriegstag in der Ukraine (10.2.2023). Über 200.000 Soldaten und 50.000 Zivilisten wurden bisher getötet. Frauen wurden vergewaltigt, Kinder verängstigt, ein ganzes Volk traumatisiert. Wenn die Kämpfe so weitergehen, ist die Ukraine bald ein entvölkertes, zerstörtes Land. Und auch viele Menschen in ganz Europa haben Angst vor einer Ausweitung des Krieges. Sie fürchten um ihre und die Zukunft ihrer Kinder.

Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität. Aber was wäre jetzt solidarisch? Wie lange noch soll auf dem Schlachtfeld Ukraine gekämpft und gestorben werden? Und was ist jetzt, ein Jahr danach, eigentlich das Ziel dieses Krieges? Die deutsche Außenministerin sprach jüngst davon, dass „wir“ einen „Krieg gegen Russland“ führen. Im Ernst?

Präsident Selenskyj macht aus seinem Ziel kein Geheimnis. Nach den zugesagten Panzern fordert er jetzt auch Kampfjets, Langstreckenraketen und Kriegsschiffe – um Russland auf ganzer Linie zu besiegen? Noch versichert der deutsche Kanzler, er wolle weder Kampfjets noch „Bodentruppen“ senden. Doch wie viele „rote Linien“ wurden in den letzten Monaten schon überschritten?

Es ist zu befürchten, dass Putin spätestens bei einem Angriff auf die Krim zu einem maximalen Gegenschlag ausholt. Geraten wir dann unaufhaltsam auf eine Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg? Es wäre nicht der erste große Krieg, der so begonnen hat. Aber es wäre vielleicht der letzte.

Die Ukraine kann zwar – unterstützt durch den Westen – einzelne Schlachten gewinnen. Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen. Das sagt auch der höchste Militär der USA, General Milley. Er spricht von einer Pattsituation, in der keine Seite militärisch siegen und der Krieg nur am Verhandlungstisch beendet werden kann. Warum dann nicht jetzt? Sofort!

Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören!

Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen und ihn an seinen Schwur erinnern: „Schaden vom deutschen Volk wenden“.

Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen. Jetzt! Denn jeder verlorene Tag kostet bis zu 1.000 weitere Menschenleben – und bringt uns einem 3. Weltkrieg näher.

Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht

 

DIE 69 ERSTUNTERZEICHNERiNNEN

Dr. Franz Alt Journalist und Bigi Alt • Christian Baron Schriftsteller • Franziska Becker Cartoonistin • Dr. Thilo Bode Foodwatch-Gründer • Prof. Dr. Peter Brandt Historiker • Rainer Braun Internationales Friedensbüro (IPB) • Andrea Breth ­Regisseurin • Dr. Ulrich Brinkmann Soziologe • Prof. Dr. Christoph Butterwegge Armutsforscher • Dr. Angelika Claußen IPPNW Vize-Präsidentin Europa • Daniela Dahn Publizistin • Rudolf Dressler Ex-Staatssekretär (SPD) •  Anna Dünnebier Autorin •­ Eugen Drewermann Theologe • Petra Erler Geschäftsführerin (SPD) • Valie Export Künstlerin • Bettina Flitner ­Fotografin und Autorin • Justus Frantz Dirigent und Pianist • Holger Friedrich Verleger ­Berliner ­Zeitung • Katharina Fritsch Künstlerin • Prof. Dr. Hajo Funke Politikwissenschaftler • Dr. Peter Gauweiler Rechtsanwalt  (CSU) • Jürgen Grässlin Dt. Friedensgesellschaft • ­Wolfgang Grupp Unternehmer • Prof. Dr. Ulrike Guérot Politikwissenschaftlerin • ­Gottfried ­Helnwein Künstler • Hannelore Hippe Schriftstellerin • Henry Hübchen Schauspieler • ­Wolfgang ­Hummel Jurist • Otto Jäckel Vorstand IALANA • Dr. Dirk Jörke Politikwissenschaftler • Dr. ­Margot Käßmann Theologin • Corinna Kirchhoff Schauspielerin • Uwe Kockisch Schauspieler • Prof. Dr. Matthias Kreck Mathematiker • Oskar Lafontaine Ex-Minister­präsident • Markus Lüpertz Künstler • Detlef Malchow Kaufmann • Gisela Marx Journalistin • Prof. Dr. ­Rainer Mausfeld ­Psychologe • Roland May Regisseur • Maria Mesrian Theologin • Reinhard Mey Musiker und Hella Mey • Prof. Dr. Klaus Moegling ­Politikwissenschaftler • Michael Müller Vorsitzender NaturFreunde • Franz Nadler Connection e. V. • Dr. ­Christof ­Ostheimer ver.di-Vorsitzender Neumünster • Dr. Tanja Paulitz Soziologin • Romani Rose Vors. Zentralrat Deutscher Sinti und Roma • Eugen Ruge Schriftsteller • Helke Sander ­Filmemacherin • Michael von der Schulenburg ­UN-Diplomat a.D. • Hanna Schygulla Schauspielerin • Martin Sonneborn Journalist (Die Partei) • Jutta Speidel Schauspielerin • Dr. Hans-C. von Sponeck Beigeordneter ­UN-Generalsekretär a.D. • Prof. Dr. Wolfgang Streeck Soziologe und Politikwissenschaftler • Katharina Thalbach Schauspielerin • Dr. Jürgen Todenhöfer Politiker • Prof. Gerhard Trabert Sozial­mediziner • Bernhard ­Trautvetter Friedensratschlag • Dr. Erich Vad Brigade­general a.D. • Prof. Dr. Johannes Varwick Politikwissenschaftler • ­Günter Verheugen Ex-Vizepräsident EU-Kommission • Dr. Antje Vollmer Theologin (Die Grünen) • Prof. Dr. Peter Weibel Kunst- und ­Medientheoretiker • Nathalie Weidenfeld Schriftstellerin • ­Hans-Eckardt Wenzel ­Liedermacher • Dr. Theodor Ziegler Religionspädagoge


 

Eine Kundgebung am 25. Februar, um 14 Uhr am Brandenburger Tor haben Alice Schwarzer und Sahra Wagennecht zusammen mit Brigade-General a.D. Erich Vad organisiert. Kommt alle!

https://deref-web.de/mail/client/C_oIFBNcThQ/dereferrer/?redirectUrl=https%3A%2F%2Fwww.change.org%2Fp%2Fmanifest-f%C3%BCr-frieden

 

 

Quelle: Petition für den Frieden von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht

 

Kampf für den Frieden - Nato auflösen

Aufruf zu Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz in München

Verhandeln statt Schießen – Abrüsten statt Aufrüsten

Demonstration Samstag, 18. Februar 2023

Wir mobilisieren gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz (SIKO), die vom 17. bis 19. Februar 2023 in München stattfindet. Dort treffen sich Staats- und Regierungschefs sowie Politiker*innen mit Spitzenmilitärs, mit Vertreter*innen von Großkonzernen und der Rüstungsindustrie.[01] Die NATO-Staaten geben dort den Ton an.[02] Ihnen geht es um die Sicherung der strategischen Vormachtstellung westlicher kapitalistischer Staaten und ihrer Konzerne,[03] nicht um die Sicherheit der Menschen, weder hier noch anderswo auf der Welt. Die SIKO dient vor allem dazu, sich über eine gemeinsame Strategie der NATO-Staaten gegen die Rivalen Russland und VR-China zu verständigen.[04] Vor allem aber soll die Aufrüstung der NATO vorangetrieben und gerechtfertigt werden.
 

Gegen jeden Krieg

Im Gegensatz zu unseren Regierungen, die die Kriege der NATO-Staaten gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen etc. gerechtfertigt und unterstützt haben, treten wir kompromisslos gegen jede Anwendung militärischer Gewalt gegen andere Länder ein. Deshalb verurteilen wir den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit verbundene Annexion ukrainischen Territoriums. Der Krieg hat bereits zu zehntausenden Toten und Verletzten,[05] zu ungeheuren Zerstörungen und Millionen Geflüchteten geführt.[06] Dieser Krieg droht immer weiter zu eskalieren und kann in einer Katastrophe mit dem Einsatz von Atomwaffen enden.

Zur Vorgeschichte gehört: 2014 hatten die Verwaltungsbezirke Donezk und Lugansk im Donbas ihre Unabhängigkeit erklärt, weil sie den auf die Maidan-Proteste folgenden rechten Putsch nicht mitmachen wollten.[07] Seitdem versucht die ukrainische Regierung, diese Gebiete mit militärischer Gewalt zurückzuerobern.[08] Zur Vorgeschichte gehört insbesondere die massiv vorangetriebene NATO-Osterweiterung,[09] die Aufkündigung aller gemeinsamer Rüstungsbegrenzungsabkommen durch die USA[10][11] und die beabsichtigte Aufnahme der Ukraine in die NATO.[12][13] Das alles wurde von Russland als zunehmende Bedrohung wahrgenommen.[14] Von Russland geforderte Sicherheitsgarantien wurden von der NATO rundweg abgelehnt.[15] Dieser von uns seit Jahren kritisierte Konfrontationskurs[16] rechtfertigt auf keinen Fall den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.
 

Der Krieg in der Ukraine muss beendet werden.

Wir treten ein:

  • Für einen sofortigen Waffenstillstand und für Verhandlungen!
    Die einzige Alternative zum Krieg ist eine Verhandlungslösung.
    Immer mehr westliche Waffenlieferungen beenden nicht den Krieg, ebenso wenig wie die Fortsetzung der Kriegshandlungen Russlands.
  • Für gegenseitige Sicherheitsgarantien für Russland und die Ukraine
    Ein Beitritt der Ukraine in die NATO muss ausgeschlossen werden und Russland muss die territoriale Unversehrtheit und Souveränität der Ukraine garantieren.
  • Für die Beendigung aller Wirtschaftssanktionen
    Sie sorgen vor allem im Globalen Süden, aber auch in Europa und Russland für Armut, Hunger und Tod, während die Kriegstreiber meist unversehrt bleiben.
  • Wir sind solidarisch mit den Friedenskräften, den Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren in Russland und der Ukraine.

 

Stoppt die Aufrüstung Deutschlands und der NATO

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine dient jetzt als Vorwand für ein gigantisches, seit langem geplantes Aufrüstungsprogramm.[17] Die Militärausgaben Deutschlands sollen in den kommenden Jahren, zusammen mit dem jährlichen Anteil aus dem 100 Mrd. „Sondervermögen“ zur Aufrüstung der Bundeswehr, von 50,3 auf rund 70 bis 80 Mrd. Euro jährlich ansteigen. Deutschland katapultiert sich damit auf den dritten Platz bei den weltweiten Rüstungsausgaben.[18]
 

Wir treten ein für Abrüstung und eine Politik der Entspannung

Wir fordern:

  • Statt Milliarden für die klimaschädliche Aufrüstung, Investitionen in den Klimaschutz, die UN-Flüchtlings- und Welthungerhilfe, in die Sozialsysteme, das öffentliche Verkehrs- und Gesundheitswesen in Bildung und Kultur.
  • Für die Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr, den Austritt Deutschlands aus dem NATO-Kriegsbündnis und allen Militärstrukturen der EU
  • Keine Anschaffung von bewaffneten Drohnen
  • Keine US-Kampfflugzeuge für den Einsatz der in Deutschland stationierten Atomwaffen
  • Schluss mit der deutschen Beihilfe zu völkerrechtswidrigen Angriffskriegen und zum illegalen Drohnenkrieg, der über die US-Airbase Ramstein geführt wird.
  • Für die Schließung aller US-Truppenstützpunkte und aller Kommandozentralen der USA und NATO in Deutschland
  • Schluss mit der deutschen Beteiligung an der Atomkriegsstrategie der USA durch die sog. Nukleare Teilhabe. Die Bundesregierung muss dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten und die Stationierung der US-Atomwaffen in Büchel aufkündigen.

 

Deutsche Rüstungsexporte verbieten

Deutschland liegt bei den Rüstungsexporten weltweit auf dem skandalösen vierten Rang.[19][20] Kunden deutscher Waffenlieferanten sind diktatorische und kriegführende Staaten. Dazu gehört die Türkei, die einen blutigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung führt und völkerrechtswidrig nordsyrische Gebiete besetzt und bombardiert, um das demokratische, emanzipatorische Projekt in Rojava zu zerschlagen.[21] Beliefert wird auch Saudi-Arabien für seine brutalen Angriffe gegen den Jemen.[22]

  • Die todbringenden Geschäfte der Waffenhändler und Kriegsprofiteure müssen unterbunden werden, ebenso die Lizenzvergabe und die Verlagerung der Rüstungsproduktion ins Ausland.

 

Internationale Zusammenarbeit statt Konfrontation

Weltweit haben die Militärausgaben inzwischen die astronomische Summe von 2.100 Mrd. Dollar erreicht.[23] Davon entfallen allein 1.190 Mrd. Dollar auf die NATO-Staaten.[24] Das sind 18-mal so viel wie die Ausgaben Russlands und 4-mal so viel wie die Chinas. Ein Bruchteil dieser Milliarden würde ausreichen, um den weltweiten Hunger zu beenden,[25] allen Menschen medizinische Versorgung und den Zugang zu Bildung zu ermöglichen.
Die gegenwärtigen und zukünftigen Krisen können nicht mit immer größeren Waffenarsenalen, nicht durch kapitalistische Konkurrenz und nicht durch Großmachtrivalität gelöst werden, sondern nur durch internationale Kooperation.[26]
Um die größte Herausforderung unserer Zeit, die Klimakatastrophe aufzuhalten, sind internationale Kooperation und Investitionen in Billionenhöhe nötig.[27] Doch selbst die völlig unzureichenden Reparationszahlungen an die armen Länder des Südens für Klimaschäden werden nicht eingehalten.[28]

  • Schluss mit der ökonomisch und militärisch erzwungenen Ausbeutung des globalen Südens!

 

Fluchtgründe beseitigen statt Flüchtende bekämpfen

Kriege, Klimawandel, Armut, politische Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen treiben Millionen Menschen zur Flucht.[29] Nur wenige von ihnen erhalten in Deutschland Schutz.[30] Die Bundesregierung ist für die meisten dieser Fluchtgründe mitverantwortlich. Ungerechte Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, Sanktionen und Krieg zerstören die Lebensgrundlagen in den Ländern des Globalen Südens.[31] Doch Deutschland und die EU schotten sich ab, treiben Flüchtende unter Missachtung der Menschenrechte illegal zurück[32] und lassen jedes Jahr Tausende im Mittelmeer ertrinken.[33] Damit finden wir uns nicht ab.

  • Schluss mit dieser zerstörerischen Politik!

Unsere Solidarität gehört allen Flüchtenden. Wir begrüßen die unkomplizierte Aufnahme der Menschen, die aus der Ukraine flüchten, fordern dies aber auch für alle anderen, die aus ihren Heimatländern fliehen müssen.[34]

  • Frontex abschaffen, die Bekämpfung von Geflüchteten beenden! Kein Mensch ist illegal!

 
Geht mit uns auf die Straße für Abrüstung und gegen Kriegsvorbereitung, für weltweite soziale Gerechtigkeit, für Solidarität mit den Flüchtenden und für einen demokratischen, sozialen und ökologischen Umbau der Gesellschaft.

Engagiert Euch – werdet aktiv, denn Friedenspolitik, Abrüstung und konsequenten Klimaschutz wird es nur durch wachsenden gesellschaftlichen Druck und eine starke außerparlamentarische Bewegung geben.

 

Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz

 

Kommt zur Demonstration am Samstag, 

den 18. Februar 2023

um 13 Uhr in München am Stachus

 

Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz

Sachlichkeit ist uns wichtig, unsere Quellenangaben:

[01] Verkaufte der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Termine und Kontakte, Der Tagesspiegel (17.02.2022)

[02] Münchner Sicherheitskonferenz: NATO und EU stehen Seite an Seite, BMVg (19.02.2022)

[03] Die Nato hilft der Vormachtstellung der USA praktisch und ideell, SWP (30.08.2018)

[04] Strategisches Konzept der NATO 2022, Auswärtiges Amt (29.06.2022)

[05] Ukraine: More than 14,000 casualties to date, United Nations (09.09.2022)

[06] Ukraine Refugees Situation, UNHCR

[07] Report on the human rights situation in Ukraine, UNHCR (15.06.2014)

[08] Dekret 117/2021 des Präsidenten der Ukraine (24.03.2021)

[09] Jelzin bleibt bei striktem Nein zur NATO-Erweiterung, Tagesspiegel (22.03.1997)

[10] Ende des INF-Vertrags, Auswärtiges Amt (02.08.2019)

[11] USA kündigen ABM-Vertrag, Der Spiegel (13.12.2001)

[12] Poroshenko: Ukraine Seeking NATO Membership Action Plan, Radio Free Europe (10.03.2018)

[13] Ukraine schreibt Beitritt zur EU und Nato als Ziel in die Verfassung, Handelsblatt (07.02.2019)

[14] Putin will mit Biden über Sicherheitsgarantien reden, WELT (06.12.2021)

[15] Nato und USA beantworten Russlands Forderung, ZDF (26.01.2022)

[16] Aufruf 2016, Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz (13.02.2016)

[17] Mehr als 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr – für unsere Sicherheit, BMVg (27.02.2022)

[18] Wie viel Deutschland bereits für Waffen ausgibt, Frankfurter Rundschau (27.04.2022)

[19] Kirchen kritisieren neuen Rekordwert, evangelisch.de (16.09.2022)

[20] Lambrecht will Regeln für Rüstungsexporte lockern, Süddeutsche Zeitung (12.09.2022)

[21] Deutschland exportiert mehr Kriegswaffen, Frankfurter Allgemeine (22.04.2022)

[22] Eine „hochproblematische“ Entscheidung, Tagesschau (06.10.2022)

[23] Militärausgaben erreichen Rekordniveau, Süddeutsche Zeitung (25.04.2022)

[24] Defence Expenditure of NATO Countries 2014-2022, NATO (27.06.2022)

[25] Historisches Versagen der G7 angesichts multipler Krisen, Oxfam Deutschland (28.06.2022)

[26] UN-Generalsekretär Guterres: Erklärung zum Tag der Vereinten Nationen (24. Oktober 2022)

[27] Menschheit vor Wahl zwischen Klimasolidarität und kollektivem Selbstmord, Stern (07.11.2022)

[28] Climate Finance and the USD 100 Billion Goal, Organisation for Economic Co-operation and Development

[29] Zahlen & Fakten zu Menschen auf der Flucht, UNHCR

[30] Anerkannt in Griechenland, abgelehnt in Deutschland, Pro Asyl (12.04.2022)

[31] Auch Deutschland hat Schuld an Flucht und Terror, Patrick Diekmann (30.12.2020)

[32] Schwarzbuch über Pushbacks: Gewalt statt Menschenrecht, taz (09.12.2022)

[33] Flüchtlingskrise Mittelmeer, UNHCR

[34] An den polnischen Grenzen herrscht Doppelmoral, Süddeutsche Zeitung (02.04.2022)

 

Quelle: Bild-Archiv GeFiSe.V.

Rostocker - Friedensbündnis

 Das Rostocker Friedensbündnis lädt zu dieser wichtigen und interessanten Veranstaltung herzlichst ein.

Die Einladung kann gerne an alle Menschen weitergeleitet werden, die in Frieden leben möchten.

 

Wir als GeFiS e.V. unterstützen diese Veranstaltung.

Quelle: GeFiS-Archiv; Rostocker-Friedensbündnis

Veranstaltungshinweis zum Thema:
"Krieg und Frieden"

Montag, 13.02.2023

Referent: Matin Baraki

Afghanistan - Revolution, Intervention, 40 Jahre Krieg

 

Abendveranstaltung , 19:00–21:00 Uhr

Zur Einordnung der aktuellen Situation in Afghanistan muss man bis zur Revolution von 1978 zurückgehen. Mit ihr öffnete sich ein nichtkapitalistischer Entwicklungsweg, den der Westen nicht zulassen konnte. Afghanistan dürfe keine Schule machen, so US-Außenminister Henry Kissinger. Mit US-Hilfe wurden die islamistischen Mudjaheddin, die Taliban und Al-Qaida aus der Taufe gehoben und mit Waffen versorgt. Es geht um die Frage, wer den Taliban und warum zur Macht verhalf – und warum sie weichen mussten, bevor sie wiederkamen.

Darüber sprechen wir am 13. Februar Januar 2023, 19 Uhr, mit Matin Baraki.

 

Ort: MEZ, Spielhagenstraße 13, 

10585 Berlin-Charlottenburg, nahe U-Bhf. Bismarckstraße (U2 und U7) und Bus 109.

Kostenbeitrag: 3 Euro

Schützt bitte euch und andere, indem ihr die Mund- und Nasenschutzmaske auch im MEZ tragt.

Quelle: MEZ, Jan. 2023

 

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 10.02.2023, Seite 8 / Abgeschrieben

Nie wieder Krieg von deutschem Boden!

 

Zur Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht erklärte Lars Leopold, Landesvorsitzender der Partei Die Linke Niedersachsen, am Donnerstag:

Kaum vereidigt, liebäugelt der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius mit einem Comeback der Wehrpflicht. Klar, wer die Aufgabe hat, die Bundeswehr im Eiltempo mit einem 100-Milliarden-Sondervermögen hochzurüsten, braucht auch Kanonenfutter. Doch weder der aktuelle Krieg in der Ukraine noch künftige Konflikte lassen sich mit einer hochgerüsteten deutschen Streitmacht lösen. Deutschland sollte angesichts seiner Geschichte kein Staat sein, der Konflikte befeuert oder aktiv an ihnen mitwirkt, im Gegenteil: Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen! Deshalb lehnen wir die Wehrpflicht als rückwärtsgewandte Idee strikt ab. Sie gehört nicht nur ausgesetzt, sondern abgeschafft. Statt wieder Zehntausende junge Menschen zum Zwangsdienst an der Waffe zu rekrutieren und in Kasernen aufs Töten zu trimmen, sollte die Bundesregierung lieber ein Konzept vorlegen, wie Kriegseinsätze beendet und die Soldatinnen und Soldaten nach Hause zurückgeholt werden können. Die Gelder, die für einen antiquierten Kriegsdienst wie die Wehrpflicht verfeuert würden, wären im Gesundheitswesen oder in der Bildung besser investiert. (…)

Die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) kritisierte am Mittwoch eine Umfrage im Auftrag der Münchner »Sicherheitskonferenz«:

 

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW kritisiert eine in der Ukraine durchgeführte Umfrage der Münchner Sicherheitskonferenz als gezielte Auftragsforschung. Die Ergebnisse würden genutzt, um vermehrte Aufrüstung zu legitimieren und eigene Ziele voranzutreiben, so die Mediziner*innen. In der Umfrage sprechen sich die befragten Ukrainer*innen mehrheitlich für eine Fortsetzung des Kampfes gegen Russland aus – selbst im Falle des russischen Einsatzes einer »taktischen Atomwaffe«.

Die IPPNW-Vorsitzende Dr. med. Angelika Claußen, Expertin in der psychotherapeutischen Behandlung von Kriegstraumatisierten, urteilt: »Die befragten Ukrainer*innen befinden sich seit fast einem Jahr im Überlebensmodus. Da müssen sich alle entscheiden, entweder Kampf ums tägliche Überleben bzw. Kampf an der Front oder Flucht. Aus psychotraumatologischer Sicht ist es für betroffene Kämpfer bzw. die Zivilbevölkerung im Krieg unerlässlich, jegliche Gefahren für Leib und Leben systematisch und möglichst komplett auszublenden, um überleben zu können. So reagieren Menschen überall auf der Welt in Kriegsgebieten. Diejenigen Menschen, die das nicht können, brechen psychisch zusammen und erleiden posttraumatische Belastungsstörungen.« (…)

Gefühle von Realangst als Warnung für die drohende Gefahr sind dann besonders schädlich. Sie müssen abgespalten werden. Schaffen die Betroffenen das nicht, entstehen zersplitterte Persönlichkeiten, oder gelähmte, von Angst überwältigte Persönlichkeiten. Durch diese Art der Befragung in der Umfrage der Münchner Sicherheitskonferenz werden die betroffene Menschen aus der Ukraine zum Propagandainstrument gemacht. »Für mich ist das eine sehr sorgfältig und intelligent vorbereitete Kriegspropaganda im Dienste von Kriegsbefürwortern und der Waffenindustrie, die suggerieren will, dass weitere Waffenlieferungen und weitere Eskalation des Ukraine-Krieges alternativlos sind“, so Dr. med. Angelika Claußen. (…)

Quelle: junge Welt v.10.02.2023/ Florian Gaertner/IMAGO/photothek

Soldaten des Wachbataillons der Bundeswehr

 Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 08.02.2023, Seite 8 / Inland

KUNDGEBUNG GEGEN KRIEG

»Wir zeigen Regierung und Rheinmetall die rote Karte«

Migrantische und Friedensgruppen protestieren am Sonnabend vor Firmensitz der Waffenschmiede. Ein Gespräch mit Süleyman Gürcan

Interview: Henning von Stoltzenberg

 

Süleyman Gürcan ist Vorsitzender der ATIK (Konföderation der Arbeiterinnen und Arbeiter aus der Türkei in Deutschland)

An diesem Sonnabend planen Sie eine Protestkundgebung vor dem Firmensitz des Waffenherstellers Rheinmetall in Düsseldorf. Was ist der konkrete Anlass?

Das war die Zusage der Bundesregierung über die Lieferung von »Leopard 2«-Panzern an die Ukraine. Aktuell liefern sich viele EU- und NATO-Staaten einen regelrechten Wettbewerb bei dem Versenden von schweren Waffen an Kiew, obgleich dadurch der Krieg nur verlängert wird. Das ist ganz offensichtlich die Strategie der westlichen Militärallianz.

Dabei spielen insbesondere deutsche Rüstungskonzerne eine maßgebliche Rolle. Bereits beim sogenannten Ringtausch lieferten die hiesigen Konzerne verschiedene Waffengattungen an die Ukraine. Einer der wichtigsten Produzenten ist die Rheinmetall AG. In diesem Sinne ist es sehr wichtig, der deutschen Regierung und dem Konzern die rote Karte zu zeigen. Dass die Waffenschmieden keine oder kaum Steuern bezahlen und ihre Produktion sogar noch mit Steuergeldern finanziert wird, ist ein weiterer Punkt, auf den wir bei der Protestkundgebung hinweisen werden. Entgegen anderslautender Bekundungen der Bundesregierung ist Deutschland bereits Kriegspartei und sorgt dafür, dass die Situation zusehends eskaliert. Noch gravierender ist, dass es nicht bei den Lieferungen der »Leopard 2«-Panzer bleiben wird. Bereits jetzt denken Politik und Rüstungsindustrie über Kampfflugzeuge für Kiew nach.

Wer beteiligt sich an der geplanten Aktion?

Die Initiative für die Kundgebung kam von unserem Bundesvorstand. Wir haben die Einladung bisher an zwei Dutzend Parteien sowie antifaschistische und friedenspolitische Organisationen geschickt und hoffen auf die Teilnahme vieler Menschen.

 

In manchen, angeblich linken Kreisen werden die Waffenlieferungen begrüßt. Können Sie das nachvollziehen?

Für uns ist die Sache klar: Wer sich »links« nennt, kann auf keinen Fall für die Lieferung von Kriegswaffen durch westliche Staaten sein. Wir grenzen uns klar gegenüber den angeblich linken Organisationen ab, die das anders sehen. Der Krieg in der Ukraine ist ein Stellvertreterkrieg zwischen NATO und Russland. Wir verurteilen diesen Krieg, der von Russland begonnen wurde – wissen aber sehr wohl, dass die NATO ihn provoziert hat und nicht daran interessiert ist, dass er schnell beendet wird. Das klare Ziel der westlichen Staaten wurde von deutschen Regierungsvertretern mehrfach definiert: »Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen.« Hierbei geht es insbesondere um die Schwächung der »militärischen Fähigkeiten« von Moskau und die langfristige Abhängigkeit der osteuropäischen Staaten von Waffen aus den NATO-Staaten. Die Militärallianz und die USA werden absehbar China als nächstes Ziel ins Visier nehmen.

Bei der Bewertung des Krieges in der Ukraine unterscheiden wir uns klar von sogenannten Linken, die die eigentlichen Absichten der NATO verkennen, aber auch von denen, die den Krieg von Russland als »Verteidigung« sehen. Es ist ein Krieg von imperialistischen Staaten.

Wie kann die Friedensbewegung etwas an der Situation verändern?

Die Mittel sind begrenzt. Die Herrschenden besitzen die zentralen Kommunikationsmittel und nutzen sie schamlos für ihre Kriegspropaganda aus. Somit bleibt uns vor allem der Protest auf der Straße. Dabei sind wir sehr wohl in der Lage, die westliche Kriegstreiberei zu stoppen, wenn wir viele und entschlossen sind. Dieser Krieg wird auf Kosten von Werktätigen, Arbeiterinnen und Arbeitern sowie von akuter Armut betroffenen Menschen geführt. Daher müssen wir dafür sorgen, dass die Produktion in den Rüstungskonzernen stillsteht und die Öffentlichkeit über die wahren Pläne der Regierung und der Rüstungsindustrie aufgeklärt wird.

Schon heute leiden Millionen von Menschen unter der Last dieses Krieges, hungern oder frieren. Viele verkennen, dass die Gefahr eines dritten Weltkrieges größer ist als je zuvor. Wir dürfen nicht vergessen: Wenn es zu einem dritten Weltkrieg kommt, wird die Menschheit ausgelöscht.

Quelle: junge welt: 08.02.2023/ Federico Gambarini/dpa

Demonstration vor der Düsseldorfer Rheinmetall-Firmenzentrale (10.5.2022)

Kampf für den Frieden

Frieden mit Russland! – Zwei ehemalige Generäle der DDR rufen zum Protest auf

31 Jan. 2023 08:04 Uhr

Zwei offene Briefe an die russische Botschaft schlagen bereits erste Wellen in der Zivilgesellschaft im Osten Deutschlands. Generäle der Nationalen Volksarmee der DDR protestieren darin gegen den Kriegskurs der Bundesregierung – und fordern "Frieden mit Russland!"

Von Rainer Rupp

 

Gestern, am 30. Januar, wurden dem Verteidigungsattaché bei der Botschaft der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland, Sergej Tschuchrow, zwei offene Briefe von zwei ehemaligen Generälen der Nationalen Volksarmee der DDR übergeben.

 

In diesen beiden Briefen, die sich gut ergänzen, legen Generalleutnant a.D. Manfred Grätz, ehemaliger stellvertretender Minister, und Generalmajor a.D. Sebald Daum ihre Standpunkte zur aktuellen Kriegshysterie in Deutschland und der NATO dar. Im Gegensatz zum gefährlichen Geschwurbel der politischen und medialen Eliten "im besten Deutschland, das es je gab", mangelt es diesen beiden Briefen weder an Klarheit noch an analytischer Schärfe. Zugleich reflektieren sie bewegende persönliche Erinnerungen an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges.

Unter der Überschrift "Deutsche Panzer gegen Russland ‒ Aufruhr meines Gewissens" schreibt Generalleutnant a.D. Manfred Grätz zum Beispiel, dass es bei dem "häufigen Geschwätz über die Frage, ob wir denn nun schon Kriegspartei sind oder nicht", oft darum geht, "auszuloten, ob wir (in der Eskalation) nicht noch einen Schritt weiter gehen dürfen oder nicht". Für General Grätz sind die Fronten jedoch längst klar. "Wir sind mittendrin (im Krieg). Was sollte man denn sonst noch tun müssen, wenn man schon Panzer und andere schwere Waffen geliefert hat, mit dem 'hehren' Ziel, Russland zu besiegen?"

 

Besonders gefährlich seien Politiker und sogenannte Experten, die in Talkshows oder bei anderen Gelegenheiten vollkommen ahnungslos und leichtsinnig über das Thema "Eskalation" sinnieren, vielleicht mit Kernwaffen, mit "kleinen taktischen" zunächst. Hiroshima und Nagasaki sind offensichtlich vergessen. Sollen wir alle lernen, die Atombombe zu lieben.

 

Unter dem Titel "Protest gegen die weitere Unterstützung der Ukraine mit Panzern und anderem schweren Kriegsgerät durch Deutschland" fragt Generalmajor a.D. Sebald Daum: "Hat man vergessen, dass nicht Russland an die Grenzen Deutschlands oder der EU herangerückt ist, sondern die NATO-Truppen heute an den Grenzen Russlands stehen?". Dann erinnert er daran, dass es die USA und die NATO waren, die 2014 in der Ukraine einen Staatsstreich organisiert haben, den gewählten Präsidenten außer Landes vertrieben und die Ukraine militärisch aufgerüstet und gegen Russland in Stellung gebracht haben, damit sie acht Jahre Krieg gegen das eigene Volk führen konnte und geführt hat. Und er fragt weiter:

 

"Ist das jetzt der Dank für all das, was die Sowjetunion und Russland für Deutschland getan haben?"

 

Und diese Liste der guten Taten ist beeindruckend, vor allem deshalb, weil man so etwas in unseren sogenannten "Qualitätsmedien" nie zu sehen bekommt, denn die tun alles, um Positives über Russland möglichst schnell im Gedächtnisloch verschwinden zu lassen. So wird zum Beispiel nie thematisiert, dass trotz der 27 Millionen sowjetischen Opfer der deutschen Faschisten die Rote Armee und das sowjetische Volk nach 1945 "nicht Gleiches mit Gleichen vergolten und Deutschland nicht mit Hass überzogen haben, wie es zurzeit schon wieder in Deutschland gegen Russland getan wird".

 

Am Ende seines Briefes ruft Generalleutnant a.D. Manfred Grätz alle Ehemaligen und deren Freunde und Sympathisanten dazu auf, persönlich Flagge zu zeigen: "Schreibt, in welcher Form und in welchem Medium auch immer, und vergesst Name und Dienstgrad nicht", heißt es da. Und weiter:

 

"Sucht und findet unsere Verbündeten, besucht auch deren Veranstaltungen."

 

Bemerkenswert ist, dass bei diesen Ausführungen jegliche parteipolitische Orientierung fehlt. Wahrscheinlich soll damit betont werden, dass all diejenigen Verbündete sind, die sich für Frieden mit Russland einsetzen, wobei es keine Rolle spielt, mit welchen im Bundestag vertretenen politischen Parteien sie sympathisieren oder welchen sie sich noch zugehörig fühlen. Dieser Standpunkt scheint vor allem in den östlichen Ländern ein Trend zu werden, wo sich Menschen nicht länger von Kriegstreiber-Parteien und -Medien vorschreiben lassen wollen, mit wem sie auf der Straße für Frieden mit Russland demonstrieren.

Die beiden Briefe der zwei Generäle haben im Osten Deutschlands bereits Wellen geschlagen. So hat beispielsweise das Ostdeutsche Kuratorium von Verbänden (OKV) mit seinen knapp 30 Verbänden, von denen einige im ganzen Land verbreitet sind und noch vieltausendköpfige Mitgliederschaften haben, alle Mitglieder, Sympathisanten und andere besorgte Bürger aufgerufen, analog ihre Stimme zu erheben und ihre Meinung kundzutun.

 

Die beiden Briefe dokumentieren wir hier im Wortlaut:

 

Brief eins:

 

Deutsche Panzer gegen Russland ‒ Aufruhr meines Gewissens

 

Von Manfred Grätz, Generalleutnant a.D.

 

"Es ist wieder so weit. Von ungezählten Menschen befürchtet, von einer geschichtsvergessenen oder die Geschichte arrogant missachtenden Minderheit, die sich berufen fühlt, unser Land zu regieren und in Vasallentreue dem transatlantischen Bündnispartner folgt, herbeigesehnt und -geredet, von einer einmalig gleichgeschalteten Medienlandschaft eifrig unterstützt und nunmehr vom Bundeskanzler offiziell verkündet. Panzer gen Osten ist beschlossenen Sache.

 

Bei vielen Menschen sträuben sich die Haare, werden ungute Erinnerungen wach, auch bei mir. Damals waren es noch kindliche Erinnerungen.

 

Geboren 1935 bin oder war ich faktisch noch ein Kind des 2. Weltkrieges. Zu jung, um schon für den Waffengang des deutschen Faschismus missbraucht zu werden, aber alt genug, um zu verstehen, dass Krieg nur unermessliches Leid, Elend und menschenverachtende Vernichtung bedeutet. Ich verlor meinen Vater. Ein herzlos kalter Brief seines Kompaniechefs vermeldete, dass er offensichtlich 'in heldenhaften Abwehr-Kämpfen gegen den bolschewistischen Feind für Führer, Volk und Vaterland gefallen sei…'.

 

Gelegentlich tauchen auch schlaglichtartig Erinnerungen auf, wie wir als halbwüchsige Jungen am Bahndamm saßen und die vielen Militärtransporte beobachteten, mit riesigen weißen Lettern beschriftet: 'Räder müssen rollen für den Sieg.' Heute heißt es: 'Deutsche Panzer Richtung Russland.' Parallelen, Ähnlichkeiten sind wohl unschwer zu erkennen. Bombennächte, Fliegeralarm, das brennende Chemnitz unweit meines Dorfes vor Augen, all das trug dazu bei, dass ich schon als Kind den Krieg hassen lernte und den Frieden herbeisehnte. Das Ende des Krieges erlebte ich schließlich als Befreiung Deutschlands vom Faschismus durch die Sowjetarmee.

 

Seit jenen Ereignissen sind nahezu acht Jahrzehnte vergangen. Aus dem damals halbwüchsigen Jungen ist ein 88-Jähriger geworden, in ereignisreicher geschichtsträchtiger Zeit ein erfülltes Leben hinter sich.

38 Dienstjahre für die Erhaltung des Friedens in unserer Nationalen Volksarmee, davon sechs Jahre Studium in der SU, gehören dazu. Ich bekenne mich freimütig, ich liebe dieses Land, wohl wissend, dass das heutige Russland nicht mehr mit der SU vergleichbar ist. Aber die Menschen, deren Väter und Großväter für ihr Vaterland gegen den deutschen Faschismus gekämpft und auch uns befreit haben, sind geblieben. Warmherzige, liebenswerte Menschen, Freunde!

 

All das und noch viel mehr geht mir durch den Kopf vor dem Hintergrund all dessen, was sich gegenwärtig ereignet. Der Geist ist noch wach, auch nach 88 Jahren.

 

Es ist eine ganze Gemengelage an Gefühlen und Empfindungen, die mich bewegt, dominiert von Wut und Enttäuschung. Wut kocht in mir hoch, wenn ich die völlig haltlose einseitige Schuldzuweisung an Russland, in der Regel personell an Putin verfolgen muss, an Putin, den Aggressor, Putin den Kriegsverbrecher. Putin ist an allem schuld, was gegenwärtig in der Welt passiert. Vergessen oder bewusst verschwiegen die gesamte Vorgeschichte des Krieges in der Ukraine, vergessen der Wortbruch des Westens bezüglich der NATO-Osterweiterung, vergessen die Rede Putins vor dem Bundestag anno 2001, in der er die Hand ausstreckte, friedliche Zusammenarbeit anbot und dann mit standing ovations verabschiedet wurde, vergessen auch die Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007, als er die NATO-Osterweiterung als Bedrohung russischer Sicherheitsinteressen ansprach.

 

Wut kommt auf, wenn Frau Baerbock, immerhin Außenministerin unseres Landes und höchste Diplomatin, völlig ahnungslos und bar jeglichen diplomatischen Geschicks oder gar Anstands vom Leder zieht 'Wir werden Russland ruinieren'.

 

Auf etwa der gleichen Ebene liegt das häufige Geschwätz über die Frage, ob wir denn nun schon Kriegspartei sind oder nicht, oft dabei den Anschein erweckend, zu suchen und auszuloten, ob wir denn nicht noch einen Schritt weiter gehen dürfen oder nicht. Für mich brotlose Kunst. Längst sind die Fronten klar. Wir sind mittendrin. Was sollte man denn sonst noch tun müssen, wenn man schon Panzer und andere schwere Waffen geliefert hat mit dem 'hehren' Ziel, Russland zu besiegen? Gefährlich auch, wenn Politiker und sog. Experten in Talkshows oder bei anderen Gelegenheiten über das Thema Eskalation, vielleicht mit Kernwaffen, mit 'kleinen taktischen' zunächst, sinnieren, ahnungslos und leichtsinnig. Vergessen schon Hiroshima und Nagasaki, jene zwei japanischen Städte, die das Opfer des ersten Atombombenabwurfes auf bewohntes Territorium wurden, ohne jede militärische Notwendigkeit. Zu diesem Zeitpunkt war der 2. Weltkrieg längst entschieden, in Europa, wie auch in Fernost. Und das waren bekanntlich nicht die Russen! Vergessen all das Leid und Elend, all die nach Zehntausenden zählenden Toten, und die Jahrzehnte währenden Langzeitwirkungen, die diese nach heutigen Maßstäben 'zwei kleinen Kaliber' bewirkten. Unvorstellbar und verantwortungslos ein solches Spiel mit dem Feuer in der Gegenwart! Da sage ich als ehemaliger Militär all jenen, die an ein solches Abenteuer nur denken: Kriegsverbrechen!

 

Apropos Kriegsverbrechen! Spricht da noch jemand davon im Zusammenhang mit Hiroshima und Nagasaki? Vergessen! Zu den Akten gelegt, das bis dato größte Kriegsverbrechen der Menschheitsgeschichte, begangen von den USA.

 

Nicht nur bedauerlich, sondern auch besorgniserregend finde ich, dass unsere in Regierungsverantwortung stehenden Politiker auch noch beratungsresistent sind. Ich denke hier dabei an die Tatsache, wie die Meinung erfahrener Militärs, Spezialisten ihres Berufes, mehr und mehr in den Hintergrund tritt, besser getreten wird, sie nicht mehr für die Öffentlichkeit wahrzunehmen ist. Muss es nicht bedenklich stimmen, wenn ein General Kujat, exzellenter Kenner der Materie, auch oder besonders der NATO, seine beachtenswert realen Einschätzungen der Lage in einem Schweizer Journal unterbreiten muss? Oder wenn sich ein General Vad, ehemaliger militärischer Berater von Frau Merkel, im Journal EMMA von Alice Schwarzer äußert (nicht missverstehen, Respekt für Frau Schwarzer!).

 

Oder wenn sogar der Generalstabschef der US-Armee, General Milley, für seine reale Einschätzung der Lage in der Ukraine von der Biden-Administration einen Rüffel einstecken musste und über seine Erkenntnisse der Mantel des Schweigens ausgebreitet wird?

 

Von anderen Militärs, gar von Ehemaligen aus der NVA, will ich hier gar nicht sprechen, die könnten ja die Russen gut kennen!

 

Alles nach dem Motto 'Es kann nicht sein, was nicht sein darf'. Es bleibt dabei, mit deutscher Vasallentreue folgen wir getreu der auf die Weltherrschaft ausgerichteten Kriegspolitik der USA, unseres wichtigsten transatlantischen Verbündeten. Quo vadis, Deutschland? Frage ich mich da. Oder um es mit Heinrich Heine zu sagen: 'Denk ich an Deutschland in der Nacht, so werd' ich um den Schlaf gebracht!'.

 

Noch ein Wort an alle Mitglieder und Sympathisanten unseres Verbandes, an meine Genossen und Freunde.

 

Erhebt Eure Stimme, versteckt Euch nicht.

 

Schreibt, in welcher Form und in welchem Medium auch immer, und vergesst Name und Dienstgrad nicht.

 

Sucht und findet unsere Verbündeten, besucht auch deren Veranstaltungen.

 

Gemeinsam sind wir stärker.

 

Geht mit auf die Straße, sofern Ihr noch rüstig und mobil seid. Redet mit den Leuten, trotz unterschiedlicher Interessen, die dort vertreten sind.

 

Krieg will von den Demonstranten keiner.

 

All das sagt mir mein Gewissen. Bitte, prüft auch das Eure."

Brief zwei:

 

Protest gegen die weitere Unterstützung der Ukraine mit Panzern und anderem schweren Kriegsgerät durch Deutschland

 

Von Sebald Daum, Generalmajor a.D.

 

"Mit der Entscheidung des Bundeskanzlers der BRD Herrn Scholz und seiner Regierung, nun doch der Ukraine 14 'Leopard-2' Panzer zu liefern und den anderen Ländern der NATO es zu gestatten, auch diese Leopard-Panzer der Ukraine zur Verfügung zu stellen, tritt Deutschland in eine neue Phase der Kriegsbeteiligung gegen Russland ein und verwirklicht so die Aussage seiner Außenministerin, im Krieg mit Russland zu stehen.

 

Mit dieser Entscheidung verlängert Deutschland nicht nur das Sterben in der Ukraine, sondern wird Kriegspartei. Gleichzeitig wird Russland immer mehr zum Feind des deutschen Volkes aufgebaut und man zerstört endgültig all das, was einmal wichtig war in den freundschaftlichen Beziehungen zu Russland, insbesondere im Osten sowie in der BRD insgesamt.

Ich möchte deshalb nur an einige wichtige Fakten erinnern:

 

- dass die Sowjetunion den größten Anteil an der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus hat mit über 27 Millionen Toten,

 

- dass nach 1945 die Rote Armee und das sowjetische Volk nicht Gleiches mit Gleichen vergolten und Deutschland mit Hass überzogen haben, wie es zurzeit schon wieder in Deutschland gegen Russland getan wird,

 

- dass die Sowjetunion und Russland entscheidend waren für die Wiedervereinigung Deutschlands, denn ohne ihre Zustimmung hätte es kein 'Einig Deutsches Vaterland' gegeben,

 

- dass Russland seine Besatzungstruppen freiwillig, im guten Glauben an gute nachbarliche Beziehungen, abgezogen hat, während die amerikanischen Besatzungstruppen weiter im Lande sind,

 

- dass Russland zugestimmt hat, dass Deutschland nicht neutral, sondern in der NATO bleiben darf,

 

- dass nicht Russland an die Grenzen Deutschlands oder der EU herangerückt ist, sondern die NATO-Truppen heute an den Grenzen Russlands stehen,

 

- und letztlich sei daran erinnert, dass es die USA und die NATO waren, die 2014 in der Ukraine einen Staatsstreich organisiert, den gewählten Präsidenten außer Landes vertrieben und die Ukraine militärisch aufgerüstet und gegen Russland in Stellung gebracht haben, damit sie 8 Jahre Krieg gegen das eigene Volk führen konnte und geführt hat.

 

Hat man das alles vergessen, ist das jetzt der Dank für all das, was die Sowjetunion und Russland für Deutschland getan haben, oder sind wir schon wieder so weit, ein drittes Mal gegen Russland in den Krieg zu ziehen? Sollen deutsche Panzer 'Leopard', wie einst deutsche 'Tiger', gegen Russland rollen. Hat man die Ergebnisse von Stalingrad und Kursk so schnell vergessen, oder will man diese Niederlagen revidieren?

 

'Nie wieder Krieg' galt in Deutschland als ungeschriebenes Gesetz. Nie wieder darf in Deutschland deshalb Hass und Kriegsgeschrei gegen Russland die Oberhand gewinnen, nie wieder darf ein 'Wollt ihr den totalen Krieg'-Geschrei uns gegen die Völker Russlands aufhetzen.

 

Deshalb erhebe ich meine Stimme zum Protest, gegen diese Lieferung von Panzern und anderem schweren Kriegsgerät durch Deutschland, die für die Verlängerung des Krieges und des Mordens in der Ukraine stehen. Mögen die Stimmen der Vernunft die Oberhand gewinnen und mögen Unzählige in diesem Sinne mithelfen, den Krieg zu verhindern."

https://www.podbean.com/ep/pb-n6aau-13789f1

Quelle: rtde.v.31.01.2023

 

Kampf für den Frieden

Am Rande des Abgrunds

 

29. Januar 2023 um 11:45

Ein Artikel von Bernhard Trautvetter

Vor 109 Jahren, in den Monaten vor der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, dem ersten Weltkrieg, herrschte im Deutschen Reich Kriegseuphorie vor. Katastrophen der Menschheitsgeschichte, die Ähnlichkeiten zu vergangenen Katastrophen aufweisen, zeigen, wie wenig die Menschheit am Rande des Abgrunds aus dem Vergangenen gelernt hat. Das erste Mal ist es eine Katastrophe, das zweite Mal wird aus ihrer Tragik ein Abgrund. Das dritte Mal droht das Ende. Vor jedem der zwei Weltkriege peitschten die Herrschenden mit Kriegspropaganda die Menschen in den Wahn des Militarismus. So auch heute. Von Bernhard Trautvetter.

 

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Pfeiltasten Hoch/Runter benutzen, um die Lautstärke zu regeln.

Podcast: Play in new window | Download https://www.nachdenkseiten.de/?p=93093

 

 

In seiner Thronrede zur Kriegserklärung beteuerte Kaiser Wilhelm II, sein Möglichstes getan zu haben, um diesen Krieg zu verhindern. Der jetzt erfolgende Verteidigungskrieg gegen Frankreich und Russland sei „Ergebnis eines seit langen Jahren tätigen Übelwollens … In auf gedrungener Notwehr mit reinem Gewissen und reiner Hand ergreifen wir das Schwert.“

 

Karl Liebknecht kritisierte seine sozialdemokratischen Parteigenossen wegen der Unterstützung der Kriegskredite in der Reichstagsfraktion: “Selbst vom denkbar ‘nationalsten’ Standpunkt aus hat unsere Fraktion einen ungeheuerlichen Fehler gemacht. Durch ihre Zustimmung hat sie zugleich alle Dämme niedergerissen …“

Karl Liebknecht war der einzige seiner Fraktion, der gegen die Kredite stimmte.

Der Spiegel berichtete am 24.9.2013: „Im Januar 1916 entzog die Mehrheit der SPD-Abgeordneten im Reichstag Liebknecht die Rechte eines Fraktionsmitglieds, um den – aus ihrer Sicht wie jener der Militärs – gefährlichsten Kriegsgegner zu isolieren.“

 

Die Propaganda einer vermeintlichen ‚Unschuld‘ des Deutschen Reiches kann nur unter Ausblendung der Archivforschung vertreten werden.

 

Die heutige Entwicklung der SPD erinnert fatal an die Zeit vor über einem Jahrhundert. Nicht nur die Bündnisgrünen haben weitgehend friedensorientierte Positionen verlassen, sondern auch die SPD. Die SPD verlässt Egon Bahrs, Willy Brandts, Klaus von Dohnanyis und Erhard Epplers Position, dass es eine Friedensordnung in Europa nur im Sinne der KSZE-Schlussakte von 1975 und der Charta von Paris von 1990 sowie des 2+4-Vertrages zur Verneigung der beiden deutschen Staaten nur mit und nicht gegen Russland gibt. Diese völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarungen brach die Nato-Osterweiterung, die verbunden ist mit der Aufrüstung der neuen Nato-Staaten auch mit nuklearfähigen Potentialen.

 

Aktuell exerziert die Nato, was sie ihrem Rivalen in Osteuropa schon in der Kuba-Krise verweigert hatte: Eine Stationierung nuklearfähiger sowjetischer Raketen führte 1962 zur Warnung von J.F.Kennedy, einen Atomschlag vorzunehmen, sollten diese Systeme dort nicht wieder verschwinden. Die USA würden keine solchen Potentiale der Sowjetunion ‚vor der eigenen Haustür keineswegs hinnehmen‘. Diese Situation nennen Historiker den gefährlichsten Augenblick der Geschichte.

Die transatlantischen Kräfte von den Ampel-Parteien über Nationalisten bis zu den Militärs betreiben heute eine Propaganda des Vergessens und der doppelten Standards. Was die USA nicht zulassen, praktizieren sie nach dem Unrecht des Stärkeren selbst. Dabei überspielt die Nato ihre Verletzungen völkerrechtlich relevanter Verträge, auf die Russland in seinen vor dem 24.2.2022 von der Nato barsch abgelehnten Forderungen nach Sicherheitsgarantien Wert legte.

In den Wochen vor dem 24.2.2022 gab Angela Merkel der ZEIT ein Interview, nach dem der de-eskalierende Vertrag Russlands und der Ukraine im Normandie-Format von westlicher Seite nicht auf die Einhaltung der Vereinbarung hin intendiert war. Der Vertrag verlangte von der Regierung in Kiew, mit den Separatisten in der Ostukraine in Verhandlungen über einen Autonomie-Status zu treten. Das lag nie in der Absicht dieser Kräfte, wobei sie vom Westen Unterstützung erfuhren: Nato-General Kujat verdeutlichte kürzlich, dass Frau Merkels Interview-Äußerungen bedeuteten, es sei dem Westen nicht um die Erfüllung des Minsk II-Vertrages gegangen., sondern darum, Zeit zu haben, die neue Regierung in Kiew aufzurüsten.

Die Eskalationsschritte vor der russischen Invasion in die Ukraine überspielend weist die Nato Russland die Alleinverantwortung für den Krieg zu, und sie legitimieren auf der Basis dieser Schuldzuweisung ihre gesteigerte Hoch- und Atomrüstung, die auch ökologisch nicht zu verantworten ist.

Das Archivstudium führt zu der Aussage des damaligen Präsidenten G.W.Bush aus seiner ‚State oft he Union‘-Rede vom 28.Januar 1992, also fast auf den Tag genau vor dreißig Jahren: „…das Größte, was …in der Welt geschehen ist, ist dies: Durch die Gnade Gottes hat Amerika den Kalten Krieg gewonnen.”

 

Diese Sichtweise bricht mit den völkerrechtlich relevanten Texten wie der Charta von Paris, in der der epochale Satz steht: „Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden“.

Die gleiche Anforderung an die internationale Politik, ein Friedensordnung der gemeinsamen Sicherheit aufzubauen, befindet sich in der KSZE-Schlussakte für eine Sicherheitsordnung in Europa von 1975, im Vertag über die Bildung der Deutschen Einheit von 1990 und sogar in der Nato-Russland-Akte von 1997. Die Nato wusste, was sie mit den Rechtsbrüchen der Nato-Osterweiterung um 14 Staaten tut: Die Nato Strategie-Schmiede ‚Joint Air Power Competence Centre‘ bekundete auf ihrer Jahrestagung im November 2014, es sei anzuzweifeln, dass es keinen großen Krieg (major war) mehr in Europa gebe, wie es im Tagungsmaterial ‘Future Vector’ hieß S.141 hieß. Als Ausgangspunkt für diese Entwicklung machte das Manuskript Gebiete direkt westlich der russischen Westgrenze aus, Regionen bis wohin die Nato ihre Osterweiterung durchgeführt und immer weiter plant. Seite 70 gibt Antwort der Militärs auf dieses Szenario: ‚ein angemessener Mix aus nuklearen und konventionellen Kapazitäten‘ (Übersetz.: B.T.). Im November 2021 drohte dann Nato-Generalsekretär Stoltenberg auf dem Nato-Talk der Deutschen Atlantischen Gesellschaft mit der Stationierung von Atomwaffen in Osteuropa.

Hier kombiniert sich der Bruch internationalen Rechts mit einer umgekehrten Kuba-Krise.

Hinzu kommt die von allen Seiten in Kauf genommene Steigerung der Havarie-Gefahr an den 15 Atomreaktoren der Ukraine im Krieg. Die offizielle Politik der Nato-Staaten belügt die Weltbevölkerung mit ihrem Propaganda-Begriff, sie betreibe Sicherheitspolitik.

Der Aufruf zur ersten großen Demonstration der Friedensbewegung vor vier Jahrzehnten machte unter dem Motto ‚Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen‘ mit dem Satz auf, „80er Jahre werden mehr und mehr zum gefährlichsten Jahrzehnt in der Geschichte der Menschheit.“

Damals standen die Grünen und die Mehrheit der Sozialdemokratie auf der Seite der Friedensbewegung. Die Nato-Propaganda hat seither erfolgreich dazu beigetragen, dass das aktuell nicht mehr so ist. Ein aktueller Appell aus der Friedensbewegung vereint allerdings Persönlichkeiten aus der Grünen Partei, der SPD und Linker sowie Aktiven der Friedensbewegung aus weiteren Spektren der Bewegungen für ein Überleben in einer friedlichen und ökologischen Zukunft.

Die nächste große bundesweite Aktion der Friedensbewegung wird am 18.Februar in München den Protest gegen die Kriegspropaganda auf der Sicherheitskonferenz in die Öffentlichkeit tragen.

 

Quelle: NachDenkSeiten v.29.01.2023

Titelbild: Sergey Nivens/shutterstock.com

Menschenkette für den Frieden

Menschenkette: Protest gegen Waffenlieferungen

Artikel von dpa • Gestern um 12:36

844183244 Kommentare

 

Rund 400 Menschen haben in Waren an der Müritz mit einer Menschenkette gegen Waffenlieferungen in die Ukraine protestiert. Die Teilnehmer versammelten sich am Samstag nach einem Aufruf der Initiative «Menschlich Stark Miteinander» entlang der Bundesstraße 192 zu einer mehrere hundert Meter langen Reihe. Anlass war eine Gedenkveranstaltung der Stadt Waren zum Internationalen Holocaust-Gedenktag. Diese fand in einem Jugendklub statt, an dem die Menschenkette begann.

Auf Transparenten standen unter anderem Losungen wie «Keine Waffenlieferungen» und «Frieden Heizung Brot, statt Waffen Krieg und Tod». Zu Zwischenfällen kam es nach Angaben der Polizei nicht. Die Initiative organisiert seit Monaten friedliche Proteste immer montags an der Müritz, die sich zuletzt immer stärker gegen die Ukraine- und Energiepolitik der Bundesregierung richteten. Dabei war auch die Lieferung von Kampfpanzern heftig kritisiert worden.

Am 27. Januar 1945 waren die überlebenden Insassen des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit worden. Dieser Tag wurde in Deutschland 1996 zum Gedenktag erklärt, an dem traditionell der Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird.

Quelle: stern v.29.01.2023 regional Meckleburg-Seenplatte

Rund 400 Menschen haben in Waren an der Müritz mit einer Menschenkette gegen Waffenlieferungen in Kriegsgebiete wie in die Ukraine protestiert. Foto

© Winfried Wagner/dpa-Zentralbild/dpa

Kampf für den Frieden

Die Gesellschaft für Frieden und internationale Solidarität e.V. unterstützt diese Initiative der Mahnwache und Kundgebung in Berlin am Brandenburger Tor.

 Quelle: Aufruf Friedenskoordination Berlin-Netzwerk gegen den Krieg.

Kampf für den Frieden

Mahnwache vor dem Brandenburger Tor in Berlin

Kundgebung am Brandenburger Tor

27.01.2023

Wir sagen NEIN – Diese Regierung handelt nicht in unserem Namen -

 

Liebe Friedensfreunde,

 

anbei ein Videolink zur heutigen Kundgebung und Fotos von der heutigen Veranstaltung am Brandenburger Tor.

Es war schon beeindruckend, dass doch schon recht viele, trotz Kurzfristigkeit des Aufrufes zu der Kundgebung gekommen sind.

 (2) 🔴 Den Krieg Stoppen! Verhandeln jetzt! - YouTube

 https://c.web.de/@400276258497239772/htiYjQs_QDaCO8WoNtspAw

 

Quelle: Friedenskoordination Berlin Netzwerk gegen den Krieg 27.1.2023

14.01.
2023

XXVIII. Internationale
ROSA-LUXEMBURG-KONFERENZ

Neben vielen weiteren Organisationen, unterstützt die "Gesellschaft für Frieden und internationale Solidarität" (GeFiS) e.V. wie im letzten Jahr bereits, diese traditionelle Konferenz.

Wir sind vom GeFiS e.V. mit einem Info-stand vor Ort vertreten und freuen uns, auf Ihren Besuch!!!!

Ist Deutschland Kriegspartei ?!

Aus: Ausgabe vom 13.01.2023, Seite 2 / Inland

KRIEG IN DER UKRAINE

»Deutschland ist längst Kriegspartei«

Pazifistischer Verband kritisiert Waffenlieferungen an Kiew und fordert Friedensverhandlungen. Ein Gespräch mit Jürgen Grässlin

Interview: Henning von Stoltzenberg

 

Jürgen Grässlin ist Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e. V. (DFG-VK)

Sie kritisieren die Waffenlieferungen in die Ukraine. Was wird von seiten der Bundesregierung alles geliefert?

Mit einem Volumen von 2,2 Milliarden Euro war die Ukraine 2022 das Hauptempfängerland deutscher Kriegswaffen. Das seit Beginn des völkerrechtswidrigen russischen Angriffs gelieferte Waffenarsenal reicht von Handgranaten, Panzerfäusten und Maschinengewehren über Granatwerfer, »Stinger«-Flugabwehrraketen und MARS-Raketenwerfer bis hin zu »Panzerhaubitzen 2000«, »Gepard«-Flakpanzern und jüngst »Marder«-Schützenpanzern. Hinzu kommt Munition in unglaublicher Menge. Zudem drängen Waffenexportbefürworter unermüdlich auf die Lieferung von »Leopard 2«-Kampfpanzern.

Deutschland ist längst Kriegspartei geworden.

Welche militärischen Maßnahmen bezüglich der Ukraine gibt es zudem?

Wenn Slowenien im Ringtausch mit Deutschland seine T-72-Kampfpanzer in die Ukraine liefert, dann wissen die dortigen Streitkräfte diese Waffensysteme sowjetischer Bauart einzusetzen. Wenn aber jetzt schwere Waffen westlicher Bauart exportiert werden, dann müssen ukrainische Soldaten daran ausgebildet werden. Genau das passiert seitens der USA, Großbritanniens und Deutschlands.

Sie fordern die Ausweitung ziviler Hilfe. Was verstehen Sie darunter?

Die Logik der Kriegs muss endlich durchbrochen und dazu müssen sämtliche zivile Hilfsmaßnahmen genutzt werden. Aktuell zählen dazu die Lieferung von Kranken- oder Feuerwehrfahrzeugen, zudem Transporter und Material für den Wiederaufbau.

 

Friedensverhandlungen sollen nach Ihrer Vorstellung unter UN-Ägide stattfinden. Oft wird behauptet, es gäbe keinen Verhandlungswillen der Konfliktparteien. Wie ist Ihre Einschätzung?

Solange das Regime Putin die Anerkennung der völkerrechtswidrigen Annexion weiter Teile des Ostens und Südens der Ukraine zur Voraussetzung für Friedensverhandlungen macht, kann es diese nicht geben. Solange die Regierung Selenskij die Rückeroberung eines jeden Quadratmeters besetzten bzw. annektierten Landes als Voraussetzung benennt, kann es ebenfalls keine geben. Die Lösung läge in Friedensverhandlungen auf neutralem Boden ohne Vorbedingungen unter Leitung von UN-Generalsekretär António Guterres. Ziel müsste sein, Lösungen zu finden, wie etwa die Neutralität bestimmter Regionen der Ukraine unter UN-Schutz, mit Sicherheitsgarantien der USA und Russlands.

Die deutsche Außenministerin hat sich derweil in dieser Woche in Charkiw mit den Menschen vor Ort solidarisiert, aber auch weitere Waffenlieferungen gefordert.

Im ersten Moment dachte ich: Was für eine bewundernswerte Aktion. So wird der Blick der Weltgemeinschaft auf die dramatische Lage der ukrainischen Zivilbevölkerung gelenkt.

Und im zweiten Moment?

Da frage ich mich, warum Frau Baerbock im vergangenen Frühjahr nicht schon nach Nordsyrien und in den Nordirak geflogen ist, um vor Ort auf die dramatische Lage der kurdischen Zivilbevölkerung aufmerksam zu machen. Bei der alljährlich stattfindenden sogenannten Frühjahrsoffensive bombardiert die türkische Luftwaffe völkerrechtswidrig zivile und militärische Ziele. Bei der Besetzung der kurdischen Stadt Afrin wurden deutsche »Leopard 2«-Panzer eingesetzt.

Wie reagiert der Westen auf diese Kriege?

Alle westlichen Regierungen, auch die Bundesregierung, schauen trotz schwerster Menschenrechtsverletzungen beschämt weg. Denn die Türkei ist NATO-Mitglied. Wenn das Regime Erdogan im kommenden Frühjahr erneut todbringende Angriffe fliegt, dann sollte Frau Baerbock sich mit einem Vor-Ort-Besuch mit der kurdischen Zivilbevölkerung solidarisieren – das wäre glaubwürdige Friedenspolitik.

Zum Jahrestag des Kriegsbeginns gegen die Ukraine im Februar bereiten Sie Friedensaktionen vor. Was ist geplant?

Die DFG-VK unterstützt den Aufruf »Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!«. Darin benennen wir Russland als völkerrechtswidrigen Aggressor. Wir bekennen uns zu diplomatischen Initiativen, einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. Am Aktionswochenende vom 24. bis 26. Februar werden bundesweit gewaltfreie Proteste stattfinden.

Quelle: junge welt v.13.01.2023/ Sven Eckelkamp/IMAGO

Bundeswehr-Soldaten zwischen »Leopard«-Kampfpanzer und dazugehöriger Munition

Kampf gegen Hochrüstung der Bundeswehr

Zur für Mittwoch geplanten offiziellen Eröffnung des Marinearsenals in Rostock-Warnemünde im Beisein von Verteidigungsministerin und Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern erklärte das Rostocker Friedensbündnis am Dienstag:

Seit mehreren Monaten ist das neue Marinearsenal »Warnowwerft« auf dem Gelände der größten Werft der DDR bereits in Betrieb. Der Staat hat es von den insolventen MV-Werften gekauft. Der Name »Warnowwerft« soll nach zahlreichen Eigentümerwechseln und Umbenennungen ab 1990 vermutlich die Akzeptanz des Arsenals bei der Bevölkerung fördern. Die Marine wird hier aber nicht in der Tradition der Warnowwerft zivilen Schiffbau betreiben, sondern Kriegsschiffe reparieren. Versprochen werden 500 Arbeitsplätze. Wer dort arbeitet, fällt allerdings unter den Tarif des öffentlichen Dienstes und verdient damit weniger als in der Industrie. Das Verteidigungsministerium blockiert außerdem die Ansiedlung eines Herstellers von Plattformen für Offshore-Windparks in der Nachbarschaft des Arsenals. Das, was als Rettung der MV-Werften angepriesen wurde, erweist sich als schlechter Tausch.

Das Verteidigungsministerium lobt den Beitrag des Arsenals zur Einsatzbereitschaft der Marine. Es passt in sein Konzept: Die von Rostock aus gesteuerte Marine übernimmt immer mehr Führungsaufgaben in der Ostsee und darüber hinaus. Passend zum Politikerbesuch hat daher auch ein Zerstörer der US-Marine in Rostock festgemacht: eine ganz spezielle Drohgebärde im Ukraine-Krieg. Das Rostocker Friedensbündnis fordert zivile statt militärischer Arbeitsplätze und Einsatz für Waffenstillstand und Verhandlungen anstelle jeder weiteren Eskalation des Krieges.

Quelle: junge welt v.11.01.2023/ Das Minenjagdboot »Fulda« aus Kiel hat als erstes Marineschiff im künftigen Marinearsenal festgemacht (August 2022)

 Kampf um den Frieden

Aus: Ausgabe vom 11.01.2023, Seite 8 / Inland

KRIEGSKURS

»Es gab genug Chancen, aber sie wurden vertan«

Bundesregierung setzt auf Aufrüstung statt auf Friedenspolitik. Proteste gegen »Sicherheitskonferenz«. Ein Gespräch mit Claus Schreer

Interview: Kristian Stemmler

 

Claus Schreer ist Sprecher des »Aktionsbündnisses gegen die NATO-Sicherheitskonferenz«

antisiko.de/antisiko-2023/aufruf-2023

Vom 17. bis 19. Februar findet in München wieder die sogenannte Sicherheitskonferenz statt, bei der sich Staats- und Regierungschefs mit Spitzenmilitärs und Vertretern der Rüstungsindustrie treffen. Um welche Fragen wird es angesichts einer dramatisch veränderten Weltlage nach Ihrer Einschätzung gehen?

Im Vordergrund werden der Krieg in der Ukraine, die neue außen- und militärpolitische Weichenstellung der NATO gegen die Rivalen Russland und China sowie die von Bundeskanzler Olaf Scholz verkündete »Zeitenwende« stehen. Letztgenannter Begriff soll die weitreichende Militarisierung Deutschlands und Aufrüstung der NATO legitimieren.

Im Aufruf zu Ihrer Demonstration am 18. Februar wird der Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilt, zugleich auf die Vorgeschichte verwiesen. Wie ordnen Sie diesen Krieg ein?

Im Gegensatz zur Bundesregierung, die die Kriege der NATO-Staaten gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen gerechtfertigt und unterstützt hat, treten wir kompromisslos gegen jede Anwendung militärischer Gewalt ein. Deshalb verurteilen wir auch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, in dem zehntausende Menschen getötet und verletzt werden und das Land zerstört wird. Die Friedensbewegung hat seit Jahren die NATO-Ostexpansion und den damit verbundenen Konfrontationskurs gegen Russland kritisiert. Im Laufe der letzten 30 Jahre hat es genügend Chancen gegeben, eine Friedenspolitik zu etablieren, die dem ganzen Kontinent nützt – aber sie wurden vertan.

Wie kontrovers wurde in Ihrem Bündnis über die Position zum Ukraine-Krieg diskutiert?

 

Es gab lange Debatten, aber wir waren uns darin einig, dass es keine Rechtfertigung für den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gibt. Gemeinsam treten wir dafür ein, dass er so schnell wie möglich endet. Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen, die die Sicherheit Russlands und der Ukraine garantieren.

Halten Sie einen Waffenstillstand in absehbarer Zeit für möglich?

Die Aussichten, dass es dazu kommt, sind derzeit äußerst schlecht. Sowohl Russland als auch die Ukraine setzen auf Sieg. Immer mehr Waffenlieferungen beenden ebenso wenig den Krieg wie die Fortsetzung der Raketenangriffe Russlands. Gleichzeitig verschärft der Krieg in der Ukraine globale Probleme wie die weltweite Armut und den Hunger ebenso wie den Klimawandel. Zu einem sofortigen Waffenstillstand und zu Verhandlungen gibt es deshalb keine Alternative.

Der Ukraine-Krieg sei für die BRD der Vorwand gewesen für eine »lange geplante, gigantische Aufrüstung«, heißt es in Ihrem Aufruf. Welche Forderungen halten Sie dem entgegen?

Weltweit haben die Militärausgaben inzwischen die astronomische Summe von mehr als 2.000 Milliarden US-Dollar erreicht. Dabei können die globalen Herausforderungen nicht mit immer größeren Waffenarsenalen, nicht durch kapitalistische Konkurrenz oder durch Großmachtrivalität gelöst werden, sondern nur durch internationale Kooperation. Wir fordern deshalb eine Politik der Abrüstung und Entspannung. Wir lehnen die Aufrüstung Deutschlands mit zusätzlich 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, die Anschaffung von bewaffneten Drohnen und von US-Kampfflugzeugen für den Einsatz der in Deutschland stationierten Atomwaffen ab. Die Bundesregierung muss dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten und die Stationierung der US-Atomwaffen in Büchel beenden.

Ist der Widerstand gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz durch die Debatte über den russischen Angriff geschwächt worden?

Ja, die Friedensbewegung ist derzeit in der Defensive. Wir setzen aber darauf, dass immer mehr Menschen begreifen werden, dass Aufrüstung und Krieg keine Lösung sind.

Quelle: junge welt v.11.01.2023/ Sven Eckelkamp/IMAGO

Waffen liefern statt Frieden stiften: »Panzerhaubitze 2000« der Bundeswehr während einer Übung

Kampf um Frieden und Meinungsfreiheit

In einer Stellungnahme der Friedenskoordination vom Sonntag abend zum Verfahren gegen den Aktivisten Heinrich Bücker heißt es:

Gegen den Friedensaktivisten Heinrich Bücker wurde von der Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht der Erlass eines Strafbefehls wegen »Belohnung und Billigung von Straftaten« nach Paragraph 140 Strafgesetzbuch beantragt. Der Antragsteller der Strafanzeige (ein Rechtsanwalt!) sieht den öffentlichen Frieden gestört durch eine Rede, die Heiner Bücker bei einer Kundgebung der Friedenskoordination Berlin am 22. Juni 2022 anlässlich des Jahrestages des Überfalls auf die Sowjetunion gehalten hat sowie durch eine Stellungnahme zum Russland-Ukraine-Konflikt auf seiner Webseite.

Wodurch ist der öffentliche Friede gestört? Bücker zeigt u. a. die historische Entwicklung zum heutigen Konflikt auf, deren Wurzeln schon im Vernichtungskrieg des faschistischen Deutschlands gegen die UdSSR und in der Kollaboration ukrainischer Faschisten mit den deutschen Besatzern liegen. Er bringt also das zur Sprache, was Politik und Medien verschweigen. Zudem erklärt er sein Unverständnis darüber, dass die deutsche Regierung, trotz der Rolle von faschistischer Ideologie und Russophobie in der aktuellen ukrainischen Politik, den gegenwärtigen Konflikt mit Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland anheizt. (…) Seiner Forderung – »Nie wieder dürfen wir als Deutsche an einem Krieg gegen Russland in irgendeiner Form beteiligt sein. Wir müssen uns zusammenschließen und uns diesem Irrsinn gemeinsam entgegenstellen« – stimmen wir uneingeschränkt zu. Es ist sicherlich kein Zufall, dass ein solches Verfahren sowie die Verschärfung des Paragraphen 130 mit dem Absatz fünf in einer Zeit stattfindet, in der die militärische Auseinandersetzung als alternativlos propagiert wird (…).

 

Wir protestieren gegen dieses geplante Strafverfahren: weil es dazu dient, die politische Debatte immer weiter einzuengen und per Strafgesetz eine Kritik an der herrschenden Politik und den Medien unmöglich zu machen. Weil es ein massiver Angriff auf die Meinungsfreiheit ist. Weil es verunsichern soll. Weil es für die Friedensbewegung in letzter Konsequenz bedeutet, dass sie mundtot gemacht werden kann, wenn sie sich weiterhin gegen den Kriegskurs der deutschen Politik und für eine Deeskalation und für Verhandlungen ausspricht.

Quelle: junge Welt vom 10.01.2023

Kampf für den Frieden und gegen den Krieg

Die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) kritisiert die geplante Lieferung von Panzern an die Ukraine: „Statt endlich die zivile Hilfe auszuweiten, werden immer mehr und immer größere Waffensysteme in den Krieg geliefert. Damit wird die Eskalationsspirale anngeheizt und der Krieg ausgeweitet“, kritisiert der DFG-VK-Bundessprecher Jürgen Grässlin, Experte für Waffenexporte: „Deutschland muss mit aller Kraft zivil helfen!“

 

Nachdem Frankreich und die USA angekündigt haben, die Ukraine mit leichten Kampfpanzern zu beliefern, beabsichtigt nun auch die Bundesregierung weitere Waffen zu liefern, allen voran Marder-Schützenpanzer und Patriot-Flugabwehrsysteme. Die Ausbildung der ukrainischen Soldat*innen an den Waffen soll auf Truppenübungsplätzen der Bundeswehr stattfinden.

 

Seit Beginn des völkerrechtswidrigen russischen Angriffs hat Deutschland bereits MARS-Raketenwerfer, Panzerhaubitzen 2000 und Gepard-Luftabwehrgeschütze an die Ukraine exportiert. Dazu kommen noch 900 Panzerfaust 3 mit insgesamt 3.000 Patronen, 500 Flugabwehrraketen Stinger, 100.000 Handgranaten, 30.000 Schuss Munition für 40mm Granatwerfer, 13.500 Schuss 155 mm Artilleriemunition, 100 Maschinengewehre und vieles Kriegsgerät mehr. Alsbald sollen nun auch noch Marder- und Patriot-Waffensysteme folgen.

 

„Diese Waffenlieferungen folgen der immens gefährlichen Militärlogik beider Seiten, dass dieser Krieg militärisch zu gewinnen sei. Doch statt Öl ins Feuer zu gießen, sollte Deutschland endlich Friedensmacht werden“, so Jürgen Grässlin. Er kritisiert dabei die eklatante Vernachlässigung ziviler Hilfen durch die Ampelkoalition in Berlin: „In der Ukraine fehlt es an so vielem: Warum liefert die Bundesregierung nicht hunderte von Kranken- oder Feuerwehrfahrzeugen sowie Transporter und Material für den Wiederaufbau, sondern immer nur weitere Kriegswaffen?“

 

Das Bruttoinlandsprodukt der Ukraine ist im Jahr 2022 wegen des russischen Einmarschs um 30,4 Prozent gesunken. Die Infrastruktur des Landes wird von den russischen Angreifern zusammengebombt: „Wichtig wäre, auf dem Verhandlungsweg einen sofortigen Waffenstillstand zu vereinbaren und unter der Ägide der Vereinten Nationen ernsthafte Friedensverhandlungen aufzunehmen. Stattdessen spielt die Bundesregierung mit dem Feuer: Sie hat bisher nicht erklärt, wie lange und wofür die Ukraine die Waffen nutzen darf“, so Grässlin.

 

Die DFG-VK bemängelt zudem, dass es Männern im wehrfähigen Alter noch immer verboten ist, die Ukraine zu verlassen. „Das Recht, den Kriegsdienst zu verweigern, ist ein Menschenrecht“, macht Michael Schulze von Glaßer, politischer Geschäftsführer der DFG-VK aufmerksam: „Es braucht Schutz und Asyl für alle Menschen, die sich in den drei direkt am Krieg beteiligten Ländern Russland, Belarus und Ukraine dem Militärdienst entziehen!“ Weder die Bundesregierung noch die EU-Kommission hätten dafür ausreichende Schritte unternommen. Schulze von Glaßer verweist darauf, dass die Friedensorganisationen bereits 8.000 Euro zur Unterstützung russischer Kriegsdienstverweigerer*innen an eine finnische Partnerorganisation gespendet hat. Auch mit Kriegsgegner*innen aus Belarus und der Ukraine arbeitet die DFG-VK  zusammen.

 

Jürgen Grässlin: „Mit den weiteren Waffenexporten wird der Krieg weiter eskalieren, das Kriegsende wird auf Jahre hinausgeschoben, zehntausende weiterer Menschen werden sterben, weite Landstriche der Ukraine werden zerstört und auf lange Zeit unbewohnbar.“ Die DFG-VK fordert daher den Stopp der deutschen Waffenexporte ins Kriegsgebiet zu Gunsten einer deutlichen Ausweitung der zivilen Hilfsmaßnahmen: „Wir stehen an der Seite aller, die sich dem Krieg verweigern. Wir begrüßen alle Aktionen der Sozialen Verteidigung. Und wir fordern den immensen Ausbau der zivilen Hilfe“, sagt Grässlin.

 

Für das Wochenende vom 24. bis 26. Februar 2023, an dem sich der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine jährt, plant die DFG-VK gemeinsam mit vielen weiteren Friedensgruppen Protestaktionen unter dem Motto „Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!“. Weitere Infos gibt es am Montagabend – 9. Januar 2023 – auf: www.stoppt-das-toeten.de

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 07.01.2023, Seite 1 / Titel

DROHENDE ESKALATION

Keinen Bock auf Krieg

Pazifismus dezimiert Bundeswehr: Innerhalb eines Jahres fünfmal mehr Anträge auf Kriegsdienstverweigerung

Von Marc Bebenroth

 

Weiter so! Bei einigen Angehörigen der Bundeswehr scheint der Gedanke daran, womöglich im heißen Krieg der NATO gegen Russland oder andere Feindstaaten verheizt zu werden, gewisse Fluchtreflexe auszulösen. Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Anträge auf Kriegsdienstverweigerung beinahe um das Fünffache gestiegen. Waren im dafür zuständigen Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben im Jahr 2021 noch insgesamt 201 solcher Anträge registriert worden, waren es 2022 ganze 951, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag berichtete. Sinan Büyrü, Sprecher des Bundesamtes, bestätigte auf Anfrage die neueste Zahl gegenüber jW.

Allerdings sei diese mit Vorsicht zu genießen. So handele es sich um die bloße Menge der eingegangenen Anträge. Wie viele davon berechtigterweise gestellt worden seien, könne man derzeit nicht sagen. Jeder Antrag auf Kriegsdienstverweigerung werde einer Einzelfallprüfung unterzogen. Unter den 951 könnten sich dem Sprecher zufolge also auch Anträge von Menschen befinden, die dazu gar nicht berechtigt seien. Seit der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht in der Bundesrepublik können aktive Armeeangehörige, aber auch Reservisten und Ungediente die Kriegsdienstverweigerung beantragen.

Bei wie vielen Personen aus welcher dieser Gruppen nun tatsächlich ein Umdenken einsetzte, bleibt zunächst unklar. »Aus technischen Gründen kann aktuell keine Differenzierung zwischen aktiven Soldaten, Reservisten oder Ungedienten erfolgen«, teilte Büyrü gegenüber jW mit. dpa berichtete am 26. Oktober 2022 über ein Schreiben des Verteidigungsministeriums an den zuständigen Ausschuss im Bundestag, aus dem eine solche Aufschlüsselung hervorgehe. Demnach stieg die Zahl der Anträge auf Kriegsdienstverweigerung von Reservisten von zehn im Jahr 2021 auf 190 an. Jenes Schreiben habe für das vergangene Jahr 484 Anträge von Ungedienten genannt, 2021 seien es 23 gewesen.

 

Der Sprecher des Bundesamtes nannte im Gespräch mit jW Minderjährige als Beispiel für unberechtigte Antragstellende und bezog dies zunächst auf junge Menschen, die dem Kriegseinsatz zuvorkommen wollen. Die Bundeswehr akzeptiert unter bestimmten Bedingungen bis heute Jugendliche, die kurz- oder mittelfristig das 18. Lebensjahr abgeschlossen haben werden. Unter anderen die Vereinten Nationen prangern diese Praxis wiederholt mit Verweis auf die UN-Kinderrechtskonvention an. Unzulässig seien Anträge, wenn Betroffene »kein schutzwürdiges Interesse« haben, erklärte Büyrü, »da eine Einberufung zum Wehrdienst aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt«, beispielsweise bei festgestellter Wehrdienstunfähigkeit oder bei »Anträgen ungedienter Frauen«.

Dem Bericht des RND zufolge begründen »viele« Kriegsdienstverweigerer ihre Anträge angesichts des Ukraine-Krieges und dessen möglicher Eskalation damit, »dass sie mit einer kriegerischen Auseinandersetzung nicht gerechnet hätten«. Gegenüber junge Welt wollte Sprecher Büyrü dies nicht bestätigen.

Sollten am Ende in der genannten Größenordnung Menschen der Truppe vorzeitig den Rücken kehren, passt dies in die aktuelle Stimmungslage. So rechne nur rund ein Drittel aller Wahlberechtigten in der BRD damit, dass der Ukraine-Krieg in diesem Jahr enden wird. Das gehe laut eines Berichts des WDR vom Donnerstag abend aus einer Umfrage von Infratest dimap für den ARD-»Deutschlandtrend« hervor.

Quelle: junge Welt vom 07.01.2023/ imago images/Future Image

Nachvollziehbarer Wunsch: Bevor geschossen wird, lieber der Truppe den Rücken kehren (Köln, 23.3.2020)

Sanktionen als eine Art der Kriegsführung!?

Aus: Ausgabe vom 07.01.2023, Seite 12 / Thema

KRIEGSMITTEL

Keine »zivile« Alternative

Sanktionen gelten als niedrigschwelliges Mittel konfrontativer Außenpolitik, sind in ihren Folgen aber oft ähnlich verheerend wie Kriege. Über Wirtschaftsblockaden und Sanktionen

Von Joachim Guilliard

 

Die Langfassung der Rede kann unter kurzelinks.de/Blockaden abgerufen werden.

Am 10. Dezember 2022 tagte in Kassel der Bundesweite Friedensratschlag. Wir dokumentieren im folgenden in gekürzter Fassung den Redebeitrag Joachim Guilliards über Wirtschaftsblockaden. (jW)

Das Thema wurde in den letzten Monaten immer brisanter: Angesichts der Mehrfachkrise – Krieg, Energiekrise, Inflation – und ihrer wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen nehmen zwar auch hierzulande Protestaktionen zu. In der Linken scheiden sich dabei aber die Geister in der Frage, ob auch die Wirtschaftsblockaden gegen Russland thematisiert werden sollen oder dürfen.

Sie finden in Deutschland wie anderen europäischen Ländern weiterhin viel Zuspruch. Einer Forsa-Umfrage im Oktober zufolge glaubt zwar eine Mehrheit der Deutschen (57 Prozent der Befragten), dass die gegen Russland verhängten Embargomaßnahmen Deutschland mehr schaden als Russland. Dennoch spricht sich nur eine Minderheit von 30 Prozent für eine Lockerung (18 Prozent) oder eine völlige Aufhebung (zwölf Prozent) aus.

Angesichts der Stimmungsmache in den Medien ist dies wenig verwunderlich, wird Kritik an den Wirtschaftsblockaden doch genauso als Verrat am gemeinsamen Kampf gegen Russland oder gar als Parteinahme für Moskau diffamiert wie Kritik an Waffenlieferungen. Die Frage, ob mit den Embargomaßnahmen das Ziel überhaupt erreicht werden kann und ob die humanitären Kosten und wirtschaftlichen Schäden zu rechtfertigen sind, wird gar nicht erst gestellt.

»Recht des Stärkeren«

Embargomaßnahmen auch gegen andere Länder sind sehr umstritten. Daher muss die generelle Problematik von umfassenden Wirtschaftssanktionen erfasst werden. In erster Linie geht es um die Wirtschaftssanktionen, die eigenmächtig von einem oder mehreren Staaten gegen einen anderen Staat verhängt werden, ohne von diesem angegriffen oder auf andere Weise geschädigt worden zu sein, es sich also völkerrechtlich nicht um eine »Gegenmaßnahme« handelt.¹ In diesen Fällen ist der Begriff »Sanktionen« allerdings irreführend. Denn nichts und niemand gibt einem Staat wie den USA oder einem Staatenbündnis wie der EU in solchen Fällen das Recht, selbstherrlich Strafmaßnahmen zu verhängen. Dazu ist allein der UN-Sicherheitsrat legitimiert. In UN-Dokumenten werden sie daher als »unilaterale Zwangsmaßnahmen« bezeichnet.

Es gibt auf internationaler Ebene viele verschiedene Arten solcher Zwangsmaßnahmen – gegen gegnerische Staaten als Ganzes oder gegen einzelne Personen, Einrichtungen oder Firmen solcher Staaten. Ich werde mich im folgenden auf erhebliche, umfassende Handels-, Finanz- und Wirtschaftsblockaden konzentrieren, die sich gegen zentrale Wirtschaftsbereiche des betroffenen Landes richten.

Häufig werden die von westlichen Staaten verhängten Zwangsmaßnahmen damit begründet, Menschenrechte in den betroffenen Ländern verteidigen oder durchsetzen oder, wie im Fall des russischen Einmarschs in die Ukraine, Völkerrechtsverstöße bestrafen zu wollen. Tatsächlich verstoßen eigenmächtige Zwangsmaßnahmen jedoch meist selbst gegen internationales Recht und Menschenrechte.

Praktisch können sie nur von wirtschaftlich starken, wenn nicht dominierenden Mächten oder Bündnissen verhängt werden. Daher ist ihr Einsatz auch entsprechend selektiv. Tatsächlich werden sie auch fast ausschließlich von den USA und ihren Verbündeten verhängt – und das in wachsendem Maße. Solche Mächte können sich gleichzeitig sicher sein, dass sie selbst nie Ziel solcher Maßnahmen werden, selbst nicht bei schlimmsten eigenen Verbrechen wie den Kriegen gegen Jugoslawien, Irak oder Libyen.

Daher fördern sie keineswegs die »Stärke des Rechts«, wie u. a. führende Grüne hierzulande gerne ins Feld führen, sondern setzen auch in solchen Fällen bloß das »Recht des Stärkeren« durch. Selbst in Fällen, in denen uns die Gründe berechtigt erscheinen, sind es letztlich doch Akte der Willkür.

Hinzu kommt, dass die vorgebrachten Gründe meist mehr als zweifelhaft sind und vor Doppelmoral nur so strotzen. Bei genauerem Hinsehen werden die Blockaden offensichtlich vorwiegend in Verfolgung eigener Interessen verhängt – ausnahmslos gegen Länder, die als Gegner oder Rivalen angesehen werden bzw. die den eigenen wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen im Wege stehen. Auf der anderen Seite haben andere Staaten wie die Türkei oder Saudi-Arabien trotz ihrer Kriege und Menschenrechtsverletzungen keine umfassenden Blockaden zu befürchten, sondern bleiben enge Verbündete.

Die USA haben mittlerweile – allein oder zusammen mit den EU-Staaten – gegen rund 40 Länder solche eigenmächtigen Maßnahmen verhängt – faktisch gegen ein Drittel der Menschheit. Einige, wie die Wirtschaftsblockaden gegen Kuba, Iran, Venezuela, Nordkorea und Russland, sind allgemein bekannt. Die verheerenden Folgen der Blockaden gegen bereits völlig verarmte Länder wie Nicaragua, Mali, Simbabwe oder Laos hat jedoch kaum jemand auf dem Schirm.

Versorgungsmängel programmiert

Natürlich wird von westlicher Seite stets beteuert, dass ihre Maßnahmen sich allein gegen die jeweilige Regierung bzw. das jeweilige Regime richten würden. Doch selbst wenn dies tatsächlich der Fall wäre, liegt es auf der Hand, dass sie, sobald sie effektiv sind, das heißt den Handel und die Wirtschaft wirksam einschränken, stets in erster Linie die Bevölkerung treffen, vor allem deren ärmere, verletzlichsten Teile.

Kritik wegen der schädlichen Auswirkungen auf die betroffenen Menschen wird meist mit dem Hinweis zurückgewiesen, humanitäre Güter wie Nahrung und Medizin seien doch von den Blockaden ausgenommen. Das ist zwar formal richtig, in der Sache aber eine bewusste Irreführung. Tatsächlich sind Versorgungsengpässe bei umfassenden Blockaden, sobald sie wirken, stets programmiert. Handelsblockaden behindern zwangsläufig jeglichen Import und verteuern ihn. Gleichzeitig verlieren die Länder durch Wegfall ihrer Exporte auch die zum Einkauf nötigen Devisen.

Wenn betroffene Länder zusätzlich auch vom internationalen Zahlungsverkehr und vom Kreditwesen ausgeschlossen werden, können sie nicht auf übliche Weise bezahlen, auch Transportmöglichkeiten brechen weg. All dies und die Sorge, unversehens gegen eine unbekannte Bestimmung im undurchsichtigen Geflecht der Embargoregeln zu verstoßen, lassen Lieferanten abspringen oder drastische Preisaufschläge fordern.

In der Regel fallen auch immer sogenannte Dual-Use-Güter unter die Blockadebestimmungen, also Güter, die zivil und militärisch genutzt werden können. Da es eine sehr große Bandbreite von Produkten gibt, die unter Umständen auch militärisch genutzt werden können, wird dadurch die Eigenproduktion stark beeinträchtigt – von Maschinen und Ersatzteilen bis hin zu Pflanzendünger, Desinfektionsmitteln und Medikamenten.

Die heutigen Gesellschaften beruhen auf einem komplexen Netz unentbehrlicher Infrastruktur. Wenn zum Beispiel aus Mangel an Ersatzteilen immer mehr Pumpen ausfallen, kann gebietsweise die Trinkwasserversorgung zusammenbrechen oder können – durch Ausfall des Abwassersystems – ganze Stadtteile im Sumpf versinken und sich Cholera- und Typhusseuchen ausbreiten. Erhalten Bauern nicht mehr genug Saatgut und Dünger, bricht auch noch der Selbstversorgungsanteil an Lebensmitteln zusammen.

Wenn mehrere solche Faktoren zusammenwirken, entstehen schnell lebensbedrohliche Notlagen. Richtig mörderisch wird es, wenn die USA ihre dominierende Stellung in Wirtschaft und Finanzwesen zu nutzen suchen, um Gegner durch vollständige Blockaden völlig zu strangulieren, indem sie Drittländer durch Androhung von sogenannten sekundären oder extraterritorialen Sanktionen zwingen, sich den Embargomaßnahmen anzuschließen.²

Da eine solche Ausweitung des Erpressungsregimes das Risiko von Banken, Reedereien, Industrieunternehmen etc., unversehens in dessen Mühlen zu geraten, noch mal enorm verschärft, führt dies auch zu schweren Engpässen dort, wo die blockierenden Mächte Ausnahmen aus humanitären Gründen explizit eingeräumt haben. Dieses Problem der »Übererfüllung« von Zwangsmaßnahmen erschwert durch seine unkontrollierte Streuwirkung vor allem auch die Arbeit von Hilfsorganisationen vor Ort ganz erheblich.

Der »stille Tod«

 

Andauernde Wirtschaftskriege können auf diese Weise mehr Opfer fordern als militärische. So kostete das umfassende Embargo gegen den Irak von 1990 bis 2003 mehr als eine Million Iraker das Leben, darunter ca. 500.000 Kinder.³ Dass solche Todesopfer offenbar einkalkuliert sind, belegt das berühmt-berüchtigte »Ja« der damaligen Außenministerin der USA, Madeleine Albright, als sie gefragt wurde, ob diese 500.000 toten Kinder »den Preis wert waren« – den Preis dafür, die unbotmäßige einstige Regionalmacht am Boden zu halten.

Die aktuellen Handels- und Finanzblockaden gegen Länder wie Syrien, Venezuela oder Kuba wirken sicherlich nicht so verheerend wie das Irak-Embargo. Doch töten ohne Zweifel auch sie. So forderten die US- und EU-Sanktionen gegen Venezuela nach Schätzungen des Washingtoner Forschungsinstituts Centre for Economic and Policy Research (CEPR) bereits zwischen 2017 und 2018 ca. 40.000 Menschenleben.⁴ Die Situation hat sich nach dem jüngsten Bericht von Alena Douhan, der aktuellen UN-Sonderberichterstatterin über negative Folgen eigenmächtiger Zwangsmaßnahmen, noch verschlechtert.

Selbst in einem Land wie dem Iran, der die Lage noch recht gut im Griff hat, führen die von Trump wieder verschärften Blockademaßnahmen zu beträchtlichen Versorgungsengpässen. So können mangels der dafür notwendigen spezifischen und teuren Medikamente diverse lebensrettende Therapien nicht weiter durchgeführt werden. Früher stellte das Land 95 Prozent seiner Medikamente selbst her. Es mangelt aber zusehends an den nötigen hochwertigen Rohstoffen, Technologien und Ersatzteilen. Für viele Patienten sind die Sanktionen, wie die renommierte US-Zeitschrift Foreign Policy schon 2019 berichtete, tödlich.⁵

Kuba, das seit mehr als 60 Jahren mit einer Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der USA konfrontiert ist, hat deswegen immer wieder mit schweren Versorgungsengpässen zu kämpfen. Das kubanische Gesellschaftssystem sorgt zwar dafür, dass niemand hungert, das Land wird aber durch das Embargo erheblich in seiner Entwicklung gehemmt, insbesondere da sich aufgrund der Androhung »extraterritorialer Sanktionen« auch Unternehmen aus der EU und anderen Staaten der Blockadepolitik unterwerfen.

Die Situation in Syrien ist noch dramatischer. Schon im Mai 2019 berichtete der damalige UN-Sonderberichterstatter, Idriss Jazairy, dass die Auswirkungen der Wirtschaftsblockaden der USA und der EU auf die Bevölkerung in den vergangenen Jahren verheerender wirkten als die des Krieges. Ihre Opfer würden nun »einen stillen Tod« sterben.⁶ Seine Nachfolgerin, Alena Douhan, hat nach ihrer Syrien-Reise Anfang November erneut dringend die Aufhebung der Sanktionen gefordert. Sie hätten eine vernichtende Wirkung auf die syrische Zivilbevölkerung und verhinderten nach elf Jahren Krieg den Wiederaufbau des Landes und damit auch die Rückkehr von Millionen Flüchtlingen.⁷

»Mittelalterliche Belagerungen«

Die schädlichen Auswirkungen auf die Bevölkerungen der angegriffenen Länder sind aber keineswegs nur ein unerwünschter Nebeneffekt, sondern gehören – entgegen allen Beteuerungen – zum Kalkül. Schließlich soll durch die negativen Auswirkungen auf die Bürger des betroffenen Landes öffentlicher Druck auf die Regierung aufbaut werden, den Forderungen der blockierenden Mächte nachzugeben.

Gary Hufbauer, einer der führenden US-amerikanischen Experten für Sanktionen, vergleicht ihre Wirkung mit Flächenbombardements, die sehr viele Menschen treffen, aber keinerlei Einfluss auf die Politik ihres Landes haben.⁸

Oft, wie im Falle Kubas, Syriens, Irans oder Venezuelas, werden mit ihnen auch offen »Regime-Changes« angestrebt, indem versucht wird, die Bevölkerung durch eine drastische Verschlechterung der Lebensbedingungen zum Aufstand zu nötigen. Alle Bürger der betroffenen Länder werden so als Geiseln genommen.

Dies stößt seit langem auf vernichtende Kritik von Menschen- und Völkerrechtlern. So konstatierte der belgische Völkerrechtler Marc Bossuyt bereits im August 2000 in einem Gutachten für die UN-Menschenrechtskommission: »Die ›Theorie‹ hinter Wirtschaftssanktionen ist, dass ökonomischer Druck auf die Zivilbevölkerung in Druck auf die Regierung übersetzt wird, ihre Politik zu ändern. Diese Theorie ist bankrott, sowohl rechtlich wie praktisch.«⁹

»Praktisch bankrott« ist diese Theorie nicht nur aufgrund ihrer schädlichen humanitären Auswirkungen, sondern auch weil Wirtschaftssanktionen bisher kaum positive Erfolge brachten. Wie eine größere Zahl von Studien belegt, zeigten umfassenden Zwangsmaßnahmen generell meist wenig Wirkung. Noch nie konnten sie einen Krieg beenden, und nur selten konnten sie auch, wie eigentlich zumindest inoffiziell angestrebt, die Bevölkerung zu einer erfolgreichen Revolte gegen ihre Machthaber anstacheln und gegnerische Regierungen zu Fall bringen.

Statt dessen haben, so Wissenschaftler, die solchen Zielen durchaus positiv gegenüberstehen, Wirtschaftssanktionen die Position der herrschenden Eliten eher gefestigt als geschwächt, da der Angriff von außen die Mehrheit der Bevölkerung dazu veranlasste, enger mit der politischen Führung zusammenzurücken (»Rally-’round-the-Flag-Effect«). Gleichzeitig erhöht sich zwangsweise der Druck auf oppositionelle Kräfte, die leicht der Subversion und Unterstützung des Feindes beschuldigt werden können. Statt, wie offiziell oft behauptet, durch Sanktionen eine Demokratisierung zu erzwingen, schränken sie die Möglichkeiten fortschrittlicher Kräfte, demokratische oder soziale Verbesserungen durchzusetzen, drastisch ein – in einer belagerten Burg gedeiht keine Demokratie.

Der einstige Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates für Lateinamerika, Alfred De Zayas, brachte die grundsätzliche Problematik der vom Westen betriebenen Sanktionspolitik sehr gut auf den Punkt: Grundsätzlich seien Wirtschaftssanktionen vergleichbar mit »mittelalterlichen Belagerungen von Städten«, die zur Kapitulation gezwungen werden sollten. »Die Sanktionen des 21. Jahrhunderts versuchen aber nicht nur eine Stadt, sondern souveräne Länder in die Knie zu zwingen.« Im Unterschied zum Mittelalter würden die Blockaden des 21. Jahrhunderts »von der Manipulation der öffentlichen Meinung durch ›Fake News‹, einer aggressiven PR-Arbeit sowie einer Pseudomenschenrechtsrhetorik begleitet werden, um den Eindruck zu erwecken, dass das ›Ziel‹ der Menschenrechte kriminelle Mittel rechtfertigt«.¹⁰

Wirtschaftskriege werden von US-Politkern auch offen als günstigere Alternative zu militärischen Interventionen gepriesen, da sie wesentlich geringere Risiken und Nebenwirkungen für die Angreifer bergen – besonders nach den Desastern im Irak und in Afghanistan. Doch auch diese Kriege sind zerstörerisch und können in den betroffenen Ländern Jahrzehnte des Fortschritts in den Bereichen Gesundheitsversorgung, sanitäre Einrichtungen, Wohnungsbau, Basisinfrastruktur und industrieller Entwicklung zunichte machen. Sie bergen zudem, wie die Geschichte zeigt, stets die Gefahr, in eine offene militärische Konfrontation zu eskalieren. »Die übermäßige Anwendung von Sanktionen«, so der US-amerikanische Historiker Nicholas Mulder, »ist zu einer Hauptquelle internationaler Instabilität geworden. Anstatt die internationalen Rivalitäten zu dämpfen, verschärfen Sanktionen sie jetzt noch.«¹¹

Gegen Völkerrecht und UN-Mehrheit

Schon aufgrund ihrer zwangsläufigen negativen Folgen lehnt die überwiegende Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten eigenmächtige Blockaden grundsätzlich ab. Dies schlägt sich auch seit langem in regelmäßigen Resolutionen sowohl der UN-Vollversammlung als auch des UN-Menschenrechtsrats nieder.¹² Bereits 1991 forderte die UN-Generalversammlung, »dringend wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Anwendung einseitiger wirtschaftlicher Zwangsmaßnahmen gegen Entwicklungsländer durch einige Industrieländer zu unterbinden, die das Ziel haben, direkt oder indirekt Zwang auf die souveränen Entscheidungen der von diesen Maßnahmen betroffenen Länder auszuüben«.¹³

Eigenmächtige, nicht von UN-Organen autorisierte Zwangsmaßnahmen, so der Tenor aller späteren Resolutionen, widersprechen den Normen und Grundsätzen für friedliche Beziehungen zwischen Staaten. Sie stellen, wie es zum Beispiel in der UN-Resolution vom Dezember 2013 heißt, »eine eklatante Verletzung der Prinzipien des Völkerrechts sowie der Prinzipien des multilateralen Handelssystems dar«.

Sobald die Blockade des Außenhandels eines Landes das Leben der Bevölkerung als Ganzes bedroht, sind umfassende ökonomische Blockaden zudem auch schwere Menschenrechtsverletzungen. Dies gilt selbst im Fall von Sanktionen, die vom UN-Sicherheitsrat verhängt wurden.

Sie verstoßen dann unter anderem gegen die in der »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte« von 1948 fixierten Rechte. Zu diesen zählen das Recht auf Leben, auf angemessene Ernährung und Gesundheitsversorgung sowie auf soziale Sicherheit. Sie verstoßen auch offensichtlich gegen die verbindlichen Bestimmungen des »Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte« von 1966, den alle westlichen Staaten unterzeichnet haben. Dort heißt es schon zu Beginn, in Artikel 1: »In keinem Fall darf ein Volk seiner eigenen Existenzmittel beraubt werden.« Sobald Blockaden die Versorgung erheblich beeinträchtigen, wie in Afghanistan oder in Syrien, verstoßen sie zudem nach Ansicht vieler Völkerrechtler auch gegen die Genfer Konvention, die das Aushungern der Zivilbevölkerung verbietet. Schließlich sind Blockaden auch eine Form kollektiver Bestrafung, die generell in völligem Gegensatz zu den Grundprinzipien des Rechts steht.

Die UN-Sonderberichterstatterin Alena Douhan geht davon aus, »dass etwa 98 Prozent der heute verhängten einseitigen Sanktionen gegen die internationalen Verpflichtungen der Staaten verstoßen«.¹⁴ Obwohl sie »meist im Namen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit verhängt« werden, würden sie »genau diese Grundsätze, Werte und Normen untergraben«. Die Anwendung einseitiger Zwangsmaßnahmen beeinträchtige »das Recht auf Entwicklung« und verhindere »die Erreichung jedes einzelnen nachhaltigen Entwicklungsziels«. Unter all ihren negativen Auswirkungen, so Douhan weiter, werde besonders das Recht auf Gesundheit beeinträchtigt, insbesondere während der Covid-19-Pandemie, wie sie bei ihren jüngsten Besuchen in Venezuela und anderen Ländern beobachtet habe.

Umfassende Wirtschaftsblockaden sind somit alles andere als zivile, gewaltfreie Alternativen zu militärischen Interventionen. Sie sind schon aus humanitären und völkerrechtlichen Gründen genauso abzulehnen wie militärische Gewalt.

Anmerkungen

1 Gerhard Hafner: Völkerrechtliche Grenzen und Wirksamkeit von Sanktionen gegen Völkerrechtssubjekte, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, ZaöRV 76 (2016), 391–413

2 K. Cashman; C. Kharrazian: US sanctions are designed to killJacobin, 1.9.2019

3 Marc Bossuyt: 0,5 Millionen bis 1,5 Millionen, Nafeez Ahmed: »nach UN-Angaben mehr als 1,7 Millionen«

4 Mark Weisbrot; Jeffrey Sachs, Economic Sanctions as Collective Punishment: The Case of Venezuela, CEPR, 25.4.2019

U. S. Sanctions Are Killing Cancer Patients in IranForeign Policy, 14.8.2019

6 Joachim Guilliard, Syrien: »Stiller Tod durch Sanktionen«Ossietzky (2019), Heft 13

UN expert calls for lifting of long-lasting unilateral sanctions »suffocating« Syrian people, OHCHR, 10.11.2022

Have US-imposed sanctions ever worked? Interview mit Gary Hufbauer, TRT World, 24.9.2018

9 Marc Bossuyt: The Adverse consequences of economic sanctions on the enjoyment of human rights, Economic and Social Council, E/CN.4/Sub.2/2000/33, 21.6.2000

10 UN-Sonderberichterstatter: Die Sanktionen gegen Venezuela töten viele MenschenRT, 30.1.2019

11 Nicholas Mulder: A Leftist Foreign Policy Should Reject Economic SanctionsThe Nation, 20.11.2018

12 Überblick: About unilateral coercive measures, OHCHR, vollständige Liste aller diesbzgl. Resolutionen der UN Vollversammlung des UN-Menschenrechtsrats: Special Rapporteur on unilateral coercive measures – Resolutions and decisions, OHCHR

13 UN GA Resolution: Economic measures as a means of political and economic coercion against developing countries 1991, A-RES-46-210, 20.12.1991

14 Interview: Most unilateral sanctions violate international law, says UN expertXinhua, 13.7.2022

Quelle: junge Welt v.07.01.2023/ imago images/Agencia EFE

Auch eine Form des Krieges. Mittels eines umfassenden Wirtschaftsembargos versuchten die USA im Jahr 2019 die venezolanische Regierung unter Präsident Nicolas Maduro in die Knie zu zwingen – Protest gegen die Wirtschaftsblockade (Caracas, 21.9.2019)

Info zum Krieg in der Ukraine

Aus: Ausgabe vom 07.01.2023, Seite 4 / Inland

AMPEL UND UKRAINE

Grüne Ampel für Panzer

Berlin: Nach Lieferzusage für »Marder«-Schützenpanzer wird prompt »Leopard 2« gefordert. Rheinmetall meldet Rekordgewinn

Von Kristian Stemmler

Hat für Grüne und Liberale Vorfahrt: Kampfpanzer »Leopard 2«

Nach der am Donnerstag bekanntgewordenen »Vereinbarung« zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joseph Biden, laut der die Bundesrepublik der Ukraine demnächst Schützenpanzer vom Typ »Marder« und ein »Patriot«-Flugabwehrsystem zur Verfügung stellen wird, läutet die 2022 in Erscheinung getretene Stahlhelmfraktion in Politik und Medien sofort die nächste Runde ein: Der Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) verlangte am Freitag eine »europäische Initiative« für die Lieferung von Kampfpanzern des Typs »Leopard 2«; außerdem wolle er »schauen, was wir alles der Ukraine liefern können, damit sie die besetzten Gebiete befreien können«, sagte Hofreiter dem ARD-»Morgenmagazin«. Die Strategie müsse sein, dass die ­Ukraine mit allem unterstützt werde, was sie auf dem »Gefechtsfeld« brauche und dazu gehöre noch deutlich mehr.

 

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), freute sich über die angekündigte Lieferung, forderte aber zugleich, die nächsten Schritte vorzubereiten. »Das wäre jetzt der Moment, das zumindest im Auge zu haben, dass der ›Marder‹ der erste Schritt ist, aber in dem ganzen Tableau auch der ›Leopard 2‹ ein Thema sein wird«, sagte sie am Freitag dem Sender Phoenix. Bei Twitter frohlockte sie bereits am Donnerstag: »Wir lassen nicht locker. Nach dem ›Marder‹ kommt der ›Leopard‹.«

 

Unterdessen präzisierte die Bundesregierung, welchen Umfang die nun zugesagte Lieferung hat: Es gehe um etwa 40 »Marder«, mit denen ein Bataillon ausgestattet werden könne, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag. In der Ukraine sollen sie noch im ersten Quartal 2023 ankommen. Die nötige Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland werde nach Einschätzung von Fachleuten etwa acht Wochen dauern. Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, gab sich derweil gegenüber dem RBB zurückhaltend hinsichtlich einer Lieferung von »Leopard«-Kampfpanzern. Es gebe zwei Waffensysteme, »wo ohne Zweifel ein größeres Eskalationspotenzial existiert. Das eine sind Kampfflugzeuge und das andere sind Kampfpanzer.«

 

FG BRD CUBA Internat. Soli. - übernahme alte buchung vom 3.-15.12.22

Der Rüstungskonzern Rheinmetall, aus dessen verfügbaren Beständen die »Marder« geliefert werden sollen, freut sich laut Reuters derweil über einen »Rekordgewinn« im Jahr 2022. Das operative Ergebnis dürfte demnach um mehr als 20 Prozent gestiegen sein, teilte Rheinmetall am Freitag mit. 2023 wird das voraussichtlich so weitergehen. Auch der CDU/CSU-»Opposition« reichen die angekündigten Lieferungen nicht; auch sie will schwere Panzer rollen sehen. »Westliche Kampfpanzer können die Wende bringen«, schrieb CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter auf Twitter.

 

Sevim Dagdelen, Obfrau der Fraktion Die Linke im Auswärtigen Ausschuss und Sprecherin der Fraktion für internationale Politik, kritisierte dagegen die Waffenlieferungen. Es sei »beängstigend, wie die Ampel im gefährlichsten Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit Deutschland mit immer neuen schweren Waffenlieferungen tiefer in den Ukraine-Krieg verstrickt«, erklärte Dagdelen am Freitag gegenüber jW. Damit werde eine weitere Eskalation in Kauf genommen, »statt auf Diplomatie zu setzen und den Weg für eine Verhandlungslösung zu ebnen«.

 

Die russische Botschaft in Berlin reagierte mit scharfen Worten auf die neuerlichen deutschen Rüstungslieferungen an Kiew. Man verurteile diesen Beschluss und betrachte ihn »als einen weiteren Schritt hin zur Konflikteskalation in der Ukraine«, schrieb die Vertretung am Donnerstag auf ihrer Internetseite. Die Entscheidung Berlins, schwere Waffen zu liefern, werde die deutsch–russischen Beziehungen gravierend beeinträchtigen.

 

Quelle: junge welt v.07.01.2023/ imago images/Sven Eckelkamp

 Kampf gegen Hochrüstung

Aus: Ausgabe vom 04.01.2023, Seite 2 / Inland

RENDITE FÜR DIE RÜSTUNGSINDUSTRIE

»Die Wunschlisten beim Militär sind lang«

Neue Bomber, neue Bomben: Ampelkoalition rüstet Bundeswehr auf. Friedensbewegung fordert Ende »nuklearer Teilhabe«. Gespräch mit Martin Singe

Interview: Henning von Stoltzenberg

2022--USA-WARSHIP.JPG

Edgar Su/Reuters

Mit diesen Kampfjets soll die Bundeswehr auch den Abwurf von Atombomben üben: Eine »F-35« auf dem Flugdeck der »USS Tripoli« in Singapur (1.9.2022)

Martin Singe ist Sprecher der Kampagne »Büchel ist überall! Atomwaffenfrei jetzt« und aktiv im Redaktionsteam der Zeitschrift Friedensforum

 

Auch im neuen Jahr setzt die Bundesregierung auf Aufrüstung. Für ein Großprojekt gab der Haushaltsausschuss des Bundestages Mitte Dezember 2022 grünes Licht: der Kauf von 35 Kampfflugzeugen des Typs »F-35«. Was wird allein diese Anschaffung kosten?

 

Die Gesamtkosten des Auftrages für den US-Rüstungskonzern Lockheed Martin belaufen sich offiziell auf 9,99 Milliarden Euro. In Wirklichkeit sind solche Projekte am Ende aber immer erheblich teurer, als zu Beginn verkündet wurde. Hinzu kommen die für 30 Jahre Einsatzzeit kalkulierten 14 bis 15 Milliarden Euro Betriebskosten sowie die Summen, die für den Umbau des Stationierungsortes und für die Ausbildung der Pilotinnen und Piloten in den USA fällig werden.

 

Im Vorfeld war von »erheblichen zeitlichen und finanziellen Risiken« zu lesen. Was ist damit gemeint?

 

Aufgeführt worden war eine ganze Liste von Mängeln, die unter anderem die Triebwerke und die Software betreffen. Es gab bereits vier Abstürze und einen Unfall mit »F-35«-Kampfjets. Bei den finanziellen Risiken geht es um mögliche Kostenexplosionen. Die zeitlichen Risiken beziehen sich auf Liefertermin und Einsatzfähigkeit, die schon 2028 gegeben sein soll.

 

Sie schreiben, die Kostenexplosion sei nicht das eigentliche Risiko.

 

F

Das eigentliche Risiko bei der Beschaffung der »F-35« liegt darin, dass dies neue nukleare Trägersysteme sind. Damit soll die völkerrechtswidrige »nukleare Teilhabe« verewigt werden. Die Anschaffung steht im Kontext der neuen »B61-12«-Atombomben für die europäischen Teilhabestaaten. Auch in Büchel sollen diese in nächster Zeit stationiert werden. Wir fordern den Abzug der Atombomben aus Büchel, das Ende der »nuklearen Teilhabe« und den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag.

 

Erhöht sich durch die Anschaffung der Kampfjets das Risiko einer nuklearen Eskalation?

 

Ja. Während regierungsamtlich von Atomwaffen als »politischen Waffen zur Abschreckung« geredet wird, bedeuten sie das genaue Gegenteil. Es geht bei der gesamten atomaren Aufrüstung um Präzisionswaffen für den Ersteinsatz. Das Ziel: ein sogenannter Enthauptungsschlag mit Ausschaltung der gegnerischen Zweitschlagskapazität. Die »F-35« – ein mit Überschallgeschwindigkeit fliegender Tarnkappenbomber – ist vom gegnerischen Radar kaum oder nur so spät zu erfassen, dass sie bis dahin schon ihre Waffen abschießen kann. Die »B61-12«-Bomben sind in der Sprengkraft variierbar und im Endflug zielgenau lenkbar, so dass die Hemmschwelle für einen Atombombeneinsatz gesenkt wird.

 

Die Anschaffung der »F-35« steht im Zusammenhang mit dem 100-Milliarden-Euro-»Sondervermögen« für die Bundeswehr. Was wird in diesem Jahr noch an Aufrüstungsplänen realisiert?

 

Die Wunschlisten beim Militär sind lang. Rheinmetall will für mehrere Milliarden weitere »Puma«-Panzer liefern und entwickelt den neuen »Panther«. Mit Spanien und Frankreich wird derzeit das milliardenschwere FCAS-Projekt (Future Combat Air System, jW) auf den Weg gebracht. Hier geht es um ein neues, elektronisch mit Drohnen vernetztes Kampfflugzeugsystem der sogenannten sechsten Generation – die »F-35« gehört zur fünften Generation. Der Zynismus, bei Waffensystemen von »Generationen« zu reden, spricht im übrigen für sich. Darüber hinaus wird die Stationierung neuer US-Mittelstrecken-Überschallraketen vom Typ »Dark Eagle« in Europa vorangetrieben. Das Kommando für diese Raketen ist in Wiesbaden schon aktiviert worden – es ist übrigens das alte »Pershing-II«-Kommando.

 

Was kann die Friedensbewegung dagegen tun?

 

Die Proteste müssen verstärkt werden. Am 22. Januar werden dezentrale Aktionen stattfinden – an diesem Tag vor zwei Jahren trat der Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft. Danach konzentrieren wir uns auf die Ostermärsche. Gleichzeitig wird die Friedensbewegung ihre Argumente für einen Verhandlungsfrieden im Ukraine-Krieg weiter in die Öffentlichkeit tragen und den Druck gegen immer neue Waffenlieferungen erhöhen.

Quelle: junge Welt v.04.01.2023

Kampf für den Frieden

    Weltfriedensglocke        Berlin 

31.12.2022 – Gemeinsam für Frieden – mit Ilsegret Fink, Pastorin i.R.

 

https://www.youtube.com/watch?v=MzSuM7Z0Ldc

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 30.12.2022, Seite 2 / Inland

KAMPF DEM ATOMTOD

»Stuttgart ist Zielscheibe Nummer eins«

Baden-Württemberg: Friedensappell fordert Schließung von Eucom und Africom sowie Abzug aller US-Atomwaffen. Ein Gespräch mit Konni Lopau

Interview: Kristian Stemmler

 

Konni Lopau ist Mitautorin eines Appells des »Offenen Friedenstreffs Stuttgart« an das Stadtoberhaupt und die Landesregierung zur Beendigung der »nuklearen Teilhabe«

In einem offenen Brief hat sich der Offene Friedenstreff Stuttgart an Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper gewandt. Sie sprechen darin mit Blick auf aktuelle Entscheidungen der US-Regierung von einer »außerordentlich bedrohlichen Situation«. Was ist damit konkret gemeint?

Ende Oktober wurde bekannt, dass die Modernisierung der US-Atombomben, die im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Deutschland lagern, beschleunigt und die ursprünglich für 2023 vorgesehene Stationierung dieser modernisierten US-Atomwaffen vorgezogen werden soll auf diesen Monat. Damit wird nicht nur das Drohszenario gegenüber Russland weiter verschärft, sondern auch die reale Atomkriegsgefahr erneut außerordentlich gesteigert.

Sie schreiben auch, dass ein Atomkrieg in Europa vorstellbar wird und verweisen auf die neuen Atomwaffen mit der Bezeichnung »B61-12«. Welche Rolle spielen diese, und für wie groß halten Sie die Gefahr einer atomaren Eskalation?

Es handelt sich bei diesen »B61-12«-Bomben um zielgenauere, durchschlagskräftigere, präzis lenkbare, in ihrer atomaren Sprengkraft dosierbare, bunkerbrechende Erstschlagswaffen für den sogenannten taktischen Atomkrieg auf einem Schlachtfeld Europa. Dazu muss man sagen, dass die US-Regierung und führende US-Militärs immer wieder betonen, dass sie sich das Recht auf einen atomaren Erstschlag vorbehalten – bis hin zu einem atomaren Präventivschlag, »wenn vitale Interessen der USA bedroht« wären.

Schon der frühere NATO-Oberbefehlshaber und US-Eucom-Commander General Tod Wolters hat sich im Februar 2020 als Befürworter des flexiblen Ersteinsatzes von Atomwaffen bekannt. Interessanterweise haben die Grünen selbst auf einem Landesparteitag 1981 vor einem »Schlachtfeld Europa« gewarnt. Heute wird genau das vorbereitet.

 

Mit Eucom in Stuttgart-Vaihingen und Africom in Stuttgart-Möhringen sitzen zwei wichtige Kommandozentralen der USA in der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Welche Gefahren sind damit verbunden?

Vom Eucom aus werden alle US-Atomwaffen in Europa befehligt, und im Africom werden die Tötungslisten für die Drohnenmorde der USA in Afrika erstellt. Stuttgart ist also Kriegszentrale. Der »flexible« nukleare Erstschlag gegen Russland würde vermutlich von hier aus erfolgen und einen vernichtenden atomaren Zweitschlag nach sich ziehen. Stuttgart ist also auch Zielscheibe Nummer eins.

Die Kriegsgefahr in Europa hat durch den Ukraine-Krieg sowie die zunehmende Konfrontation der NATO mit Russland und China erheblich zugenommen. Wie bewerten Sie die Rolle der USA und der EU vor diesem Hintergrund?

Die USA sind in meinen Augen aktuell die Hauptkriegstreiber. Und die EU mit Deutschland als stärkster Wirtschaftsmacht spielt einerseits den treuen Diener der USA in dem Kampf gegen Russland und China, hat aber auch eigene Machtinteressen. Interessant finde ich immer wieder in diesem Zusammenhang das Motto der diesjährigen NATO-»Sicherheitskonferenz«: »Turning the tide – unlearning helplessness«, also »Das Blatt wenden – Hilflosigkeit verlernen«. Die Entwicklung einer multipolaren Weltordnung mit China als aufstrebender Macht soll um jeden Preis verhindert werden.

Zu welchen Forderungen gelangen Sie?

Wir fordern Kretschmann und Nopper auf, sich einzusetzen für den Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland entsprechend dem Beschluss des Bundestags von 2010, für den Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag, gegen die Anschaffung von atomaren Trägersystemen wie dem Tarnkappenbomber »F-35« und für die Schließung der US-Kommandozentralen Eucom und Africom. Der Brief soll aber auch einen Beitrag dazu leisten, Gegenöffentlichkeit zu schaffen, gegen die Meinungsmache der Mainstreammedien, die die reale Kriegsgefahr und Kriegsvorbereitung systematisch totschweigen.

Quelle: junge Welt v.30.12.2022 /Ralph Peters/imago

Kultur und Kinder statt Kommandozentralen: Ostermarsch in Stuttgart (20.4.2019)

27.12.
2022

Info über den Kampf für den Frieden

27.12.2022

Verbandsklagerecht zur Kontrolle von Rüstungsexporten notwendig!

Die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) fordert ein scharfes Rüstungsexportkontrollgesetz statt eines Rüstungsexportförderungsgesetzes. Ein Verbandsklagerecht zur möglichen gerichtlichen Kontrolle ist dabei dringend vonnöten.

Katastrophale Rüstungsexportbilanz 2022

Direkt vor Weihnachten wurden die aktuellen Rüstungsexportzahlen und Empfängerländer deutscher Kriegswaffen und Rüstungsgüter für 2022 bekannt gegeben. Laut Auskunft des Staatssekretärs Sven Giegold im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) beträgt der Anteil der Einzelausfuhrgenehmigungen 2022 unglaublich hohe 8,35 Milliarden Euro.

Dies ist der zweithöchste Wert seit Publikation von Rüstungsexportberichten. Schlimmer noch: Mehr als ein Drittel der Kriegswaffen und Rüstungsgüter wurde seitens der Bundesregierung für sogenannte Drittländer genehmigt. Neben der Ukraine u.a. auch in die Krisenregion Südkorea und an Singapur, trotz der dortigen schweren Menschenrechtsverletzungen.

Bundesregierung rüstet Kriegsregionen auf

„Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern eine Vorwegnahme der Stoßrichtung des sich in Arbeit befindlichen neuen ‚Rüstungsexportkontrollgesetzes‘“, kritisiert Jürgen Grässlin, Bundessprecher der DFG-VK. „Hemmungslos hat die Bundesregierung 2022 Rüstungsexporte für die im Jemen kriegführenden Länder Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Ägypten genehmigt.“

Saudi-Arabien erhält seither wieder Zulieferungen für Ausrüstung und Bewaffnung sowie Munition für seine Eurofighter und Tornados. Ungeachtet dessen, dass mit genau diesen Kampfflugzeugen in den vergangenen Jahren zivile Ziele im Jemen aus der Luft bombardiert und immens viele Zivilist*innen ermordet wurden. „Das Morden auch mit deutschen Waffen und Munition kann ungehemmt fortgesetzt werden“, so Grässlin, der 2022 an allen drei Fachgesprächen auf Einladung des BMWK zum neuen „Rüstungsexportkontrollgesetz“ teilgenommen hat.

Bundesregierung will Verbandsklagerecht verhindern

„Angesichts dieser Exportpraxis wird auch offenbar, weshalb die Ampelkoalition eine demokratische gerichtliche Überprüfung der Exportgenehmigungen scheut wie der Teufel das Weihwasser. Was im Umwelt- und Behindertenrecht längst Standard ist, wird durch das BMWK und die Bundesregierung bei Kriegswaffenexporten aktiv verhindert: Die Schaffung eines Verbandsklagerechts, das eine demokratisch notwendige gerichtliche Kontrolle erfolgter Genehmigungen ermöglichen würde,“ so Grässlin weiter.

Rüstungsexporte endlich strenger kontrollieren

Die Rüstungsexportpraxis 2022 – dem Jahr 1 der Ampelkoalition – beweist laut Grässlin: „In keinem anderen Politikbereich wird seitens der Bundesregierung von SPD, GRÜNEN und FDP mehr geheuchelt und geblendet als bei Waffenexporten. Während sie von mehr Restriktionen, Menschenrechten und Kontrolle spricht, genehmigt sie zugleich Kriegswaffentransfers an menschenrechtsverletzende und kriegführende Regierungen. Die Lösung liegt in einem scharfen Rüstungsexportkontrollgesetz, statt dem sich abzeichnenden „Rüstungsexportförderungsgesetz“, wie es das BMWK vorgelegt hat und 2023 seitens der Ampelkoalition verabschieden will.“

Quelle:

Pressemitteilung vom 27.12.2022

„Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK)

 

Info von der Evangelischen Kirche in Deutschland

„Wie Öl ins Feuer gießen“ – EKD-Friedensbeauftragter gegen Waffenlieferungen

Der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Friedrich Kramer, bleibt bei seiner Position gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und setzt auf eine Waffenruhe. „Es wird zwar so getan, als seien Waffen das, was die Sache voranbringt. Aber wenn man genau hinguckt, merkt man auch, es ist wie Öl ins Feuer gießen“, sagte Kramer der Nachrichtenagentur dpa.

Die Frage nach Waffenlieferungen vereinfache die Komplexität der Probleme, sagte er auch der Magdeburger „Volksstimme“. Waffen würden zum Töten verwendet, nicht zur Rettung von Leben. „Wir wissen nicht, wie lang der Krieg geht, ob wir uns auf zwei, vier, sechs, zehn Jahre einstellen müssen. Wie viele Menschen da sterben, das ist alles fürchterlich. Und ich finde, es muss sofort aufhören. Auch die Weltgemeinschaft müsste viel klarer für eine Waffenruhe eintreten.“

 

Kramer, der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland ist, sagte weiter: „Früher war es klar: Zu Weihnachten schwiegen die Waffen, wenn man so die Geschichten aus dem Ersten Weltkrieg hört. Da wurde der Weihnachtsbaum im Schützengraben hochgezogen und dann sang man Lieder und hörte auf, sich umzubringen. Und vielleicht gelingt das auch. Das orthodoxe Weihnachtsfest ist am 6. Januar. Vielleicht gibt’s da auch einen Nachklang.“

 

Stopp der Waffenlieferungen sei „eine Position des christlichen Glaubens“

Kramer hat für seine Position gegen Waffenlieferungen keine Mehrheiten hinter sich, er stehe aber weiterhin dafür ein, „weil sie eine aus dem christlichen Glauben sich speisende Position ist“. Er ergänzte: „Wobei die andere Position zu sagen, dem Nächsten zu helfen, Nächstenliebe, ist auch eine vertretbare Position.“ Innerhalb der Kirche gebe es keinen Glaubenskrieg, sondern „eine sehr sachliche, scharfe, aber sehr respektvolle Debatte“.

 

Kramer verwies gegenüber der „Volksstimme“ auf die UN-Charta, die Krieg als Mittel der Politik ablehne. „Es ist damit weltweiter Konsens, Konflikte friedlich auszutragen und nicht mit Waffengewalt. Das kann man nicht einfach über Bord werfen, weil sich Russland nicht daran hält“, sagte er weiter. Kramer setzt neben Verhandlungen auch auf den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

 

„Kick-off Politik“ ist der tägliche Nachrichtenpodcast von WELT. Das wichtigste Thema analysiert von WELT-Redakteuren und die Termine des Tages. Abonnieren Sie den Podcast unter anderem bei Spotify, Apple Podcasts, Amazon Music oder direkt per RSS-Feed.

Quelle: Welt, v.21.12.2022/Die Ukraine sagt, Russland plane eine neue Großoffensive. Diese könnte für Anfang 2023 geplant sein. Politikwissenschaftler Prof. Gerhard Mangott hat Zweifel, ob die russische Seite tatsächlich offensivfähig sei. Zudem spricht er über die Reise Putins nach Belarus und erklärt, welche Bedeutung sie hat. Quelle: WELT

Friedensratschlag

Abschlusserklärung zum Friedensratschlag

Unterwegs zu einer neuen Weltordnung
– Für Kooperation statt Konfrontation!

Abschlusserklärung vom Bundesausschuss Friedensratschlag zum 29. bundesweiten Friedensratschlag am 10./11. Dezember 2022 in Kassel

Die alte unipolare, von den USA dominierte Weltordnung geht zu Ende. Die USA und ihre Verbündeten versuchen, diese Entwicklung mit allen Mitteln aufzuhalten. Auf die Gefahr eines großen Krieges hin, intensivieren sie ihren Stellvertreterkrieg in der Ukraine gegen Russland und zündeln gleichzeitig mit gegen China gerichteten militärischen Aktivitäten im Pazifik und Provokationen um Taiwan. Der ab Februar ausgeweitete Wirtschaftskrieg verschärft weltweit Hunger und soziale Ungleichheit und konterkariert den Kampf gegen den Klimawandel.

Von der Zeitenwende 1999 zum Krieg in der Ukraine

Die Zeitenwende, von der nun oft die Rede ist, begann nicht mit dem russischen Einmarsch in der Ukraine, sondern bereits im März 1999. Der Überfall der NATO auf Jugoslawien war die Ouvertüre zu weiteren westlichen völkerrechtswidrigen Kriegen und Interventionen. Gleichzeitig begann die NATO, sich durch die Aufnahme erster Ex-Warschauer Vertrag-Staaten in Richtung Russland vorzuschieben ‒ unter Bruch verbindlicher Zusagen gegenüber Moskau, das Militärbündnis würde „keinen Zoll nach Osten“ ausgeweitet werden.

Es war der Anfang vom Ende der Ansätze für eine europäische Friedensordnung, die Anfang der 1990er Jahre u.a. mit der Charta von Paris eingeleitet worden waren und auch Bestandteil des 2+4-Vertrags wurden. Sie verbanden das Recht auf freie Bündniswahl mit der Pflicht, die eigene militärische Position nicht zu Lasten Dritter zu stärken, sondern die Sicherheitsinteressen anderer Staaten zu berücksichtigen.

Die NATO setzte sich skrupellos darüber hinweg und forcierte mit Truppen und Großmanövern an den russischen Grenzen und dem versprochenen NATO-Beitritt der Ukraine die Konfrontation immer weiter. Mit dem Maidan-Putsch 2014, der folgenden Aufrüstung und sukzessiven NATO-Integration der Ukraine wurden die roten Linien Moskaus endgültig überschritten und ‒ in Verbindung mit der bevorstehenden Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen ‒ die Bedrohungssituation aus russischer Sicht massiv gesteigert. Von Russland geforderte Verhandlungen über Sicherheitsgarantien wurden von den USA und NATO brüsk abgelehnt. Gleichzeitig eskalierte Kiew den Krieg im Donbass. Nachdem die ukrainische Regierung sieben Jahre lang die Umsetzung des völkerrechtlich bindenden Minsker Abkommens verweigert hatte, begann sie Mitte Februar 2022 eine militärische Offensive gegen die Donbass-Republiken. Dieser gesamte Hintergrund darf bei der Beurteilung des völkerrechtswidrigen Einmarsches Russlands nicht außer Acht gelassen werden und zeigt, wo Verhandlungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine ansetzen müssen.

Die USA und ihre Verbündeten torpedierten dagegen die erfolgversprechenden Verhandlungen in Istanbul Ende März und drängen Kiew auch nach neun Monaten Krieg dazu, auf keinen Fall ernsthafte Bereitschaft zu Verhandlungen zu zeigen. Sie sehen in einem längeren Krieg die Gelegenheit, den Rivalen entscheidend zu schwächen und in Verbindung mit einem beispiellosen Wirtschaftskrieg zu „ruinieren“ (Außenministerin Baerbock). Indem sie mit immer schwereren Waffen, Militärberatern, Ausbildern, Feindaufklärung, Geheimdienstinfos und Söldnern zunehmend in den Krieg einstiegen, verhalfen sie den ukrainischen Truppen zu Erfolgen, allerdings unter hohen Verlusten. Die russische Armee reagierte mit massiven Angriffen auf die Infrastruktur.

Wie der Einschlag ukrainischer Abwehrraketen in Polen zeigte, kann der Krieg jederzeit in einen größeren eskalieren. Es wächst mit jedem Tag nicht nur das Risiko von Atomwaffeneinsätzen, sondern auch das einer nuklearen Katastrophe durch Angriffe auf AKWs im Kriegsgebiet.

Wir fordern von der Bundesregierung und der EU, den Krieg nicht länger mit Waffenlieferungen und Propaganda zu befeuern, sondern sich ernsthaft um einen Waffenstillstand und Verhandlungen ohne Vorbedingungen zu bemühen.

Die Ampelregierung fährt einen Kurs geradewegs in den Abgrund. Gemeinsam mit den Partnern in der EU sorgt sie mit dem Streben nach möglichst vollständiger wirtschaftlicher Abkopplung von Russland für Lieferengpässe und Preisexplosionen bei Öl und Gas, für steigende Lebenshaltungskosten und einen absehbaren Absturz der Wirtschaft.

Gleichzeitig will sie mit gigantischen Rüstungsvorhaben Deutschlands Großmachtrolle weiter ausbauen und die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Militärmacht Europas machen. Mit der anvisierten Steigerung der Militärausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts drohen diese sich in wenigen Jahren auf 100 Milliarden Euro zu verdoppeln ‒ Gelder, die wir dringend für die Überwindung der drängenden Probleme in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Umwelt und Klima benötigen.

Wir fordern, dass die Bundesregierung diesen friedensgefährdenden und unsozialen Kurs verlässt und abrüstet!

Wir wenden uns gegen Waffensysteme wie die Hyperschallwaffen, die für die USA und die NATO die Option eines Enthauptungsschlages – wie in den 80er Jahren die Pershing II – gegen Russland eröffnen.

Die Bundesregierung darf der Stationierung der US-Hyperschallraketen und anderen Mittelstreckenraketen nicht zustimmen. Sie muss dem Atomwaffenverbotsvertrag der UNO beitreten und die Truppenstationierungsverträge kündigen!

Die Bundesregierung will sich nun den vor über einem Jahrzehnt begonnenen US-amerikanischen Bestrebungen, China militärisch einzuhegen, mit der Bundeswehr anschließen. Ein Wettrüsten des Westens gegen das Tandem China-Russland ist ein Irrweg, der mit dem Untergang der Menschheit enden kann.

Die unvermeidlichen Widersprüche müssen am Verhandlungstisch gelöst werden. Die Zeit der Klimakatastrophe, des weltweiten Hungers bei gleichzeitigem Anstieg der Weltbevölkerung verlangt dringend nach Kooperation statt immer mehr Konfrontation.

Wir treten daher ein für eine Friedensordnung der gleichen gemeinsamen Sicherheit, für Vereinbarungen und Strukturen, die die Sicherheitsinteressen eines jeden Staates berücksichtigt. Statt einer auf Hochrüstung und Abschreckung ausgerichteten NATO benötigen wir eine UNO und eine OSZE, die ‒ von westlicher Dominanz befreit ‒ handlungsfähiger werden.

Wir müssen uns zudem dafür einsetzen, dass die neue multipolare Weltordnung den Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit, der internationalen Solidarität, der Demokratie und der ökologischen Nachhaltigkeit verpflichtet sein wird.

Quelle: Friedensratschlag Kassel v.10./11. Dez.2022

 

Weltfriedensrat

22.Vollversammlung in Vietnam

Der WPC auf seiner 22. Vollversammlung in Vietnam, 73 Jahre nach seiner Gründung

Donnerstag, 8. Dezember 2022

 

Aussagen

"Wir stärken den antiimperialistischen Kampf und die Solidarität für eine Welt des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit"

Die XXII. Versammlung des Weltfriedensrates (WPC) fand vom 21. bis 26. November 2022 erfolgreich in der Hauptstadt der Sozialistischen Republik Vietnam, Hanoi, unter Beteiligung von mehr als 100 Vertretern von 57 nationalen und internationalen antiimperialistischen Bewegungen aus der ganzen Welt statt.
Die Versammlung fand in einem ikonischen Land statt, dessen Volk wie nur wenige andere Völker kämpfte und besiegte, allmächtige Gegner wie das japanische Reich als Invasor, die französischen Kolonialisten, die Indochina besetzten, und die amerikanischen Imperialisten, die das Land mit über 3 Millionen Opfern und mit Folgen bis heute abschlachteten.

Nach der Sitzung des scheidenden Exekutivkomitees am 21. November, bei der die Arbeit der Europäischen Kommission in den letzten Jahren und die Vorbereitungen für den Beginn der Versammlung überprüft wurden, ehrten alle internationalen Delegierten den historischen Revolutionsführer Ho Chi Minh im Mausoleum und besuchten die Räumlichkeiten, in denen er lebte und arbeitete. Am selben Tag, dem 22. November, fand eine Informationssitzung über Vietnam statt, in der der Präsident der Vietnam Union of Friendship Organizations (VUFO), Botschafter Nguyen Phuong Nga, die Errungenschaften, Fortschritte und Herausforderungen vorstellte, mit denen Vietnam heute auf nationaler und internationaler Ebene konfrontiert ist. Viele Fragen wurden beantwortet und kurze Interventionen von Gästen gemacht.

Die Sitzung der Versammlung begann am 22. November mit der Begrüßungsrede des Vietnam-Friedenskomitees durch seinen Präsidenten Uong Chu Luu, ehemaliger stellvertretender Sprecher der Nationalversammlung von Vietnam, der alle Teilnehmer im Namen der gastgebenden Organisation begrüßte und die historische Bedeutung der XXII. Versammlung des WPC zum ersten Mal auf vietnamesischem Boden erklärte. Er wünscht Erfolg und fruchtbares Ergebnis seiner Beratungen. So erklärte der VPC-Präsident die Eröffnung der WPC-Versammlung.

Die Versammlung fuhr mit der Rede des scheidenden Präsidenten des WPC, Socorro Gomes, fort, der betonte: "Es ist eine große Ehre, in dieses Land zurückzukehren, wo sein heldenhaftes Volk eine fruchtbare Arbeit auf der Suche nach wirtschaftlichem Wohlstand und sozialer Entwicklung, der Festigung seiner Unabhängigkeit, dem Öffnen neuer Seiten des Fortschritts und der Ausübung einer souveränen Rolle in der Welt aufrechterhält. Wir bekräftigen unsere volle Solidarität mit ihren konstruktiven Bemühungen und verurteilen erneut diejenigen, die den kolonialistischen Krieg verursacht haben, der tragische und unauslöschliche Folgen hinterlassen hat. Hier wurden kriminell Massenvernichtungswaffen wie Agent Orange eingesetzt, die langwierige und schädliche Folgen für das Land hatten. Aber das vietnamesische Volk war in der Lage, seine Befreiung zu erlangen und seine Nation wieder aufzubauen, was seinen revolutionären Charakter zeigt. Socorro Gomes erklärte in ihrer Rede weiter: Die Menschheit lebt in einer unruhigen Zeit, gekennzeichnet durch chronische wirtschaftliche und soziale Krisen, für die sie keine Lösungen findet, umgeben von Widersprüchen und politischen und militärischen Konflikten, militaristischen Eskalationen, Kriegen, die sich ausbreiten und die Bedrohung durch ein nukleares Hekatomb verstärken. Diese Konjunktur bringt komplexe Herausforderungen für die Organisationen mit sich, die für Weltfrieden, soziale Gerechtigkeit, die Rechte der Völker und die Gleichheit zwischen den Nationen kämpfen. Socorro Gomes schloss ihre Rede mit den Worten: "Angesichts dieses komplexen und herausfordernden Szenarios ist der Weltfriedensrat aufgerufen, eine einigende, organisierende und mobilisierende Rolle zu spielen, um den militaristischen Kräften, die Kriege, Interventionen und Staatsstreiche verursachen, entgegenzutreten und im Kampf für Frieden und die Emanzipation der Völker voranzukommen. Geist der Einheit, Initiative und Militanz, um einen klaren Weg an diesem historischen Scheideweg zu eröffnen, an dem sich die Menschheit befindet.

Bei der Vorstellung des Berichts des scheidenden Generalsekretärs Thanassis Pafilis, der dem Vietnam-Friedenskomitee im Namen des WPC dankte und die ungeteilte Solidarität des WPC mit dem heldenhaften Volk Vietnams zum Ausdruck brachte, stellte er fest: "In den Jahren, die seit der 21. Versammlung des WPC in Sao Luis vergangen sind, die WPC entwickelte vielfältige Aktionen unter den Bedingungen der Spannung der imperialistischen Aggression, verschärften Rivalitäten zwischen Monopolen und Staaten, die zu Kriegen führen, unter Bedingungen der Intensität des Angriffs des Kapitals auf die Arbeiterklasse, die Völker, die Jugend, unter den Bedingungen einer kapitalistischen Krise, die das Leben des Volkes für die Profite einiger weniger verschlechtert, von denen, die Reichtum von den vielen stehlen, die ihn produzieren". Er hob die reichen Aktionen des WPC gegen die imperialistischen Pläne der USA - NATO - EU hervor, die Solidaritätsaktionen für die Menschen in Palästina, der Westsahara, Kuba, Venezuela, aber auch für die Menschen in Afghanistan, Irak, Syrien und Libyen, die Opfer der langjährigen imperialistischen Interventionskriege der USA, der NATO, der EU und ihrer Verbündeten waren.

In Bezug auf die jüngsten Entwicklungen stellte er, nachdem er den imperialistischen Krieg in der Ukraine verurteilt hatte, fest: "Der jüngste NATO-Gipfel in Madrid im Juni 2022 hat eine Reihe von Entscheidungen aus den Vorjahren überprüft, erneuert und beschleunigt. Diese Kriegsmaschinerie verstärkt ihre Aggression noch mehr durch die NATO-Strategie 2030 und das Neue Strategische Konzept, das sie für das nächste Jahr vorbereitet. Alte und neue Vorwände wie hybride Bedrohungen, Cybersicherheit und die sogenannte Klimakrise, die Energiekrise etc. werden mobilisiert, um den Weg für neue Interventionen zu ebnen. Der WPC nahm an der Massendemonstration vom 26. Juni in Madrid teil, mit seiner eigenen Präsenz. (....) Die NATO-Strategie 2030 sieht die Stärkung der militärischen Mittel des Bündnisses vor, aber auch seine technologische Modernisierung, seine geplante Expansion auf der ganzen Welt, seine Erweiterung um neue Mitglieder, aber auch die Entwicklung von Partnerschaften mit Dutzenden von Staaten, die Bildung einsatzbereiter Kampfeinheiten, die Integration Schwedens und Finnlands, die Entsendung von Truppen nach Osteuropa. rund um die Ukraine. Darauf zielt die Schaffung von 30 Infanterieeinheiten, 30 Marineeinheiten und 30 Luftfahrteinheiten ab, die, wenn sie voll ausgerüstet sind, in der Lage sind, innerhalb von 30 Tagen an jeder von der NATO gewählten Front zu intervenieren. Die NATO-Streitkräfte sind über den ganzen Globus verteilt, von Afghanistan und dem NATO-Protektorat Kosovo bis zur Ostsee, dem Kaukasus, dem Mittelmeer, dem Schwarzen Meer und Afrika."

In Bezug auf die Rolle der Europäischen Union hob Thanassis Pafilis ihre weitere Militarisierung hervor, um den Bedürfnissen der europäischen Monopole durch ihre Globale Strategie, aber auch ihr "Strategisches Konzept" wirksamer zu dienen, so dass sie sowohl autonom als auch zusätzlich zur NATO agieren kann, was unter anderem durch die Gründung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ) dokumentiert wurde. die Europäische Initiative für Interventionen usw. im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP).

Abschließend stellte er fest: "Trotz des negativen Kräfteverhältnisses und der Militarisierung der internationalen Beziehungen sind wir optimistisch, dass die antiimperialistische Friedensbewegung an Stärke gewinnt, und unsere Versammlung ist ein solcher Beweis dafür, dass wir die Fahne des antiimperialistischen Kampfes und der Solidarität hochhalten."

An der Eröffnungszeremonie der XXII. Versammlung des WPC nahm auch Botschafter Nguyen Phuong Nga, Präsident der Vietnam Union for Friendship Organizations (VUFO), teil, was entscheidend zum Erfolg der Versammlung beitrug. Der besondere Hauptgast der Eröffnung war Tran Thanh Man, stellvertretender Vorsitzender der Nationalversammlung (Parlament) von Vietnam und Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Vietnams, der alle Delegierten in Vietnam und zur Versammlung herzlich willkommen hieß. Gemäß Beschluss des Präsidenten der Sozialistischen Republik Vietnam, Nguyễn Xuân Phúc, wurde der Oberste Orden der Freundschaft dem Weltfriedensrat und separat Socorro Gomes, Thanassis Pafilis und Iraklis Tsavdaridis für ihren Beitrag zur Antikriegs-, antiimperialistischen Friedensbewegung verliehen. Der Orden wurde von Tran Thanh Man in einer sehr emotionalen brüderlichen Zeremonie verliehen.

Während des reichhaltigen und vielfältigen Programms der 22. WPC-Versammlung wurden die internationalen Delegierten vom Präsidenten der Sozialistischen Republik Vietnam, Nguyễn Xuân Phúc, den lokalen Behörden von Hanoi, dem Vorsitzenden des Zentralkomitees der Vaterländischen Front Vietnams Do Van Chien sowie von Beamten des Vietnamesischen Friedenskomitees und der Vietnamesischen Union für die Freundschaft der Völker (VUFO) empfangen. die Gastgeber der Veranstaltungen waren. Die internationalen Delegierten hatten auch die Gelegenheit, die Provinz Quang Ninh zu besuchen, wo sich eine der emblematischsten Sehenswürdigkeiten befindet, die Halong-Bucht, während alle internationalen Gäste die wunderbare Umgebung und die lokale Gastfreundschaft genossen.

Während der Vollversammlung und nach der Präsentation der fünf Regionalberichte fand eine reichhaltige Diskussion statt, an der mehr als 50 Delegierte und Gäste teilnahmen. Die Grußworte von fünf internationalen Organisationen und Strukturen wurden von ihren Vertretern übermittelt, darunter Rafael Cardino, Mitglied des Präsidialrats des Weltgewerkschaftsbundes (WFTU), Aritz Rodriguez, Präsident der World Federation of Democratic Youth (WFDY), Annie Raja, Vizepräsidentin der Women International Democratic Federation (WIDF), Jun Sasamoto, Mitglied des Vorstands der International Association of Democratic Lawyers (IADL) und Corazon Valdez vom Asia-Europe Peoples' Forum (AEPF).

Nach den Organisations- und Finanzberichten wählte die 22. Vollversammlung des WPC ihr neues Exekutivkomitee (EC), bestehend aus 40 Organisationen. Auf seiner ersten Sitzung wählte das neue Exekutivkomitee ein 13-köpfiges Sekretariat, das sich aus folgenden Bewegungen zusammensetzt: All India Peace&Solidarity Organisation (Indien), Greek Committee for International Détente &Peace (Griechenland), Portuguese Council for Peace & Cooperation (Portugal), U.S. Peace Council (USA), South African Peace Initiative (Südafrika), Palestinian Committee for Peace &Solidarity (Palästina), Kubanisches Institut für die Freundschaft der Völker (Kuba), Zypern-Friedensrat (Zypern), Syrischer Nationaler Friedensrat (Syrien), Sudanesischer Friedens- und Solidaritätsrat (Sudan), brasilianisches Zentrum für die Solidarität der Völker und den Kampf für den Frieden (Brasilien), Nepalesischer Friedens- und Solidaritätsrat (Nepal) und Japanisches Friedenskomitee (Japan).

Während der ersten Sitzung der neuen Europäischen Kommission wurde Pallab Sengupta im Namen der All India Peace and Solidarity Organization (AIPSO) einstimmig zum neuen Präsidenten des WPC gewählt, während Thanassis Pafilis und Iraklis Tsavdaridis einstimmig auf die Posten des General- bzw. Exekutivsekretärs wiedergewählt wurden, die das griechische Friedenskomitee (EEDYE) vertreten. Worte des Dankes und der Wertschätzung wurden von Iraklis Tsavdaridis und Thanassis Pafilis über Socorro Gomes für den 14-jährigen Beitrag und Dienst für den WPC als Präsident ausgesprochen.

Das Exekutivkomitee ernannte auch fünf Vizepräsidenten aus der jeweiligen Anzahl von Regionen, nämlich: Elisa Salvador, Präsidentin der Angolanischen Liga für die Freundschaft und Solidarität der Völker (LAASP), Alfred Marder, Ehrenpräsident des US-Friedensrates (USPC), Uong Chu Luu, Präsident des Vietnam-Friedenskomitees (VPC), Milan Krajca, Vorsitzender der Tschechischen Friedensbewegung (CMH), Jamshid Ahmadi, Koordinator der Vereinigung zur Verteidigung von Frieden, Solidarität und Demokratie, Iran (ADPSD).

Während der Sitzungen des Exekutivkomitees vom 21. und 24. November wurden die folgenden fünf (5) neuen Mitgliedsorganisationen dem Weltfriedensrat angeschlossen:
• Tunesischer Rat für Frieden und Solidarität • Kuwaitisches Friedens- und Solidaritätskomitee
• Netzwerk des Kampfes für Frieden und internationale Solidarität
, SOLI Puerto Rico • Westsahara Friedensrat

• Solidarwerkstatt Österreich

Die Versammlung des WPC diskutierte und verabschiedete einstimmig eine politische Erklärung.

Anhänge:
-Politische Erklärung der XXII. WPC-Versammlung
-Neu gewählter Exekutivausschuss, Sekretariat mit Koordinatoren und Vizepräsidenten

 

Kampf für den Frieden

Autorin Dahn über Ukraine-Krieg: „Konflikte sind nur durch Reden zu lösen“

Erstellt: 08.12.2022, 10:12 Uhr

Von: Matthias Lohr

Schriftstellerin Daniela Dahn unterzeichnete den Offenen Brief an Kanzler Scholz und sprach sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Auch jetzt fordert sie Friedensverhandlungen.

Kassel – Am Wochenende trifft sich die Friedensbewegung in Kassel. Unter dem Motto „Unterwegs zu einer neuen Weltordnung – Weltkrieg oder sozialökologische Wende zum Frieden“ findet Samstag und Sonntag der traditionsreiche Friedensratschlag im Philipp-Scheidemann-Haus statt. Bekannte Teilnehmerinnen sind Heela Najibullah, Tochter des ermordeten afghanischen Präsidenten Mohammed Nadschibullah, die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen und die Schriftstellerin Daniela Dahn, die sich immer wieder gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen hat. Wir sprachen mit der 73-Jährigen.

Frau Dahn, ist Wladimir Putin für Sie ein Kriegsverbrecher?

 

Ein Krieg ohne UN-Mandat ist ein Angriffskrieg und dieser das schwerste Verbrechen, das das Völkerrecht kennt. Auch deshalb, weil er so gut wie alle anderen Verbrechen in sich einschließt. Präsident Putin hat für den russischen Angriff das Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der UN-Charta in Anspruch genommen, was abenteuerlich ist. Allerdings haben auch die USA ihre „präventiven Kriege“, die an sich ein Bruch der UN-Charta sind Frau, abwegigerweise mit diesem Artikel begründet. Ohne Kontext keine Gerechtigkeit. Da hilft kein Whataboutismus. Ich bin sehr für juristische Aufarbeitung, aber bitte nicht selektiv. Das war beim Kasseler Friedensratschlag immer Prinzip.

Sie haben im April den Offenen Brief an Kanzler Olaf Scholz mitunterzeichnet, in dem Sie sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen haben. Sprechen Sie der Ukraine das Existenzrecht ab, wie Serhij Zhadan, der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Ihnen vorgeworfen hat?

 

Ich kenne niemanden, der der Ukraine das Existenzrecht abspricht. Es geht viel mehr darum, welche Existenz nach diesem Krieg noch möglich ist. Je länger er dauert, je mehr Menschen sterben, je zerstörter die Wirtschaft und die Infrastruktur ist, je zahlungsunfähiger und verschuldeter die Ukraine wird, je unwahrscheinlicher wird eine wirklich souveräne Existenz sein. Der Krieg zerstört das Land mit dem Versprechen seiner Rettung. Die Ukraine war schon vor dem Krieg mit Moldawien das ärmste Land Europas. Kredite waren mit der Auflage eines strikt neoliberalen Kurses verbunden. Es ist zu befürchten, dass sie nunmehr auf Jahrzehnte hinaus von der Weltbank oder einem der geopolitischen Blöcke abhängig sein wird, wie ein Protektorat.

 

Militärexperten befürchten, dass Russland die Ukraine diesen Winter aushungern will. Hat die internationale Staatengemeinschaft nicht die Pflicht, den Ukrainern zu helfen?

Bei dem Wort „aushungern“ fällt mir sofort Leningrad ein. Humanitäre Hilfe? Selbstverständlich. Das wichtigste Menschenrecht ist das Recht auf Leben. Wer das verliert, für den haben sich auch alle anderen Rechte erledigt. Die Zerstörung der Infrastruktur, von Stromversorgung, Raffinerien und Industriebetrieben ist perfide, aber leider auch im Westen Kriegsstrategie. Ich erinnere nur an Jugoslawien. Keiner, wirklich keiner von denen, die sich für Waffenlieferungen aussprechen und diese auch liefern, kann wissen, ob mit mehr militärischer Gewalt und damit Verlängerung des Krieges, Menschenleben nicht eher gefährdet als gerettet werden. Einige Militärexperten sagen, die russische Armee habe trotz aller Fehlstrategien die „Eskalationsdominanz“, und warnen vor einem langen Zermürbungskrieg.

 

Sie plädieren für Verhandlungen. Wie kann man mit jemandem verhandeln, der nur dann dazu bereit ist, wenn die eigenen Bedingungen erfüllt werden?

Alle Verhandlungen beginnen auf beiden Seiten mit eignen Bedingungen. Warum fragen Sie nicht, wie man mit jemandem verhandeln kann, der den eigenen Sieg zur Voraussetzung macht, also die Rückeroberung der Donbass-Gebiete und auch der Krim, ohne zu prüfen, ob die Menschen dort das wirklich wollen? Auf der Krim gab es schon 1991, als die Ukraine noch nicht selbstständig war, ein eindeutiges Referendum zugunsten einer Rückkehr nach Russland. Danach lebte man dort autonom, mit eigener Verfassung, bis ukrainische Spezialkräfte 1995 die Krim zurückholten. Solche komplizierten Konflikte sind nur durch Reden zu lösen, nicht durch Schießen.

 

Wie sehr trifft es Sie, wenn man Sie als Putin-Versteherin kritisiert?

 

Bisher habe ich diesen Vorwurf persönlich nicht gehört. Wollen Sie der Erste sein? Ich habe nie akzeptiert, dass Verstehen etwas Kritikwürdiges sein soll. Verstehen heißt weder Rechtfertigen noch Verständnis. Aber ohne zu verstehen, wer und was die Welt im Innersten zusammenhält, können wir sie nicht verändern.

Warum gelingt es der gealterten Friedensbewegung nicht, junge Leute etwa aus der Klimaschutzbewegung einzubinden?

 

Da sprechen Sie einen sehr wunden Punkt an. Es gab Zeiten, da war ein Teil der Friedensbewegung jung, spontan und hielt sich nicht an die akademischen Regeln der politischen Korrektheit. Wer aber sagte, der Ukraine-Konflikt sei von der westlichen Elite befördert worden, wurde gleich als Verschwörungstheoretiker eingestuft. Bald wurde der gesamten Bewegung der „Montagsdemonstrationen für den Frieden“ unterstellt, sie sei nach Rechts offen, was in dieser Verabsolutierung einer Zersetzungsstrategie gleichkam. Seither gibt es viel Verunsicherung und Berührungsängste. Ich bedaure das sehr, denn ohne ein Zusammengehen der Öko-, Friedens-, und Sozialbewegungen wird keine wirklich Erfolg haben.

Welche Bedeutung hat der Kasseler Friedensratschlag für die Bewegung?

 

Der Ratschlag war immer ein Forum für Friedensoptionen, aufseiten eines pragmatischen Pazifismus und einer aufklärerischen Haltung. So ist die 2014 von Peter Strutynski, dem Initiator des Treffens, herausgegebene Anthologie „Ein Spiel mit dem Feuer. Die Ukraine, Russland und der Westen“ bis heute eine Fundgrube an Fakten. Verkürzt gesagt, bleiben wir gegen geopolitische Machtspiele, unter denen die Bevölkerungen immer leiden. Wir wollen keinen russischen Diktatfrieden, aber auch keinen der Nato. Dazu haben wir im Lauf der Jahre zu viel Wissen über dieses Bündnis angesammelt. Der Westen unterwirft nicht durch Annexion, sondern durch Assoziation. Ganz konkret erhoffe ich mir Ermutigung zu weiteren Aktionen für Deeskalation und Abrüstung.

 

Das ist Daniela Dahn

Geboren: am 9. Oktober 1949 in Ost-Berlin als Tochter der Journalisten Karl-Heinz Gerstner und Sibylle Boden-Gerstner (gründete die DDR-Modezeitschrift „Sibylle“)

Quelle: Friedensratschlag v.8.12.2022/ Bild Daniela Dahn

Veranstaltung zum Thema Krieg und Frieden

Dr. STEFAN BOLLINGER im MEZ zum "Ukraine-Krieg und Schlachtfeld Geschichte" (MEGA Radio Interview)

 

"Der Ukraine-Krieg und das Schlachtfeld Geschichte": So lautete der Titel eines Vortrags des renommierten Historikers und Politikwissenschaftlers Dr. Stefan Bollinger, den dieser am 2. Dezember 2022 im Marx-Engels-Zentrum (MEZ) Berlin gehalten hat.

MEGA Radio-Redakteur Alexander Boos war im MEZ vor Ort - und konnte Dr. Bollinger zu aktuellen Debatten und Streitpunkten in Geschichts-Forschung und Politik zum Ukraine-Krieg befragten. 

Der Ost-Berliner Bollinger ist Autor verschiedener Bücher, u. a. der Werke: "Die Russen kommen!: Wie umgehen mit dem Ukrainekrieg? 

Über deutsche Hysterie und deren Ursachen", "1939 – Wie der Krieg gemacht wurde" oder ebenso "Lenin. Theoretiker, Stratege, marxistischer Realpolitiker".

 

Link zur Veranstaltung im MEZ Berlin: https://mez-berlin.de/veranstaltung/d...

 

Wir hatten kurz vor den Nachrichten den renommierten Historiker, Politikwissenschaftler und Buch-Autor Dr. Stefan Bollinger im Gespräch mit unserer Redaktion gehört. In seinem Vortrag, den er zuvor im Marx-Engels-Zentrum in Berlin gehalten hatte, kritisiert der Historiker, dass sich mittlerweile Regierungen und Parlamente anmaßen, zu definieren, was Geschichte sei - und wie ein historisches Ereignis angeblich einzuordnen sei. Zuletzt geschehen im Deutschen Bundestag, als dieser den Holodomor, also das großflächige Verhungern vieler ukrainischer Menschen in den 1930er Jahren, als Völkermord eingestuft hatte. 

 

Hören Sie zum "Schlachtfeld Geschichte der Ukraine" nun aktuelle Einschätzungen vom renommierten Historiker Dr. Stefan Bollinger. 

+++++

MEGA Radio ist Ihr Informationssender, auf DAB+ und im Internet. Wir liefern Nachrichten, Interviews und Hintergrund-Berichte für ein deutschsprachiges Publikum in Deutschland, Österreich und der Schweiz - sowie weltweit. Hören Sie uns online unter: https://info.mega-radio.eu/

 

https://youtu.be/AAVUxkXvExM

 

Quelle : MEZ Berlin Dez.2022/Jan 2023

Info über 
Friedens-GlockenGesellschaft 
Berlin e.V.

Aufruf „Friedenspolitik statt Kriegshysterie“ (veröffentlicht am 7. Februar 2022)
 

Die Krise um die Ukraine hat sich zur ernsten Bedrohung des Friedens in Europa zugespitzt.

Eine einseitige Schuldzuweisung an Russland, wie sie von einigen westlichen Regierungen und in den großen Medien vorgenommen wird, ist nicht gerechtfertigt und nimmt zunehmend den Charakter von Kriegspropaganda an.

Trotz der Militärmanöver in der Nähe zur Ukraine hat Russland kein Interesse an einem Krieg, der für alle Seiten katastrophale Folgen hätte. Es stehen ähnlich viele Soldaten auf der ukrainischen Seite und bedrohen die von pro-russischen Rebellen kontrollierten Gebiete in der Ostukraine. Auch ohne kriegerische Absicht besteht angesichts der angespannten Situation die Gefahr, dass eine Provokation zum Funken wird, der das Pulverfass explodieren lässt.

Es ist ein legitimes Sicherheitsinteresse Moskaus, dass die Osterweiterung der NATO, die seit 1999 immer näher an die russischen Grenzen heranrückt, nicht auch noch auf die Ukraine ausgedehnt wird. Das würde die Vorwarnzeit für Moskau bei einem Angriff mit Atomraketen auf 5 Minuten verkürzen.

Die aktuelle Krise ist Teil eines globalen und seit längerem bestehenden Konflikts, dessen Wurzeln im Anspruch der USA liegen, „dass Amerika wieder die Welt führt,“ wie es der US-Präsident formuliert. Die europäischen NATO-Partner schließen sich dem mit einigen Nuancierungen als Juniorpartner an. Dagegen lehnen andere, darunter Russland, eine westliche Dominanz ab und wollen als gleichberechtigte Partner in einer multipolaren Weltordnung respektiert werden.

Es ist an der Zeit, dass das Prinzip der ungeteilten, gemeinsamen Sicherheit wieder akzeptiert wird, wie es bereits im Kalten Krieg anerkannt wurde. Im Atomzeitalter kann keine Seite ihre Sicherheit auf Kosten der anderen erhöhen. Sicherheit gibt es nur gemeinsam. Dauerhafter Frieden mit Russland erfordert daher eine gesamteuropäische Friedensordnung.

Erste Schritte müssen eine Demilitarisierung entlang der russisch-ukrainischen Grenze und an den Grenzen zwischen Russland und der NATO sein, sowie die Umsetzung des Abkommens von Minsk II. Es sieht einen Waffenstillstand vor, Dialog der Konfliktparteien und einen Sonderstatus der Regionen Donezk und Luhansk innerhalb der Ukraine. Durch einstimmigen UN-Sicherheitsratsbeschluss hat Minsk II auch verbindlichen Völkerrechtsstatus. Die Umsetzung wird jedoch hauptsächlich von der Ukraine blockiert. Sanktionen werden an dem Konflikt nichts ändern. Sie schädigen sinnlos sowohl Russland als auch die anderen europäischen Länder.

Kräfte, die mit aggressivem Nationalismus und Revanchismus die Spannungen anheizen, müssen auf allen Seiten zurückgedrängt werden.

Propagandakrieg, Säbelrasseln, Sanktionen und Aufrüstung müssen aufhören. Stattdessen brauchen wir Deeskalation und Diplomatie. Dies umso mehr, als die globale Bedrohung durch Klima- und Umweltkatastrophen nur durch internationale Kooperation abgewendet werden kann.

 

Wir fordern:

  • Konkrete Schritte zur Deeskalation, keine militärischen Lieferungen an Kiew,
  • Schluss mit Kriegsrhetorik, Konfrontationspolitik und Sanktionen gegen Russland;
  • Aktives Eintreten für die Umsetzung des völkerrechtlich verbindlichen Abkommens Minsk II;
  • Verhandlungen mit Russland auf der Grundlage eines klaren Bekenntnisses zu Entspannung und dem Prinzip der gemeinsamen Sicherheit;
  • Aktives Eintreten für Rüstungskontroll- und Abrüstungsverhandlungen.

Die 200 Erstunterzeichner und Erstunterzeichnerinnen

Ilona Addis

Ali al Dailami

Dieter Ammer

Eva Aras

Kersten Artus

Steffen Baudi

Hans Bauer

Angelika Becker

Herbert Behrens

Friederike Benda

Gunhild Berdal

Jens Berger

Heinz Bierbaum

Anne Biermann

Gretchen Binus

Horst Bischoff

Eva Böller

Achim Bonatz

Alfred Bongard

Beate Bongard

Helga E. Bories-Sawala

Peter Brandt

Hugo Braun

Reiner Braun

Volker Bräutigam

Hans-Peter Brenner

Matthias Brenner

Michael Brie

Ellen Brombacher

Sybille Brosius

Carolin Butterwegge

Christoph Butterwegge

Isabell Casel

Angelika Clausen

Gregor Czisch

Sevim Dagdelen

Daniela Dahn

Diether Dehm

Özlem Alev Demirel

Rudolf Denner

Frank Deppe

Wiebke Diehl

Helga Doering

Klaus Dräger

Werner Dreibus

Eugen Drewermann

Hartmut Drewes

Ulrich Duchrow

Michael Dunst

Ulrike Eifler

Christina Emmrich

Heiner Fechner

Edeltraud Felfe

Christian Fischer

Peter Franke

Wilfried Furian

Jan Gafert

Wolfgang Gehrcke

Claudia Gerathewohl

Silvia Gingold

Edgar Göll

Konstantin Graf zu Eulenburg

Holger Griebner

Victor Grossman

Harri Grünberg

Marcus Gunkel

Gabriele Gysi

Gregor Gysi

Peter Haese

Anne Haigis

Egon Hammerschmied

Carsten Hanke

Heike Hänsel

Klaus Hartmann

Frigga Haug

Wolfgang Fritz Haug

Claudia Haydt

Thomas Hecker

Norbert Heckl

Heidrun Hegewald

Lühr Henken

Christine Herschmann

Uwe Hiksch

Bodo Hinkel

Elvira Hoegemann

Martin Höpner

Inge Höger

Jonas Christopher Höpken

Sascha Howind

Sigi Hubele

Andrej Hunko

Heike Hupe

Otto Jäckel

Ulla Jelpke

Matthias Jochheim

Thomas Kachel

Jürgen Karbe

Kristine Karch

Jutta Kausch-Henken

Metin Kaya

Sabine Kebir

Hermann Klenner

Michael Klundt

Johann König

Norbert Kozicki

Wilfried Krallmann

Ralf Krämer

Melissa Krostina-Becker

Karin Kulow

Lilo Kurz

Lothar Kurz

Oskar Lafontaine

Michael Lang

Ekkehard Lentz

Urich Leonhardt

Waltraud Leonhardt

Marianne Linke

Sabine Lösing

Michael Mäde-Murray

Roswitha März

Mohssen Massarrat

Rainer Mausfeld

Heidi Mehlhorn

Gerhard Mertschenk

Gudrun Mertschenk

Anja Mewes

Erhardt, Michael

Sahra Mirow

Hans Modrow

Peter Mosch

Ilka Müller

Karl-Jürgen Müller

Michael Müller

Rita Müller-Hill

Hellmut Naderer

Jochen Nagel

Zaklin Nastic

John-Peter Neelsen

Julia Neigel

Alexander Neu

Annelene Neuhaus

Frithjof Newiak

Sonja Newiak

Cornelia Nitzer

Evelin Nowitzki

Reiner Nowitzki

Matthias Oehme

Volkert Ohm

Christof Ostheimer

Kathrin Otte

Norman Paech

Artur Pech

Karl-Heinz Peil

Thorben Peters

Tobias Pflüger

Klaus Pickshaus

Gina Pietsch

Erich Postler

Prinz Chaos II.

Andrej Reder

Anne Rieger

Gerd-Rolf Rosenberger

Werner Ruf

Werner Rügemer

Christian Schaal

Jan Schalauske

Heidi Scharf

Martin Schirdewan

Horst Schmitthenner

Hannelore Schmitthenner-Bopp

Dieter Scholz

Jochen Scholz

Renate Schunck

Rainer Schwenke

Uli Simon

Ingar Solty

Benno Stahn

Florian Straetmanns

Wolfgang Streeck

Jörg Tauss

Maja Tegeler

Conny Töpfer

Bernhard Trautvetter

Iris Truebswetter

Alexander Ulrich

Willi van Ooyen

Kathrin Vogler

Detlev von Larcher

Laura von Wimmersperg

Peter Vonnahme

Sahra Wagenknecht

Jürgen Wagner

Peter Wahl

Daphne Weber

Herbert Wehe

Ulrich Wilken

Petra Willemelis

Udo Willemelis

Joachim Witt

Ulrich Wolf

Winfried Wolf

Uwe Wötzel

Mehmet Yildiz

Ewald Ziegler

Ursula Zierz

Quelle: Friedens-GlockenGesellschaft Berlin e.V.

 

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte prüfen Sie die Details und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.